Mittwoch, 16. Februar 2011
Wir Wolfsburgpendler
Die Berliner Zeitung hat uns Wolfsburgpendlern endlich ein Denkmal gesetzt (Link). Jetzt haben wir es auch schriftlich, dass es nur freundlicherweise geduldet wird, dass wir nicht in der erstaunlichsten Stadt des Universums wohnen, sondern in Berlin. Da es in der Zeitung steht, darf ich nun auch hier darüber schreiben, dass wir Pendler inzwischen einen Draht in die oberste Etage des Bahntowers haben. Und das ist gut so. Denn für uns kommt es schon im Frühjahr wieder ganz dicke. Dann saniert die Bahn die ICE Hochgeschwindigkeitsstrecke. Heisst: 1h täglich mehr im Zug. Heisst: Einspuriger Verkehr. Heisst: Weniger Sicherheit.
Wenn die Termine zu früh lagen, oder zu spät, dann habe ich in Wolfsburg auch schon mal übernachtet. Vor zwei Jahren galt das mal ein halbes Jahr lang. Und weil es in WOB zu wenige Hotels gibt für die vielen Berater, musste ich manchmal in Westhagen absteigen. Hochhaussiedlung, Overnight für Spediteure. Ich lag in meinem angemieteten Jugendzimmer und suchte Zuflucht in meinem iPod.
Als ich '97 nach Essen gezogen war, erzählte mir meine Nachbarin, sie sei auch erst neulich eingezogen. Sie komme aus der einsamsten Stadt, am Ende der Welt. Aus Wolfsburg. Hätte damals nie gedacht, wie gut ich es eines Tages kennenlernen würde.
Im Wolfsburger Werk trifft man keine Wolfsburger. Kaum jemand, der hier arbeitet, wohnt auch hier. Man wohnt entweder in Braunschweig und ist Fan von Hannover 96. Oder man hat sein Häusschen zwischen H und WOB.
Wer das Ruhrgebiet oder Berlin kennt und schätzt, der hatte noch nie was gegen Niedersachsen. Aber auch nicht viel dafür. Ich muss sagen: Die Leute hier sind sympathisch und meistens unkompliziert. Ich hatte vorher schon zwei Konzerne von innen kennengelernt. Doch dies ist der erste, in dem mir bis jetzt keine Allüren entgegengeschlagen sind. (Die schlägt mir eher bei seinen kleinen Tochterunternehmen entgegen.) Vielleicht liegt das daran, dass es bis heute von Ingenieuren dominiert ist. Mit einem Patriarchen an der Spitze.
Wenn wir ehrlich sind, schlägt uns in Berlin viel häufiger Provinzialismus entgegen. Das liegt natürlich an den vielen zu gereisten Provinzlern. Eines der größten Missverständnisse ist, dass es in Kreuzberg-Friedrichshain von unerschrockenen intellektuellen Revolutionären wimmelt. Mitnichten. Hier wird nur kollektiv das ausgelebt und kompensiert, was in Süddeutschland häufig genug in Amokläufen endet: Tief sitzende Ängste sich in Frage gestellt sehender Twentysomethings. In Berlin wertet man die persönliche Krise halt zu einer Angelegenheit der Allgemeinheit auf brabbelt etwas vom Privaten, das nun politisch ist. "Ich will hier wohnen, ich will hier nicht weg." diktiert der Internationalist dem Politblogger ins iPad. Und ansonsten stellt Berlin wenig Ansprüche an sich selbst.
Wer so ist, darf auf Wolfsburg nicht herabschauen. Hier gibt man sich Mühe, das Image der künstlich angelegten Stadt aufzubessern. Hier gibts die Autostadt zu besichtigen, wenn man seinen neuen Wagen abholt. Ansonsten siehts hier aus, wie in den meisten mittelgroßen Städten Deutschlands.
Eine Kombination aus beiden wäre nicht schlecht: Die Steuereinnahmen Wolfsburgs für Berlin. Angeblich -so erfuhr ich am Freitag gerüchtehalber- habe man aus Wolfsburg bzw. Salzburg in Berlin schon mal angeklopft gehabt. Der Senat habe aber desinteressiert abgewunken. Das würde zu dem Umgang passen, den man hier schon beim Thema Elektroautos gezeigt hat: Erst brüske Ablehnung, dann bürgermeisterliche Reklamierung des Themas für die "Hauptstadt", und dann wieder ablassen in die Senke.
Wenn der ICE am Hauptbahnhof Berlin einrollt, wissen die Wolfsburgpendler genau, wo es nicht reservierte Sitzplätze gibt: Im letzten Waggon. Kenner wissen auch, dass die Türen genau an der Fuge auf Höhe der Sitzbank zum Halten kommen. Hier wird gedrängelt, am hinderlichsten sind die Anzugträger mit Rolltasche, Handy und dem Kaffee in der Hand, der ihnen selbst private Gemütlichkeit im öffentlichen Raum und uns anderen urbane Weltgewandtheit suggerieren soll.
Es gibt natürlich nicht nur die, die tatsächlich pendeln. Es gibt auch die, davon leben, dass andere pendeln. Die finden das gar nicht so schlimm und strapaziös. Bzw. sie bieten den Pendlern schon mal großzügig an, doch nach WOB zu ziehen. Doch das will keiner. Dagegen fragt man sich wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass in Deutschland die interessantesten, also wertschöpfenden Jobs in den eher uninteressanten Städten platziert sind? Warum wimmelt es in Berlin von Blender- und Schaumschlägerposten und nur von wenigen Industriejobs?
Doch während ich mich das frage, lese ich in der Morgenpost, dass die Deutsche Telekom und Google in Berlin neue Denkfabriken errichten wollen. In Tegel soll es ein Zentrum für Elektroautos geben. Das sind erlösende Worte.
Während wir darüber diskutieren und mit 250km/h übers Gleis rasen fällt mir noch etwas anderes ein: Ist nicht die Tatsache, dass wir alle mit dem ICE nach WOB pendeln, und dafür auch Reisegenehmigungen bekommen und die Kalkulation ergibt, dass die Bahn wesentlich günstiger ist als die Fahrt mit dem Auto, nicht das stärkste Argument gegen das Produkt, das wir alle da drüben entwickeln - das Auto?
Sonntag, 13. Februar 2011
Der 924S "Le Mans"
Unser Frontmotor Stammtisch Berlin/Brandenburg (Link) hat ein sehenswertes Mitglied mehr: Vor ein paar Wochen fragte mich ein Porsche 924S Interessent nach einer Kaufberatung. (Er hatte meinen Artikel auf SPIEGEL Online gelesen und irgendwie meine Emailadresse eruiert. ;-)
Vom ersten Angebot riet ich ihm ab. Doch schon das zweite klang richtig gut. Er bekam eine Gelegenheit und er ergriff sie. Ich erfuhr nebenbei, dass er in Berlin wohnt. Unweit von uns ;-) Und so trafen wir uns vorige Woche wegen schlechten Wetters nach Feierabend in einer Tiefgarage. Und ich staunte nicht schlecht: Hatte der gute Mann doch glatt einen der ganz seltenen Le Mans Sondermodelle erwischt. Zwei Stunden verbrachten wir mit gegenseitiger Bewunderung über unsere Schätzchen. Ich habe unseren inzwischen, nach fünf Jahren, ganz gut eingeritten. Es war reine Nervensache. Aber einen "Le Mans" würde ich auch nicht von der Garagenkante schubsen. Der Wagen meines neuen "Porschekollegen" sieht richtig gut aus.
