Freitag, 15. April 2011

Das Hochspannungsnetz an neue Lastflüsse anpassen

Die ersten Kraftwerkshersteller wie z.B. AEG betrieben ihr Kraftwerk noch selbst und zogen Leitungen zu den Verbrauchern. Der erste Verwendungszweck von Strom war Licht. Gasbeleuchtung war eine häufige Brandursache in Wohnhäusern, Strom bot hier die Aussicht auf Besserung. Die Drehschalter in den Kellern alter Häuser sind den Gasdrehschaltern nachempfunden, die sie ablösen sollten. Man drehte den Gasstrom auf oder zu, wie bei einer Wasserleitung. Die Kunden sollten sich beim Umstieg auf Strom möglichst nicht umgewöhnen müssen.

Das kann man z.B. sehr anschaulich bei Kurt Berlo (dem Gründer des Dortmunder Energiewendekomitee) und Hartmut Murschall-Zabel nachlesen (Link). Irgendwann hatte jemand die Idee, zwei "Inselnetze" zu verbinden, um sich gegenseitig bei Wartungsstillständen oder Ausfällen Backup zu liefern. Damit ein Kraftwerk für das andere einspringen konnte, musste dieses Reserveleistungen mobilisieren können, um die zusätzlichen Verbraucher mitversorgen zu können.

So entstand die Idee des Versorgungs- und später Verbundnetzes. Man baute große zentrale Kraftwerke, die einander aushelfen können. Je größer das einzelne Kraftwerk, desto mehr musste natürlich im Falle eines Ausfalls ersetzt werden. Andererseits, je mehr Kraftwerke man zu einem Verbund zusammenschloss, desto mehr konnten sich an der Abdeckung eines Ausfalls beteiligen. Unterm Strich entstanden so aber mehr Kraftwerkskapazitäten als die reine Addition der Verbraucher ergeben hätte. Das sind die sogenannten "Überkapazitäten". Stromim- und -export war schon immer Plan des Verbundnetzes, aber die Auslegung sollte so sein, dass sich jedes Energieversorgungsunternehmen im Normalfall selbst versorgen kann.

Die Kraftwerke wurden dort gebaut, wo die Verbraucher waren. Und die Verbraucher waren dort, wo es Arbeit und Rohstoffe gab. Im Ruhrgebiet z.B. Kohle und Erze. Da Großkraftwerke wassergekühlt sind, baut man sie vorzugsweise an einen Fluss oder Kanal mit natürlicher Strömung.

Da das Ruhrgebiet "mehr Kohle hatte, als es brauchte" (schönes Bild..) exportierte es sie, z.B. ins Agrarland Bayern. Da man Wind, Sonne und Wasserkraft aber nicht exportieren kann, wird man sie in Form von Strom exportieren müssen. Auch hier kommt der Verbundnetzgedanke zum Tragen: Die Küste hat mehr Windstrom, als sie selbst braucht. Spanien und Desertec werden mehr Sonnenstrom produzieren, als sie selbst brauchen. Die Übertragungsstrecken werden dabei länger, als zwischen den alten Großkraftwerken: Pro km Entfernung beträgt die wirtschaftliche Übertragungsspannung 1kV. Im Ortsnetz sind das 400V wegen durchschnittlich 400m Entfernung zur Trafostation. Unser 400kV Netz transportiert wirtschaftlich bis zu 400km. Diese Entfernung war früher die wirtschaftliche Grenze der Hochspannungstechnik in unseren Gefilden, darüber hinaus wurde es wirtschaftlicher, ein neues Kraftwerk zu bauen.

Das Problem ist heute: Das alte Verbundnetz stützt sich auf andere Verbindungsachsen, als wir sie für die Energiewende brauchen. Aber dann bauen wir es eben um. Es ist ja auch so irgendwann mal nach Bedarf entstanden. Der Bedarf ändert sich aber gerade, und das Netz ist eh in die Jahre gekommen. Die Netzbetreiber hatten sich nur daran gewöhnt, nichts mehr investieren zu müssen, weil so eine Leitung, Umspannstation samt Trafo eben Jahrzehnte hält.

Die Hochspannungstechnik ist inzwischen vorangeschritten. Dank der Weiterentwicklungen in der Leistungselektronik gibt es heute Möglichkeiten auch hohe Leistungen über mehr als 1.000km wirtschaftlich zu transportieren.

Übrigens meldet die Tagesschau, dass es mit den Bürgerprotesten gegen neue Freileitungen gar nicht so weit her ist, wie die CDU stets behauptet. Die meisten Netzbauprojekte lägen laut DENA voll im Plan. Der Grund dafür sei, dass die Bundesregierung selbst den Weg frei gemacht habe für Erdkabel in Siedlungsnähe und für Hochspannungsgleichstromübertragung (Link zur PM Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) )

Mittwoch, 13. April 2011

Droht nach der E10- nun die Dieselabzocke?

Keine Panik. Deutschland übererfüllt die Mindeststeuersätze für Diesel und Benzin beide. Wenn die EU also die Mindeststeuer für Diesel anheben will, erfüllen wir die in Deutschland bereits. Aber andere EU Länder müssten evtl. nachziehen. Deutschland könnte derweil die Steuer auf Benzin halbieren, wenn Diesel auch hier höher als Benzin besteuert werden soll.

Das wäre schlecht für die deutsche Automobilindustrie. Sie war spät auf den Dieseltrend aufgesprungen und hatte das Feld von hinten aufgerollt (ähnlich wie es beim Hybrid kommen wird ;-). Jetzt, da sie dieseltechnologisch führt, soll ihr ein Strich durch die Rechnung gemacht werden?

