Montag, 4. Januar 2010

Volkssport 2010+: Smart Metering / Intelligente Stromzähler in Deutschland

Wenn vom Atlantik her ein Sturmtief über Europa hinweg zieht, dann erreichen die Windstärken zuerst die holländischen Windkraftanlagen und danach die im Nordwesten Deutschlands. Wenn der ansässige Netzbetreiber es wollte, könnte er schnell eine Prognose aufstellen, welche Leistungen und Energiemengen das Sturmtief entlang der Windparks demnächst erzeugen wird. Die Prognose wäre anfangs noch unsicher, würde sich aber über die Zeit durch Lerneffekte (Neuronale Netze, Fuzzyregler) verbessern. Als es noch nur drei Fernsehprogrammer gab, konnte niemand so gute Einschaltquoten ermitteln wie die Netzschaltleitungen der Energieversorger aus den Stromoberschwingungen, die die Bildröhren abhängig von den bewegten Bildmustern erzeugten. Also warum sollten die Energieversorger nicht auch den besten Wetterbericht erzeugen können?

An die Prognose angepasst könnten die konventionellen Kraftwerke entsprechend herunter geregelt werden und steuerbare Verbrauchsgeräte (wie z.B. Energiespeicher) in Bereitschaft gesetzt werden. Dies wäre eine intelligentere Lösung, als ein "Überangebot" von Windstrom an der Strombörse zu verschleudern, wie es Heiligabend der Fall war.

Hier liegt ein großes Potenzial für die bessere Ausnutzung des Angebotes regenerativer Energien.

Würde man den Stromkunden dazu in Echtzeit befristete "Windstrom-Sonderangebote" zumailen können, könnten diese ebenso kurzfristig darauf reagieren. Indem sie Waschmaschinen, Wäschetrockner, Warmwasserspeicher (wenn elektrisch), Tiefkühlgeräte, Klimaanlagen etc. kurzfristig einschalten oder hoch regeln.

Dazu braucht man drei Dinge: Ein mobiles Gerät für den Empfang der Tarifangebote und die Steuerung elektrischer Verbraucher, Vorrichtungen an den fernsteuerbaren Verbrauchsgeräten und einen intelligenten Stromzähler, der den zeitlichen Verlauf des Stromverbrauchs aufzeichnen und mit dem Zeitverlauf des Stromtarifes beaufschlagen kann.

Der erste Schritt ist die Einführung der intelligenten Stromzähler, weil sie die Voraussetzung zur Anwendung variabler Stromtarife sind. Andere Länder sind hier schon vorgeprescht:
In Italien, Schweden, Kanada, den USA, der Türkei, Australien, Neuseeland und den Niederlanden wurden intelligente Zähler bereits in größerem Umfang installiert bzw. ihre Einführung beschlossen.
Quelle: Wikipedia

Von den deutschen Stromversorgern bietet heute nur Yellostrom den intelligenten Zähler an (Link). Alle anderen "testen" noch. Yello räumt z.B. in Berlin in der Sparzeit rund 10% Rabatt (2,6 Cent) auf den kWh-Preis ein. Dafür zahlt man eine monatliche Miete von 3,99€. D.h. man muss im Monat mindestens 153 kWh in die Sparstromzeit verlegen können, damit sich das Angebot rechnet. Das sind 1841 kWh im Jahr - ein ehrgeiziger aber nicht unrealistischer Wert. Allerdings hängt die Attraktivität dieses Angebots auch davon ab, zu welchen Uhrzeiten man sparen kann. Zwar lassen sich einige Geräte sicherlich über Zeitschaltuhren ein- und ausschalten, aber das gilt nicht für alle.



Ich habe aus der Website nicht so richtig herausbekommen, woran man die "Sparstromzeit" erkennt. Die Hauptfunktion des Zählers ist, den Stromverbrauch permanent zu ermitteln und online abrufbar zu machen (über Yello, iGoogle oder Twitter). Evtl. wird das Merkmal "Sparstromzeit" erst NACH dem Verbrauch zugeteilt?

Das Yelloangebot ist also ein erster Schritt ins Zeitalter intelligenter Zähler. Der nächste Schritt ist, Verbrauchsgeräte fernsteuerbar zu machen, sowohl für den Besitzer als auch für den Stromversorger. Nur dann kann man künftig spontane günstige Energieangebote richtig nutzen. Am meisten könnten davon irgendwann mal Besitzer von Hybrid- und Elektroautos profitieren, wenn diese ihre Batterie an den Hausanschluss klemmen können.

Ansonsten halte ich den Aha-Effekt, den eine Aufzeichnung des eigenen Stromverbrauchs bringt, für zeitlich begrenzt. Man ändert sein Verhalten ja nicht andauernd. Vielmehr muss man nur mal auf die bis dahin nicht bewussten oder nicht bekannten Energieverschwendungen aufmerksam gemacht werden. Dann stellt man das ab und es hat sich. Danach wird es irgendwann langweilig, immer gleiche Verbrauchskurven zu überprüfen.

Die Deutsche Telekom sieht in dem Datenvolumen, das Smart Metering erzeugen und übertragen soll, ein lohnendes Geschäft. In Friedrichshafen testet sie es gerade im Rahmen eines T-City Pilotprojektes (Link).



In Deutschland müssen mit diesem Jahr zunächst nur Neubauten mit intelligenten Zählern ausgerüstet werden. Erst bis 2022 müssen alle 42 Millionen (Quelle: FAZ) Zähler ausgetauscht werden. Zusammen mit den erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen bei den Energieversorgern ist das ein Milliardenmarkt.