Aber es ist so wie es früher mit neu gefangenen Wildpferden gewesen sein muss: Man ist stolz wie Oscar, aber auch etwas nervös. Der Wagen kann bei der Probefahrt einen noch so guten Eindruck hinterlassen haben. Man weiß nicht sicher, was man sich da eingefangen hat. Das Vertrauen muss erst wachsen. Man hat einen wirklich robusten Sportwagen ergattert und behandelt ihn in den ersten Wochen wie ein rohes Ei. Das gilt bei einem Sondermodell wahrscheinlich noch intensiver. Jedenfalls freue ich mich schon auf die Saisoneröffnung :-)
Früher nutzte Porsche Siege bei wichtigen Autorennen immer für Marketingaktionen in Form von Sondermodellen. So auch beim 924 (Link). Von der Zweilitervariante des 924 hatte es 1977 schon eine Martini und 1980 eine Le Mans Edition gegeben. Doch diese Editionen bekamen "nur" optische Aufwertungen wie Lackierung und Dekors innen und außen.
1988 kam dann eine technisch aufgewertete Exklusiv-Edition vom 924S, die nur inoffiziell Le Mans hieß. Neben den eigenwilligen Kontrastfarben (ockergelb bei der weißen Ausgabe, türkis beim schwarzen) bekam dieser auch ein Sportfahrwerk. Von diesen wurden weltweit weniger als 1.000 hergestellt. Einer von ihnen cruist nun durch Berlin :-) Auf Flickr gibt es ein ansprechendes Foto von der schwarzen Version: Link
Warum so viel Aufhebens um "Le Mans"? Weil der 924 in Le Mans gut abgeschnitten hat! Wahre Leckerbissen gibts da auf der Porsche Website zu sehen: Link
1981 testete Porsche den kommenden 944 in Le Mans, getarnt als 924 GTP Le Mans. Ein 2,5l Vierzylinder-Turbo mit Vierventiltechnik.
Zitat:
Walter Röhrl fuhr "unseren" 924S/944 auf den siebten Rang! Ein bisschen davon spürt man immer noch, wenn man aus der Nordkurve auf die Startgerade der AVUS einfährt und Gas geben kann..
Vom ersten Angebot riet ich ihm ab. Doch schon das zweite klang richtig gut. Er bekam eine Gelegenheit und er ergriff sie. Ich erfuhr nebenbei, dass er in Berlin wohnt. Unweit von uns ;-) Und so trafen wir uns vorige Woche wegen schlechten Wetters nach Feierabend in einer Tiefgarage. Und ich staunte nicht schlecht: Hatte der gute Mann doch glatt einen der ganz seltenen Le Mans Sondermodelle erwischt. Zwei Stunden verbrachten wir mit gegenseitiger Bewunderung über unsere Schätzchen. Ich habe unseren inzwischen, nach fünf Jahren, ganz gut eingeritten. Es war reine Nervensache. Aber einen "Le Mans" würde ich auch nicht von der Garagenkante schubsen. Der Wagen meines neuen "Porschekollegen" sieht richtig gut aus.
Aber es ist so wie es früher mit neu gefangenen Wildpferden gewesen sein muss: Man ist stolz wie Oscar, aber auch etwas nervös. Der Wagen kann bei der Probefahrt einen noch so guten Eindruck hinterlassen haben. Man weiß nicht sicher, was man sich da eingefangen hat. Das Vertrauen muss erst wachsen. Man hat einen wirklich robusten Sportwagen ergattert und behandelt ihn in den ersten Wochen wie ein rohes Ei. Das gilt bei einem Sondermodell wahrscheinlich noch intensiver. Jedenfalls freue ich mich schon auf die Saisoneröffnung :-)
Früher nutzte Porsche Siege bei wichtigen Autorennen immer für Marketingaktionen in Form von Sondermodellen. So auch beim 924 (Link). Von der Zweilitervariante des 924 hatte es 1977 schon eine Martini und 1980 eine Le Mans Edition gegeben. Doch diese Editionen bekamen "nur" optische Aufwertungen wie Lackierung und Dekors innen und außen.
1988 kam dann eine technisch aufgewertete Exklusiv-Edition vom 924S, die nur inoffiziell Le Mans hieß. Neben den eigenwilligen Kontrastfarben (ockergelb bei der weißen Ausgabe, türkis beim schwarzen) bekam dieser auch ein Sportfahrwerk. Von diesen wurden weltweit weniger als 1.000 hergestellt. Einer von ihnen cruist nun durch Berlin :-) Auf Flickr gibt es ein ansprechendes Foto von der schwarzen Version: Link
Warum so viel Aufhebens um "Le Mans"? Weil der 924 in Le Mans gut abgeschnitten hat! Wahre Leckerbissen gibts da auf der Porsche Website zu sehen: Link
1981 testete Porsche den kommenden 944 in Le Mans, getarnt als 924 GTP Le Mans. Ein 2,5l Vierzylinder-Turbo mit Vierventiltechnik.
Zitat:
Wie ein Uhrwerk spulte die auf 410 PS getrimmte Rennversion unter Walter Röhrl/ Jürgen Barth die 24-Stunden-Distanz herunter. Nach 4.401 Kilometer und einem Schnitt von 184 km/h belegten sie einen hervorragenden siebten Rang im Gesamtklassement. Obendrein gewann das neue Auto den Preis für die kürzeste Boxenstandzeit.
Walter Röhrl fuhr "unseren" 924S/944 auf den siebten Rang! Ein bisschen davon spürt man immer noch, wenn man aus der Nordkurve auf die Startgerade der AVUS einfährt und Gas geben kann..
Samstag, 12. Februar 2011
Bumerang
Bumerang
War einmal ein Bumerang;
War ein Weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum - noch stundenlang -
Wartete auf Bumerang.
J. Ringelnatz
War einmal ein Bumerang;
War ein Weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum - noch stundenlang -
Wartete auf Bumerang.
J. Ringelnatz
Sonntag, 6. Februar 2011
Kommentar zum Auftritt von Monica Lierhaus bei den Springers
Meine Vorbehalte gegen Monica Lierhaus sind seit gestern bestätigt.
