Mit Patentdatenbanken ist es so: Entwicklern graut es davor, sie durchwühlen zu müssen um womöglich etwas zu finden, was sie dann noch lesen müssten. Und Produktmanager und Marketingstrategen kommen nicht auf die Idee, dort mal reinzuschauen.
Dabei gibt es für Technologieunternehmen kaum eine wertvollere Informationsquelle als Patentdatenbanken. Und das auch noch kostenlos. Aber vielleicht ist genau das das Problem: Was nichts kostet, ist auch nichts (wert). Ich hoffe, dass die Patentämter nie auf die Idee kommen, Nutzungsgebühren für ihre Onlinedatenbanken einzuführen. Merksatz fürs Büro: 80% der Technik- und Marktinformationen, die in einem Patent enthalten sind, stehen nirgendwo anders.
Ein Beispiel, was man aus Patentinformationen rausziehen kann, gab vor zwei Jahren das Magazin ipFrontline. Ich finde es so beeindruckend und lehrreich, dass ich es hier verkürzt widergeben möchte. (Quelle: www.ipfrontline.com)
1) Patentinformationen
Explizit recherchierbar und extrahierbar sind folgende adressierbaren Datenfelder in Patentdatenbanken:
Patenttitel, Zusammenfassung, Erfindungsbeschreibung, Datum von Anmeldung und Erteilung, Namen von Unternehmen und Erfindern, zitierte Patente, Patentansprüche, Zeichnungen.
Implizite Patentinformationen, die auf Auswertungen von recherchierten Mengen an Patentdokumenten basieren, sind u.a.:
Anzahl von Patenten und -anmeldungen eines Unternehmens in einem bestimmten Technikfeld, Anzahl Patentanmeldungen in einem Technikfeld über die Jahre, Patentqualitäten bzw. -relevanzen (über die Anzahl an Zitierungen), Industrietrends, FuE-Entwicklungen von Marktteilnehmern, Stand der Technik, geschützte Problemlösungen,
All diese Informationen werden in den meisten Unternehmen nicht erhoben, weil das Management glaubt, dass das zu zeitaufwendig und teuer sei. Besonders ausgeprägt sei das Unverständnis über den Wert von Patentinformationen in kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger 500 Mitarbeitern. (Anm.: Ich kann das bestätigen, kenne aber auch Ausnahmen.)
Andererseits gaben die aktivsten Patentanmelder beim europäischen Patentamt in einer Umfrage an, dass sie besonders an folgenden Informationen und -diensten interessiert sind:
1 - Technologiebeobachtung
2 - Wettbewerbsbeobachtung
3 - Marktbeobachtung
4 - Benachrichtigungsservices ("Alarme")
5 - Praktische Beratung
2) Fallbeispiel
Wie man aus Daten Informationen macht. Samsung untersucht ein Toshiba Patent für einen tragbaren Computer.
Das Ziel: Erkenntnisse über Toshibas Strategie im Markt für tragbare Computer.
Fragestellungen:
1 - Hat der Markt für tragbare Computer ein robustes Wachstum?
2 - Wie gut ist Samsung gegenüber seinem Wettbewerber Toshiba aufgestellt?
3 - Stellt das Toshiba Patent für Samsung eine Bedrohung dar?
4 - Wieviele Patente spielen in diesem Technikfeld eine Rolle?
5 - Hat Samsung selbst einen wertvollen Patentkorb in diesem Segment?
Anmerkung: Zur Zeit der Erstellung dieser Untersuchung war von Tabletcomputern noch keine Rede. Auch spielt Toshiba inzwischen keine große Rolle mehr auf dem Markt. Umso interessanter, was man damals aus verfügbaren Patentinformationen hätte ableiten können..
Der Autor zieht dann zunächst die expliziten Informationen aus der Patentschrift: Titel, Anmelder, Erfinder, Beschreibung, Anmeldedatum. Das sind die Stammdaten.
Nun zu den impliziten Infos und der Beantwortung der o.g. Fragen:
zu 1 - Robustes Wachstum?
Zeichnete man 2009 die jährlichen Patentanmeldungen (je nach betrachtetem Markt, entweder Länder, oder PCT-Anmeldungen) in dem Technikfeld auf einer Zeitachse, sah man bis 2002 einen tlw. unterbrochenen Anstieg. 2003 kam ein Einbruch unter das Niveau von 2001, danach ein noch steilerer Einbruch auf das Niveau von 1991.
Mein Fazit (Anm.: Abweichend von der des Autors): Dieser Markt hat seine innovativste Phase hinter sich und befindet sich vermutlich in der Preiskampfphase.
zu 2 - Wie steht Samsung im Wettbewerb?
Hierzu erstellt man sich eine Übersicht über die Inhaber der 100 relevantesten Patente. Hierzu muss man wissen, wie man die 100 relevantesten aus einer Datenbank zieht: Dies ist mit den kostenlosen Datenbanken der Patentämter schon etwas schwieriger, mit den kommerziellen Tools geht es besser.
Im Ergebnis liegt Samsung jedenfalls an erster Stelle. Fazit des Autors: Samsung muss seine FuE Anstrengungen hier nicht erhöhen, weil es die meisten relevanten Patente hat.
zu 3 - Welche technische Lehre offenbart das Toshiba Patent?
Hierzu werden zuerst die ICP Klassen des Patents selbst und der Patente, die zitiert werden (vom Anmelder und vom Prüfer) ausgewertet. Daraus werden Technologiecluster formuliert. Diese Cluster werden vom Toshiba Patent berührt. Was genau geschützt wird, beschreiben die Patentansprüche.
Ist das Toshiba Patent eine Bedrohung für Samsung?
Hierzu werden diverse Statistiken wie z.B. Zitierungen ausgewertet. Auch wird das Anmeldejahr bewertet, da sich aus diesem die Restlaufzeit (20 Jahre minus x) ergibt
zu 4 - Anzahl der relevanten Patente
Summenbildung über Patente, die das Toshiba Patent zitieren, semantische Analysen und ICP-Auswertungen
zu - 5 Hat Samsung selbst einen wertvollen Patentkorb?
Aus der Menge der relevantesten Patente werden diejenigen von Samsung und Toshiba abgezählt. Im Ergebnis hat Samsung mehr als Toshiba. Daraus folgert der Autor, dass Samsung nicht zwangsläufig mehr in seine FuE investieren muss.
Es werden auch Zeichnungen von Laptop- und Notebookvarianten gezeigt, die die Ausgangsbasis für die späteren Tabletcomputer darstellen. Auch hier ist Samsung gut aufgestellt.
3) Fazit
Der Autor zieht folgendes Fazit:
1. Der Markt für tragbare Computer (Anm.: solche mit Tastatur und Trackfield für Zeigersteuerung) wächst.
2. Samsung hat hierfür mehr relevante Patente als Toshiba.
3. Das betrachtete Toshiba Patent ist statistisch schwach, wird nicht als Bedrohung (kein teures Prozessrisiko) betrachtet.
4. Samsung hat Patente für viele wichtige Techniken in diesem Produktumfeld.
5. Samsung muss derzeit nicht mehr in seine FuE investieren. Sollte sich die Anzahl der Patentanmeldungen in einer der Weiterentwicklungsvarianten (aus heutiger Sicht: Tabletcomputer) erhöhen, sollte Samsung wieder mehr investieren, da dies als Initialzündung für einen neuen Trend gewertet werden könne.
Dienstag, 27. Dezember 2011
Fallstudie: Strategische Erkenntnisse aus einer Patentanalyse
Mit Patentdatenbanken ist es so: Entwicklern graut es davor, sie durchwühlen zu müssen um womöglich etwas zu finden, was sie dann noch lesen müssten. Und Produktmanager und Marketingstrategen kommen nicht auf die Idee, dort mal reinzuschauen.
Dabei gibt es für Technologieunternehmen kaum eine wertvollere Informationsquelle als Patentdatenbanken. Und das auch noch kostenlos. Aber vielleicht ist genau das das Problem: Was nichts kostet, ist auch nichts (wert). Ich hoffe, dass die Patentämter nie auf die Idee kommen, Nutzungsgebühren für ihre Onlinedatenbanken einzuführen. Merksatz fürs Büro: 80% der Technik- und Marktinformationen, die in einem Patent enthalten sind, stehen nirgendwo anders.
Ein Beispiel, was man aus Patentinformationen rausziehen kann, gab vor zwei Jahren das Magazin ipFrontline. Ich finde es so beeindruckend und lehrreich, dass ich es hier verkürzt widergeben möchte. (Quelle: www.ipfrontline.com)
1) Patentinformationen
Explizit recherchierbar und extrahierbar sind folgende adressierbaren Datenfelder in Patentdatenbanken:
Patenttitel, Zusammenfassung, Erfindungsbeschreibung, Datum von Anmeldung und Erteilung, Namen von Unternehmen und Erfindern, zitierte Patente, Patentansprüche, Zeichnungen.