1 Liter Benzin verbrennt zu 23,7g C02,
1 Liter Diesel zu: 26,5g CO2.

Auch wenn man in Rechnung stellt, dass Diesel mehr CO2 frei setzt, macht der sparsame Motor das mehr als wett. (Ich hatte das vor einem Jahr am Beispiel Porsche Cayenne Diesel vs. Lada Niva vorgerechnet.)

Mich erinnert dieser Steuerplan an die CO2-Steuern, die auf den Kaufpreis für PKW aufgeschlagen werden sollen. Damals waren die Kleinwagenländer Frankreich und Italien die Treiber. Zum Wohle von Renault und Peugeot und Fiat. Jetzt soll der Diesel ausgebremst werden? Das ist es, was hinter dem Aufschrei der Bundesregierung steckt - nicht etwa die Sorge um die Geldbeutel der mehr als genug abgezockten Autofahrer (vgl. E10). Und Deutschland wird die Änderung verhindern können. Wie man auf tagesschau.de nachlesen kann, gilt bei Steuerfragen in der EU das Einstimmigkeitsprinzip.

Ich würde allerdings aus einem anderen Grund vom Kauf eines Diesel absehen, zumindest als Bewohner einer Großstadt wie Berlin: Die Umweltdezernenten und -senatoren denken sich bekanntlich jedes Jahr etwas neues aus, um Autofahrer aus den Innenstädten fern zu halten, oder sie abzuzocken (Die Berliner Umweltsenatorin Katrin Lompscher hat hier neue Maßstäbe gesetzt.) Die EURO-Normen schreiten stetig voran. Wer vor fünf Jahren einen Neuwagen mit Dieselantrieb kaufte, kommt heute damit nicht mehr in die Berliner Umweltzone, weil er nur die gelbe Plakette bekommt. Das kann man Enteignung oder Kapitalvernichtung nennen. Aber es ist Gesetz.

Sowjetische und japanische "Mentalitäten"

Die Behörden haben die Heraufstufung des Fukushima Super-GAU auf die höchste INES-Stufe 7 ("Katastrophaler Unfall", Wikipedia Link) anscheinend solange verzögert, bis die japanische Regierung ein PR-Konzept für Aufbruch und Optimismus parat hatt - inklusive einem Auftritt des TEPCO Vorstandsvorsitzenden.

Jetzt geben sie es zu: Stufe 7. Jetzt aber bestreiten sie, dass das irgendeine Bedeutung habe (FAZ Link).. Den "Experten" ist immer noch wichtiger, dass Tschernobyl noch schwerer war, als Fukushima. Man will die eigene Überlegenheit, d.h. der Technologie und des politisches Systems, bewahren. Sie begründeten das Schweigen der Tschernobyl Behörden mit der sowjetischen Verachtung für den Menschen. Das Schweigen der japanischen Regierung und von TEPCO begründen sie jedoch mit der "japanischen Mentalität". Unsinn.

Aber immerhin haben sie zugegeben, dass eine INES-Einstufung immer nur auf Basis des Informationsstandes erfolgen kann. Klar, das haben wir gesehen: In den Statustabellen der IAEA waren die Felder mit dem Inhalt "Keine Information" immer gelb markiert, nicht rot.

Wer schlimmes ahnt, der hat ein Interesse daran, den Informationsstand niedrig zu halten.

Dienstag, 12. April 2011

Radioaktive Strahlung und Elektrosmog: Die Dosis macht's

Es gibt zwar Grenzwerte für radioaktive Strahlung, ebenso für elektrische, magnetische und elektromagnetische Wellen und Felder. Diese wurden von der Weltgesundheitsorganisation definiert, damit man einen weltweit gültigen Maßstab hat. Aber die Grenzwerte sind nicht eindeutig empirisch belegt, sondern aus bisherigen Beobachtungen, Studien und Erklärungsmodellen qualifiziert geschätzt. Zudem wird zugrunde gelegt, wie hoch diese Belastungsfaktoren in der Natur sein können und sich der Körper also daran gewöhnt haben muss.

Bei radioaktiver Strahlung muss man immer unterscheiden zwischen äußerer Belastung, die auf unsere Körperhülle wirkt, und dem, was wir einatmen, trinken oder essen. Die Körperhülle bremst auf natürlichem Wege Strahlung und Wellen ab, weil wir zu 80 Prozent aus Wasser bestehen. Auch das im Mauer- oder Betonwerk gebundene Wasser von Gebäuden schirmt vieles sehr gut ab (Ausnahme: magnetische Felder). Einer erhöhten Strahlung sind wir in der Tat auch bei Flügen in großer Höhe ausgesetzt, weil hier die abbremsende Wirkung der Atmosphäre nachlässt. Aber das ist immer noch etwas anderes, als radioaktive kontaminierte Lebensmittel aufzunehmen.

Der große Unsicherheitsfaktor bei Grenzwerten ist die individuelle Konstitution des menschlichen Organismus und der schiere Zufall. Die o.g. Belastungen erzeugen nämlich nicht auf direktem Wege Krebs. Sondern sie schwächen die Abwehr- bzw. "Aufräum"mechanismen des Organismus, mit deren Hilfe er sich der permanent entstehenden Krebszellen und beschädigten Zellen entledigt. (Ionisierende Strahlung z.B. verändert die chemische Wirkung von Enzymen, sie funktionieren dann nicht mehr.) Da Strahlung auch die Erbsubstanz verändern kann, kann sich eine Schädigung auch auf die nächste Generation fortpflanzen.