Eine beliebte Sportjournalistin und Moderatorin wurde von einem Schicksalsschlag heimgesucht. So weit, so unglücklich und bedauernswert. Kein Zweifel. Die erste Maßnahme nach dem Blitzschlag aber war die Verhängung einer bis gestern andauernden Nachrichtensperre über das weitere Schicksal der Medienfrau. Eine wasserdichte Mediensperre über die Art, Hintergründe und Schwere ihrer Verletzung bzw. Krankheit. Sie, die von anderen immer alles wissen wollte, und die für und von ihre Öffentlichkeit lebt, verbietet anderen den Mund, über sie zu sprechen.
Gestern kehrte sie zurück. Auf eine -wie ich finde- unpassende Art. Unpassend aus mehrere Gründen: Sie und die Springermischpoke wussten um den Sensationsgehalt, der dem ersten Fernsehauftritt nach fast drei Jahren innewohnen würde. So inszenierten sie das Comeback gestern im Rahmen der turnusmäßigen Selbstbeweihräucherungssymbiose zwischen Springer und unseren Fernsehsternchen auf GEZ-Zahler Kosten: Der güldenen Kamera. Ich frage mich: Wenn die Zeit so schwer war, die Gesundheit oder vielleicht sogar das Leben auf dem Spiel stand, ist einem dann nicht nach einem bescheideneren, privateren Auftritt? Hätte es nicht besser gepasst, im Rahmen einer Sportschau aufzutreten? Das ist natürlich Geschmackssache und ich kann das nicht wirklich beurteilen, weil ich noch nie in dieser Situation war. Aber dass sie nun ausgerechnet ein Format wählt, dass ein wenig an den letzten Auftritt von Rudi Carrell erinerte, wirft für mich die Frage auf, wie groß ihre Sorge -oder die ihrer Berater- gewesen sein muss, dass einen die eigenen Fans vielleicht schon vergessen haben?
Friede Springer und Matthias Döpfner hatten sich einen Ehrenpreis für ihren Stargast ausgedacht. Als Laudator hatte sich die Ausgezeichnete Günter Netzer gewünscht. Der begann seine Rede, wissend, welch eigentlich anrührender Moment der Auftritt von Frau Lierhaus sein würde, mit dem Geständnis, dass er sich sehr unwohl fühle, und jetzt sogar lieber einen Elfmeter in der 90. Minute schiessen würde.. Das klang ehrlicher, als es den Veranstaltern lieb sein konnte.
Der Bühnenauftritt von Monica Lierhaus rührte dann auch jeden an, der menschlicher Regungen fähig ist. Vorsichtig, kleine Trippelschritte machend und am Mikro mit einer ziemlich veränderten Stimme. Die Kamera schwenkte auf Gäste, die sich sichtlich bewegt die Hände vor den Mund hielten.
Aber dann wurde es typisch Springer, typisch BILD, typisch niveauloser Kitsch. Monica Lierhaus bat am Ende ihrer Dankesrede ihren Lebensgefährten auf die Bühne und machte ihm einen Heiratsantrag. Dazu Fanfarenklänge aus dem Hause Springer.
Ich weiß nicht. Ich versuche es mir vorzustellen. Hätte meine bessere Hälfte monate- oder jahrelang Spitz auf Knopf, sehr ernst erkrankt, gelegen, hätte ich mir einen privateren Moment gewünscht, als solch einen Auftritt.
Monica Lierhaus hat es geschafft. Jeder, der sie gestern gesehen hat (oder das bei BILD hier noch tun will), ist erleichtert, sie wieder auf den Beinen zu sehen. Aber war sie es ihren Fans nicht auch ein bisschen "schuldig", sie wissen zu lassen, sobald es ihr besser geht?
Sie zeigt nicht nur, dass man es schaffen kann. Sie ist auch Botschafterin für alle vom Schicksal gesundheitlich hart geprüften Menschen (um das Wort "Behinderte", das ich irgendwie zu diskriminierend finde), die um ihre Rückkehr in den Beruf kämpfen. Dass sie solch einen pompösen, grenzwertigen Rahmen dafür gewählt hat, zeugt vom schlechten Geschmack der Veranstalter und von den Prioritäten der Monica Lierhaus.
Sage mir jetzt keiner, ich hätte ja wegschauen können. Nein, ich bin zwangsverpflichteter GEZ-Zahler und mische mich ein, wenn mit meinen Geldern PR Betrieben wird. Unterstelle mir auch niemand Herzlosigkeit oder fehlende Empathie. Im Gegenteil. Mich hat der Auftritt geschmerzt, weil ich glaube, dass man sich so nicht hergeben muss.
Friede Springer und Matthias Döpfner haben das untere Ende der Geschmacklosigkeitsskala wieder etwas tiefer gelegt.
Eine beliebte Sportjournalistin und Moderatorin wurde von einem Schicksalsschlag heimgesucht. So weit, so unglücklich und bedauernswert. Kein Zweifel. Die erste Maßnahme nach dem Blitzschlag aber war die Verhängung einer bis gestern andauernden Nachrichtensperre über das weitere Schicksal der Medienfrau. Eine wasserdichte Mediensperre über die Art, Hintergründe und Schwere ihrer Verletzung bzw. Krankheit. Sie, die von anderen immer alles wissen wollte, und die für und von ihre Öffentlichkeit lebt, verbietet anderen den Mund, über sie zu sprechen.
Gestern kehrte sie zurück. Auf eine -wie ich finde- unpassende Art. Unpassend aus mehrere Gründen: Sie und die Springermischpoke wussten um den Sensationsgehalt, der dem ersten Fernsehauftritt nach fast drei Jahren innewohnen würde. So inszenierten sie das Comeback gestern im Rahmen der turnusmäßigen Selbstbeweihräucherungssymbiose zwischen Springer und unseren Fernsehsternchen auf GEZ-Zahler Kosten: Der güldenen Kamera. Ich frage mich: Wenn die Zeit so schwer war, die Gesundheit oder vielleicht sogar das Leben auf dem Spiel stand, ist einem dann nicht nach einem bescheideneren, privateren Auftritt? Hätte es nicht besser gepasst, im Rahmen einer Sportschau aufzutreten? Das ist natürlich Geschmackssache und ich kann das nicht wirklich beurteilen, weil ich noch nie in dieser Situation war. Aber dass sie nun ausgerechnet ein Format wählt, dass ein wenig an den letzten Auftritt von Rudi Carrell erinerte, wirft für mich die Frage auf, wie groß ihre Sorge -oder die ihrer Berater- gewesen sein muss, dass einen die eigenen Fans vielleicht schon vergessen haben?
Friede Springer und Matthias Döpfner hatten sich einen Ehrenpreis für ihren Stargast ausgedacht. Als Laudator hatte sich die Ausgezeichnete Günter Netzer gewünscht. Der begann seine Rede, wissend, welch eigentlich anrührender Moment der Auftritt von Frau Lierhaus sein würde, mit dem Geständnis, dass er sich sehr unwohl fühle, und jetzt sogar lieber einen Elfmeter in der 90. Minute schiessen würde.. Das klang ehrlicher, als es den Veranstaltern lieb sein konnte.