Implizite Patentinformationen, die auf Auswertungen von recherchierten Mengen an Patentdokumenten basieren, sind u.a.:
Anzahl von Patenten und -anmeldungen eines Unternehmens in einem bestimmten Technikfeld, Anzahl Patentanmeldungen in einem Technikfeld über die Jahre, Patentqualitäten bzw. -relevanzen (über die Anzahl an Zitierungen), Industrietrends, FuE-Entwicklungen von Marktteilnehmern, Stand der Technik, geschützte Problemlösungen,
All diese Informationen werden in den meisten Unternehmen nicht erhoben, weil das Management glaubt, dass das zu zeitaufwendig und teuer sei. Besonders ausgeprägt sei das Unverständnis über den Wert von Patentinformationen in kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger 500 Mitarbeitern. (Anm.: Ich kann das bestätigen, kenne aber auch Ausnahmen.)
Andererseits gaben die aktivsten Patentanmelder beim europäischen Patentamt in einer Umfrage an, dass sie besonders an folgenden Informationen und -diensten interessiert sind:
1 - Technologiebeobachtung
2 - Wettbewerbsbeobachtung
3 - Marktbeobachtung
4 - Benachrichtigungsservices ("Alarme")
5 - Praktische Beratung
2) Fallbeispiel
Wie man aus Daten Informationen macht. Samsung untersucht ein Toshiba Patent für einen tragbaren Computer.
Das Ziel: Erkenntnisse über Toshibas Strategie im Markt für tragbare Computer.
Fragestellungen:
1 - Hat der Markt für tragbare Computer ein robustes Wachstum?
2 - Wie gut ist Samsung gegenüber seinem Wettbewerber Toshiba aufgestellt?
3 - Stellt das Toshiba Patent für Samsung eine Bedrohung dar?
4 - Wieviele Patente spielen in diesem Technikfeld eine Rolle?
5 - Hat Samsung selbst einen wertvollen Patentkorb in diesem Segment?
Anmerkung: Zur Zeit der Erstellung dieser Untersuchung war von Tabletcomputern noch keine Rede. Auch spielt Toshiba inzwischen keine große Rolle mehr auf dem Markt. Umso interessanter, was man damals aus verfügbaren Patentinformationen hätte ableiten können..
Der Autor zieht dann zunächst die expliziten Informationen aus der Patentschrift: Titel, Anmelder, Erfinder, Beschreibung, Anmeldedatum. Das sind die Stammdaten.
Nun zu den impliziten Infos und der Beantwortung der o.g. Fragen:
zu 1 - Robustes Wachstum?
Zeichnete man 2009 die jährlichen Patentanmeldungen (je nach betrachtetem Markt, entweder Länder, oder PCT-Anmeldungen) in dem Technikfeld auf einer Zeitachse, sah man bis 2002 einen tlw. unterbrochenen Anstieg. 2003 kam ein Einbruch unter das Niveau von 2001, danach ein noch steilerer Einbruch auf das Niveau von 1991.
Mein Fazit (Anm.: Abweichend von der des Autors): Dieser Markt hat seine innovativste Phase hinter sich und befindet sich vermutlich in der Preiskampfphase.
zu 2 - Wie steht Samsung im Wettbewerb?
Hierzu erstellt man sich eine Übersicht über die Inhaber der 100 relevantesten Patente. Hierzu muss man wissen, wie man die 100 relevantesten aus einer Datenbank zieht: Dies ist mit den kostenlosen Datenbanken der Patentämter schon etwas schwieriger, mit den kommerziellen Tools geht es besser.
Im Ergebnis liegt Samsung jedenfalls an erster Stelle. Fazit des Autors: Samsung muss seine FuE Anstrengungen hier nicht erhöhen, weil es die meisten relevanten Patente hat.
zu 3 - Welche technische Lehre offenbart das Toshiba Patent?
Hierzu werden zuerst die ICP Klassen des Patents selbst und der Patente, die zitiert werden (vom Anmelder und vom Prüfer) ausgewertet. Daraus werden Technologiecluster formuliert. Diese Cluster werden vom Toshiba Patent berührt. Was genau geschützt wird, beschreiben die Patentansprüche.
Ist das Toshiba Patent eine Bedrohung für Samsung?
Hierzu werden diverse Statistiken wie z.B. Zitierungen ausgewertet. Auch wird das Anmeldejahr bewertet, da sich aus diesem die Restlaufzeit (20 Jahre minus x) ergibt
zu 4 - Anzahl der relevanten Patente
Summenbildung über Patente, die das Toshiba Patent zitieren, semantische Analysen und ICP-Auswertungen
zu - 5 Hat Samsung selbst einen wertvollen Patentkorb?
Aus der Menge der relevantesten Patente werden diejenigen von Samsung und Toshiba abgezählt. Im Ergebnis hat Samsung mehr als Toshiba. Daraus folgert der Autor, dass Samsung nicht zwangsläufig mehr in seine FuE investieren muss.
Es werden auch Zeichnungen von Laptop- und Notebookvarianten gezeigt, die die Ausgangsbasis für die späteren Tabletcomputer darstellen. Auch hier ist Samsung gut aufgestellt.
3) Fazit
Der Autor zieht folgendes Fazit:
1. Der Markt für tragbare Computer (Anm.: solche mit Tastatur und Trackfield für Zeigersteuerung) wächst.
2. Samsung hat hierfür mehr relevante Patente als Toshiba.
3. Das betrachtete Toshiba Patent ist statistisch schwach, wird nicht als Bedrohung (kein teures Prozessrisiko) betrachtet.
4. Samsung hat Patente für viele wichtige Techniken in diesem Produktumfeld.
5. Samsung muss derzeit nicht mehr in seine FuE investieren. Sollte sich die Anzahl der Patentanmeldungen in einer der Weiterentwicklungsvarianten (aus heutiger Sicht: Tabletcomputer) erhöhen, sollte Samsung wieder mehr investieren, da dies als Initialzündung für einen neuen Trend gewertet werden könne.
Dabei gibt es für Technologieunternehmen kaum eine wertvollere Informationsquelle als Patentdatenbanken. Und das auch noch kostenlos. Aber vielleicht ist genau das das Problem: Was nichts kostet, ist auch nichts (wert). Ich hoffe, dass die Patentämter nie auf die Idee kommen, Nutzungsgebühren für ihre Onlinedatenbanken einzuführen. Merksatz fürs Büro: 80% der Technik- und Marktinformationen, die in einem Patent enthalten sind, stehen nirgendwo anders.
Ein Beispiel, was man aus Patentinformationen rausziehen kann, gab vor zwei Jahren das Magazin ipFrontline. Ich finde es so beeindruckend und lehrreich, dass ich es hier verkürzt widergeben möchte. (Quelle: www.ipfrontline.com)
1) Patentinformationen
Explizit recherchierbar und extrahierbar sind folgende adressierbaren Datenfelder in Patentdatenbanken:
Patenttitel, Zusammenfassung, Erfindungsbeschreibung, Datum von Anmeldung und Erteilung, Namen von Unternehmen und Erfindern, zitierte Patente, Patentansprüche, Zeichnungen.
Implizite Patentinformationen, die auf Auswertungen von recherchierten Mengen an Patentdokumenten basieren, sind u.a.:
Anzahl von Patenten und -anmeldungen eines Unternehmens in einem bestimmten Technikfeld, Anzahl Patentanmeldungen in einem Technikfeld über die Jahre, Patentqualitäten bzw. -relevanzen (über die Anzahl an Zitierungen), Industrietrends, FuE-Entwicklungen von Marktteilnehmern, Stand der Technik, geschützte Problemlösungen,
All diese Informationen werden in den meisten Unternehmen nicht erhoben, weil das Management glaubt, dass das zu zeitaufwendig und teuer sei. Besonders ausgeprägt sei das Unverständnis über den Wert von Patentinformationen in kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger 500 Mitarbeitern. (Anm.: Ich kann das bestätigen, kenne aber auch Ausnahmen.)
Andererseits gaben die aktivsten Patentanmelder beim europäischen Patentamt in einer Umfrage an, dass sie besonders an folgenden Informationen und -diensten interessiert sind:
1 - Technologiebeobachtung
2 - Wettbewerbsbeobachtung
3 - Marktbeobachtung
4 - Benachrichtigungsservices ("Alarme")
5 - Praktische Beratung
2) Fallbeispiel
Wie man aus Daten Informationen macht. Samsung untersucht ein Toshiba Patent für einen tragbaren Computer.
Das Ziel: Erkenntnisse über Toshibas Strategie im Markt für tragbare Computer.
Fragestellungen:
1 - Hat der Markt für tragbare Computer ein robustes Wachstum?
2 - Wie gut ist Samsung gegenüber seinem Wettbewerber Toshiba aufgestellt?
3 - Stellt das Toshiba Patent für Samsung eine Bedrohung dar?
4 - Wieviele Patente spielen in diesem Technikfeld eine Rolle?
5 - Hat Samsung selbst einen wertvollen Patentkorb in diesem Segment?
Anmerkung: Zur Zeit der Erstellung dieser Untersuchung war von Tabletcomputern noch keine Rede. Auch spielt Toshiba inzwischen keine große Rolle mehr auf dem Markt. Umso interessanter, was man damals aus verfügbaren Patentinformationen hätte ableiten können..
Der Autor zieht dann zunächst die expliziten Informationen aus der Patentschrift: Titel, Anmelder, Erfinder, Beschreibung, Anmeldedatum. Das sind die Stammdaten.
Nun zu den impliziten Infos und der Beantwortung der o.g. Fragen:
zu 1 - Robustes Wachstum?