Deshalb sollte man hier ehrlicherweise von Je-Desto-Zusammenhängen sprechen. Je mehr Strahlung man abbekommt, desto höher steigt die Wahrscheinlichkeit, eine entstandene Krebszelle nicht mehr bereinigt zu bekommen. Natürlich ist es auch plausibel, dass ab einer bestimmten Dosis der Körper ganz sicher überfordert ist. Aber diese sollte man nicht als "Grenzwert" nehmen.

Übrigens, die von einigen vermutete "krebserrende" Wirkung (genauer: die das Krebsbekämpfende Immunsystem schwächende Wirkung) elektrischer und magnetischer bzw. elektromagnetischer Felder basiert auf folgender Annahme: Nachts schüttet der Körper Melatonin aus, um den Organismus von beschädigten oder wuchernden Zellen zu bereinigen. Tagsüber unterdrückt die Wahrnehmung von Licht die Melatoninausschüttung. Schaltet man nachts das Licht an, wird die Ausschüttung ebenfalls sofort unterdrückt. Wer also im Hellen schlafen muss, hat auch deshalb einen ungesunderen Schlaf. Nun ist Licht eine elektromagnetische Welle. Die Skeptiker sagen: "Elektrosmog" erzeugt Krebs, in dem er die Melatoninausschüttung unterdrückt.

"Elektrosmog" muss man wiederum unterscheiden. Die 50Hz Stromversorgung erzeugt keine elektromagnetische Strahlung wie z.B. der Sendemast eines Mobilfunknetzes, dazu ist ihre Frequenz zu gering. Eine Hochspannungsleitung ist deshalb keine Antenne. Um eine Leitung herum misst man stattdessen getrennte elektrische und magnetische Felder. Der wichtige Unterschied ist: Man muss beide unabhängig voneinander unterdrücken, wenn man sie draußen halten will. Elektrische Felder schirmt bereits eine Gebäudehülle ab. Magnetische Felder jedoch kann man nur mit bestimmten Metallen abschirmen. Die Frage ist jedoch, ob man das muss. Denn wir bewegen uns auch ohne Strom permanent im Magnetfeld der Erde.

Die Frage, ob die Felder der Stromversorgung Krebs erzeugen können, ist schon in etlichen Studien untersucht worden. Das einzige, was man sicher herausgefunden hat ist jedoch, dass man die Stromversorgung nie als alleinigen Faktor herauslösen konnte. Immer trat sie nur gemeinsam mit anderen Belastungsfaktoren auf, wie z.B. dichtem Verkehr an Hauptverkehrsstraßen entlang deren Trasse die Leitung verlegt war. Außerdem waren die Fallzahlen immer sehr niedrig. Schon ein Fall mehr im betrachteten Zeitraum, kann die Aussagekraft einer Studie von der einen Schlussfolgerung in die gegenteilige kippen.

Was man hingegen leicht rechnen und auch messen kann: Hochspannungsleitungen sind ein Drehstromsystem. Die drei Leiter eines Stromkreises ergänzen ihre momentanen Strom- und Spannungswerte zu Null. Je dichter man sie nebeneinander legt, desto weniger Feld bleibt nach außen übrig. Deshalb emittiert ein isoliertes dreiphasiges Hochspannungskabel, das man unterirdisch verlegt, nach außen so gut wie keine Felder. Die blanken Leiter einer Freileitung brauchen hingegen Isolationsabstand zu einander. Deshalb ist direkt unter ihnen die Feldstärke nicht Null. Aber rechts und links einer Freileitung fällt der Wert rapide ab, die "optische Belasung" ist da größer als die des Feldes. Und nachts fallen die Werte abermals, weil der Stromverbrauch sinkt.

Meine Empfehlung zum Schutz vor den hier beschriebenen Dosen ist einfach: Abstand zur Quelle halten.

- Wenn in der Nähe ein Atomunfall passiert: Abstand (das Weite) suchen.
- Den Radiowecker mindestens eine Armlänge vom Kopfende des Bettes fern halten (habe ich selbst gemessen).
- Nicht direkt unter der Hochspannungsleitung wohnen. Rechts und links von ihr fallen die Werte aber schnell ab.
- Nachts für richtige Dunkelheit sorgen.
- Alle Standby Geräte nachts ausschalten.
- Das WLAN nachts, bzw. nach 10 Minuten Standbyzeit abschalten.

Montag, 11. April 2011

Solms: Sofortabschaltung war "autokratische" Entscheidung der Ministerpräsidenden

In den vergangenen Tagen hat die FDP Spitze, zuletzt durch Hermann-Otto Solms im Interview der Woche des DRadio (Link), den Eindruck erweckt, sie habe bereits 1981 den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Da fragt man sich, warum sie bis zu ihrer Abwahl von der Bundesregierung 1998 und nach ihrer Wiederwahl 2010 nicht nur nichts für den Ausstieg unternommen hat sondern sogar die beschlossenen Laufzeitverkürzungen wieder rückgängig gemacht hat. Die FDP hätte es im eigenen Interesse besser unterlassen, auf Antiatompartei zu machen, denn so wird nur wieder einmal das Bild von der Umfallerpartei bestätigt.

Solms hat in dem Interview noch etwas interessantes gesagt: Es sei nicht die Bundesregierung gewesen, die nach Beschluss des "Moratoriums" die sieben Altkraftwerke vom Netz genommen habe. Sondern die Unions-Ministerpräsidenten, die Bundeskanzlerin Merkel zuvor ins Gebet genommen habe:
Adler: Nun war das eine Entscheidung, die ja zusammen mit der Bundesregierung getroffen worden ist - zusammen mit der Kanzlerin, mit dem Bundesumweltminister, mit dem Bundeswirtschaftsminister von Ihrer Partei. Das war ja keine autokratische Entscheidung von Ministerpräsidenten.