Die FAZ befragte für die Einschätzung des Marktes übrigens den schweizer Hersteller intelligenter Stromzähler Landis + Gyr (Link).

Sonntag, 3. Januar 2010

Innovationsfeld 2010: iPhone Apps entwickeln

Während Peter Kümmel in der ZEIT gerade ein sensationelles Psychogramm über die Symbolik des iPhones ("Weltfernbedienung") veröffentlicht (unbedingt lesen: Link), rüsten einige Softwareunternehmen in den USA zum Trendsport 2010: iPhone Application Development.

Man kann die Anzahl der Downloads zwar nur ahnen. Aber es muss sich lohnen, in den Top 25 der Appstores zu landen. Gerade weil so eine Anwendung meist um 1€ kostet, lädt man eine interessante Anwendung auch gerne mal spontan herunter.
Apple verkauft mittlerweile fast soviele iPhones (in Q4 2009: 7,4 Mio.) wie reine iPods (10 Mio). Und unter den iPods ist der iPod Touch der Geheimtip, weil er ein iPhone ohne Telefonie ist und ab 189€ zu haben ist - allerdings nur mit einer WiFi-Netzanbindung.

Alle verkauften iPhone und iPod Touch sind die adressierbare installierte Basis für Anbieter im Appstore. Natürlich sind längst nicht alle Apps. weltweit brauchbar, etliche sind nur innerhalb von Sprachräumen, Ländern, Regionen oder gar Städten interessant. Aber immer interessant genug.

Wer eine Idee für eine App. hat, braucht nicht unbedingt iPhone OS Programmierkenntnisse. In den USA gibt es bereits Serviceanbieter mit zielgruppenspezifischen OnlineEntwicklungs-Kits.

AppBreeder
Einer von ihnen ist AppBreeder.com (Link). Mit dem AppBreeder entwickelt man seine Anwendung online. Wer Werbung akzeptiert, zahlt in dieser Phase noch keine Gebühren. Die Unterdrückung der Werbung kostet 10 bis 15US$ monatlich. Eine höhere Gebühr fällt einmalig bei der Veröffentlichung der App. in den Appstores (außer Apple auch Blackberry und Android) an und anschließend monatlich für das Hosting der Anwendung. AppBreeder eignet sich nach meinem Verständnis für Anwendungen mit statischen Inhalten, die zur Laufzeit keine Datenbankabfragen benötigen.

SwebApps
Ein ähnliches inhaltliches Angebot, jedoch mit anderem Preismodell bietet SwebApps (Link). Hier stelle ich online meine App zusammen und abhängig von der Anzahl meiner Funktionen (Menüpunkte, also Buttons) zahle ich einen Fixpreis für die Kompilierung der App. In meinem Fall mit vier Buttons 4x50=200$. Dazu kämen 25$ monatlich für das Hosting und optional weitere 10$ für einen AppTracker, der meine Visit- und Downloadstatistik managt.


Mit beiden Anbietern landet man bei Gesamtkosten von unter 1.000$ für das erste Jahr. Das ist vermutlich günstiger, als einen Entwickler zu beauftragen. Die Einschränkung ist jedoch, dass man mit diesen Angeboten noch keine dynamischen Anwendungen realisiert bekommt.

Apples iPhone Developer Program
Dafür muss man dann doch in das Apple iPhone Developer Program bzw. in das Software Development Kit (Link) einsteigen.
Kosten hierfür:
Standard Program - für Freiberufler und Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeiter: 99$
Enterprise Program - für Großunternehmen, die proprietäre Anwendungen (z.B. für die interne Nutzung) entwickeln wollen: 299$
University Program - für Lehrzwecke an Universitäten: Gratis

Die Programme beinhalten alle Services (Testing, techn. Support, Hosting im AppStore), die man benötigt. Um die Entwicklungsumgebung für die eigentliche App-Entwicklung nutzen zu können, muss man sich für das Apple Developer Program registrieren und qualifizieren (Link)

Wer auf all dies keine Lust hat oder keine Zeit, kann natürlich auch einen Dienstleister beauftragen. Dieser sollte für iPhone Apps. unbedingt Mitglied im iPhone Developer Programm sein, das ist die Mindestvoraussetzung. Ich habe mal gegoogelt und u.a. folgende gefunden: Link

Dann mal los!

PS: Gibt es eigentlich schon einen Tourguide für die Ruhr2010???

Volkssport 2010: iPhone Apps entwickeln

Während Peter Kümmel in der ZEIT gerade ein sensationelles Psychogramm über die Symbolik des iPhones ("Weltfernbedienung") veröffentlicht (unbedingt lesen: Link), rüsten einige Softwareunternehmen in den USA zum Trendsport 2010: iPhone Application Development.

Man kann die Anzahl der Downloads zwar nur ahnen. Aber es muss sich lohnen, in den Top 25 der Appstores zu landen. Gerade weil so eine Anwendung meist um 1€ kostet, lädt man eine interessante Anwendung auch gerne mal spontan herunter.
Apple verkauft mittlerweile fast soviele iPhones (in Q4 2009: 7,4 Mio.) wie reine iPods (10 Mio). Und unter den iPods ist der iPod Touch der Geheimtip, weil er ein iPhone ohne Telefonie ist und ab 189€ zu haben ist - allerdings nur mit einer WiFi-Netzanbindung.