Zeichnete man 2009 die jährlichen Patentanmeldungen (je nach betrachtetem Markt, entweder Länder, oder PCT-Anmeldungen) in dem Technikfeld auf einer Zeitachse, sah man bis 2002 einen tlw. unterbrochenen Anstieg. 2003 kam ein Einbruch unter das Niveau von 2001, danach ein noch steilerer Einbruch auf das Niveau von 1991.
Mein Fazit (Anm.: Abweichend von der des Autors): Dieser Markt hat seine innovativste Phase hinter sich und befindet sich vermutlich in der Preiskampfphase.
zu 2 - Wie steht Samsung im Wettbewerb?
Hierzu erstellt man sich eine Übersicht über die Inhaber der 100 relevantesten Patente. Hierzu muss man wissen, wie man die 100 relevantesten aus einer Datenbank zieht: Dies ist mit den kostenlosen Datenbanken der Patentämter schon etwas schwieriger, mit den kommerziellen Tools geht es besser.
Im Ergebnis liegt Samsung jedenfalls an erster Stelle. Fazit des Autors: Samsung muss seine FuE Anstrengungen hier nicht erhöhen, weil es die meisten relevanten Patente hat.
zu 3 - Welche technische Lehre offenbart das Toshiba Patent?
Hierzu werden zuerst die ICP Klassen des Patents selbst und der Patente, die zitiert werden (vom Anmelder und vom Prüfer) ausgewertet. Daraus werden Technologiecluster formuliert. Diese Cluster werden vom Toshiba Patent berührt. Was genau geschützt wird, beschreiben die Patentansprüche.
Ist das Toshiba Patent eine Bedrohung für Samsung?
Hierzu werden diverse Statistiken wie z.B. Zitierungen ausgewertet. Auch wird das Anmeldejahr bewertet, da sich aus diesem die Restlaufzeit (20 Jahre minus x) ergibt
zu 4 - Anzahl der relevanten Patente
Summenbildung über Patente, die das Toshiba Patent zitieren, semantische Analysen und ICP-Auswertungen
zu - 5 Hat Samsung selbst einen wertvollen Patentkorb?
Aus der Menge der relevantesten Patente werden diejenigen von Samsung und Toshiba abgezählt. Im Ergebnis hat Samsung mehr als Toshiba. Daraus folgert der Autor, dass Samsung nicht zwangsläufig mehr in seine FuE investieren muss.
Es werden auch Zeichnungen von Laptop- und Notebookvarianten gezeigt, die die Ausgangsbasis für die späteren Tabletcomputer darstellen. Auch hier ist Samsung gut aufgestellt.
3) Fazit
Der Autor zieht folgendes Fazit:
1. Der Markt für tragbare Computer (Anm.: solche mit Tastatur und Trackfield für Zeigersteuerung) wächst.
2. Samsung hat hierfür mehr relevante Patente als Toshiba.
3. Das betrachtete Toshiba Patent ist statistisch schwach, wird nicht als Bedrohung (kein teures Prozessrisiko) betrachtet.
4. Samsung hat Patente für viele wichtige Techniken in diesem Produktumfeld.
5. Samsung muss derzeit nicht mehr in seine FuE investieren. Sollte sich die Anzahl der Patentanmeldungen in einer der Weiterentwicklungsvarianten (aus heutiger Sicht: Tabletcomputer) erhöhen, sollte Samsung wieder mehr investieren, da dies als Initialzündung für einen neuen Trend gewertet werden könne.
Donnerstag, 22. Dezember 2011
Dortmund, kurz nach der Flutung
Die Berichte über das verarmende Dortmund tun mir physisch weh. Was ist da los?
Demo von Dortmunder Studenten auf der B1. Preisfrage: Wann war das? Antwort: Juni 1993. Und worum ging es? Um die Kürzungen des Landes und des Bundes im Bildungssektor. Was, damals schon? Ja, damals schon.
Auf der Rückfahrt von GE machten wir neulich spontan Station in Dortmund. So sieht mein Hörsaalgebäude von damals heute aus. Nicht mehr taufrisch, Aber innen besser als außen.
Das Gelände um die Uni ist in fünfzehn Jahren weiter gewachsen und es wächst noch. Viele technische Spezialunternehmen sind hier entstanden. Die schaffen Arbeitsplätze, aber nur für die Absolventen der Uni und FH. Gesteuert werden die Themen und Unternehmen von den Fördergeldern und Forschungsaufträgen der Altunternehmen. Ich war damals Hiwi am Lehrstuhl für Energieversorgung. Und von wem kamen die meisten Aufträge? Vom Bergbau. Kein Witz. Meine Studienarbeit handelte vom Einsatz künstlicher neuronaler Netze beim Schutz von Stromnetzen unter Tage. So habe denn auch ich noch einmal die Hand an der Steinkohle gehabt. Wer sich damals für Wind- und Sonnenstrom einsetze und nach Studien- oder Diplomarbeiten fragte, musste sich für die wenigen Angebote hinten anstellen. Austoben konnte er sich in unserer "AG regenerative Energien". Wie ich schon mal sagte: Ich halte die Wissenschaftslandschaft in NRW -zumindest zwischen Dortmund und Gelsenkirchen- für nicht durchbruchsfähig, weil die Mentalität eher auf Kopfmaloche ausgerichtet ist, als auf wirklich neues Denken.
Apropos Maloche: Eine der wenigen Stätten wo Kunst die Oberhand über Maloche bekommen hat, ist die frühere Unionbrauerei. Heute Sitz des Ostwallmuseums (was empfehlenswert ist) und der Denkfabrik "ECCE" (abgeleitet von "Ecce homo", "siehe, der Mensch", was eine Anspielung auf die Mensch gewordene Kreativität Dieter Gorny sein soll). In der Lounge über den Dächern der früheren Bier- und Stahlstadt gibt es edle Tropfen. Bier soll es dort aber auch noch geben.
Gewachsen ist auch die Skyline. Neue Bibliothek und eine RWE Verwaltung.
Dann noch ein kurzer Ausflug nach Hoerde, zum "Port Phoenix". Und hier haut es mich um. Wo früher ein mauerumrandetes fauchendes, leuchtendes und rauchendes Industriegebiet war, wo man früher an der Mauer entlang fuhr, und wenn es dunkel war, die Augen nicht von der Fackel abwenden konnte, da steht heute keine Mauer mehr. Die alten Wohnbaracken, die mancher vor fünfzehn Jahren sicher nicht geschenkt genommen hätte, blicken heute auf einen Stadtsee. Hoerde schafft den Sprung aus dem Tabellenkeller an die Spitze, sagen die Immobilienmakler, die rund um den See große Werbetafeln für Eigentumswohnungen aufgestellt haben.
Aber was bedeutet dieses Gesamtkunstwerk? Ist es die perfekte Umsetzung von Kohls Satz von der Umwandlung der Industriegesellschaft in einen kollektiven Freizeitpark? Oder ein Symbol, das das letzte Mittel des Strukturwandels im Ruhrgebiet seine Flutung sein wird?
Ahoi, Ruhrpott!
Demo von Dortmunder Studenten auf der B1. Preisfrage: Wann war das? Antwort: Juni 1993. Und worum ging es? Um die Kürzungen des Landes und des Bundes im Bildungssektor. Was, damals schon? Ja, damals schon.
Auf der Rückfahrt von GE machten wir neulich spontan Station in Dortmund. So sieht mein Hörsaalgebäude von damals heute aus. Nicht mehr taufrisch, Aber innen besser als außen.
Das Gelände um die Uni ist in fünfzehn Jahren weiter gewachsen und es wächst noch. Viele technische Spezialunternehmen sind hier entstanden. Die schaffen Arbeitsplätze, aber nur für die Absolventen der Uni und FH. Gesteuert werden die Themen und Unternehmen von den Fördergeldern und Forschungsaufträgen der Altunternehmen. Ich war damals Hiwi am Lehrstuhl für Energieversorgung. Und von wem kamen die meisten Aufträge? Vom Bergbau. Kein Witz. Meine Studienarbeit handelte vom Einsatz künstlicher neuronaler Netze beim Schutz von Stromnetzen unter Tage. So habe denn auch ich noch einmal die Hand an der Steinkohle gehabt. Wer sich damals für Wind- und Sonnenstrom einsetze und nach Studien- oder Diplomarbeiten fragte, musste sich für die wenigen Angebote hinten anstellen. Austoben konnte er sich in unserer "AG regenerative Energien". Wie ich schon mal sagte: Ich halte die Wissenschaftslandschaft in NRW -zumindest zwischen Dortmund und Gelsenkirchen- für nicht durchbruchsfähig, weil die Mentalität eher auf Kopfmaloche ausgerichtet ist, als auf wirklich neues Denken.
Apropos Maloche: Eine der wenigen Stätten wo Kunst die Oberhand über Maloche bekommen hat, ist die frühere Unionbrauerei. Heute Sitz des Ostwallmuseums (was empfehlenswert ist) und der Denkfabrik "ECCE" (abgeleitet von "Ecce homo", "siehe, der Mensch", was eine Anspielung auf die Mensch gewordene Kreativität Dieter Gorny sein soll). In der Lounge über den Dächern der früheren Bier- und Stahlstadt gibt es edle Tropfen. Bier soll es dort aber auch noch geben.
Gewachsen ist auch die Skyline. Neue Bibliothek und eine RWE Verwaltung.
