Montag, 8. Juni 2020

Vom Niedergang des Wirtschaftsjournalismus

Was ist bloß aus unserem Wirtschaftsjournalismus geworden? Früher (vor 10 oder 20 Jahren) ging es in Wirtschaftszeitungen und Radiosendungen um Innovationen, Wachstum, Arbeitsplätze, Börse, Steuern. Man war neugierig, was sich gerade entwickelte, wie sich große Erfindungen und Entdeckungen in Produkte, Dienstleistungen, Medikamente, Therapieansätze umsetzten. Man wollte wissen und konnte erfahren, welche Unternehmen die Nasen vorne hatten und welche nicht.

Kurzum: Wirtschaft war spannend und eröffnete Phantasien auch für die eigene berufliche Zukunft.

Und heute? Wenn ich die Rubrik "Wirtschaft" in DLF oder RBB Inforadio höre geht es fast täglich nur um öffentliche Dienste und Sozialleistungen und "Benachteiligte". Wenn es ausnahmsweise mal um Amazon, Google oder Apple geht, dann nur negativ. Um neue Steuern, Datenschutzängste, Zerschlagungsfantasien. Interviews mit Datenschutzbeauftragten, Technikfolgenabschätzern, "ThinkTank"-Vertretern usw. Wenn es mal um deutsche oder europäische Technologieprojekte geht, dann immer häufiger um staatliche Megaprojekte. Dann höre ich keinen Venture Kapitalist oder Gründer sprechen, sondern Peter Altmaier, der mir die europäische Cloud erklärt.

Und wenn es um Finanzen geht, dann nur noch um die Billionenprogramme von EZB und IWF. Um neue Schulden und monetäre Staatsfinanzierung.

Wenn man echte Kompetenzen sprechen hören will, muss man mittlerweile auf private Podcasts ausweichen. Hans-Werner Sinn, Markus Koch, Dirk Müller und wie sie alle heißen, sind in den Medien präsent. Aber eben nicht mehr in den etablierten (nein: überholten) Medien.

Aber die Unternehmen selbst berichten von sich immer mehr Sozialgedöns von sich. Apple fing damit an, mittlerweile ist es auch im DAX en vogue, über neue Corporate Social Responsibility zu berichten. Frauen- und Minderheitenquoten werden diskutiert, neue Verhaltensrichtlinien verkündet, neue Bürokratien geschaffen. Für die Mitarbeiter werden die Flure und Räume vermint, Schnüre gespannt, auf dass einer drüber stolpere. Denn man plant (aber kommuniziert nicht) längst Abbauprogramme für Mitarbeiter. Und wie praktisch ist es da, wenn sich besonders ältere Mitarbeiter schwer tun mit den neuen Sozial- und Ökoknigges...

Ausgenommen von Sanktionen sind natürlich die Vorstände selbst. Egal ob sie ein Verfahren wegen Marktmanipulation am Hals haben oder (vermeintlich) rassistische Werbevideos twittern: Die Aktionäre hauen sie raus und nehmen sie in Schutz. Mal ist es die "Fürsorgepflicht" der Aktionäre für ihre Vorstände, mal war es der Vorstand selbst gar nicht, weil sein Twitteraccount "professionell gemanagt" wird..

Es sarbeiten und prechen in punkto Wirtschaftsjournalismus inzwischen also auf beiden Seiten Leute, denen es weniger im Unternehmergeist als um zweckgebundene politische Korrektheit geht. Wer sich über Impulse informieren will, SpaceX, Genscheren, VR usw. der muss auf englischsprachige Medien ausweichen. Im Moment noch englischsprachige. In Zukunft vielleicht auch Mandarin und Koreanisch.

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