Dienstag, 14. Juli 2009

Mehr als heiße Luft: Das Projekt DESERTEC

Das Wüstenstromprojekt DESERTEC muss nicht verkehrt sein, nur weil es von Konzernmanagern organisiert wird ;-)


Foto: DESERTEC

Schaut man auf eine Weltkarte, ist es so nahe liegend: Die Hitze und Unbewohntheit der Sahara für die Erzeugung von Strom zu nutzen:


Grafik: DESERTEC

Und zwar nicht nur Strom für Europa, sondern vor allem für Afrika selbst. Wer die Informationen der DESERTEC Stiftung etwas genauer liest, versteht den Zweck des Ganzen: Es ist eigentlich egal, WER CO2-freien Strom verbraucht, denn in der Atmosphäre spielen nationale Grenzen keine Rolle. Die Hauptsache ist, dass für diese Menge Strom eben kein CO2 erzeugt wird.

DESERTEC soll zuerst den afrikanischen Kontinent mit Strom versorgen. Es soll Meerwasser entsalzen. Nur ein Teil des erzeugten Stromes soll über mehrere Routen nach Europa transportiert werden.

Es ist wie mit den Elektroautos: Die Technik dafür ist schon lange ausgereift. Projekte dieser Art haben schon viele erfunden und gefordert. Aber erst, wenn die grauen Herren aus Deutschlands Konzernvorstandsetagen etwas verstanden haben und wollen, bewegt sich etwas. Darüber können locker 15 Jahre vergehen. So alt ist die Idee von DESERTEC nämlich. "Damals" war ein gewisser Professor Povh aus Erlangen der FACTS-Papst (FACTS=Flexible AC Transmission).

Auch an der Universität Dortmund rechneten Prof. Edmund Handschin, sein Nachfolger Christian Rehtanz sowie Dirk Westermann u.v.a. aus, wie man mit Hilfe von Leistungselektronik wirtschaftlich Lastflüsse über große Entfernungen bewerkstelligen kann. Gut, damals hatte man mit dem Projekt "Global Link" weniger die Sahara im Visier, als vielmehr die Wasserkraftreserven Sibiriens. Aber dann privatisierte Russland seine Gaswirtschaft, es kam der 11. September usw. Die politischen Randbedingungen verschoben sich.

Übrigens sollen in der Sahara keine Solarzellen installiert werden. Sondern Solarthermische Kraftwerke(Concentrating Solar Thermal Power Plants, CSP). Diese fokussieren Sonnenlicht in Gefäße, in denen Flüssigkeiten erhitzt werden so dass der klassische thermische Kraftwerksprozess zum Tragen kommt. Im Unterschied zu Solarzellen können diese Kraftwerke auch nachts noch Strom erzeugen, wegen der Wärmespeicherfähigkeit von Wasser.

Kurzum: Das Projekt hat Hand und Fuß und ist sinnvoll. Erstaunlich finde ich nur, wie plötzlich einige Bluechips mit diesem Projekt um die Ecke kommen. Wenn sogar die Münchner Rückversicherng hier mitmacht, muss etwas dran sein. Denn die haben ein Interesse daran, klimabedingte Versicherungsfälle im Zaum zu halten. David Schraven postete hierzu, die Münchner hätten auch einen milliardenschweren Investmentfonds im Angebot, den es jetzt zu pushen gelte. Mag sein, aber deshalb wird daraus kein schlechtes Projekt.

Links:
DESERTEC Stiftung
FACTS
Prof. Christian Rehtanz, TU Dortmund
David Schraven (Ruhrbarone)

5 Kommentare:

  1. David16.7.09

    Das ist ein tolles Argument: Wenn die Münchener Rück mitmacht, dann muß da was dran sein. Wirklich?

    Solche Anlagen in politisch instabilen Gebieten mit Befreiungsbewegungen und ähnlichen Weltverbesserern aufzubauen, grenzt an Wahnsinn. Dann sollten wir auch mal und vor allem auf die finanzielle Seite schauen. In der Regel liegt nach meiner Erfahrung zwischen den Planungs- und den tatsächlichen Kosten der Faktor e bis Pi. Wenn jetzt 400 Mrd. Euro im Gespräch sind, dann kann da leicht mehr als 1 Billion daraus werden, daraus würde ich wetten.