Dann noch ein kurzer Ausflug nach Hoerde, zum "Port Phoenix". Und hier haut es mich um. Wo früher ein mauerumrandetes fauchendes, leuchtendes und rauchendes Industriegebiet war, wo man früher an der Mauer entlang fuhr, und wenn es dunkel war, die Augen nicht von der Fackel abwenden konnte, da steht heute keine Mauer mehr. Die alten Wohnbaracken, die mancher vor fünfzehn Jahren sicher nicht geschenkt genommen hätte, blicken heute auf einen Stadtsee. Hoerde schafft den Sprung aus dem Tabellenkeller an die Spitze, sagen die Immobilienmakler, die rund um den See große Werbetafeln für Eigentumswohnungen aufgestellt haben.
Aber was bedeutet dieses Gesamtkunstwerk? Ist es die perfekte Umsetzung von Kohls Satz von der Umwandlung der Industriegesellschaft in einen kollektiven Freizeitpark? Oder ein Symbol, das das letzte Mittel des Strukturwandels im Ruhrgebiet seine Flutung sein wird?
Ahoi, Ruhrpott!
Montag, 19. Dezember 2011
MIr kann keener: Selbstversorgung ist im Anmarsch
Sollten IWF und EZB mit ihren düsteren Prognosen recht behalten, steht uns schon wieder eine Rezession bevor. Die Frage ist natürlich, was sind Prognosen über die Realwirtschaft aus dem Munde von zu Bankern mutierten Politikern wert?
Weil wir viel zu sehr auf Exporte getrimmt sind, sind in unserem Land paradoxe Szenarien denkbar: Es kann passieren, dass unsere Bevölkerung nach wie vor kontinuierlichen Bedarf an Wohnungen, Lebensmitteln, Energie hat, also eine starke Nachfrage bildet, dies aber nicht reicht, um einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern.
Eigentlich müsste es so gehen: Von Sättigung der Märkte sprechen wir erst dann, wenn wir alle wirklich gesättigt sind. Und zwar so, dass wir auch ein paar Quartale ohne Job über die Runden kommen. Wir müssen uns wieder mehr an dem orientieren, was wir selbst erleben und brauchen. Selbstversorgung, Vorräte, Haushaltsausstattung. Werkzeuge, Lebensmittel, Boden, Brennstoff.
In dem Maße, wie wir mit allem ausgestattet sind, müssten auch unsere Ausgaben sinken können und damit unsere Abhängigkeit vom Arbeitsmarkt. Dazu würde gehören, dass wir ordentlich Raum und Technik zum Anbau und für Lagerung haben. Nicht bloß einen kleinen Kühlschrank und kleinen Keller, den wir mit Müll vollstellen.
Solange wir das nicht haben, ist es unzulässig, von hohem Wohlstandsniveau zu sprechen. Vielleicht ist es sogar real gesunken, weil wir an Fähigkeiten und Maßstäben verloren haben.
Wer weiß schon noch, dass ein ausgewachsener Apfelbaum mehr trägt, als ein zweiköpfiger Haushalt in einem Jahr verbrauchen kann? Wie weit kommt man mit dem Fleisch eines Vieh? Wie viel Fläche braucht man für den persönlichen Bedarf an Kartoffeln? Wie viel Holz oder Pellets braucht man, um den Winter über heizen zu können? Wie viel Rotor- oder Modulfläche, um uns selbst mit Strom zu versorgen?
Wenn wir das alles haben, dann sind wir gesättigt und ziehen uns von den Märkten zurück. Es war lange üblich von guten Zeiten zu sprechen, wenn wir haben was wir brauchen. Heute nenne wir die Zeiten so, wenn andere nachfragen, was wir können. Aber wir müssen nur können, wenn wir nicht haben, was wir brauchen. In einem gesunden Konjunkturzyklus sind unsere Vorräte voll, wenn es mit der Konjunktur abwärts geht. Die Preise sinken, und wer gut getimt hatte, kauft dann billig.
Abschwungzeiten sind nur für die Anbieter schlecht, für Käufer sind sie gut. Und umgekehrt: Wenn sich die Vorräte leeren, dann springt die Nachfrage automatisch an. Nur in einer auf Export getrimmten Volkswirtschaft geht der Überblick komplett verloren.
Ich kenne keine Statistik darüber, ob wir haben, was wir brauchen. (Wahrscheinlich erinnert das jetzt manchen an die DDR Planwirtschaft, aber ich meine, die Perspektive des Verbrauchers ist die einzig wichtige für uns.)
Erst wenn wir das wieder wissen, sind wir Ökonomen und Wirte. Aber nicht, wenn wir uns an der Börse auskennen.
Komme mir jetzt keiner, ich wolle das Rad der Globalisierung zurückdrehen. Ich will noch aus einem anderen Grund wieder mehr Richtung Selbstversorgung: Wegen der Qualität. Als ich in diesem Sommer seit langem wieder selbst gepflanzte Erdbeeren gegessen habe, bin ich vor Geschmack fast umgefallen. Das gleiche im Frankreichurlaub: Solche Qualität kennen wir kaum noch. Sie hat ihren Preis, aber davon braucht man auch weniger, um den Bedarf zu stillen.
Dazu kommen die therapeutischen Wirkungen auf die in entfremdender Arbeitsteilung strapazierten Seelen. In einem Dorf, einem Bezirk, einer Stadt, in dem man mit Selbstproduziertem Handel treibt, blühen Wertschätzung und Selbstbestätigung. Burnout kennt man da nicht.
Der revolutionäre Schritt könnte darin bestehen, dass man einfach anfängt, es zu tun. Eine Schattenwirtschaft aufzubauen. Wieder DM zu akzeptieren. Und zwar da, wo Politiker es eh aufgegeben haben: In Brandenburg.
Und an der Globalisierung beteiligen wir uns als Verbraucher auch, Dank ebay. Wenn die Rohstoffpreise wieder steigen, dann kaufen wir Metallwaren eben in chinesischen Manufakturen.
Weil wir viel zu sehr auf Exporte getrimmt sind, sind in unserem Land paradoxe Szenarien denkbar: Es kann passieren, dass unsere Bevölkerung nach wie vor kontinuierlichen Bedarf an Wohnungen, Lebensmitteln, Energie hat, also eine starke Nachfrage bildet, dies aber nicht reicht, um einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern.
Eigentlich müsste es so gehen: Von Sättigung der Märkte sprechen wir erst dann, wenn wir alle wirklich gesättigt sind. Und zwar so, dass wir auch ein paar Quartale ohne Job über die Runden kommen. Wir müssen uns wieder mehr an dem orientieren, was wir selbst erleben und brauchen. Selbstversorgung, Vorräte, Haushaltsausstattung. Werkzeuge, Lebensmittel, Boden, Brennstoff.
In dem Maße, wie wir mit allem ausgestattet sind, müssten auch unsere Ausgaben sinken können und damit unsere Abhängigkeit vom Arbeitsmarkt. Dazu würde gehören, dass wir ordentlich Raum und Technik zum Anbau und für Lagerung haben. Nicht bloß einen kleinen Kühlschrank und kleinen Keller, den wir mit Müll vollstellen.
Solange wir das nicht haben, ist es unzulässig, von hohem Wohlstandsniveau zu sprechen. Vielleicht ist es sogar real gesunken, weil wir an Fähigkeiten und Maßstäben verloren haben.
Wer weiß schon noch, dass ein ausgewachsener Apfelbaum mehr trägt, als ein zweiköpfiger Haushalt in einem Jahr verbrauchen kann? Wie weit kommt man mit dem Fleisch eines Vieh? Wie viel Fläche braucht man für den persönlichen Bedarf an Kartoffeln? Wie viel Holz oder Pellets braucht man, um den Winter über heizen zu können? Wie viel Rotor- oder Modulfläche, um uns selbst mit Strom zu versorgen?
Wenn wir das alles haben, dann sind wir gesättigt und ziehen uns von den Märkten zurück. Es war lange üblich von guten Zeiten zu sprechen, wenn wir haben was wir brauchen. Heute nenne wir die Zeiten so, wenn andere nachfragen, was wir können. Aber wir müssen nur können, wenn wir nicht haben, was wir brauchen. In einem gesunden Konjunkturzyklus sind unsere Vorräte voll, wenn es mit der Konjunktur abwärts geht. Die Preise sinken, und wer gut getimt hatte, kauft dann billig.
Abschwungzeiten sind nur für die Anbieter schlecht, für Käufer sind sie gut. Und umgekehrt: Wenn sich die Vorräte leeren, dann springt die Nachfrage automatisch an. Nur in einer auf Export getrimmten Volkswirtschaft geht der Überblick komplett verloren.
Ich kenne keine Statistik darüber, ob wir haben, was wir brauchen. (Wahrscheinlich erinnert das jetzt manchen an die DDR Planwirtschaft, aber ich meine, die Perspektive des Verbrauchers ist die einzig wichtige für uns.)
Erst wenn wir das wieder wissen, sind wir Ökonomen und Wirte. Aber nicht, wenn wir uns an der Börse auskennen.