Solms: Doch, das war eine autokratische Entscheidung der Ministerpräsidenten, die für die Atomaufsicht zuständig sind . . .

Adler: . . . in der Ausführung . . .

Solms: . . . nein, die sind für die Atomaufsicht zuständig und nur sie konnten diese Entscheidung treffen. Wenn es eine Entscheidung der Bundesregierung gewesen wäre, dann hätte der Umweltminister die Abschaltung anordnen müssen. Das hat er nicht getan. Das war sozusagen eine klare einseitige Entscheidung der Ministerpräsidenten. Die Bundeskanzlerin hat nicht widersprochen, weil sie erkannt hat, dass die Ministerpräsidenten den Wunsch hatten, dies zu tun und sie das auch gar nicht verhindern konnte.

Quelle: DRadio Interview

Im weiteren Interviewverlauf bestätigt er sogar explizit, dass sich deshalb etwaige Schadensersatzklagen nicht gegen die Bundesregierung sondern gegen die handelnde Atomsicht im jeweiligen Bundesland zu richten habe. Allen voran gegen den bayerischen MP Seehofer, weil der am meisten Druck in diese Richtung gemacht habe.

Wer solche politische Verbündete hat, braucht wahrlich keinen politischen Gegner mehr. Mag sein, dass Solms juristisch richtig liegt. Aber ich kann mich an kein Statement der Bundesregierung gegen die sofortige Abschaltung erinnern. Im Gegenteil hat FDP Generalsekretär Lindner durch sein Nachpreschen, keiner der abgeschalteten Altkraftwerke dürfe je wieder ans Netz gehen, suggeriert, die Bundesregierung sei mit der Sofortabschaltung mehr als einverstanden.

Von der RWE Klage gegen die Abschaltung von Biblis ist nur bekannt geworden, dass sie beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingereicht worden. Gegen wen genau sie sich richtet, konnte ich nicht recherchieren. Bisher waren aber wohl alle Beobachter in dem Glauben, die Abschaltung sei in direkter Folge des sog. Atom-Moratoriums erfolgt. So ist auch dessen Definition bei Wikipedia formuliert: Link
Auf Bitte der Bundesregierung ordneten die Atomaufsichtsbehörden der Länder, in denen diese Kraftwerke stehen, ihre befristete Stilllegung (Abschaltung) an. Einige Bundesländer fürchten erhebliche Schadensersatzforderungen, falls Gerichte das Moratorium als rechtlich unzulässigen Eingriff beurteilen.
Quelle: Wikipedia


Konkret wird Umweltminister Röttgen wie folgt wiedergegeben:
Das Gebot äußerster Vorsorge zwinge erst einmal zur Abschaltung der älteren Kraftwerke, ergänzte Röttgen. Als rechtliche Grundlage dafür nannte er Paragraph 19, Absatz 3 des Atomgesetzes.

Dies steht im Widerspruch zur Aussage von Solms: Damit dürfte weiterer Streit zwischen CDU und FDP bzw. Bund und Ländern entstehen, wenn es darum geht, für den Schadensersatz an RWE aufzukommen, wenn das Gericht für RWE entscheiden sollte. Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht.

Donnerstag, 7. April 2011

Nein zur Transferunion -Samstagdemo, 9. April, Kanzleramt

Im Medienschatten von Fukushima und FDP haben Schäuble und Merkel mal eben schnell ein paar weitere hundert Milliarden EURO locker gemacht, zur Rettung europäischer Schuldnerländer.

Anstatt die Gläubiger ins Risiko zu nehmen, haften wieder mal wir Steuerzahler. Kein Wunder, dass die Banker in den Interviews im Deutschlandradio so euphorisch waren.

Aber einige sind jetzt wach geworden und rufen zur regelmäßigen Samstagdemo vorm Kanzleramt auf: Los gehts übermorgen! Wir sind ja jetzt in Übung, was Auftritte gegen Kanzler und Minister angeht..

Alle weiteren Infos hier: Link

Beim Atomausstieg voRWEggehen

"Was nutzt es, wenn wir aus der Atomenergie aussteigen und dann Atomstrom aus Frankreich und Osteuropa beziehen?" fragen Atomenergiebefürworter.

Hier meine Antwort: Mit jedem Kilometer Abstand zu einem Atomkraftwerk gewinnt man an persönlicher Sicherheit. Rein egoistisch gedacht, beziehungsweise: liberal.

Steigen dadurch die Risiken für die Anwohner der exportierenden Atomkraftwerke? Das hängt davon ab, wie die Betreiber mit der Mehrauslastung umgehen. Wenn das Risiko tatsächlich steigen sollte, müssen die Anwohner vor Ort sich bemerkbar machen und auf die EdF oder ihre Regierung einwirken. Politische Willensbildung betreiben. Vielleicht steigen sie dann irgendwann auch um.

Vielleicht können sie dann schon auf Deutschland verweisen, dass beim Umbau seiner Stromversorgung noch weiter voran gekommen ist.

Die Einführung des Autos haben wir schließlich auch ohne "Abstimmung" und "Gesamtkonzept" vorangetrieben, einfach weil wir es wollten. Sicher hat es auch damals schon die Mentalität gegeben, gegen Autos und für die Beibehaltung des Pferdes zu sein. Allerhöchste deutsche Kreise sollen dazu gehört haben.