Der Bühnenauftritt von Monica Lierhaus rührte dann auch jeden an, der menschlicher Regungen fähig ist. Vorsichtig, kleine Trippelschritte machend und am Mikro mit einer ziemlich veränderten Stimme. Die Kamera schwenkte auf Gäste, die sich sichtlich bewegt die Hände vor den Mund hielten.
Aber dann wurde es typisch Springer, typisch BILD, typisch niveauloser Kitsch. Monica Lierhaus bat am Ende ihrer Dankesrede ihren Lebensgefährten auf die Bühne und machte ihm einen Heiratsantrag. Dazu Fanfarenklänge aus dem Hause Springer.
Ich weiß nicht. Ich versuche es mir vorzustellen. Hätte meine bessere Hälfte monate- oder jahrelang Spitz auf Knopf, sehr ernst erkrankt, gelegen, hätte ich mir einen privateren Moment gewünscht, als solch einen Auftritt.
Monica Lierhaus hat es geschafft. Jeder, der sie gestern gesehen hat (oder das bei BILD hier noch tun will), ist erleichtert, sie wieder auf den Beinen zu sehen. Aber war sie es ihren Fans nicht auch ein bisschen "schuldig", sie wissen zu lassen, sobald es ihr besser geht?
Sie zeigt nicht nur, dass man es schaffen kann. Sie ist auch Botschafterin für alle vom Schicksal gesundheitlich hart geprüften Menschen (um das Wort "Behinderte", das ich irgendwie zu diskriminierend finde), die um ihre Rückkehr in den Beruf kämpfen. Dass sie solch einen pompösen, grenzwertigen Rahmen dafür gewählt hat, zeugt vom schlechten Geschmack der Veranstalter und von den Prioritäten der Monica Lierhaus.
Sage mir jetzt keiner, ich hätte ja wegschauen können. Nein, ich bin zwangsverpflichteter GEZ-Zahler und mische mich ein, wenn mit meinen Geldern PR Betrieben wird. Unterstelle mir auch niemand Herzlosigkeit oder fehlende Empathie. Im Gegenteil. Mich hat der Auftritt geschmerzt, weil ich glaube, dass man sich so nicht hergeben muss.
Friede Springer und Matthias Döpfner haben das untere Ende der Geschmacklosigkeitsskala wieder etwas tiefer gelegt.
Neue Erkenntnisse zum Tatmotiv des Managers
Vor einer Woche hatte ich hier am vermeintlichen Motiv des Managers Olaf H., der des Mordes an Mirco verdächtigt wird, gezweifelt und mich gewundert, warum der -eigentlich ja sehr erfolgreiche- SoKo-Leiter Thiel es so unreflektiert veröffentlicht hatte. H. hatte direkt nach seiner Festnahme angegeben, er sei am selben Tag von seinem Vorgesetzen am Telefon "zusammengefaltet worden" und habe sehr "unter Druck gestanden" und daraus sei spontan die Tat entstanden..
Ein paar Tage später berichtete BILD allerdings, dass Olaf H. einige Zeit nach dem angeblichen "Zusammengefaltet werden" von seinem Chef befördert worden war. Damit standen "Stress" und "Druck" als Tatmotiv in Frage.
Und jetzt kommt heraus, dass H. seinem Anwalt inzwischen gestanden habe, dieses auslösende Telefonat habe es nie gegeben. Aber er sei als Kind selbst sexuell missbraucht worden. Das erscheint viel plausibler. Der Fall hat somit nichts mehr mit der Telekom zu tun. Einerseits. Andererseits konnte jeder, der sich in ähnlichen Strukturen bewegt, erkennen, dass Motiv und Tat nicht zusammenpassten, wenn es sich bei H. um einen "normalen" Menschen handelt (also keinen Triebtäter).
Die SoKo ermittelt deshalb laut BILD weiter. Es haben sich inzwischen auch andere SoKos mit ungeklärten Fällen gemeldet.
Das interessante an diesem Fall ist für mich, dass er sich an der Grenze bewegt zwischen dem alltäglichen, vergleichsweise harmloseren aber trotzdem oft unfassbaren, Managerverhalten und einem Triebtäter.
Ein paar Tage später berichtete BILD allerdings, dass Olaf H. einige Zeit nach dem angeblichen "Zusammengefaltet werden" von seinem Chef befördert worden war. Damit standen "Stress" und "Druck" als Tatmotiv in Frage.
Und jetzt kommt heraus, dass H. seinem Anwalt inzwischen gestanden habe, dieses auslösende Telefonat habe es nie gegeben. Aber er sei als Kind selbst sexuell missbraucht worden. Das erscheint viel plausibler. Der Fall hat somit nichts mehr mit der Telekom zu tun. Einerseits. Andererseits konnte jeder, der sich in ähnlichen Strukturen bewegt, erkennen, dass Motiv und Tat nicht zusammenpassten, wenn es sich bei H. um einen "normalen" Menschen handelt (also keinen Triebtäter).
Die SoKo ermittelt deshalb laut BILD weiter. Es haben sich inzwischen auch andere SoKos mit ungeklärten Fällen gemeldet.
Das interessante an diesem Fall ist für mich, dass er sich an der Grenze bewegt zwischen dem alltäglichen, vergleichsweise harmloseren aber trotzdem oft unfassbaren, Managerverhalten und einem Triebtäter.
Merkels Leben als Revolutionärin wird verfilmt
Mulholland Drive reloaded: Springers Hommage an Che Angela
Friede Springer und Matthias Döpfner haben ihre Eigen-PR-Veranstaltung auf Kosten der GEZ-Zahler (vulgo: Güldene Kamera) praktischerweise in die Woche vor der Berlinale gelegt. So gaben sich Medienfachleute, Politikberater und Filmemacher hier gestern die Klinke in die Hand. Angela Merkel fand nach ihrer Rückkehr von der Münchner "Sicherheitskonferenz" (einer Art Davos für Kriegstreiber) noch Gelegenheit, einer Einladung von Friede Springer zu folgen. Merkels Ehemann war ja erst neulich in das Kuratorium von Springers dritter Stiftung berufen worden. Aus Dank, dass er diesem Ruf gefolgt war, wollte sie mal sehen, ob sie etwas für Angela selbst tun könne.
Und siehe da: Es schickte sich, dass einer der jungen Hoffnungsträger in Hol(l!)ywood*, dem ein Ruf wie Donnershall vorausgeht, sich schon lange für die Chancelorrette mit der Erfahrung als Revolutionärin der DDR begeistert. Ein Wort gab das andere und am Ende stand die Idee für ein neues Drehbuch. Ken soll vor Neid geplatzt sein.
*PS: Englisch hat die junge Elfriede Riewerts in der Schule nicht gehabt.