Komme mir jetzt keiner, ich wolle das Rad der Globalisierung zurückdrehen. Ich will noch aus einem anderen Grund wieder mehr Richtung Selbstversorgung: Wegen der Qualität. Als ich in diesem Sommer seit langem wieder selbst gepflanzte Erdbeeren gegessen habe, bin ich vor Geschmack fast umgefallen. Das gleiche im Frankreichurlaub: Solche Qualität kennen wir kaum noch. Sie hat ihren Preis, aber davon braucht man auch weniger, um den Bedarf zu stillen.
Dazu kommen die therapeutischen Wirkungen auf die in entfremdender Arbeitsteilung strapazierten Seelen. In einem Dorf, einem Bezirk, einer Stadt, in dem man mit Selbstproduziertem Handel treibt, blühen Wertschätzung und Selbstbestätigung. Burnout kennt man da nicht.
Der revolutionäre Schritt könnte darin bestehen, dass man einfach anfängt, es zu tun. Eine Schattenwirtschaft aufzubauen. Wieder DM zu akzeptieren. Und zwar da, wo Politiker es eh aufgegeben haben: In Brandenburg.
Und an der Globalisierung beteiligen wir uns als Verbraucher auch, Dank ebay. Wenn die Rohstoffpreise wieder steigen, dann kaufen wir Metallwaren eben in chinesischen Manufakturen.
Mittwoch, 14. Dezember 2011
Armut in Deutschland
Armut ist in Deutschland seit langem ein relativer Begriff: Wer weniger als 50% des Durchschnittseinkommens bekommt, gilt als einkommensarm. Diese Definition greift natürlich nicht bei Vermögenden in Teilzeitarbeit oder ohne Arbeitseinkommen. Es gibt Leute, die müssen nicht arbeiten gehen.
Hier nun mal die Vermögensverteilung in Deutschland, wie sie die Bundeszentrale für politische Bildung für 2007 und 2002 ausweist.
Quelle: BPB
Auf der x-Achse die Bevölkerungsgruppen in 10%-Schritten, sortiert nach Vermögensgruppen. Auf der y-Achse die Anteile am Gesamtvermögen in Deutschland. Rein rechnerisch ergibt sich ein Durchschnittsvermögen von 88.000 EURO (!) pro mindestens 17-Jährigem (West: 101.000 EUR, Ost: 31.000 EUR). Wendet man obige Definition von relativer Armut an, ist man mit weniger als 44.000 EUR auf der hohen Kante arm. Auf wie viele Deutsche trifft das wohl zu?
Die BPB hat einen Median von 15.300 EUR ausgerechnet. D.h. wir haben eine Hälfte, die weniger, und eine, die mehr Vermögen als 15.300 EUR besitzt. Demnach wären weit mehr als die Hälfte der Deutschen "vermögensarm"..
Von 2002 bis 2007 hat die Vermögenskonzentration zugenommen. Zusätzlich ist der Westen reicher, der Osten ärmer geworden. Als Hauptursache nennt die BPB den Wertverlauf von selbstgenutzten Immobilien.
Über "die reichsten Deutschen" ist zumindest bekannt, wer sie sind: Forbes veröffentlicht die Liste jährlich. Sie besteht aus Erben, die als Unternehmer tätig sind.
Hier nun mal die Vermögensverteilung in Deutschland, wie sie die Bundeszentrale für politische Bildung für 2007 und 2002 ausweist.
Quelle: BPB
Auf der x-Achse die Bevölkerungsgruppen in 10%-Schritten, sortiert nach Vermögensgruppen. Auf der y-Achse die Anteile am Gesamtvermögen in Deutschland. Rein rechnerisch ergibt sich ein Durchschnittsvermögen von 88.000 EURO (!) pro mindestens 17-Jährigem (West: 101.000 EUR, Ost: 31.000 EUR). Wendet man obige Definition von relativer Armut an, ist man mit weniger als 44.000 EUR auf der hohen Kante arm. Auf wie viele Deutsche trifft das wohl zu?
Die BPB hat einen Median von 15.300 EUR ausgerechnet. D.h. wir haben eine Hälfte, die weniger, und eine, die mehr Vermögen als 15.300 EUR besitzt. Demnach wären weit mehr als die Hälfte der Deutschen "vermögensarm"..
Von 2002 bis 2007 hat die Vermögenskonzentration zugenommen. Zusätzlich ist der Westen reicher, der Osten ärmer geworden. Als Hauptursache nennt die BPB den Wertverlauf von selbstgenutzten Immobilien.
Über "die reichsten Deutschen" ist zumindest bekannt, wer sie sind: Forbes veröffentlicht die Liste jährlich. Sie besteht aus Erben, die als Unternehmer tätig sind.
Dienstag, 13. Dezember 2011
4G Mobilfunktechnik steht vor der Tür
Wenn die analogen Antennenfernsehfrequenzen bald abgeschaltet werden, wird ordentlich Platz frei im Äther. Wir werden in naher Zukunft vielleicht nicht nur die Abschaltung sämtlicher Analogsender erleben, sondern vielleicht auch die Abschaffung des klassischen Rundfunk überhaupt. Denn mit der letzten Ausbaustufe von 3G -3.9G- werden theoretisch bis zu 300 MBit Downloadrate möglich. Für den Mobilfunk.
Telekom, Vodafone, O2 und Eplus senden auf den Frequenzen zwischen 800 MHz und 2,6 GHz. Galt UMTS direkt nach der Lizenzversteigerung damals als Investionsgrab, weil irgendwie niemand wusste, wozu ein Handy so hohe Bandbreiten benötigen sollte, hat man diese Bandbreiten inzwischen hinter sich gelassen. 100 MBit wird der mobile Normalfall.
Die neue Mobilfunknetztechnik, mit deren Ausbau in diesem Jahr begonnen wurde, heißt Long Term Evolution. Der Name bezieht sich darauf, dass die Technik einen sukzessiven Ausbau der Bandbreiten ermöglicht, bis in die 4G Technik, die dann Advanced LTE heißen wird. Für die Einführung von LTE bauen die Netzbetreiber in die Mobilfunkracks einfach neue LTE-Einschübe ein. In der Einführungsphase können die Netze sowohl in LTE als auch in UMTS/HSPA gefahren werden.
LTE verbessert vor allem die Anbindung der Endgeräte (Smartphones, Router) ans Netz. LTE verwaltet nicht benötigte Bandbreiten besser, d.h. je weniger gerade parallel surfen in einer Mobilfunkzelle, desto mehr hat man selbst. Derzeit verliert man gerade in Ballungsräumen immer dann an gefühlter Bandbreite oder Downloadzeit, wenn der Ladebalken zwar startet, aber nicht durchläuft. Dann hat es Störungen auf einer Trägerfrequenz gegeben und es muss der Kanal gewechselt werden. Diese Störungen werden bei LTE weniger werden, man surft künftig besser in einem durch. Auch benötigen die Endgeräte weniger Leistung, um eine Mobilfunktverbindung aufrecht zu erhalten, was die Akkulaufzeiten verlängern wird.
2012 bis 2014 werden die Übergangsjahre, in denen wir alte Smartphones und die ab 2012 erhältlichen LTE-Geräte nebeneinander benutzen können. LTE wird Sprachverbindungen über ein erweitertes IP-Protokoll aufbauen.
Der Regulierer band die Lizenzvergabe an eine Bedingung: Zuerst werden die ländlichen Gebiete, die keine DSL-Versorgung haben, zum LTE-Netz ausgebaut. D.h. zu einem Festnetzbausbau im Ortsnetz wird es auf dem Dorf nicht mehr kommen. Man geht gleich drahtlos. Die Ausrüstung sieht dann so aus, dass man seinen WLAN-Router über eine zweite Antenne mit dem Mobilfunknetz verbindet. Erst danach werden die Ballungsräume auf LTE umgestellt und erst dann verdienen die Netzbetreiber auch Geld damit.
Gut für uns Kunden ist, dass Festnetz und Mobilfunk in neuen Wettbewerb treten, Festnetz-DSL sollte in den nächsten Jahren wieder einen Schwung billiger werden, oder mit interessanten "Inhalten" wie Filmen, Bundesliga etc. angereichert werden.
Telekom, Vodafone, O2 und Eplus senden auf den Frequenzen zwischen 800 MHz und 2,6 GHz. Galt UMTS direkt nach der Lizenzversteigerung damals als Investionsgrab, weil irgendwie niemand wusste, wozu ein Handy so hohe Bandbreiten benötigen sollte, hat man diese Bandbreiten inzwischen hinter sich gelassen. 100 MBit wird der mobile Normalfall.
Die neue Mobilfunknetztechnik, mit deren Ausbau in diesem Jahr begonnen wurde, heißt Long Term Evolution. Der Name bezieht sich darauf, dass die Technik einen sukzessiven Ausbau der Bandbreiten ermöglicht, bis in die 4G Technik, die dann Advanced LTE heißen wird. Für die Einführung von LTE bauen die Netzbetreiber in die Mobilfunkracks einfach neue LTE-Einschübe ein. In der Einführungsphase können die Netze sowohl in LTE als auch in UMTS/HSPA gefahren werden.