Auf jeden Fall wird die regenerative Stromerzeugung den Anteil der Kernkraftwerke bald überflügeln können. Es steht nur noch 17:22 (Link). Es wird etliche Weiterentwicklungen geben, die die Wirkungsgrade von Altanlagen verbessern. Es ist nämlich so: Beim Aufbau der Windkraftanlagen wurden die besten Windstandorte zuerst bebaut. Aber zu Beginn hat man eben auch die schlechtesten Anlagen verbaut, weil die Entwicklung noch nicht so weit war. Würde man die besten Standorte mit dem Stand der Technik bebauen, wäre die Stromausbeute wesentlich höher. Diese Potenziale wird man in den nächsten Jahren realisieren.

So wird es kommen: Deutschland geht bei der Energiewende (die übrigens eine Erfindung des Ökoinstituts in Freiburg, und nicht von Schwarz-Gelb ist) voran. Auch allein. Zu unser aller Nutzen.

Mittwoch, 6. April 2011

Nur die Grünen sind glaubwürdig

Keine eigenen Ideen, keine Marschrichtung, keinen inneren Kompass, Ausrichtung an den "Benchmarks" der anderen und innerlich nur mit dem nächsten, taktisch-opportunen Karriereschritt beschäftigt. Dieses Problem hat nicht nur die FDP. Das haben -außer den GRÜNEN. inzwischen alle Parteien. Ein Grund dafür ist natürlich das Führungspersonal. Wem kurzfristiger Aktionismus, der Ersatz der "Ideologie" durch "Problemlösungskompetenz" als Führungsqualität ausgelegt wird, der kommt in Parteien schnell in Amt und Würden. Aber er erreicht dort nichts. Er schielt auf den Erfolg der Wettbewerber und kopiert, was sich kopieren lässt. Er hört nicht auf den Bauch seiner Basis sondern auf die stündlichen Updates seiner Demoskopen und Berater.

So eine Strategie verschleisst sich schnell. Die GRÜNEN sind die Gewinner. Selbst wer den Trittin früher nicht ausstehen konnte, der nimmt ihm heute seine Kompetenz in Sachen Atomenergie ab. Mehr Glaubwürdigkeit geht nicht.

Und was für die Parteien gilt, gilt auch für viele Unternehmen. Wo sich Produkte immer ähnlicher werden, wo keine Märkte geschaffen werden sondern nur kurzatmig auf Trendveränderungen reagiert wird, und wo sich am Vordermann ausgerichtet wird, da sind ähnliche Leute am Ruder wie in der FDP.

Dienstag, 5. April 2011

50 Jahre Renault 4

Eines der sympathischsten Autos der Geschichte.. Wohl jeder kannte Eine, die einen hatte.

Wen es interessiert: Der Song heißt "Heureux tous les deux", von Franck Alamo.

Die Unterzeichner des Atomappells 2010

Hier noch mal die Unterzeichner des Atomappells 2010, mit dem die Regierung dazu gebracht wurde, die Laufzeiten alter Atomkraftwerke zu verlängern.

Keiner von ihnen kann sich auf das Argument berufen, er habe damals noch nicht die Erkenntnisse von heute gehabt. Es geht seit dreißig Jahren um genau diese Erkenntnisse. Er wollte sie nur nicht zur Kenntnis nehmen, weil er es besser wusste und sich in dieser Pose gefiel.

Es befinden sich übrigens viele Personen darunter, bei denen der kurzfristige Erfolg auf Kosten bzw. zu Lasten anderer auch sonst zum Selbstverständnis gehört: Z.B. Ackermann, Clement, Grube, Maschmeyer, Merz, Schily, Jürgen Thumann (Ex-IKB). Sachverständige befanden sich nicht auf der Liste. Und diesen Appell hat keine Frau mit unterschrieben.

Josef Ackermann, Vorstandschef der Deutschen Bank
Dietrich Austermann, CDU-Politiker, er war von 2005 bis 2008 Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein
Werner Bahlsen, Bahlsen
Paul Bauwens-Adenauer, Bauwens
Wulf Bernotat, BDI-Vizepräsident, war Eon-Vorstandsvorsitzender
Oliver Bierhoff, Manager der Fußball-Nationalmannschaft
Manfred Bissinger, Publizist
Herbert Bodner, BDI-Vizepräsident
Wolfgang Clement, Ministerpräsident und Bundeswirtschaftsminister a. D.
Eckhard Cordes, Metro-Vorstandsvorsitzender
Gerhard Cromme, ThyssenKrupp
Michael Fuchs, Unternehmer und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag
Ulrich Grillo, Grillo-Werke
Jürgen Großmann, BDI, RWE
Rüdiger Grube, Deutsche Bahn
Christopher W. Grünewald, Papierfabrik Gebr. Grünewald, BDI
Jürgen Hambrecht, BASF-Vorstandsvorsitzenden und BDI-Vizepräsident
Tuomo Hatakka, Vattenfall-Chef
Wolfgang Herrmann, TU München
Horst W. Hippler, KIT
Hans-Peter Keitel, BDI-Präsident
Arndt G. Kirchhoff, Kirchhoff Automotive, BDI
Kurt J. Lauk, Wirtschaftsrat der CDU
Ulrich Lehner, Henkel, BDI-Vizepräsident
Friedhelm Loh, Friedhelm Loh Group, BDI-Vizepräsident
Carsten Maschmeyer, MaschmeyerRürup
Friedrich Merz, Rechtsanwalt
Arend Oetker, BDI-Vizepräsident
Hartmut Ostrowski, Bertelsmann
Bernd Scheifele, HeidelbergCement
Otto Schily, Bundesinnenminister a.D. und Rechtsanwalt
Wolff Schmiegel, Ruhr-Universität Bochum
Ekkehard Schulz, ThyssenKrupp und BDI-Vizepräsident
Johannes Teyssen, Eon
Rainer Thieme, Salzgitter
Jürgen Thumann, BusinessEurope, Ex-Präsident und heutiger Vizepräsident des BDI
Michael Vassiliadis, IG BCE
Hans-Peter Villis, Vorstandschef von EnBW
Gerhard Weber, Gerry Weber International
Werner Wenning, Bayer
Matthias Wissmann, VDA, BDI-Vizepräsident

Quelle: FAZ

Samstag, 2. April 2011

Ist die Atomwirtschaft systemrelevant?