Friede Springer und Matthias Döpfner haben ihre Eigen-PR-Veranstaltung auf Kosten der GEZ-Zahler (vulgo: Güldene Kamera) praktischerweise in die Woche vor der Berlinale gelegt. So gaben sich Medienfachleute, Politikberater und Filmemacher hier gestern die Klinke in die Hand. Angela Merkel fand nach ihrer Rückkehr von der Münchner "Sicherheitskonferenz" (einer Art Davos für Kriegstreiber) noch Gelegenheit, einer Einladung von Friede Springer zu folgen. Merkels Ehemann war ja erst neulich in das Kuratorium von Springers dritter Stiftung berufen worden. Aus Dank, dass er diesem Ruf gefolgt war, wollte sie mal sehen, ob sie etwas für Angela selbst tun könne.
Und siehe da: Es schickte sich, dass einer der jungen Hoffnungsträger in Hol(l!)ywood*, dem ein Ruf wie Donnershall vorausgeht, sich schon lange für die Chancelorrette mit der Erfahrung als Revolutionärin der DDR begeistert. Ein Wort gab das andere und am Ende stand die Idee für ein neues Drehbuch. Ken soll vor Neid geplatzt sein.
*PS: Englisch hat die junge Elfriede Riewerts in der Schule nicht gehabt.
Donnerstag, 3. Februar 2011
Zitat
If you are neutral in situations of injustice, you have chosen the side of the oppressor.Desmond Tutu
Mittwoch, 2. Februar 2011
#Egypt: German Käseglocken-TV vs. Al Jazeera
Geht's Ihnen auch so? Von den meisten Artikeln kommerzieller Medien im Internet lese ich nur noch die Überschrift und den ersten Satz. Dann springe ich runter zu den Leserkommentaren. Da steht das eigentlich Originelle. Denn der Textkörper des langen Artikels entspringt meist einer vorgefertigten Pressemitteilung.
Und die Zeitungen unterscheiden sich sehr in der Ausrichtung und Qualität ihrer Leserkommentare. Das hängt auch davon ab, ob die Kommentare "moderiert" werden. Bei der WAZ/DerWesten gab es z.B. bis vor kurzem gar kein Blatt vor dem Mund. Bei der ZEIT tummeln sich die Fachgelehrten. Bei der WELT die Verschwörungstheoretiker. Bei der BUNTEN die Gesellschaftsanalysten.
Und bei der FAZ tummeln sich: die Westerwelle- und Merkelhasser. Nicht etwa Linke und Extremisten in einem unfriendly takeover. Sondern bürgerliche FAZ-Leser, die mit Schwarzgelb fertig haben. EURO Rettungsschirme, HRE-Rettungsschirme, die Verkomplizierung von Reisekostenabrechnungen durch unterschiedliche Steuersätze, die fehlende persönliche Eignung Westerwelles und der Opportunismus von Merkel und Guttenberg haben sie alle vergrätzt. Das qualitativ interessante an Wut und Empörung sind ihre Ehrlichkeit.
Man ist entsetzt, dass Merkel, die doch den Mauerfall selbst erlebt hat (aber wie empfunden..?) gegenüber anderen freiheitsliebenden Völkern eine opportunistische Politik fährt. Von Westerwelle verstehen währenddessen immer mehr, dass er keine Reisewarnungen ausspricht sondern von Reisen "abrät", weil das seiner Reisebüroklientel viel Geld spart. Von beiden hören wir keine Freude über den Sturz langjähriger Despoten. Ganz Europa bleibt lieber stumm. So, als könne morgen von Wikileaks aufgedeckt werden, warum wir diese Typen jahrzehntelang unterstützt haben? Warum es offiziell Terrorfahndungen nach den Mördern von Lockerbie gab, aber die britische Regierung Gaddafis Leuten Ratschläge gab, wie man den angeblich krebskranken, lebenslang einsitzenden Terroristen freibekommt. Für ein Fass voll Öl. Was, so fragt man sich, gäbe es über Kohl, Genscher und ihre Nachfolger aufzudecken? Hier wäre mal Gelegenheit für ehrgeizige Journalisten, ein bisschen nachzuharken. (So wie die Ruhrbarone im Ruhrpott. Sowas fehlt uns hier übrigens in dem sumpfigen Berlin.)
Aber von den Journalisten bin ich enttäuscht.
Übrigens genauso wie von den Programmdirektoren unserer Fernsehsender. Was die sich am vergangenen Wochenende an hartnäckiger Ignoranz gegenüber den Entwicklungen im nahen Osten geleistet haben, das ging auf keine Kuhhaut. Das galt für die üppig subventionierten Sender und Zusatzsender von ARD und ZDF genauso wie für die sogenannten Nachrichtensender n-tv und n24. Die brachten den ganzen Tag ihre geplanten Konserven über U-Boote im 2. Weltkrieg usw.. Wenn wir draußen Schneefall haben, bekommen wir vier Brennpunkte parallel. Wenn sich die arabische Welt revolutioniert, kriegen wir nichts davon mit. Käseglocken-TV
Wenn es medial so schlimm ist, hilft nur noch Twitter. Da findet man schnell Alternativen wie z.B. Al Jazeera GB. Die berichten live aus Ägypten. Wer gegen die jetzt spontan den Verdacht hegt, womöglich politisch eingefäbt oder gar gesteuert zu sein, dem geht es wie George W. Bush, der beim Einmarsch in den nahen Osten Al Jazeeras Sendestation in Basra bombardieren ließ. Damals ging das Gerücht, es gebe einen Search&Destroy-Befehl gegen alles was mit "Al" anfängt.
Die Kommentatore von Al Jazeera nehmen alles auseinander. Für politisch Interessierte lohnt es sich wirklich, mal durch die Blogs zu stöbern: Link. Ziemlich beeindruckt hat mich z.B. dieser hier, der die Statements des US-Außenministeriums zu den Entwicklungen in Rumänien 1989, Iran und Ägypten verglichen hat: Link
Einen medialen Höhepunkt habe ich heute leider verpasst: Die EU-Außenbeauftrage hat heute vor dem EU-Parlament über Tunesien und Ägypten gesprochen. Danach wurde sie telefonisch -anscheinend ungewohnt hartnäckig- zu ihrer Haltung gegenüber der ägyptischen Freiheitsbewegung interviewt. Als die Frage kam, was die EU tun könnte, falls Mubarrak ihren Aufruf zur Mäßigung nicht befolge, brach die Telefonverbindung ab..
Aber auch CNN hatte einen Livestream zumindest im Web geschaltet. Die Amerikaner, so ausgebrannt sie im Moment auch wirken, wenn es um die Freiheit geht, dann wollen sie wohl live dabei sein. Genau wie wir Deutsche.
Heute, am Mittwoch, hat die ARD einen Brennpunkt angekündigt. Auslöser ist wohl dass das Hochhaus, in dem ihr Korrespondent einquartiert war, heute in Brand gesteckt wurde. Ist also eher eine Selbstmitleidgeschichte. Vielleicht wird die GEZ-finanzierte ARD auch noch einen Spendenaufruf bringen. Mal sehen.