Alle verkauften iPhone und iPod Touch sind die adressierbare installierte Basis für Anbieter im Appstore. Natürlich sind längst nicht alle Apps. weltweit brauchbar, etliche sind nur innerhalb von Sprachräumen, Ländern, Regionen oder gar Städten interessant. Aber immer interessant genug.

Wer eine Idee für eine App. hat, braucht nicht unbedingt iPhone OS Programmierkenntnisse. In den USA gibt es bereits Serviceanbieter mit zielgruppenspezifischen OnlineEntwicklungs-Kits.

AppBreeder
Einer von ihnen ist AppBreeder.com (Link). Mit dem AppBreeder entwickelt man seine Anwendung online. Wer Werbung akzeptiert, zahlt in dieser Phase noch keine Gebühren. Die Unterdrückung der Werbung kostet 10 bis 15US$ monatlich. Eine höhere Gebühr fällt einmalig bei der Veröffentlichung der App. in den Appstores (außer Apple auch Blackberry und Android) an und anschließend monatlich für das Hosting der Anwendung. AppBreeder eignet sich nach meinem Verständnis für Anwendungen mit statischen Inhalten, die zur Laufzeit keine Datenbankabfragen benötigen.

SwebApps
Ein ähnliches inhaltliches Angebot, jedoch mit anderem Preismodell bietet SwebApps (Link). Hier stelle ich online meine App zusammen und abhängig von der Anzahl meiner Funktionen (Menüpunkte, also Buttons) zahle ich einen Fixpreis für die Kompilierung der App. In meinem Fall mit vier Buttons 4x50=200$. Dazu kämen 25$ monatlich für das Hosting und optional weitere 10$ für einen AppTracker, der meine Visit- und Downloadstatistik managt.


Mit beiden Anbietern landet man bei Gesamtkosten von unter 1.000$ für das erste Jahr. Das ist vermutlich günstiger, als einen Entwickler zu beauftragen. Die Einschränkung ist jedoch, dass man mit diesen Angeboten noch keine dynamischen Anwendungen realisiert bekommt.

Apples iPhone Developer Program
Dafür muss man dann doch in das Apple iPhone Developer Program bzw. in das Software Development Kit (Link) einsteigen.
Kosten hierfür:
Standard Program - für Freiberufler und Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeiter: 99$
Enterprise Program - für Großunternehmen, die proprietäre Anwendungen (z.B. für die interne Nutzung) entwickeln wollen: 299$
University Program - für Lehrzwecke an Universitäten: Gratis

Die Programme beinhalten alle Services (Testing, techn. Support, Hosting im AppStore), die man benötigt. Um die Entwicklungsumgebung für die eigentliche App-Entwicklung nutzen zu können, muss man sich für das Apple Developer Program registrieren und qualifizieren (Link)

Wer auf all dies keine Lust hat oder keine Zeit, kann natürlich auch einen Dienstleister beauftragen. Dieser sollte für iPhone Apps. unbedingt Mitglied im iPhone Developer Programm sein, das ist die Mindestvoraussetzung. Ich habe mal gegoogelt und u.a. folgende gefunden: Link

Dann mal los!

PS: Gibt es eigentlich schon einen Tourguide für die Ruhr2010???

Freitag, 1. Januar 2010

Stahlwerke zu Yachthäfen: Die Kulturhauptstadt Ruhr2010



Frohes Neues Jahr allerseits!

In der neuesten ADAC-Motorwelt wird folgende Geschichte kolportiert: Eine Kandidatin bei "Wer wird Millionär" wurde gefragt, welches 2010 die europäische Kulturhauptstadt sein wird. Sie weiß es nicht und wählt den Publikumsjoker. 90% wissen: Ruhr2010.

Jauch fragt die Kandidatin aus welcher Stadt sie denn komme. Antwort: Aus Gelsenkirchen. "Und was machen Sie beruflich?" Antwort: "Ich arbeite bei der IHK Gelsenkirchen."

Kann man sich ein besseres Aushängeschild wünschen?

Ich komme selbst aus dem Ruhrgebiet, bin sogar in der Nähe des Borsigplatzes geboren. Auf Hoeschpark und Hoeschbad lass ich jedenfalls nix kommen. Damals gab es Unternehmer, die für ihre Arbeiter Erholungsparks bauten. (In Berlin baute sogar der Regierungschef Friedrich Zwo einen Volkspark für die wertschöpfende Klasse, wie mir Tom neulich zeigte.) Unvorstellbar heute.

Ich dachte bis zu meinem Umzug nach Essen, dass ich im Ruhrgebiet aufgewachsen sei. Aber ehrlich gesagt ging mit der Schließung von Kohle, Stahl und Bier in Dortmund auch das Ruhrgebiet unter. In Essen pulste noch, was in Dortmund verschwunden war. Aber so richtig Ruhrpott war es dann erst in Gelsenkirchen. Ich kannte die aggressive Leidenschaft der Südtribühne. Aber anrührendes Schicksal erlebte ich erst im Parkstadion, als Schalke gegen Juventus aus dem Europapokal flog (immerhin als amtierender UEFA-Cup Sieger).

Über Weihnachten sind wir mit der Nord-West-Bahn von Dortmund über Wanne-Eickel und Castrop-Rauxel nach GE gefahren (siehe Foto oben). Danach konnte ich den Ärger verstehen, den der Soli hier auslöst..