LTE verbessert vor allem die Anbindung der Endgeräte (Smartphones, Router) ans Netz. LTE verwaltet nicht benötigte Bandbreiten besser, d.h. je weniger gerade parallel surfen in einer Mobilfunkzelle, desto mehr hat man selbst. Derzeit verliert man gerade in Ballungsräumen immer dann an gefühlter Bandbreite oder Downloadzeit, wenn der Ladebalken zwar startet, aber nicht durchläuft. Dann hat es Störungen auf einer Trägerfrequenz gegeben und es muss der Kanal gewechselt werden. Diese Störungen werden bei LTE weniger werden, man surft künftig besser in einem durch. Auch benötigen die Endgeräte weniger Leistung, um eine Mobilfunktverbindung aufrecht zu erhalten, was die Akkulaufzeiten verlängern wird.
2012 bis 2014 werden die Übergangsjahre, in denen wir alte Smartphones und die ab 2012 erhältlichen LTE-Geräte nebeneinander benutzen können. LTE wird Sprachverbindungen über ein erweitertes IP-Protokoll aufbauen.
Der Regulierer band die Lizenzvergabe an eine Bedingung: Zuerst werden die ländlichen Gebiete, die keine DSL-Versorgung haben, zum LTE-Netz ausgebaut. D.h. zu einem Festnetzbausbau im Ortsnetz wird es auf dem Dorf nicht mehr kommen. Man geht gleich drahtlos. Die Ausrüstung sieht dann so aus, dass man seinen WLAN-Router über eine zweite Antenne mit dem Mobilfunknetz verbindet. Erst danach werden die Ballungsräume auf LTE umgestellt und erst dann verdienen die Netzbetreiber auch Geld damit.
Gut für uns Kunden ist, dass Festnetz und Mobilfunk in neuen Wettbewerb treten, Festnetz-DSL sollte in den nächsten Jahren wieder einen Schwung billiger werden, oder mit interessanten "Inhalten" wie Filmen, Bundesliga etc. angereichert werden.
Sonntag, 11. Dezember 2011
Kalter Bürgerkrieg
Nachdem der Bundestag die "Kriegskredite" für die Rettung der Banken genehmigt hat (und die SPD wieder einmal zugestimmt hat), wird die Rhetorik der Banken und ihrer Lobbyisten rauher: Man müsse von einer Staatsschuldenkrise reden, nicht EURO- oder gar Kapitalismuskrise. Das wird wie automatisch übersetzt in, Griechenland habe seine Ausgaben nicht im Griff gehabt.
Dabei waren es lange Jahre die Einnahmen, die es nicht im Griff hatte, in dem seine Beamten Steuerhinterziehung, vor allem die im großen Stil, aber das kennen wir in DE auch, großzügig toleriert haben. Auf der Ausgabenseite waren und sind es vor allem die Rettung gefährderter Banken und die davon galoppierenden Zinsen, die die Privatbanken für die Zeichnung neuer Anleihen verlangen. (Übrigens: ein Problem, dass USA und GB einfach dadurch umgehen, dass sie für die Rettung von Banken im Gegenzug Aktien erhalten oder die Notenpresse für Notkäufe von Anleihen anwerfen und die Notenbank diese direkt erwerben lässt, ohne die kommerzielle Stufe privater Banken.
Die soeben geretteten Banken fordern im nächsten Schritt "Haushaltskonsolidierungen", "Sparkurs" oder auch "Reformen". Sprich: Die Einkassierung aller sozialen Errungenschaften der letzten fünfzig Jahre. Und wenn ein Land nicht mehr weiß, wie es die hohen Zinsen beschaffen soll, bieten sie höflich die Akzeptanz von Staatsgebieten oder anderer Volksvermögensteile an.
Die so vorgehen, sind auf dem Kriegspfad. Aber die Grenzen verlaufen nicht zwischen Ländern oder Banken bestimmter Länder. Nein, sie verlaufen direkt zwischen den Bevölkerungsschichten. Es ist ein Krieg mit wirtschaftlichen Mitteln von oben gegen unten.
Man könnte auch sagen: Ein kalter Bürgerkrieg, bzw. Weltbürgerkrieg.
Dabei waren es lange Jahre die Einnahmen, die es nicht im Griff hatte, in dem seine Beamten Steuerhinterziehung, vor allem die im großen Stil, aber das kennen wir in DE auch, großzügig toleriert haben. Auf der Ausgabenseite waren und sind es vor allem die Rettung gefährderter Banken und die davon galoppierenden Zinsen, die die Privatbanken für die Zeichnung neuer Anleihen verlangen. (Übrigens: ein Problem, dass USA und GB einfach dadurch umgehen, dass sie für die Rettung von Banken im Gegenzug Aktien erhalten oder die Notenpresse für Notkäufe von Anleihen anwerfen und die Notenbank diese direkt erwerben lässt, ohne die kommerzielle Stufe privater Banken.
Die soeben geretteten Banken fordern im nächsten Schritt "Haushaltskonsolidierungen", "Sparkurs" oder auch "Reformen". Sprich: Die Einkassierung aller sozialen Errungenschaften der letzten fünfzig Jahre. Und wenn ein Land nicht mehr weiß, wie es die hohen Zinsen beschaffen soll, bieten sie höflich die Akzeptanz von Staatsgebieten oder anderer Volksvermögensteile an.
Die so vorgehen, sind auf dem Kriegspfad. Aber die Grenzen verlaufen nicht zwischen Ländern oder Banken bestimmter Länder. Nein, sie verlaufen direkt zwischen den Bevölkerungsschichten. Es ist ein Krieg mit wirtschaftlichen Mitteln von oben gegen unten.
Man könnte auch sagen: Ein kalter Bürgerkrieg, bzw. Weltbürgerkrieg.
Montag, 5. Dezember 2011
Partei der "Inhalte"
Was wären die Parteien ohne ihre lebenden Denkmäler aus der Vorwendezeit? Der SPD Parteitag hat Helmut Schmidt gestern nach seiner Rede frenetisch gefeiert. Ich persönlich halte ihn zwar eher für überschätzt und seine Überheblichkeit für unangebracht. Aber eines kann er nun: So reden, dass man ihm dennoch gerne zuhört.
Direkt nach ihm eröffnete Hannelore Kraft den Parteitag offiziell. Und lebhafter hätte man den Qualitätsverlust, den die SPD bei ihrem Spitzenpersonal erlitten hat, nicht demonstrieren können, als Genossin Hannelore mit dem Satz: "Wir sind eben die Partei der Inhalte".
Diese Vokabel ist Parteimitgliedern, die sich für Politik interessieren, ein vertrautes Ärgernis. Es macht ihnen nämlich bewusst, dass sie von Verwaltungsexperten geführt werden. Wer die "Inhalte" meint betonen zu müssen, hat selbst keine. Outet, dass es in den Vorstandssitzungen inzwischen markiert wird, wenn es mal nicht um Personalfragen, die Satzung oder eine neue Farbe für die Website geht, sondern um das, wofür Parteien gegründet wurden. Idiotischerweise sitzen in immer mehr Parteien immer mehr unpolitische Leute.
Würde ein Anwalt das Anliegen seines Mandanten als "juristischen Inhalt" bezeichnen? Haben Helmut Schmidt, Herbert Wehner, Kurt Schumacher, Willy Brandt je betont, dass ihre SPD die Partei der "Inhalte" ist? Schwachsinnige Vorstellung. Ist ein Aufstand der Anständigen gegen Terror ein politischer "Inhalt"?
Aber das gibt es nicht nur in Parteien. Als die Börsenanalysten vor zehn, zwölf Jahren eine Internetsau nach der anderen durch die Medien trieben, sagten sie irgendwann an, dass nicht mehr Server und Router die wichtigsten Ressourcen des Internet seien, sondern "Content". "Is king" sagten sie. Von da an wurde jeder Journalist, Autor oder überhaupt jeder, der von irgendetwas etwas verstand, zu einem "Contentprovider" (entstanden war diese Bezeichnung aus der Überzeugung, dass man Menschen nur noch mit Powerpointfolien überzeugen kann, aber oft nicht weiß, womit man die Vorlage füllen soll. Wer dies konnte, galt bei den Führungskräften unter Erwin Staudt und Hans-Olaf Henkel als "Provider" und hatte eine "intrinsische Motivation - also jenseits von Boni und Aufstieg). Ich brachte Branchen- und Methodenwissen aus der Energieversorgung mit in die e-business Beratung. Damit galt ich als Provider für "Business Content". Ein aberwitziger Begriff.
Die Kulturnationen sind von Verwaltungsextremisten entführt worden, für die jedes Werk, jede Überzeugung, jedes Interesse, jede Position, jedes Plädoyer nur eine Buchstabensuppe ist, die Speicherplatz in Anträgen, Artikeln, Büchern oder auf Servern belegt. Sie geben ihren Lesern "Stoff". Andrea Nahles eröffnete den Parteitag auf der Website mit einem Artikel über das neue Corporate Design der SPD. Nicht, ohne reichlich Fotos von sich selbst, auf denen ihre neue Frisur erkennbar war. Die SPD Website in ihrer Struktur ist bis heute mitmach-feindlich. Den Livestream musste man gestern suchen, ebenso die Tagesordnung. Die Parteiführung fremdelt immer noch mit dem Internet und bindet ihre Mitglieder nicht ein. Unser OV Rosenthaler Vorstadt betrieb nach außen hin ein sog. "Forum", betrieb aber dabei aber intensiv Zensur. Inzwischen ist es auf der Website nicht mehr verlinkt. Weil "Content" Arbeit macht.