Und die Zeitungen unterscheiden sich sehr in der Ausrichtung und Qualität ihrer Leserkommentare. Das hängt auch davon ab, ob die Kommentare "moderiert" werden. Bei der WAZ/DerWesten gab es z.B. bis vor kurzem gar kein Blatt vor dem Mund. Bei der ZEIT tummeln sich die Fachgelehrten. Bei der WELT die Verschwörungstheoretiker. Bei der BUNTEN die Gesellschaftsanalysten.
Und bei der FAZ tummeln sich: die Westerwelle- und Merkelhasser. Nicht etwa Linke und Extremisten in einem unfriendly takeover. Sondern bürgerliche FAZ-Leser, die mit Schwarzgelb fertig haben. EURO Rettungsschirme, HRE-Rettungsschirme, die Verkomplizierung von Reisekostenabrechnungen durch unterschiedliche Steuersätze, die fehlende persönliche Eignung Westerwelles und der Opportunismus von Merkel und Guttenberg haben sie alle vergrätzt. Das qualitativ interessante an Wut und Empörung sind ihre Ehrlichkeit.
Man ist entsetzt, dass Merkel, die doch den Mauerfall selbst erlebt hat (aber wie empfunden..?) gegenüber anderen freiheitsliebenden Völkern eine opportunistische Politik fährt. Von Westerwelle verstehen währenddessen immer mehr, dass er keine Reisewarnungen ausspricht sondern von Reisen "abrät", weil das seiner Reisebüroklientel viel Geld spart. Von beiden hören wir keine Freude über den Sturz langjähriger Despoten. Ganz Europa bleibt lieber stumm. So, als könne morgen von Wikileaks aufgedeckt werden, warum wir diese Typen jahrzehntelang unterstützt haben? Warum es offiziell Terrorfahndungen nach den Mördern von Lockerbie gab, aber die britische Regierung Gaddafis Leuten Ratschläge gab, wie man den angeblich krebskranken, lebenslang einsitzenden Terroristen freibekommt. Für ein Fass voll Öl. Was, so fragt man sich, gäbe es über Kohl, Genscher und ihre Nachfolger aufzudecken? Hier wäre mal Gelegenheit für ehrgeizige Journalisten, ein bisschen nachzuharken. (So wie die Ruhrbarone im Ruhrpott. Sowas fehlt uns hier übrigens in dem sumpfigen Berlin.)
Aber von den Journalisten bin ich enttäuscht.
Übrigens genauso wie von den Programmdirektoren unserer Fernsehsender. Was die sich am vergangenen Wochenende an hartnäckiger Ignoranz gegenüber den Entwicklungen im nahen Osten geleistet haben, das ging auf keine Kuhhaut. Das galt für die üppig subventionierten Sender und Zusatzsender von ARD und ZDF genauso wie für die sogenannten Nachrichtensender n-tv und n24. Die brachten den ganzen Tag ihre geplanten Konserven über U-Boote im 2. Weltkrieg usw.. Wenn wir draußen Schneefall haben, bekommen wir vier Brennpunkte parallel. Wenn sich die arabische Welt revolutioniert, kriegen wir nichts davon mit. Käseglocken-TV
Wenn es medial so schlimm ist, hilft nur noch Twitter. Da findet man schnell Alternativen wie z.B. Al Jazeera GB. Die berichten live aus Ägypten. Wer gegen die jetzt spontan den Verdacht hegt, womöglich politisch eingefäbt oder gar gesteuert zu sein, dem geht es wie George W. Bush, der beim Einmarsch in den nahen Osten Al Jazeeras Sendestation in Basra bombardieren ließ. Damals ging das Gerücht, es gebe einen Search&Destroy-Befehl gegen alles was mit "Al" anfängt.
Die Kommentatore von Al Jazeera nehmen alles auseinander. Für politisch Interessierte lohnt es sich wirklich, mal durch die Blogs zu stöbern: Link. Ziemlich beeindruckt hat mich z.B. dieser hier, der die Statements des US-Außenministeriums zu den Entwicklungen in Rumänien 1989, Iran und Ägypten verglichen hat: Link
Einen medialen Höhepunkt habe ich heute leider verpasst: Die EU-Außenbeauftrage hat heute vor dem EU-Parlament über Tunesien und Ägypten gesprochen. Danach wurde sie telefonisch -anscheinend ungewohnt hartnäckig- zu ihrer Haltung gegenüber der ägyptischen Freiheitsbewegung interviewt. Als die Frage kam, was die EU tun könnte, falls Mubarrak ihren Aufruf zur Mäßigung nicht befolge, brach die Telefonverbindung ab..
Aber auch CNN hatte einen Livestream zumindest im Web geschaltet. Die Amerikaner, so ausgebrannt sie im Moment auch wirken, wenn es um die Freiheit geht, dann wollen sie wohl live dabei sein. Genau wie wir Deutsche.
Heute, am Mittwoch, hat die ARD einen Brennpunkt angekündigt. Auslöser ist wohl dass das Hochhaus, in dem ihr Korrespondent einquartiert war, heute in Brand gesteckt wurde. Ist also eher eine Selbstmitleidgeschichte. Vielleicht wird die GEZ-finanzierte ARD auch noch einen Spendenaufruf bringen. Mal sehen.
Kommt jetzt doch ein EU-Patent "light"?
Zukünftig soll es ein EU-Patent mit Wirkung in mindestens 12 EU-Staaten geben. Die CDU im EU-Parlament hat dies auf dem juristischen Wege der "verstärkten Zusammenarbeit" angestoßen.
Das neue EU-Patent gäbe es nur noch auf englisch, französisch oder deutsch und würde in folgenden Ländern gelten:
Deutschland, Frankreich, Dänemark, Estland, Luxemburg, Polen, Slowenien, die Niederlande, Litauen, Finnland, Großbritannien und Schweden.
Das Plenum des Europäischen Parlamentes muss das Dossier voraussichtlich im Februar aber erst einmal verabschieden.
Quelle: Golem
Das neue EU-Patent gäbe es nur noch auf englisch, französisch oder deutsch und würde in folgenden Ländern gelten:
Deutschland, Frankreich, Dänemark, Estland, Luxemburg, Polen, Slowenien, die Niederlande, Litauen, Finnland, Großbritannien und Schweden.
Das Plenum des Europäischen Parlamentes muss das Dossier voraussichtlich im Februar aber erst einmal verabschieden.