Nee, es ist eine alte Streitfrage im Ruhrgebiet, ob das Sauerland westlich oder östlich von Dortmund anfängt. Und In Dortmund fühlt man sich näher an Münster als an Bochum und Gelsenkirchen. So kann das natürlich nichts werden mit der vereinigten Ruhrstadt.

Eins haben Ruhrgebiet und Berlin gemeinsam: Den Wandel auf dem schmalen Grad zwischen Größenwahn und Minderwertigkeitskomplex. Man schwärmt von den alten Zeiten und hat keine große Idee von der eigenen Zukunft. Viele wählen die Opferrolle ein Leben lang und warten auf die Rente. Im Pott kultiviert man alte Zechen zu Museen und in Berlin baut man das Stadtschloss wieder auf. Die Sehnsucht nach den alten Hierarchien, wo einem einer sagte, wo Norden ist und für einen sorgte ist anscheinend eine unerschöpfliche Energie- und Identitätsquelle entlang der West-Ost-Achse.

Ich verdanke es der kurzen sozialliberalen Glanzzeit, dass ich in Dortmund ohne Studiengebühren studieren konnte. Danke dafür! Aber mal im Ernst: Was haben wir dort entwickelt? Es hatte immer alles irgendwie mit Bergbau zu tun und musste vor allem Maloche sein, um die Diplom-, Studien- oder Seminararbeit vom Betreuer anerkannt zu bekommen. (Da tun sich manche Bundeskanzler und Ministerinnen viel leichter!) Kein Witz: Wir entwickelten Neuronale Netze für die Auswertung von Schutzmeldungen, die bei Kurzschlüssen unter Tage die Runde durch die Prozessleittechnik machen. Wer sich in einer Arbeitsgemeinschaft "regenerative Energien" engagierte, begab sich hingegen in den Ruch eines vaterlandslosen Gesellen. Am Lehrstuhl für elektrische Energieversorgung in Dortmung gab es Anfang der Neunzige Jahre gerade mal einen wissenschaftlichen Angestellten, der sich mit regenerativen Energien beschäftigte. Und der leider immer auch darauf achtete, dass nicht zu viel Euphorie aufkam.. Tja, hätten wir damals was auf die Beine gestellt - gegen den Widerstand der Drittmittelgeber VEW, RWE usw. - wo könnten wir heute sein...?

Hans Frey, SPD Gelsenkirchen, begrüßte 1999 den gebürtigen Bueraner Fritz Vahrenholt, der zu der Zeit bei Shell Solar angeheuert hatte, auf einem Energiepodium im Wissenschaftspark mit den unüberhörbar ironischen Worten: "Mensch Fritz, aus Dir is ja richtig wat geworden." Damit war das Niveau dieses Podiums auf Sohle neun gelegt. Klar, Leute mit Ehrgeiz wurden von den Mittelmäßigen schon immer runtergezogen. Später setzte Hans Frey noch einen drauf: Mit Blick auf die Solarzellen des WiPa sagte er noch: "Wir müssen jetzt vor allem darauf achten, dass unsere Bergleute nicht ins Bergfreie fallen." Denn Hans Frey bevorzugte das Sinnfreie.

Und auch Dortmunds OB Samtlebe ("Amtsklebe") begann jede Rede zu einer Unternehmensgründung mit den Worten "Is ja alles schön und gut hier, aber ich sach Euch eins: Vergesst mir die Blaumänner nicht." Samtlebes Ära endete damit, dass Dortmund seinen Stahlguss "Phoenix" in dem Jahr demontierte und nach China verkaufte, in dem Rohstoffwerte zu einer beispiellosen Börsenrallye ansetzten. Phoenix ist in Bauschutt versunken, der bald geflutet werden soll. Ein Yachthafen soll da entstehen. Das ist die konsequente Weiterentwicklung von Stadtstränden, könnte man positiv denken.

So liberal der Ansatz "Bildung für alle" im Ruhrgebiet auch war. Er war eine Idee der hellen Köpfe Brandt, Scheel und Flach. In den Rathäusern zwischen Duisburg und Dortmund ist er nie so richtig angekommen. Denn dort profitiert man immer noch am meisten, wenn das Wahlvolk nicht so gut bescheid weiß. Auch das erinnert stark an Berlin. "Kreativ" ist hier ein Synonym für "arm aber sexy". Mit Lizenzen, sei es auf Software oder Mode, verdient man sich anderswo dumm und dusselig. Doch im Ruhrgebiet und in Berlin wird immer Solidarität mit denen erwartet, die einen runterziehen und unten halten wollen.

Die Ingenieursstudenten und Doktoranden fusionierten diese Zielkonflikte zwischen Loyalität zu den Berg- und Sinnfreien und der Erwartungshaltung, etwas Neues zu schaffen, immer so, dass sie sich in endlose Fleißarbeiten flüchteten. Programmieren und keine Flausen im Kopf haben, hieß die Devise. Und so arbeiteten uns immer lieber an Drittmittelprojekten von Ruhrkohle, VEW und RWE ab, anstatt selbst was zu gründen. Gut, von den Sparkassen und der Landesbank und den Privatbanken hätte man ohne Beziehungen eh kein Startdarlehen bekommen:

"Und wann wollen Sie ihren Return of Invest machen?" fragt der Sparkassenangestellte. "Sie meinen, den Return on Invest?" - " Ja, wann wollen Sie den machen?" Die gleiche Spezies, die Existenzgründer am Boden hält, hatte später kein Problem, Milliarden in nicht gedeckte Immobilienkredite am anderen Ende der Welt zu stecken. Bei den Ruhrbaronen kann man da dolle Geschichten lesen. Ein Landesbänker findet es viel schicker, mit den London Boys "Business" zu machen, als einem daher gelaufenen Akademiker seine Flausen zu finanzieren.

