Die gegenwärtige Berichtssaison der Technologieunternehmen legt aus meiner Sicht ein erschreckend mangelndes Verständnis vieler Analysten von der Branche, die sie beobachten und kommentieren, offen. Wenn laut einem FTD-Bericht Norbert Kretlow, Analyst bei Independent Research, von den Zahlen und dem Ausblick von Intel enttäuscht ist, und wenn die Aktien von Intel und auch Apple stark korrigieren, dann hat die Zunft, nach der sich ja viele Investoren richten, nicht verstanden, was gegenwärtig im ICT-Markt vor sich geht:
1. Im Bürobereich werden viele Desktoprechner von Notebooks abgelöst. Diese Entwicklung vollziehen die Zahlen von Intel nach, die Umsätze verschieben sich in Richtung Notebook Chipsätze. Einzige Ausnahme: Apple Rechner, die iMacs sind ein wachsendes Segment. Unterm Strich tauscht Intel niedrigpreisige durch (obendrein wachsende) hochpreisige Segmente aus. Nur Produktionsengpässe hemmen derzeit ein noch höheres Wachstum, verschieben also weitere Umsätze in die Zukunft. Was will man als Anleger mehr?
2. Im Privatsektor werden Desktops durch Apples iMacs ersetzt, weil nicht jeder Kunde mehr auf das Flair eines Rechenzentrums in seinem Wohnzimmer steht und weil man keine Lust mehr auf Microsofts Sicherheitslücken hat. Die iPod Umsätze machen derzeit die Hälfte des Apple Umsatzes aus. Zwar kann man damit rechnen, dass dieses Wachstum nicht ewig so weitergeht, aber die Analysten unterschätzen völlig den Effekt des iPod als Einstiegsprodukt in die Apple Markenwelt. Dieser Effekt dürfte in den kommenden Quartalen messbar werden. Und auch Apple nennt Produktionsengpässe als Grund, warum es nicht noch höhere Umsätze gab.
Beide Unternehmen wirken auf mich bestens aufgestellt und es wird der Beginn eines neuen Innovationszyklus in der IT-Branche sichtbar. Ein neuer Zyklus im IT-Geschäft beginnt immer mit Innovationen in der Hardware (Rechner, Medien und Netzwerktechnik). Darauf setzen dann Softwareinnovationen auf, und darauf neue Services und das Beratungsgeschäft. Dieser Zyklus beginnt derzeit neu.
Die Analysten sehen jedoch nur, dass ihre Erwartung pro Aktie um einige Cents enttäuscht würde, und die Aktien stürzen ab. Aus meiner Sicht stellen sich einige Vertreter der Analystenzunft damit ein ziemlich schlechtes Zeugnis aus.
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