    Und wer zahlt die? Die Kostenkalkulationen sprechen von 20 Cent/kWh - auch das wird deutlich mehr werden. Aber vielleicht kann das auch subventioniert werden, so daß vor allem die "starken Schulter" eine neue Belastung erfahren. Das ist ja ein probates Mittel.

    Und dann bauen wir, wie Sie schreiben, das auch und besonders für die Meerwasserentsalzung. Aber: Warum sollen wir für die Meerwasserentsalzung in Afrika die Infrastruktur bereitstellen?

    Ganz zuletzt ein kurzer Hinweis darauf, daß die Sonne nachts nicht scheint. Zwar habe ich kürzlich das Argument gehört, daß wir nachts praktisch keinen Strom brauchten, aber genau daran habe ich Zweifel bzw. ich weiß, daß dieses Argument schlicht dämlich ist. All das muß wie üblich durch Grundlastkraftwerke abgefangen werden. Das dürfen - politisch korrekterweise - natürlich keine Kernkraftwerke (vulgo "Atomkraftwerke") sein oder Kohlekraftwerke. Was aber sonst? Da fällt mir nur der Import von Strom aus dem Ausland ein, z.B. aus Tschernobyl.

    Ein solches Projekt hat mit einer sinnvollen Energiepolitik oder gar Energiestrategie nichts zu tun.

    Viele Grüße aus dem schönen Bonn nach Berlin!

    David

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  2. Hallo David,

    mit "muss etwas dran sein" meinte ich, dass der Rückversicherer hoffentlich ehrlich rechnet, wenn es um Risiken und Chancen geht. Wer die Folgen des Klimawandels -ob nun von Menschen verursacht oder nur beschleunigt oder unabhängig davon, in seinen Bilanzen verspürt, dem unterstelle ich, dass er ernsthaft nach neuen Möglichkeiten zur Nutzung von Sonnenenergie sucht.

    Es handelt sich auch nicht -wie gesagt- um Photovoltaik- sondern um Solarthermie. Die hat einen gewissen Glättungseffekt aufgrund der Speicherfähigkeit von Wasser. Damit kann man zwar nicht die gesamte Nacht überbrücken, aber ein paar Stunden reicht es schon.

    Und was die Projektdimensionen angeht: Ja, dies ist ein "Wahnsinnsprojekt" in unsicherer Region. Aber es ist die einzige Möglichkeit einer ökonomisch wertlosen Regionen einen Wert zu verleihen. So sind die "Sieben Geschwister" der amerikanischen Ölindustrie vor 150 Jahren auch ans Werk gegangen.

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  3. David16.7.09

    Mit dem Vertrauen in die Ehrlichkeit eines großen Rückversicherers stoße ich schnell an Grenzen...

    Ob Solarthermie oder Photovoltaik - und was immer seinerzeit auch in den USA passiert ist - das ist ein Projekt, das (wie jemand aus der Szene geschrieben ist) hervorragend geeignet ist, jede Menge Fördergelder in den Sand zu setzen.

    Das Schlimme bei all diesen Dingen ist, daß immer vergessen wird, daß es einen geben muß, der zahlt. Genauso übrigens, wie die Defizite im Bundeshaushalt angegangen werden. Nicht etwa bei der Überprüfung von Ausgaben und Subventionen, oh nein, sondern bei der Erhöhung der Einnahmen.

    Ich bin mir ganz sicher, daß Desertec in dem jetzt geplanten Umfang nicht realisiert werden wird.

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  4. Also zumindest RWE muss ja ernsthaft nach neuen Energiequellen suchen.

    Schöne Grüße nach Bonn und ein schönes Wochenende!

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  5. Jetzt muss ich mich doch wundern: In der FAZ steht, die HSH Nordbank sei ein wichtiger Kreditgeber für dieses Projekt. Und die schwimmt derzeit ja Kiel oben. Ein oder zwei stabilere Co-Investoren bzw. Kreditgeber wären da doch schon hilfreich.

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