Es ist eine Generation in den Parteistrukturen angekommen, deren einzige Fähigkeit der Überblick über die selbst geschaffenen komplizierten Strukturen und "Prozesse" ist. Mit Politik darf man denen nur bedingt kommen.
Stefan Laurin hat sich gestern über die Schlaffheit der Strukturen im Ruhrgebiet beschwert. Und dass der Zweck der schier unüberblickbaren Strukturen die Versorgung unbegabter Funktionäre aus der Partei ist. Genau so ist das. Es ist das Regime des verschlagenen Mittelmaßes.
Solange es die SPD dominiert und ein Verwaltungsjob als Verwirklichung des Traums vom Aufstieg gilt, wird sich das auch nicht ändern. Jochen Poß z.B. ist, das können Sie nicht wissen, der finanzpolitische Sprecher der SPD Bundestagsfraktion. Hat er auf dem Parteitag zur Finanzkrise gesprochen? Ich habe nichts gehört. Frank-Walter Steinmeier hat gesprochen. Aber hat er nur Fragen gestellt und von der Regierung nur mehr Bewegung gefordert, oder hat er such selbst Stellung bezogen? Ich habe nichts gehört.
Direkt nach ihm eröffnete Hannelore Kraft den Parteitag offiziell. Und lebhafter hätte man den Qualitätsverlust, den die SPD bei ihrem Spitzenpersonal erlitten hat, nicht demonstrieren können, als Genossin Hannelore mit dem Satz: "Wir sind eben die Partei der Inhalte".
Diese Vokabel ist Parteimitgliedern, die sich für Politik interessieren, ein vertrautes Ärgernis. Es macht ihnen nämlich bewusst, dass sie von Verwaltungsexperten geführt werden. Wer die "Inhalte" meint betonen zu müssen, hat selbst keine. Outet, dass es in den Vorstandssitzungen inzwischen markiert wird, wenn es mal nicht um Personalfragen, die Satzung oder eine neue Farbe für die Website geht, sondern um das, wofür Parteien gegründet wurden. Idiotischerweise sitzen in immer mehr Parteien immer mehr unpolitische Leute.
Würde ein Anwalt das Anliegen seines Mandanten als "juristischen Inhalt" bezeichnen? Haben Helmut Schmidt, Herbert Wehner, Kurt Schumacher, Willy Brandt je betont, dass ihre SPD die Partei der "Inhalte" ist? Schwachsinnige Vorstellung. Ist ein Aufstand der Anständigen gegen Terror ein politischer "Inhalt"?
Aber das gibt es nicht nur in Parteien. Als die Börsenanalysten vor zehn, zwölf Jahren eine Internetsau nach der anderen durch die Medien trieben, sagten sie irgendwann an, dass nicht mehr Server und Router die wichtigsten Ressourcen des Internet seien, sondern "Content". "Is king" sagten sie. Von da an wurde jeder Journalist, Autor oder überhaupt jeder, der von irgendetwas etwas verstand, zu einem "Contentprovider" (entstanden war diese Bezeichnung aus der Überzeugung, dass man Menschen nur noch mit Powerpointfolien überzeugen kann, aber oft nicht weiß, womit man die Vorlage füllen soll. Wer dies konnte, galt bei den Führungskräften unter Erwin Staudt und Hans-Olaf Henkel als "Provider" und hatte eine "intrinsische Motivation - also jenseits von Boni und Aufstieg). Ich brachte Branchen- und Methodenwissen aus der Energieversorgung mit in die e-business Beratung. Damit galt ich als Provider für "Business Content". Ein aberwitziger Begriff.
Die Kulturnationen sind von Verwaltungsextremisten entführt worden, für die jedes Werk, jede Überzeugung, jedes Interesse, jede Position, jedes Plädoyer nur eine Buchstabensuppe ist, die Speicherplatz in Anträgen, Artikeln, Büchern oder auf Servern belegt. Sie geben ihren Lesern "Stoff". Andrea Nahles eröffnete den Parteitag auf der Website mit einem Artikel über das neue Corporate Design der SPD. Nicht, ohne reichlich Fotos von sich selbst, auf denen ihre neue Frisur erkennbar war. Die SPD Website in ihrer Struktur ist bis heute mitmach-feindlich. Den Livestream musste man gestern suchen, ebenso die Tagesordnung. Die Parteiführung fremdelt immer noch mit dem Internet und bindet ihre Mitglieder nicht ein. Unser OV Rosenthaler Vorstadt betrieb nach außen hin ein sog. "Forum", betrieb aber dabei aber intensiv Zensur. Inzwischen ist es auf der Website nicht mehr verlinkt. Weil "Content" Arbeit macht.
Es ist eine Generation in den Parteistrukturen angekommen, deren einzige Fähigkeit der Überblick über die selbst geschaffenen komplizierten Strukturen und "Prozesse" ist. Mit Politik darf man denen nur bedingt kommen.
Stefan Laurin hat sich gestern über die Schlaffheit der Strukturen im Ruhrgebiet beschwert. Und dass der Zweck der schier unüberblickbaren Strukturen die Versorgung unbegabter Funktionäre aus der Partei ist. Genau so ist das. Es ist das Regime des verschlagenen Mittelmaßes.
Solange es die SPD dominiert und ein Verwaltungsjob als Verwirklichung des Traums vom Aufstieg gilt, wird sich das auch nicht ändern. Jochen Poß z.B. ist, das können Sie nicht wissen, der finanzpolitische Sprecher der SPD Bundestagsfraktion. Hat er auf dem Parteitag zur Finanzkrise gesprochen? Ich habe nichts gehört. Frank-Walter Steinmeier hat gesprochen. Aber hat er nur Fragen gestellt und von der Regierung nur mehr Bewegung gefordert, oder hat er such selbst Stellung bezogen? Ich habe nichts gehört.
Mittwoch, 30. November 2011
Ist die Demokratie für die Marktwirtschaft zu langsam?
Das Demokratische scheint Merkel lästig, wenn nicht zuwider zu sein. Über staatliche Bankenrettungen durch den SOFFIN lässt sie einen Zirkel entscheiden, der sich Rechenschaftspflicht verbittet. Mit Verweis auf "die Märkte": Welche Banken aus welchen Gründen hilfsbedürftig sind, gehe die Konkurrenz genau so wenig an, wie den Steuerzahler, der das ganze finanziert. Andere, z.B. Parlamentarierer, mitreden zu lassen geht nicht, weil das zu langsam ist.
Als der Bundestag über die Rettungspakete abstimmte, legte das Finanzministerium seine Gesetzesvorlage am Vorabend der Abstimmung auf die Tische der Abgeordneten. Über die Medien verbreitete die Regierung ihre Erwartungshaltung an die Opposition und die verbliebenen eigenen kritischen Abgeordneten angesichts des brennenden Hauses erwarte man Patriotismus, für lange Diskussionen sei keine Zeit.
Gleiche Argumentation in Europa: Als Papandreou eine Volksabstimmung ankündigte, empörten sich die Euroretter, allen voran die Deutschen, bei einer Volksbefragung laufe ihnen allen die Zeit weg.
Auch Barrack Obama verdreht mehrmals die Augen, als er lernen musste, dass Europa seine Entscheidungen nur langsam trifft, weil es halte viele Beteiligte fragen muss.
Und nun die Euroverträge. Auch die will Merkel undemokratisch ändern, indem sie das Europaparlament übergeht. Wo bleibt der Aufschrei empörter EU-Abgeordneter?
Wer die Demokratie aushebelt mit dem Verweis auf die Geschwindigkeit, die "die Märkte" von der Politik erwarten, sagt eigentlich, dass sich Demokratie und Märkte nicht vereinbaren lassen. Die Märkte agieren wie ein MLP-Berater, der einem kurz vor Jahresende noch eine Lebensversicherung andrehen will: Wer zu spät kommt, weil er Zeit zum Nachdenken braucht, den bestraft die verpasste Chance. Doch meistens hat derjenige nur Risiken und Verluste versäumt.
Merkel hat also entweder etwas zu verbergen, z.B. wessen Interessen sie eigentlich verfolgt. Oder sie hat autistische Züge in dem Sinne, etwas sofort umsetzen zu wollen, sobald sie einmal etwas verstanden hat.
Oder es entspricht ihrem Politikverständnis, einfach durchregieren zu wollen. Dann sollten wir sie stoppen und uns fragen, wer Angela Merkel eigentlich ist und wo sie hin will.
Als der Bundestag über die Rettungspakete abstimmte, legte das Finanzministerium seine Gesetzesvorlage am Vorabend der Abstimmung auf die Tische der Abgeordneten. Über die Medien verbreitete die Regierung ihre Erwartungshaltung an die Opposition und die verbliebenen eigenen kritischen Abgeordneten angesichts des brennenden Hauses erwarte man Patriotismus, für lange Diskussionen sei keine Zeit.
Gleiche Argumentation in Europa: Als Papandreou eine Volksabstimmung ankündigte, empörten sich die Euroretter, allen voran die Deutschen, bei einer Volksbefragung laufe ihnen allen die Zeit weg.
Auch Barrack Obama verdreht mehrmals die Augen, als er lernen musste, dass Europa seine Entscheidungen nur langsam trifft, weil es halte viele Beteiligte fragen muss.