Auch in der Logik der Atomindustrie gilt: Gewinne privatisieren, Verluste (und Risiken) sozialisieren. Das zeichnet sich in Fukushima ab. n-tv zitiert Japans Ministerpräsident Kan sinngemäß mit den Worten, TEPCO werde für die Schäden zahlen und weiterhin hart arbeiten müssen. Aber damit TEPCO dies könne, müsse der Staat stützend zur Seite stehen.

Ob er mit harter Arbeit nur die verstrahlten Arbeiter meinte, oder auch den mit Kopfweh krankgeschriebenen Vorstandsvorsitzenden Shimizu sei mal dahin gestellt. Allerdings ist das Ende von dessen Amtszeit nun absehbar. Wenn der Staat bei TEPCO das Heft in die Hand nimmt, wird man sich Mühe geben, dem sicherlich untröstlichen Shimizu irgendwie wieder Licht ins Leben zu bringen. Und sei es mit einem goldenen Handschlag. Jedenfalls hat Kan gestern zum Zeichen der Entsolidarisierung mit der Bevölkerung und den Rettungsarbeitern von Fukushima gestern seines blauen Overalls entledigt und sah gestern wieder wie ein Mitglied der Elite aus.

Ein goldener Handschlag für den Vorstandsvorsitzenden vom Ministerpräsidenten, der mit Staatsgeldern jetzt mal das Ruder übernimmt. So sind die Gepflogenheiten.

Fukushima wird dann nicht nur das Tschernobyl des (politischen) Westens sein. Sondern TEPCO wird das Lehman Brothers der Atomwirtschaft. Von einem intellektuellen oder moralischen Standpunkt aus könnte man das jetzt irrtümlich als das Symbol verstehen, das alle Regeln geändert hat, weil von "heute an nichts mehr ist wie es war." Nein, so meint die industrielle Logik das nicht. Sondern so, dass die auf den Punkt gebrachten, mit einem Super-Gau den gesamten Business Case des Unternehmens über den Haufen werfenden Verluste jetzt bitte nicht den Aktionären und Managern die Laune verderben. Sondern dem Steuerzahler.

Nannte nicht Warren Buffet die nicht mehr kontrollierbaren Derivateprodukte von Lehman und Konsorten finanzielle Massenvernichtungswaffen? Dieser Begriff passt auf die Nuklearwirtschaft noch besser.

In Deutschland sind bis jetzt keine Schäden aber jede Menge Risiken der Atomwirtschaft sozialisiert: Z.B. fahren alle AKWs seit dem ersten Betriebstag ohne Versicherung.
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hält Nuklearkatastrophen für unversicherbar. Der Preis für eine solche Absicherung wäre außerordentlich hoch und die Übernahme dieses Risikos für eine Versicherung aus Sicht des Branchenprimus nicht verantwortbar.
Quelle: n-tv

Unser System fährt hier also ein Risiko, dass es innerhalb seiner eigenen Logik nicht versichern kann. Dafür muss es Gründe geben. Die gab es auch. Erstens verhieß das Atomzeitalter zu seinem Beginn billigen Strom, also Energie, also Wohlstand für alle. Ohne Abgase. Und für Atomminister Strauss verhießen die Meiler und alles was da noch geplant war, obendrein den Zugang zu waffentauglichem Material. Also, ein großer Zugewinn für das Allgemeinwohl, deshalb auch ein zumutbares Risiko für die Allgemeinheit? Mit einem Wort: Ist die Atomwirtschaft "systemrelevant"?

Die verheißungsvollen Annahmen haben sich alle als falsch erwiesen. Die Atomenergie rechnet sich nur für ihre Hersteller und die Betreiber und deren Großkunden. Für die Allgemeinheit rechnet sie sich nicht, weil die alle Folgekosten tragen muss, die nicht in den Lebenszyklus der Anlagen eingerechnet sind. Neben den Super-GAU Risiken ist das vor allem die Endlagerung.

"Systemrelevant" gaukelt also auch hier nur vor: "Im Interesse von allen".

Doch wie reagierten die inflagranti ertappten Banker, als wir sie zur Rede stellten? Als wir sie fragten, wie sie Lieschen Müller mit windigen Zertifikaten um ihre Ersparnisse für ihre Rente (von der Regierung dazu aufgefordert) bringen konnten? Ihre Antwort war: Jeder muss wissen was er tut, und für die Gier der Leute könne man nichts.

Ob solcherart Sprüche auch die Vorstände von Energieunternehmen auf den Lippen haben? Bevor wir diese Frage beantwortet bekommen, muss schnell gehandelt werden. Entweder machen wir das Risiko Atomenergie kalkulierbar, in dem wir alle Kosten und Risiken in den Strompreis einrechnen und dann entscheiden ob wir das machen wollen. Oder wir schaffen sie ab.

Dienstag, 29. März 2011

Plutonium

In den Medien werden immer zwei Eigenschaften hervorgehoben: 1. Es ist der giftigste Stoff der Welt. 2. Es ist radioaktiv, es darf nicht in die Nahrungskette gelangen.