Solange das nicht funktioniert heißt es "Zechen zu Eventplattformen". Sieht ja ehrlich gesagt auch nicht schlecht aus. Und als Kultur geht das auch durch.



Glück auf!

Donnerstag, 31. Dezember 2009

Guten Rutsch!

Die "Dekade der Hölle" (TIME) ist bald Schnee von gestern und ein neues Jahrzehnt bricht an.

Angela Merkel sagt: "2010 wird ein völlig neues Jahrzehnt." Sie sagt auch, dass es ein entscheidendes Jahr wird. Und "es" (nicht sie!) wird sich entscheiden, wie es wird - oder so ähnlich.
Sicher ist heute nur eins: Wir werden heute Nacht in 20cm Tiefschnee darauf anstoßen. Hier schneit es ununterbrochen :-)




Dienstag, 29. Dezember 2009

Wie Tucholsky die "Die freie Wirtschaft" sah

Gefunden bei FAZ-Online (in einem Leserkommentar, nicht bei der Redaktion, Gott bewahre ;-)

"Die freie Wirtschaft" von Kurt Tucholsky

Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.
Ihr sollt auf Euren Direktor vertrauen.
Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.
Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.
Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein.
Wir wollen freie Wirtschaftler sein!
Wir diktieren die Preise und die Verträge –
kein Schutzgesetz sei uns im Wege.
Ihr braucht keine Heime für Eure Lungen,
keine Renten und keine Versicherungen.
Ihr solltet Euch allesamt was schämen,
von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!
Ihr sollt nicht mehr zusammenstehen –
Wollt Ihr wohl auseinandergehen!
Ihr sagt: Die Wirtschaft müsse bestehen.
Eine schöne Wirtschaft! Für wen? Für wen?
Das laufende Band, das sich weiterschiebt,
liefert Waren für Kunden, die es nicht gibt.
Ihr habt durch Entlassung und Lohnabzug sacht
Eure eigene Kundschaft kaputtgemacht.
Denn Deutschland besteht - Millionäre sind selten –
aus Arbeitern und aus Angestellten!
Und Eure Bilanz zeigt mit einem Male
einen Saldo mortale.
Während Millionen stempeln gehen.
Die wissen, für wen!
Kurt Tucholsky,
Gesammelte Werke,

Sonntag, 27. Dezember 2009

Und noch 'ne Rennpappe: ein 944 ;-)

Gerade reingekommen vom Organisator unserer Ausfahrten: Ein Porsche 944 zum basteln ;-)

Bund fördert Patent"neulinge"

Kleine und mittlere Unternehmen, die noch nie oder zuletzt vor mindestens fünf Jahren ein Patent angemeldet haben, können im Rahmen einer Patentaktion des Bundesbundes Fördermittel beantragen.

Die KMU-Patentaktion (Link) ist Teil des Förderprogramms SIGNO (Link), zu dem noch weitere Leistungen gehören.

Teilpakete mit Fördersummenobergrenze:
Patentrecherche, 800€
Kosten-Nutzen-Analyse, 800€
Patentanmeldung beim DPMA, 2.100€
Vorbereitung der Erfindungsverwertung, 1.600€
Gewerberlicher Rechtsschutz im Ausland, 2.700€

Pro Unternehmen können maximal 8.000€ abgerufen werden.

Teilnehmen können Unternehmen mit Sitz in Deutschland und höchstens 250 Mitarbeiter oder einer Jahresbilanzsumme unter 43 Mio. €.

Förderanträge können nicht beim Bund sondern müssen über die SIGNO-Partner eingereicht werden.
In Berlin und Brandenburg sind dies die
- TSB Innovationsagentur Berlin GmbH.
- EuroNorm GmbH in Neuenhagen,
- ZAB ZukunftsAgentur Brandenburg in Potsdam (Frau Verena Klemz).
(Kontaktdaten: Link)

Samstag, 26. Dezember 2009

Die 100 peinlichsten Berliner | Tip Berlin

Jetzt stehen sie fest. Ich stimme allerdings nicht mit allen Entscheidungen überein. Ich finde nicht, dass Thilo Sarrazin der peinlichste Berliner ist.
Die 100 peinlichsten Berliner | Tip Berlin

Wird ein Apple Tablet Mac auch ein ebook Reader sein?

amazon hat über die Weihnachtsfeiertage ein paar gute Nachrichten verkündet. U.a. soll der Kindle ebook Reader das erfolgreichste Geschenk aller amazon-Zeiten gewesen sein. Die amazon Aktie ist jetzt schon auf einem Allzeithoch und weist ein KGV von über 60 aus. Aber da ist zur Jahresendrallye sicher noch Luft drin. In der Phantasie der Analysten und Anleger wird amazon für Bücher das, was Apple für Musik und Videos ist: Der große Geschäftsmodellveränderer für digitale Medien.