Quelle: Golem
Enercon India
Enercon hat 1994 in Indien ein Joint-Venture mit einem indischen Textilfabrikanten gegründet. Der hat sich mit der Enercon India immer mehr "verselbständigt" und stellt Enercon Deutschland inzwischen kalt: Keine Berichte, keine Dividenden. Dafür fordert er die freie Nutzung aller Patente, schreibt die FAZ. Nachdem ihm dies nicht eingeräumt wurde, hat er angefangen, Enercon Patente vor dem indischen Patentgericht nichtig zu klagen. Patente, die in anderen Ländern bereits erteilt sind. Den Klagen wurde stattgegeben. Enercon drohen damit Vermögensverluste und der Verlust des indischen Marktes. Umweltminister Röttgen kümmert sich bislang nicht darum. Übrigens wie auch seinerzeit Wirtschaftsminister Rexrodt: In den 90ern ließen sich Vertreter amerikanischer Elektrotechnikhersteller die Enercontechnik vorführen. Nur, um diese dann selbst in den USA zum Patent anzumelden. Dabei nutzten sie die Eigenart des US-Patentrechtes, dass eine angemeldete Erfindung nur in den USA neu sein muss. Was im Rest der Welt Stand der Technik ist, sehen die USA nicht...
SPD MdB Garrelt Duin hat nun eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, was sie zum Schutze deutscher Firmen in Indien zu tun gedenkt. Bin sehr auf die Antwort gespannt...
Quelle: FAZ
SPD MdB Garrelt Duin hat nun eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, was sie zum Schutze deutscher Firmen in Indien zu tun gedenkt. Bin sehr auf die Antwort gespannt...
Quelle: FAZ
Samstag, 29. Januar 2011
Spatenstich am Leipziger Platz
Nach drei Jahren willkommener Vertögerung haben gestern die Bauarbeiten am Leipziger Platz begonnen:
Hier stand das berühmte Kaufhaus Wertheim mit seiner traurigen Geschichte von der Arisierung bis zum Rechtsstreit zwischen den Nachkommen der Familie Wertheim, dem Karstadtkonzern und dem Land Berlin.
Hier stand das berühmte Kaufhaus Wertheim mit seiner traurigen Geschichte von der Arisierung bis zum Rechtsstreit zwischen den Nachkommen der Familie Wertheim, dem Karstadtkonzern und dem Land Berlin.
Mittwoch, 26. Januar 2011
10 Jahre Umzug nach Berlin - 2001
Wir nähern uns unserem zehnjährigem Berlinjubiläum. Im Dezember 2000 hatte ich einen der vielen glücklichen Momente in jenem Jahr voller Visionen und Aufbruchsstimmung gehabt: Ich hatte im April den Job gewechselt und im Dezember musste ich als neuer Internetberater bei einer Angebotspräsentation einspringen. Es ging um ein Projekt bei einem Berliner Energieunternehmen. Und es ging um mein Kernthema. Ich war motiviert und gut drauf und bekam gutes Feedback. Wenig später erfuhren wir, dass wir den Zuschlag bekommen hatten. Hurra. Nach den Reisen nach Wien und immer wieder Hamburg war endlich Berlin dran. Da das Projekt lange dauern sollte, war da die Frage: Im Hotel wohnen, oder die Gelegenheit beim Schopfe packen und richtig umziehen? Die Wahl viel auf ein möblierte Zimmer in der zweitschönsten Straße Charlottenburgs: der Mommsenstrasse.
Das Projekt sollte im Februar beginnen. Glücklicherweise feierte ein Kollege von mir im Januar in der drittschönsten Straßen Charlottenburgs, der Schlüterstraße, Wohnungseinweihung. Am nächsten Tag schauten wir uns ein möbliertes Apartment um die Ecke an, Mommsen Ecke Leibnitz. Sah gut aus und passte. Die Entscheidung fiel schnell...
Wir planten einen Umzug in zwei Schritten. Ich machte die Vorhut. Ich werde die Fahrt im ICE durch das weiße, vereiste Flachland nie vergessen. Gedanken an all that you can't leave behind und an das, was vor uns liegen sollte. Ich stieg am Bahnhof Zoo aus und fuhr mit der S-Bahn zurück bis Savignyplatz. Damit sind auch schon zwei Dinge genannt, die es heute nicht mehr so gibt: ICE-Halte am Zoo und eine funktionierende S-Bahn.
Ich war mit der Vermieterin verabredet. Wir hatten telefonisch verabredet, dass wir erstmal den Mietvertrag unterschreiben und alles andere, wie z.B. die Kautionszahlung, später nachholen wollten. Ich wollte erstmal den Schlüssel, um unseren Brückenkopf beginnen zu können. Aber schon am ersten Tag lernte ich, dass man in Berlin alles schriftlich machen muss. Die Dame wollte Cash sehen. Also ging ich zum Kudamm, stieg in den Bus, um zur Dresdner Bank an der Gedächtniskirche zu fahren. Die Dame wusste keinen näheren Geldautomaten, sie kannte die Filialen am Olivaer Platz nicht..
Jedenfalls ging der Spaß im Bus gleich weiter. Eine Station weiter stieg ein aggressiver Besoffski ein und fing eine Schlägerei an. An der nächsten Haltestelle am Kudamm, flüchteten wir alle aus dem Bus. Ich werde auch dieses Gefühl der Unsicherheit nie vergessen: Eigentlich wäre es ein Leichtes gewesen, den Mann zu zweit unschädlich zu machen. Aber man weiß ja nicht, was der noch alles in seiner Manteltasche hat. Nur der Busfahrer bewies Mut und griff den Typen an. Ich rannte in den Porzellanladen an der Haltestelle und bat den Verkäufer, die Polizei zu rufen. Der ließ mich das jedoch lieber selbst machen. Als ich wieder raus kam, hatten Polizisten den Mann schon überwältigt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich fast vergessen, warum ich eigentlich unterwegs war...
Gut, irgendwann war alles geregelt. Ich bekam den Schlüssel für unsere erste Wohnung in Berlin. In der Mommsenstreet, wie wir sie bald nannten. Ich war zufrieden und voller Aufbruchstimmung. Einen Tag später machte ich mich mit dem Bus auf den Weg zum Projektstart und las im Tagesspiegel vom Berliner Bankenskandal. Einen Monat später, meine bessere Hälfte war inzwischen dabei, auch ihre Aktivitäten nach Berlin zu verlagern, hörten wir vom Zusammenstoß eines amerikanischen Spionageflugzeugs mit einem chinesischen Kampfjet im südchinesischen Meer und den äußerst aggressiven Reaktionen des neuen US-Präsidenten George W. Bush. Ich weiß noch, wie wir die Tagesthemen schauten. Ich schlief dabei ein. Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen war die Vision, dass wir diesen Bush bestimmt irgendwann in olivgrüner Uniform sehen würden.
Im Februar 2001 sah Berlin noch anders aus:
- Der Palast der DDR stand noch.
- Zoo war noch Fernbahnhof, Charlottenburg Regionalbahnhof.
- Tempelhof war noch Stadtflughafen.
- Das Schimmelpfeng-Haus am Breitscheidtplatz stand noch.
- Den Hauptbahnhof gab es noch nicht.
- Das Bundeskanzleramt war noch nicht eingeweiht.
- Die Loveparade fand jährlich auf der Straße des 17. Juni statt.