Das 1. stimmt nicht. Es gibt Stoffe, die in noch geringeren Dosen giftig sind. Gemeint ist aber wohl: Geringste Aufnahme in den Körper verursacht Krebs. Dazu genügen wenige Mikrogramm, und damit weniger, als chemisch giftig wäre.

Wie die japanische Atomaufsicht zu dem Urteil gelangen kann, die auf dem Kraftwerksgelände gefundenen Plutoniummengen seien nicht gesundheitsgefährdend, ist deshalb schwer nachvollziehbar. (Reuters meldet, TEPCO habe gesagt, die Mengen seien nicht höher als nach Atomwaffentests in der Atmospähre..)

Paradox erscheint, dass die bloße Berührung von Plutonium nicht gefährlich sein muss. Man unterscheidet drei Arten radioaktiver Strahlung:
1. Alphastrahlung: Bestehend aus Heliumkernen, also Bestandteilen des Atomkerns, also bestehend aus Masse.
2. Betastrahlung: Bestehend aus freien Elektronen.
3. Gammastrahlung: Bestehend aus elektromagnetischen Wellen, also masselos.

Plutonium ist ein Alphastrahler, aber lt. Wikipedia, schon die abgestorbenen Hautzellen, die unsere äußerste Schicht darstellen, bremsen es ausreichend ab. Solch einen Schutz haben wir im Körperinneren aber nicht. Und deshalb muss die Einatmung oder Aufnahme in Nahrung oder Wasser auf jeden Fall verhindert werden. Achtung, auch abgeriebene Partikel (Staub) können eingeatmet werden.

Wie könnte es in die Nahrung gelangen? Nach einem Reaktorunfall, vor allem nach einer Kernschmelze. Plutonium schmilzt bei 640°C und verdampft bei 3230°C. D.h. wenn es durch beschädigte Brennstabhüllen einfach heruntertropft muss das Containment des Reaktors es auffangen. In der Regel ist der Reaktor aber (hoffentlich noch) mit Wasser gefüllt und der Weg ins freie wäre der Weg über ein Leck im Reaktordruckbehälter oder dem Wasserrohrsystem. Der Weg mit dem Wasser wäre früher oder später der Weg in den Boden.

Wenn die Kernschmelztemperatur den Siedepunkt des Plutoniums übersteigen sollte, und es verdunsten sollte, wäre auch ein Weg in die Atmosphäre denkbar, und zwar ebenfalls über Lecks im Behälter. Da es sich in der Atmosphäre aber schnell abkühlen würde, müsste es sich in der Kraftwerksumgebung niederschlagen und in den Boden versickern.

Vom Boden kann es ins Grundwasser oder ins Meer gelangen. Es kann auch an der Bodenoberfläche bleiben und mit Staub aufgewirbelt werden. Jedenfalls ist die Aufnahme durch Pflanzen früher oder später wahrscheinlich, und damit der Weg in die Nahrungskette.

Das Leben wird auf jeden Fall komplizierter und gefährlicher, wenn Plutonium im Umlauf ist oder sprichwörtlich in die "Unterwelt" gelangt.

Quellen:
Wikipedia (Link)
Reuters (Link)

Lastwechselbetrieb von Atomkraftwerken bei Zubau von Windkraft

Die Energieversorger haben ihre Gründe, Windkraftanlagen zu verhindern. Dazu gehört die schlichte Konkurrenzsicht. Atomkraftwerksbetreiber haben darüber hinaus noch ein einen speziellen Grund: Materialermüdung durch ständiges Nachfahren der Windkraftschwankungen.

Denn, sollte der Zubau von Windkraftanlagen (WKA) so weiter gehen, wird man die Atomkraftwerke, die eigentlich für gleichmäßigen Grundlastbetrieb ausgelegt sind, stärker in ihrer Leistung regeln müssen, abhängig von der WKA-Einspeisung ins Netz - denn Wind hat gesetzlich Vorrang. (Die Einspeisung aller Kraftwerke wird anhand der Beobachtung der Netzfrequenz von 50Hz dem momentanen Verbrauch nachgefahren.)

Bislang galt die ausgeprägte Leistungsregelung nur für Spitzen- und Mittellastkraftwerke, also Gas und Kohle. Zu dieser Auslegung gehört die Berücksichtigung der Materialermüdung von Kessel, Wasserrohren, Turbine und Generator durch ständiges Erhitzen und Abkühlen.

Die meisten deutschen Atomkraftwerke sind nicht auf einen solchen Lastwechselbetrieb ausgelegt - sagen Kritiker. Doch der Lastwechsel - oder -folgebetrieb werd umso häufiger, je mehr Windkraft wir ins Netz bekommen.

Nur die drei "neuesten" Atomkraftwerke, Isar2, Neckar-Weistheim 2 und Emsland, sind auf solchen Lastwechsel- oder Lastfolgebetrieb ausgelegt: 2x pro Monat dürfen sie auf 20% Leistung heruntergehen und alle 36 Tage auf 0. (Spezifikation Konvoibauweise laut Gesellschaft für Reaktorsicherheit GRS, 1990).

Wenn die Regierung an der Laufzeitverlängerung und gleichzeitig an dem Ausbau der regenerativen Energien festhält, wird sogar diese Auslegung der Konvoikraftwerke überschritten werden. Das sagt der Sachverständigenrat für Umweltfragen: Die GRS habe nur für eine Anlage für drei Szenarien durchgerechnet und danach empfohlen, dass alle Kraftwerke für 25 Störfallszenarien hinsichtlich ihrer Belastungen für Thermik und Chemie im Reaktor durchgerechnet werden.