Über Apple kursiert indessen das Gerücht, man würde im Januar einen tablettförmigen Rechner vorstellen. Apple wäre nicht der erste Hersteller, HP z.B. bietet bereits heute eines an. Aber nun geht mit mir die Phantasie durch: Wie groß ist von äußeren Design her der Unterschied zwischen einem Tablet-PC und einem ebook-Reader? Nicht so groß.

Wäre es also denkbar, dass Apple -wie amazon- ins Geschäft mit elektronischen Büchern einsteigt? ... Bei einer kurzen Patentrecherche habe ich nichts dergleichen gefunden. Aber neben einer technischen Lösung wären natürlich auch Verträge mit Buchverlagen über Lizenzen für elektronische Buchformate nötig. Davon war noch nichts zu lesen. Aber das heißt nicht, dass dergleichen noch nicht stattgefunden haben kann.

Und, es ist ja auch nur eine Idee..

Dienstag, 22. Dezember 2009

Oberes Missmanagement

Die gescheiterten GM-Manager Rick Wagoner und Fritz Henderson starteten ihre Karrieren im Bereich Finanzen (alles andere hätte mich auch gewundert). Sie steuerten General Motors nur nach Finanzkennzahlen, und nicht nach Marktentwicklungen. Sie kauften bestehende Automobilmarken und managten sie in Grund und Boden. Was ist hierfür und die anderen Fälle die gemeinsame tiefere Ursache?
Das Problem Amerikas ist: Früher ging ein Drittel der Business School Absolventen in den Finanzdienstleistungsbereich. Heute sind es zwei Drittel. In den meisten amerikanischen Großunternehmen gibt es nur noch Händler, aber keine Produzenten (also Wertschöpfenden) mehr. - Sagt Rakesh Khurana, Professor an der Harvard Business School.

Zitiert wird er hier von Noam Schreiber in dessen Artikel "Upper Missmanagement" in der The New Republic vom 18.12.2009.

Bis zum zweiten Weltkrieg habe auch in den USA die Priorität auf der Entwicklung und Produktion von Produkten gelegen, sagt Khurana. Danach haben Manager in Unternehmen nur noch Finanzanlagen gesehen, und die einzig wichtige Manageraufgabe darin, Kapital effizient einzusetzen. Das Wissen vom Kunden und Produkt und den Chancen neuer Technologien sei verloren gegangen, weil es finanztechnischen Abstraktionen Raum geben musste. Am schlimmsten sei aber die nur noch kurzfristige Ausrichtung der Unternehmenssteuerung auf Quartalsergebnisse gewesen. Dies habe zur Verschlankung -eigentlich: Entsubstanzierung- von Unternehmen geführt, die mit ihren Aufgaben auch viel Kompetenz auslagerten.

Ganz anders, und erfolgreicher seien europäische und asiatische Unternehmen vorgegangen. Während die amerikanische Automobilindustrie sukzessive Wertschöpfung ausgelagert habe, habe beispielsweise Toyota seine Zulieferer in die eigenen Fabrikhallen geholt.

Diese gegensätzlich ausgerichteten Strategien erklärt Schreiber mit den Motivationsunterschieden zwischen Finanzern und Betriebs- und Produktionsmanagern. Ein Finanzer sei nur durch ein möglichst hohes Gehalt zu motivieren. Ein richtiger Manager hingegen durch die Bedeutung seiner Aufgabe und Verantwortung.

Vereinfacht gesagt: Ein Finanzmanager weiß nichts vom Stolz eines Erfinders oder echten Unternehmers. Ein heutiger Business School Absolvent könne ein Unternehmen nur kaufen und verkaufen - aber ihm fehle die Kompetenz, es zu betreiben.

Erstaunlich an diesem Artikel finde ich drei Dinge:
1. In den USA scheint es einen ernsthaften, tiefen Diskurs über die Bedeutung der "Realwirtschaft" zu geben.
2. In deutschen Konzernen ist man noch auf dem Weg in diese falsche Richtung.

Ich habe bei RWE selbst erlebt, wie Finanzer und Stromhändler (mit dem gebannten Blick auf das leuchtende Vorbild Enron) die Oberhand übernahmen. Wie die Kernkompetenzen für die Weiterentwicklung und den Betrieb von Kraftwerken und Stromnetzen abgewertet wurden. Die Vision war lange Zeit, sich von der "Hardware" vollkommen zu trennen und zu einem reinen Stromhändler zu werden. Eon ist übrigens dabei, diese radikale Vision in die Tat umzusetzen (Link zur Tagesschau).
Allerdings läuft es auch in nur von Ingenieuren dominierten Konzernen nicht richtig rund. Denen fehlt oft die Fähigkeit, ihre Entwicklungen aus Anwender- bzw. Kundensicht zu bewerten und zu entwickeln. Es kostet erhebliche Anstrengungen Entwicklungsprozesse so auszurichten, dass die Entwickler möglichst alleinstehende, begehrte Produkte erzeugen.

3. Warum ist das Gehalt eines Händlers von Werten höher als desjenigen, der Werte schöpft? Wohin führt es, wenn der Handel mit Werten höher bewertet wird, als das Schöpfen von Werten?

Dieser Artikel erklärt ansatzweise die blinden Flecken in der amerikanischen Industrie.