- Unternehmen wie Pixelpark und ID-Media prägten die Szene.
Auch die Welt war noch eine andere:
- Die WTC-Türme in New York standen noch. Wir hatten sie im Oktober 2000 besucht und hatten dasselbe für Oktober 2001 geplant.
- Das Internet eroberte die Wirtschaft.
- Die New Economy Blase war im Begriff zu platzen.Auf meinem Nachttisch lag ein Buch, dass ich aus den USA mitgebracht hatte: "The coming internet depression"
Das Projekt sollte im Februar beginnen. Glücklicherweise feierte ein Kollege von mir im Januar in der drittschönsten Straßen Charlottenburgs, der Schlüterstraße, Wohnungseinweihung. Am nächsten Tag schauten wir uns ein möbliertes Apartment um die Ecke an, Mommsen Ecke Leibnitz. Sah gut aus und passte. Die Entscheidung fiel schnell...
Wir planten einen Umzug in zwei Schritten. Ich machte die Vorhut. Ich werde die Fahrt im ICE durch das weiße, vereiste Flachland nie vergessen. Gedanken an all that you can't leave behind und an das, was vor uns liegen sollte. Ich stieg am Bahnhof Zoo aus und fuhr mit der S-Bahn zurück bis Savignyplatz. Damit sind auch schon zwei Dinge genannt, die es heute nicht mehr so gibt: ICE-Halte am Zoo und eine funktionierende S-Bahn.
Ich war mit der Vermieterin verabredet. Wir hatten telefonisch verabredet, dass wir erstmal den Mietvertrag unterschreiben und alles andere, wie z.B. die Kautionszahlung, später nachholen wollten. Ich wollte erstmal den Schlüssel, um unseren Brückenkopf beginnen zu können. Aber schon am ersten Tag lernte ich, dass man in Berlin alles schriftlich machen muss. Die Dame wollte Cash sehen. Also ging ich zum Kudamm, stieg in den Bus, um zur Dresdner Bank an der Gedächtniskirche zu fahren. Die Dame wusste keinen näheren Geldautomaten, sie kannte die Filialen am Olivaer Platz nicht..
Jedenfalls ging der Spaß im Bus gleich weiter. Eine Station weiter stieg ein aggressiver Besoffski ein und fing eine Schlägerei an. An der nächsten Haltestelle am Kudamm, flüchteten wir alle aus dem Bus. Ich werde auch dieses Gefühl der Unsicherheit nie vergessen: Eigentlich wäre es ein Leichtes gewesen, den Mann zu zweit unschädlich zu machen. Aber man weiß ja nicht, was der noch alles in seiner Manteltasche hat. Nur der Busfahrer bewies Mut und griff den Typen an. Ich rannte in den Porzellanladen an der Haltestelle und bat den Verkäufer, die Polizei zu rufen. Der ließ mich das jedoch lieber selbst machen. Als ich wieder raus kam, hatten Polizisten den Mann schon überwältigt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich fast vergessen, warum ich eigentlich unterwegs war...
Gut, irgendwann war alles geregelt. Ich bekam den Schlüssel für unsere erste Wohnung in Berlin. In der Mommsenstreet, wie wir sie bald nannten. Ich war zufrieden und voller Aufbruchstimmung. Einen Tag später machte ich mich mit dem Bus auf den Weg zum Projektstart und las im Tagesspiegel vom Berliner Bankenskandal. Einen Monat später, meine bessere Hälfte war inzwischen dabei, auch ihre Aktivitäten nach Berlin zu verlagern, hörten wir vom Zusammenstoß eines amerikanischen Spionageflugzeugs mit einem chinesischen Kampfjet im südchinesischen Meer und den äußerst aggressiven Reaktionen des neuen US-Präsidenten George W. Bush. Ich weiß noch, wie wir die Tagesthemen schauten. Ich schlief dabei ein. Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen war die Vision, dass wir diesen Bush bestimmt irgendwann in olivgrüner Uniform sehen würden.
Im Februar 2001 sah Berlin noch anders aus:
- Der Palast der DDR stand noch.
- Zoo war noch Fernbahnhof, Charlottenburg Regionalbahnhof.
- Tempelhof war noch Stadtflughafen.
- Das Schimmelpfeng-Haus am Breitscheidtplatz stand noch.
- Den Hauptbahnhof gab es noch nicht.
- Das Bundeskanzleramt war noch nicht eingeweiht.
- Die Loveparade fand jährlich auf der Straße des 17. Juni statt.
- Unternehmen wie Pixelpark und ID-Media prägten die Szene.
Auch die Welt war noch eine andere:
- Die WTC-Türme in New York standen noch. Wir hatten sie im Oktober 2000 besucht und hatten dasselbe für Oktober 2001 geplant.
- Das Internet eroberte die Wirtschaft.
- Die New Economy Blase war im Begriff zu platzen.Auf meinem Nachttisch lag ein Buch, dass ich aus den USA mitgebracht hatte: "The coming internet depression"
Montag, 24. Januar 2011
Wer sind die CO2-Sünder?
Ist es sinnvoll die CO2-Länder an deren schierer Emissionsmenge zu messen? Will sagen, ist es fair immer auf die größten Emittenten zu verweisen und dann zu sagen: Wenn USA und China voran gehen, weil die am meisten emittieren, dann machen wir mit?
Ich glaube nicht.
Ich finde, man sollte die "CO2-Intensität" auf die Bevölkerungszahl oder Fläche eines Staates beziehen. Man stelle sich vor, der gesamte amerikanische Kontinent sei ein einziger Staat mit den gleichen CO2-Emissionen wie heute. Dann wäre er der Menge nach der größte CO2-Emittent. Aber die Forderung an ihn, mit CO2-Senkungen voran zu gehen wäre von der Absicht her das gleiche, als würde man heute von allen Regierungen erwarten, dass sie sich erstmal einigen, ihr CO2 zu senken, bevor man selbst an Einsparungen denke.
Um ein CO2-Senkungspotenzial eines Kontinents zu realisieren, muss man entweder an eine große oder an viele kleine Staaten appellieren. Beides sollte gleichwertig sein.
Ich glaube nicht.
Ich finde, man sollte die "CO2-Intensität" auf die Bevölkerungszahl oder Fläche eines Staates beziehen. Man stelle sich vor, der gesamte amerikanische Kontinent sei ein einziger Staat mit den gleichen CO2-Emissionen wie heute. Dann wäre er der Menge nach der größte CO2-Emittent. Aber die Forderung an ihn, mit CO2-Senkungen voran zu gehen wäre von der Absicht her das gleiche, als würde man heute von allen Regierungen erwarten, dass sie sich erstmal einigen, ihr CO2 zu senken, bevor man selbst an Einsparungen denke.
Um ein CO2-Senkungspotenzial eines Kontinents zu realisieren, muss man entweder an eine große oder an viele kleine Staaten appellieren. Beides sollte gleichwertig sein.
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