Ein Vorteil von LinkedIn gegenüber anderen Netzwerken ist: Bei politischen Diskussionen kann man sofort nachsehen, welchen Beruf ein Protagonist oder Diskutant hat.
Und siehe da: Der Zuspruch zu den Plänen von Robert Habeck ist umso höher, je niedriger die Fachkompetenz ist. Habeck bekommt Widerspruch von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Zuspruch bekommt er von Verwaltungs- und Politikwissenschaftlern, "Contentmanagern", PR-Beraterinnen und Leuten, die ihren Berufsabschluss lieber verbergen.
(Übrigens: Genauso interessant ist die Verfolgung der Berufsausbildung von Managern deutscher Softwarefirmen im Automobilsektor: Alles Maschinenbauer.)
Die Fachfremden haben keine Hemmungen, Habeck zuzustimmen. Sie verstehen sich ja als politische Menschen und "Betroffene". Die gleichen Leute hatten aber in den Coronadebatten kein Problem, alle als Schwurbler zu denunzieren, die keinen Doktor in Medizin haben.
Umgekehrt mischen wir Techniker und Naturwissenschaftler uns ja auch in politische Diskussionen wie den Ukrainekrieg. Und begründen es damit, dass wir ja mit Fakten und eigenen Schlüssen argumentieren. Die Geisteswissenschaftler in meinem Bekanntenkreis runzeln immer ihre Stirn, wenn ich dann in Frage stelle, ob Geisteswissenschaften überhaupt Wissenschaften sind. Denn schließlich hantierten sie ja nur mit Artefakten und menschlichem Handeln. Und die Fakten liegen ja alle auf dem Tisch, oder? Eine Woche lang eine Zeitung lesen ersetzt ja Studium und Beruf, nicht wahr?
Nein. Ich habe es nach dem 11. September, in der Finanzkrise, in der Flüchtlingskrise aber auch damals bei der NATO Nachrüstung immer wieder so erlebt, dass ich schnell nicht mehr mitreden konnte, wenn sich die Profis die Argumente und Referenzen um die Ohren hauten. Für die Beurteilung der wahren US-Strategie in der NATO, den Rachegelüsten arabischer Gesellschaften, den Zusammenhängen zwischen Geostrategien und Volkswirtschaften ist so komplex, erfordert so viel Hintergrundwissen über den Unterschied zwischen Bewiesenem, Interpretiertem und Behauptetem, dass ich oft sagen würde. Diskutiert Ihr das mal aus, ich vertraue Euch und delegiere meine Stimme an Euch. Natürlich entmündige ich mich damit auch selbst. Aber würde ich selbst abstimmen, wäre das eine zufällige Stimme.
Ich bin damit also nahe bei der Wahl von Mittelsmännern und weit weg von Volksabstimmungen und direkter Demokratie.
Genauso weit weg von der eigenen Kompetenz sind aber auch die, häufig jungen, Leute, die fehlende Kompetenz ganz bewusst durch Meinung ersetzen. Die mit den Mächtigen (nicht den Widersprechenden) mitlaufen und Meinungsminderheiten angreifen. Die selbst unter Bildungsmangel leiden und es nicht wissen, weil man den Dummen nicht klar machen kann, dass sie dumm sind.
Unsere Regierungen haben jahrelang die Bildungsstandards heruntergefahren und die Angriffsflächen für Ängste gezüchtet. Es gibt in ihrem Sinn nun berechtigte Ängste, über die die Ungebildeten gelenkt werden sollen. Und es gibt berechtigte Ängste der Gebildeten, die gezielt als Phobien denunziert werden.
Wo die Intelligenz schweigen muss, damit sich die Dummen nicht provoziert fühlen, wird am Ende ein Totalitarismus herrschen, wie in "1984" vorgezeichnet.
Wenn die grüne Bundestagsabgeordnete Emilia Fester nichts vom Reichskanzler Bismarck weiß und es "witzig" findet, dass der nach einem Hering benannt wurde (!), und über die eigene Dummheit nur kichern kann... dann wissen die Gebildeten, wohin die Reise geht. Die Drahtzieher wissen das und es ist Teil unserer Demütigung, dass sie wissen, dass wir es wissen. So war das in der DDR auch: Verdummungspolitik ist bei der Intelligenz machtlos, aber die Demütigung liegt darin, dass die Kampagne in diesem Wissen trotzdem stattfindet, als Demonstration der Staatsmacht.
Wenn es opportun ist, rufen die Dummen natürlich trotzdem "die Wissenschaft" auf und veranstalten einen "March for Science", um für die Impfpflicht zu demonstrieren. Ein Jahr später wollen sie von grüner Gentechnik aber immer noch nichts wissen, weil es "Teufelszeug" ist.
Wer in den Krisen der letzten 15 Jahre immer schön Beweismittel gesammelt hat (Screenshots) wird spät rehabilitiert werden. Im Moment der Aktualität nützt es einem gar nichts gegen das Regierungsgetöse. Aber einige Jahre später gewinnen diese Beweise an Wert. Die Täter wissen das und denunzieren die eigene Überführung als "Nachtreten". Aber das zeigt nur, wie groß ihre Angst ist.
Es zeigt aber auch, und damit zurück zum Anfangsthema, wie schwierig es ist, heraus zu arbeiten, was gewesen ist oder was aktuell der Fall ist. Eine saubere Beweisführung erfolgt wie in einem Kriminalfall: Was ist wirklich passiert? Was könnte das Motiv gewesen sein? Wem nützt es? Wer kommt als Täter oder dessen Auftraggeber in Frage?
Und die Qualität, die hier gefordert ist, kann man m. E. auch als wissenschaftlich bezeichnen.