Anfang dieses Jahrzehntes erklärte Dr. Kurt Richebächer, früher Chefökonom bei der Dresdner Bank, in seiner Rede "Wahn und Wirklichkeit" (Link), warum es nicht möglich war, die New Economy Blase allein aus Kennzahlen der US-Volkswirtschaft abzulesen: Weil dort berichtet wird, was sein könnte (oder sollte), aber nicht, was ist. Im Gedächtnis geblieben ist mir das abstruse Beispiel, nachdem das Upgrade auf einen neuen Intelprozessor und ein neues MS Office Release als signifikanter Produktivitätsfortschritt gewertet wurde. So wurde also aus den Verkaufszahlen von Intel und Microsoft darauf geschlossen, um wieviel produktiver die Hauptverwaltungen amerikanischer Konzerne geworden sein mussten. Der Bankier fasste seinen mit etlichen weiteren solcher Beispiele gespickten Beispiele Vortrag zusammen mit dem Satz: Das amerikanische Wachstumswunder in den roaring Nineties habe es nie gegeben.

Richebächer sah 2001 das Dilemma schon voraus:
Die Besonderheit Amerikas besteht also darin, dass es ein Kreditsystem hat, das voll und ganz auf Konsumkredit ausgerichtet ist. Und die Scheinprosperität der Amerikaner besteht darin, dass sie immer weniger sparen, immer weniger investieren, immer mehr konsumieren. Die alten Ökonomen nannten diesen Prozess Kapitalkonsum. Und das führt zwangsläufig zum wirtschaftlichen Niedergang.

Oberes Missmanagement

Die gescheiterten GM-Manager Rick Wagoner und Fritz Henderson starteten ihre Karrieren im Bereich Finanzen (alles andere hätte mich auch gewundert). Sie steuerten General Motors nur nach Finanzkennzahlen, und nicht nach Marktentwicklungen. Sie kauften bestehende Automobilmarken und managten sie in Grund und Boden. Was ist hierfür und die anderen Fälle die gemeinsame tiefere Ursache?
Das Problem Amerikas ist: Früher ging ein Drittel der Business School Absolventen in den Finanzdienstleistungsbereich. Heute sind es zwei Drittel. In den meisten amerikanischen Großunternehmen gibt es nur noch Händler, aber keine Produzenten (also Wertschöpfenden) mehr. - Sagt Rakesh Khurana, Professor an der Harvard Business School.

Zitiert wird er hier von Noam Schreiber in dessen Artikel "Upper Missmanagement" in der The New Republic vom 18.12.2009.

Bis zum zweiten Weltkrieg habe auch in den USA die Priorität auf der Entwicklung und Produktion von Produkten gelegen, sagt Khurana. Danach haben Manager in Unternehmen nur noch Finanzanlagen gesehen, und die einzig wichtige Manageraufgabe darin, Kapital effizient einzusetzen. Das Wissen vom Kunden und Produkt und den Chancen neuer Technologien sei verloren gegangen, weil es finanztechnischen Abstraktionen Raum geben musste. Am schlimmsten sei aber die nur noch kurzfristige Ausrichtung der Unternehmenssteuerung auf Quartalsergebnisse gewesen. Dies habe zur Verschlankung -eigentlich: Entsubstanzierung- von Unternehmen geführt, die mit ihren Aufgaben auch viel Kompetenz auslagerten.

Ganz anders, und erfolgreicher seien europäische und asiatische Unternehmen vorgegangen. Während die amerikanische Automobilindustrie sukzessive Wertschöpfung ausgelagert habe, habe beispielsweise Toyota seine Zulieferer in die eigenen Fabrikhallen geholt.

Diese gegensätzlich ausgerichteten Strategien erklärt Schreiber mit den Motivationsunterschieden zwischen Finanzern und Betriebs- und Produktionsmanagern. Ein Finanzer sei nur durch ein möglichst hohes Gehalt zu motivieren. Ein richtiger Manager hingegen durch die Bedeutung seiner Aufgabe und Verantwortung.

Vereinfacht gesagt: Ein Finanzmanager weiß nichts vom Stolz eines Erfinders oder echten Unternehmers. Ein heutiger Business School Absolvent könne ein Unternehmen nur kaufen und verkaufen - aber ihm fehle die Kompetenz, es zu betreiben.

Erstaunlich an diesem Artikel finde ich drei Dinge:
1. In den USA scheint es einen ernsthaften, tiefen Diskurs über die Bedeutung der "Realwirtschaft" zu geben.
2. In deutschen Konzernen ist man noch auf dem Weg in diese falsche Richtung.

Ich habe bei RWE selbst erlebt, wie Finanzer und Stromhändler (mit dem gebannten Blick auf das leuchtende Vorbild Enron) die Oberhand übernahmen. Wie die Kernkompetenzen für die Weiterentwicklung und den Betrieb von Kraftwerken und Stromnetzen abgewertet wurden. Die Vision war lange Zeit, sich von der "Hardware" vollkommen zu trennen und zu einem reinen Stromhändler zu werden. Eon ist übrigens dabei, diese radikale Vision in die Tat umzusetzen (Link zur Tagesschau).
Allerdings läuft es auch in nur von Ingenieuren dominierten Konzernen nicht richtig rund. Denen fehlt oft die Fähigkeit, ihre Entwicklungen aus Anwender- bzw. Kundensicht zu bewerten und zu entwickeln. Es kostet erhebliche Anstrengungen Entwicklungsprozesse so auszurichten, dass die Entwickler möglichst alleinstehende, begehrte Produkte erzeugen.

3. Warum ist das Gehalt eines Händlers von Werten höher als desjenigen, der Werte schöpft? Wohin führt es, wenn der Handel mit Werten höher bewertet wird, als das Schöpfen von Werten?

