Samstag, 24. April 2010

Brüderle findet Finanzkrise schwierig

Der auf Phoenix laufende FDP-Parteitag führt einem mal wieder schmerzhaft vor Augen, was für schlechte und uninspirierte Politiker wir in den Spitzenfunktionen haben. Überall nur noch Machtmechaniker, die wissen, wie man sich in Gliederungen durchschlägt. Oben angekommen, wissen sie aber nicht mehr, was sie da eigentlich sollen. Die Rede von Pinkwart: Grottenschlecht! (Gut hingegen die Interviews am Rande, Burkhardt Hirsch sagt z.B.: "Alle sind Bürger in diesem Land. Auch Sozialdemokraten sind Bürger." Westerwelle dürfte sowas als innerparteiliche Provokation auffassen.)

Die FDP wird nach dem NRW-Wahltag vor der Verlockung einer Ampelkoalition stehen: Nur so wird sie auch weiterhin eine Machtoption ausüben können. Aber darüber wird hier nicht geredet.

Und natürlich wird nicht über das geredet, was wirklich wichtig wäre. Z.B. was uns (Normalbürgern) finanzpolitisch bevorsteht:

Wir lernen wieder mal, dass sich Bescheidenheit und Disziplin nicht lohnen. Denn belohnt wird, wer dreist hohe Forderungen stellt, und dann nicht liefert. Oder seine Gläubiger schlicht betrügt. Und dann sein Versagen sozialisiert:
- Bänker.
- Manager.
- Regierungen.

Merkel; Brüderle und Schäuble wollen uns erst nach dem Wahlabend in NRW folgendes sagen:
- Nur eben weil Ihr bisher so bescheiden wart, Reallohnverluste hingenommen habt, kommt Ihr als einer der wenigen Retter überhaupt in Frage. Zuerst für unsere Bänker. Und jetzt für Griechenland, also mit anderen Worten auch für unsere Bänker.

Anstatt uns endlich mehr Luft zum Atmen zu geben und uns den Lohn des Schweißes zu lassen, drehen sie die Schrauben noch weiter an.
- Ausgabenkürzungen im Sozialetat.
- Einnahmensteigerungen aus der Mittelschicht.
Damit werden die Ackermänner, Nonnenmacher, Blessings und McKinseys alimentiert.

FDP und CDU kommunizieren so, als ginge sie die Situation gar nichts an: Brüderle sagt auf seinem Parteitag allen Ernstes: "Der IWF muss nun analysieren und planen. Und Griechenland muss liefern." Er selbst muss gar nichts tun. Welch ein Glück, denn er ist noch dabei, zu verstehen, was vor sich geht. Genau wie Merkel. Die hat von Finanz- und Marktwirtschaft anscheinend wenig Ahnung, sonst hätte sie nicht zum besten geben können, dass es sich bei den beschlossenen Hilfen nicht um Subventionen handelt, sondern um Bürgschaften und Kredite zu "marktüblichen" Zinsen. Die Subvention besteht aber genau darin, den Unterschied zwischen den hohen Zinserwartungen für griechische Anleihen am Markt und dem, was man für "marktüblich" hält, zu decken. Brüderle dagegen sieht jetzt den IWF am Zug, also den Co-Investor! Er überlässt die Analyse und die Handlungsempfehlungen jetzt denjenigen, die ein Interesse an einem politisch schwachen EURO haben. Und verkauft uns das so, als liege eine besondere Raffinesse darin, hier einen potenten Investor an der Seite zu haben.

Schäuble hingegen appellierte gestern, die Arbeit im Finanzministerium müsse schneller vonstatten gehen. Wem sagt er das, wenn nicht sich selbst?

Die Finanzwirtschaft ist heute das, was die Atomkraftwerksbetreiber in den 90er Jahren waren. Beide haben viel gemeinsam. Beide sagen und erklären nicht, was sie tun. Beide erwirtschaften hohe Gewinne zu hohen Risiken. Beide halten es für selbstverständlich, ihre Risiken zu sozialisieren. Atomkraftwerke werden an die Landesgrenze gebaut, Schrottpapiere werden "kollateralisiert". Beide halten sich gegenüber der übrigen Gesellschaft für überlegen. Und beide halten ihre Regierungen dumm (bitte richtig lesen: nicht "für dumm" sondern "dumm"). Beide sagen ihren Regierungen auch, was sie zu tun haben.

Warren Buffets Bild von den finanziellen Massenvernichtungswaffen passt besser, als uns lieb sein kann. Der G20 Gipfel tut nur so, als suchte die "internationale Staatengemeinschaft" nach einer "gemeinschaftlichen Lösung". Doch es ist wie früher bei Abrüstungsverhandlungen: In Wahrheit arbeitet zu Hause jeder daran, seine explosiven Arsenale mit möglichst großer Reichweite auf die anderen zu richten.

George W. Bush machte hiermit den Anfang: AIG retten? Ja. Lehman auch? Nein. Denn die Gläubiger von Lehman waren überwiegend Ausländer. Bush, der sich den Krieg gegen internationale Terroristen auf die Fahne schrieb, verhielt sich selbst wie einer. Er trug seinen bevorstehenden Bürgerkrieg (Bürger gegen Bänker) einfach nach draußen.

Und heute ist es Obamas einzige Chance -neben einer Hyperinflation-, die amerikanischen Schulden überhaupt wieder loszuwerden: Indem er sie wie Flugasche über die Grenzen wehen lässt. Und das ist schon wieder in vollem Gange, wie die ZEIT berichtet.

Warum also nicht auch die Forderungen europäischer Banken gegenüber Griechenland zu Wertpapieren bündeln, über die Vertriebskanäle an ausländische, ahnunglose Anleger verkaufen und anschließend synthetische CDOs ausgeben, also mit Wetten auf deren Ausfall obendrein Geld verdienen? Wir könnten sie vorzugsweise den Pensionskassen von Monopolunternehmen wie Gazprom und Exxon und den Vermögensverwaltern der Heutschrecken unterjubeln, die sich an uns schon dumm und dusselig verdient haben.. Und wenn es irgendwie geht, auch in die Portfolios der Täterschichten aus dem Finanzsektor.

Man muss diese Wertpapiere natürlich weiterentwickeln, denn inzwischen haben viele erfahren und fast jeder verstanden, worum es dabei geht, Aber ich bin sicher: Wenn die Börsen wieder in ein optimistisches Fahrwasser kommen, dann lassen sich diese Dinger auch wieder verkaufen. Zunächst als Depotbeimischungen, die gut performen und dann den Appetit auf mehr anregen...

Klingt zu populistisch und brutal? Ich finde, wir sollten jetzt praktisch denken...

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