Wolfgang Renneberg vom Sachverständigenrat sieht im Lastwechselbetrieb eine wesentliche Änderung der Betriebsweise der Anlagen und hält neue Genehmigungen für die Kernkraftwerke erforderlich. Dabei verweist er auf das Atomgesetz.

Die Szenariorechnungen und neue Genehmigungen sollten seiner Meinung nach Ergebnis des Moratoriums sein. Biblis A, Unterweser, Neckar-Westheim 1 sind bereits im Lastwechselbetrieb gefahren. Doch der ist in der Liste der geplanten Sicherheitsüberprüfungen bis jetzt nicht aufgeführt.

Die Kraftwerksbetreiber sind da anderer Meinung. Sie haben die Auswirkungen des Lastwechselbetriebes vom Kraftwerkshersteller untersuchen lassen. Ergebnis: Kein Grund zur Sorge!

Unabhängig vom Reaktortyp gilt: Die populäre Annahme, dass ein Kernkraftwerk "von null auf hundert" ein bis zwei Tage brauche, gelte nur für ein Runterfahren zum Brennelementewechsel. Wenn es nur darum ginge, kurzfristige Leistungsschwankungen, wie z.B. bei einer Windflaute, auszugleichen, sei ein AKW viel schneller zu regeln. Es kühle sich auch nicht wesentlich dabei ab.

Siedewasserreaktoren (SWR):
Die Leistungsregelung erfolgt hier hauptsächlich über die Drehzahl der Umwälzpumpen für den Wasserkreislauf. Erhöhe man den Wasserdurchsatz, nehme der Dampfanteil im Reaktorkern ab und der Wasserpegel zu. Da das Wasser nicht nur Kühlmittel sondern auch die Kettenreaktion unterstützender "Moderator" ist, nehme auch diese zu. Und umgekehrt: Pumpen runter fahren, heißt: Dampfanteil erhöhen, Moderatorbedeckung senken, Leistung herunterfahren. Auf diese Weise könne man den Siedewasserreaktor zwischen 60 und 100% regeln, ohne die Brennstäbe selbst verfahren und diese somit thermischen Belastungen aussetzen zu müssen. (Einwand: Kann man das so sagen? Es macht schon einen Unterschied, auch thermisch, ob der Brennstab von Wasser oder von Dampf bedeckt ist.) Bis zu 10% der Nennleistung könne der Reaktor so pro Minute rauf- oder runterfahren. Nur für den Bereich zwischen 20 und 60% müsse man auch die Brennelemente selbst ansteuern. Dies komme in den Szenariorechnungen Windkraft jedoch praktisch nicht vor, wenn alle Kernkraftwerke mit regeln. (Übrigens nebenbei: Man sieht hier, dass der SWR in gewissen Grenzen eine Eigensicherheit hat: Wenn die Temperatur steigt, steigt der Dampf, sinkt der Wasserpegel, sinkt die Bedeckung der Brenstäbe mit Moderator, sinkt die Leistung.)

Druckwassereaktor (DWR):
Hier lässt sich nichts über den Dampfanteil regeln, weil der Primärwasserkreislauf, der durch den Reaktor, unter so hohem Druckgehalten wird, dass das Wasser nicht verdampft. Deshalb wird der DWR über Verfahrprogramme für die Brennelemente geregelt. Dabei muss darauf geachtet werden, dass es nicht zu lokalen Überschreitungen der Leistungsdichte kommt. Dafür ist eine genaue Beobachtung jedes einzelnen Brennelementes erforderlich. Dies sei in deutschen DWR gegeben.

Zu zyklischen Beanspruchungen des Reaktors durch Lastwechsel heisst es:
Lastwechsel in dem vorstehend beschriebe- nen Rahmen sind ganz überwiegend mit nur geringen Änderungen von globalen An- lagenparametern wie Druck und Tempera- tur im Reaktorkühlsystem verbunden. Die dadurch bedingten geringen Wärmespan- nungen sind für die Ermüdung der betrof- fenen Komponenten unerheblich. Größere Temperaturgradienten mit entsprechend höheren Beanspruchungen können auftre- ten, wenn in einzelnen Komponenten unterschiedlich heiße Medien aufeinandertreffen.
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Deutsche KKW sind für die mit Lastwechseln verbundenen Belastungen ausgelegt. Dabei ist eine bestimmte An- zahl von Lastfällen (in diesem Fall Lastwechselvorgängen) unterstellt, die die über die Lebensdauer der Anlage zu erwarten- den Häufigkeiten abdeckt.

Die Frage ist hier, ob die zu erwartenden Lastwechsel bei der Planung schon so waren, wie wir sie heute erwarten? Dazu verweist die Studie auf laufende Überwachung und regelmäßige Prüfungen aller relevanten Materialien und Bauteile..

Fazit:
Die Fragestellung ist komplex. Konzeptionell kann man den Darstellungen der Kraftwerksbetreiber zwar folgen. Aber was zeigt die Praxis?
Man könnte auch andersherum argumentieren: Je mehr und verteilter Windparks in Deutschland installiert sind, desto mehr verwischen sich auch die Flauten und damit der Effekt. Nur längere, tagelange, Flauten, womöglich verbunden mit niedrigen Wasserständen in Flüssen bei hohen Sommertemperaturen und das ganze zyklisch wiederholt, könnten für die Kernkraftwerke Stress bringen.

Quellen:
Deutschlandradio Wissen und Natur,
Studie Renneberg Consult (Link),
Regelwerk der GRS (Link)
Internationale Zeitschrift für Kernenergie "Lastwechselfähigkeiten deutscher Kernkraftwerke" (Link)