Dieser Artikel erklärt ansatzweise die blinden Flecken in der amerikanischen Industrie.

Anfang dieses Jahrzehntes erklärte Dr. Kurt Richebächer, früher Chefökonom bei der Dresdner Bank, in seiner Rede "Wahn und Wirklichkeit" (Link), warum es nicht möglich war, die New Economy Blase allein aus Kennzahlen der US-Volkswirtschaft abzulesen: Weil dort berichtet wird, was sein könnte (oder sollte), aber nicht, was ist. Im Gedächtnis geblieben ist mir das abstruse Beispiel, nachdem das Upgrade auf einen neuen Intelprozessor und ein neues MS Office Release als signifikanter Produktivitätsfortschritt gewertet wurde. So wurde also aus den Verkaufszahlen von Intel und Microsoft darauf geschlossen, um wieviel produktiver die Hauptverwaltungen amerikanischer Konzerne geworden sein mussten. Der Bankier fasste seinen mit etlichen weiteren solcher Beispiele gespickten Beispiele Vortrag zusammen mit dem Satz: Das amerikanische Wachstumswunder in den roaring Nineties habe es nie gegeben.

Richebächer sah 2001 das Dilemma schon voraus:
Die Besonderheit Amerikas besteht also darin, dass es ein Kreditsystem hat, das voll und ganz auf Konsumkredit ausgerichtet ist. Und die Scheinprosperität der Amerikaner besteht darin, dass sie immer weniger sparen, immer weniger investieren, immer mehr konsumieren. Die alten Ökonomen nannten diesen Prozess Kapitalkonsum. Und das führt zwangsläufig zum wirtschaftlichen Niedergang.

Montag, 21. Dezember 2009

Unsere privaten CO2-Emissionen

Ich hatte es vor zwei Jahren schon einmal ausgerechnet. Hier nun unser Update:

Mobilität:
Auto:
CO2 Ausstoß pro 100km eines Benziner = Verbrauch/100km * 23,7 g CO2
=> Porsche 924S: (8...10) * 23,7g/km = 189,6g/km ... 237g/km
Unsere jährliche Fahrleistung von 20.000 km/Jahr produziert somit 3,8 ... 4,7t C02, im Schnitt 4,3t CO2.

(Rechnung für Diesel (höhere Energiedichte als Benzin): Verbrauch/100 km * 26,5g, z.B. 8 * 26,5 = 212 g CO2/km)
EU-Vorgabe: 130 g/km, entsprechend einem CO2- Ausstoß von 2,6t.

Gemessen an den EU Zielen emittiert unser Wagen also 1,5t CO2 zuviel pro Jahr. Hierzu müssten wir uns entweder einen neuen Wagen kaufen oder unsere km Leistung ersatzlos um 7.500 km reduzieren.

Flugreisen:
Durchschnittlich fliegen wir alle 2 Jahre in die USA o.ä. Entfernungen. Hierbei entstehen pro Person ca. 4t CO2. Macht für uns im Schnitt 4t. Dazu kommen ca. 4 projektbedingte Inlandsflüge, die mit 300kg CO2 belastet sind, d.h. 1,2t.
=> 5,2t CO2 flugbedingt

Berufsbedingter öffentlicher Verkehr (Bus und Bahn):
Bus (Bürotage): 1.500km, belastet mit 5kg CO2/100 km = 0,075t CO2
ICE (Projekte): 90 x 450 km = 40.500 km, belastet mit 4kg CO2/100km = 1,6t CO2
=> 1,7t mit Bus und Bahn

=> Unsere mobilitätsbedingten (privat und beruflich) Emissionen pro Jahr:
11,2t CO2, davon 2,9t beruflich bedingt

Heizen, Kochen und Warmwasser mit Erdgas:
Unser Jahresverbrauch
2005: 10.640 kWh (kalter Winter, tägliches Duschen)
2006: 7.190 kWh (milder Winter, reduziertes Duschen)
Emissionen pro 1 kWh = 0,2 kg CO2
=> Unsere wärmebedingten Emissionen pro Jahr:
2005: 2,1t CO2
2006: 1,4t CO2

Strom:
2003: 2.360 kWh
2005: 1.675 kWh
Emissionen pro 1 kWh = 0,51 kg CO2 (Durchschnittswert, sehr abhängig vom Primärenergiemix und Kraftwerkswirkungsgrad: Kohle = 600g, Mit Atomstromanteil z.B. Yello: 300g, Ökostrom z.B. Lichtblick: 40g). Wir sind von Vattenfall zu Nuon gewechselt. Laut Nuon Website liegt der Wert bei 235g.
Nuon = 235g CO2/kWh
RWE = 771g (alte Braun- und Steinkohlekraftwerke)
Eon = 476g (Mix aus Kohle, Gas und Uran)
Vattenfall = 441g
EnBW = 241g (Uran)
Yello = 300g

=> Unsere elektrizitätsbedingten Emissionen pro Jahr:
2003: 1,4t CO2
2005: 0,4t CO2

Wow, 1t eingespart. Dessen waren wir uns noch gar nicht bewusst!

Gesamt:
In Summe: 13t CO2, d.h. pro Person 6,5t CO2. Damit liegen wir 3,5t über dem klimaverträglichen Level von 3t. Der Bundesdurchschnitt soll nach verschiedenen Quellen bei 11t liegen (wobei unklar ist, was hier alles eingerechnet wurde).