Und nun die Euroverträge. Auch die will Merkel undemokratisch ändern, indem sie das Europaparlament übergeht. Wo bleibt der Aufschrei empörter EU-Abgeordneter?
Wer die Demokratie aushebelt mit dem Verweis auf die Geschwindigkeit, die "die Märkte" von der Politik erwarten, sagt eigentlich, dass sich Demokratie und Märkte nicht vereinbaren lassen. Die Märkte agieren wie ein MLP-Berater, der einem kurz vor Jahresende noch eine Lebensversicherung andrehen will: Wer zu spät kommt, weil er Zeit zum Nachdenken braucht, den bestraft die verpasste Chance. Doch meistens hat derjenige nur Risiken und Verluste versäumt.
Merkel hat also entweder etwas zu verbergen, z.B. wessen Interessen sie eigentlich verfolgt. Oder sie hat autistische Züge in dem Sinne, etwas sofort umsetzen zu wollen, sobald sie einmal etwas verstanden hat.
Oder es entspricht ihrem Politikverständnis, einfach durchregieren zu wollen. Dann sollten wir sie stoppen und uns fragen, wer Angela Merkel eigentlich ist und wo sie hin will.
Dienstag, 29. November 2011
Das Familiäre wird politisch
Enno Guttenberg soll seinen Sohn KT aufgefordert haben, zur Rettung der Familienehre doch noch einen seriösen Doktortitel nachzuholen. Wen wollte KT mit seinem Doktortitel demnach ursprünglich beeindrucken, oder befrieden? Wessen Gunst dient das Mediengetöse, das er veranstaltet?
Nachdem Walter Kohls Buch über das Leben mit seinem Vater erschienen war, rechnete er in seinem ersten Interview darüber ordentlich mit seinem Vater ab. In den Tagen drauf, wollte er plötzlich falsch verstanden worden sein. Als Sven Hannawald auf dem -wie wir dachten: nur vorläufigen- Gipfel seiner Karriere war, sagten seine Eltern im ZDF Sportstudio, die Goldmedaille für ihren Sohn werde nicht ihr Leben verändern (die hätten sie erwartet), am Montag würden sie ganz normal ihren Laden eröffnen, so wie immer. Danach stürzte das Ausnahmetalent erst mal ab.
Oder Richard von Weizsäcker. Nach der Veröffentlichung des Enthüllungswerkes über das Auswärtige Amt und die Rolle seines Vaters, erscheint manche brillante Rede, vor allem die zum 08. Mai, wie eine Aufarbeitung seines Verhältnisses zu seinem Vater.
Und nicht zuletzt das Ausnahmetalent Michael Jackson, das von seinem Vater misshandelt wurde.
Nur einige Beispiele für prominente Fälle.
Jüngster Fall: Der 41jährige Schiedsrichter, der das letzte Telefonat vor seinem Selbstmordversuch mit seinem Vater tätigt. Und nachdem dieser "missglückt" (Gott sei Dank) zuerst seinen Vater anruft, um sich zu entschuldigen. Und der Vater berichtet der Presse (!), dass er seinem Sohn gesagt, er solle sich jetzt erstmal erholen.
Es dürfte etliche Tragödien mehr geben, in denen ursächlich das Verhalten der Eltern den Ausschlag für spätere ernste Probleme gegeben haben.
Und die in den Prenzlauer Berg (un-)gezogenen Ehrgeizeltern waren zuerst geduldet, dann verhasst und inzwischen verlacht für ihren übertriebenen Ehrgeiz, den sie in ihre Kinder projizieren. Diese sogenannten Edel-Eltern transfomieren ihren Richard Florida ins Kinderzimmer: Entdecke Dein Talent und mach es zum Beruf, nur dann wirst Du glücklich. Und wehe jedem, der sich dem Nachwuchs in den Weg stellt.
Dank der Arbeiten der Kinderpsychologin Alice Miller wissen wir, dass Kindesmissbrauch nicht nur körperlich statt findet, sondern auch seelisch. Die o.g. Fälle sind Kandidaten dafür. Fehlende oder an Bedingungen geknüpfte Anerkennung und Annahme des Kindes macht dieses gefügig und ein Leben lang ehrgeizig. Vor allem das "begabte Kind" durchlebt ein "Drama", weil es seine Intelligenz dafür einsetzt, Anerkennung zu verdienen. Zufriedene, in ihrer Mitte ruhende Menschen lassen sich im Vergleich dazu deutlich weniger von außen steuern. Solche Führungsbegriffe unserer durchverwalteten Unternehmen -wie "Zielvorgaben"- sollen die Erkenntnisse von Alice Miller umsetzen, zum Nutzen des Unternehmens. Wer das durchschaut, lacht über Zielvorgaben, die ihm andere geben wollen.
Über die Familie wird in der Öffentlichkeit ein Hohelied gesungen, besonders in bestimmten -sich meist als besser verstehenden- oder christlichen Kreisen. Doch in meiner Schule waren es meistens die Söhne der in der Kirche besonders "engagierten" Väter, die mit blauen Flecken in die Schule kamen. Sehr ergreifend, und empörend, auch die Autobiographie von Andreas Altmann, Sohn eines katholischen Devotionalienhändlers in Altötting. Altmann kriegt Gott-sei-Dank die Kurve. Viele jedoch nicht.
Die so gequälten begabten Kinder stürzen also entweder ab, wenn sie keinen Zugang zu Hilfe bekommen, oder sie machen später Karriere und nerven ihre Untergebenen in Unternehmen und Politik. Wie aber reagieren die nicht so begabten Kinder? Sind das nicht die, die später in Extremismen abdriften? Michael Hanekes Film "Das weiße Band" hat uns an diesen Zusammenhang erinnert.
Demnach wäre das Familiäre politisch. Dann gingen subklinische Psychopathen, die ihre Kinder missachten und damit in skrupellose Bahnen treiben, auch die Gesellschaft etwas an. Walter Kohl war nur der erste, der sein Familiäres zum Politischen aufgewertet hat. Guttenberg ist auf dem Weg, in die mentale Auseinandersetzung mit seinem Vater die gesamte Öffentlichkeit einzubeziehen.
Wenn konservative Kreise Kinder aus Kindergärten heraushalten wollen, dann vielleicht, weil sie ihren Machtbereich nicht aufgeben wollen. Wenn Kind und Mutter einander zu Hause binden, dann schlägt mancher Vater zwei Fliegen mit einer Klappe. Wenn die Welt da draußen immer komplizierter wird, dann regiert man eben zu Hause. Hier lauern Tabus, die aufgedeckt gehören. Je christlicher die Fassade, desto dringlicher. Die Hoheit über den Kinderbetten gehört gerade denen abgenommen, die sich mit oberflächlicher Inbrunst auf Christentum und Familientradition berufen. Und wer Burn-out als Modekrankheit bezeichnet, könnte auf Seiten der Täter stehen.
Nachdem Walter Kohls Buch über das Leben mit seinem Vater erschienen war, rechnete er in seinem ersten Interview darüber ordentlich mit seinem Vater ab. In den Tagen drauf, wollte er plötzlich falsch verstanden worden sein. Als Sven Hannawald auf dem -wie wir dachten: nur vorläufigen- Gipfel seiner Karriere war, sagten seine Eltern im ZDF Sportstudio, die Goldmedaille für ihren Sohn werde nicht ihr Leben verändern (die hätten sie erwartet), am Montag würden sie ganz normal ihren Laden eröffnen, so wie immer. Danach stürzte das Ausnahmetalent erst mal ab.
Oder Richard von Weizsäcker. Nach der Veröffentlichung des Enthüllungswerkes über das Auswärtige Amt und die Rolle seines Vaters, erscheint manche brillante Rede, vor allem die zum 08. Mai, wie eine Aufarbeitung seines Verhältnisses zu seinem Vater.
Und nicht zuletzt das Ausnahmetalent Michael Jackson, das von seinem Vater misshandelt wurde.
Nur einige Beispiele für prominente Fälle.
Jüngster Fall: Der 41jährige Schiedsrichter, der das letzte Telefonat vor seinem Selbstmordversuch mit seinem Vater tätigt. Und nachdem dieser "missglückt" (Gott sei Dank) zuerst seinen Vater anruft, um sich zu entschuldigen. Und der Vater berichtet der Presse (!), dass er seinem Sohn gesagt, er solle sich jetzt erstmal erholen.
Es dürfte etliche Tragödien mehr geben, in denen ursächlich das Verhalten der Eltern den Ausschlag für spätere ernste Probleme gegeben haben.
Und die in den Prenzlauer Berg (un-)gezogenen Ehrgeizeltern waren zuerst geduldet, dann verhasst und inzwischen verlacht für ihren übertriebenen Ehrgeiz, den sie in ihre Kinder projizieren. Diese sogenannten Edel-Eltern transfomieren ihren Richard Florida ins Kinderzimmer: Entdecke Dein Talent und mach es zum Beruf, nur dann wirst Du glücklich. Und wehe jedem, der sich dem Nachwuchs in den Weg stellt.
Dank der Arbeiten der Kinderpsychologin Alice Miller wissen wir, dass Kindesmissbrauch nicht nur körperlich statt findet, sondern auch seelisch. Die o.g. Fälle sind Kandidaten dafür. Fehlende oder an Bedingungen geknüpfte Anerkennung und Annahme des Kindes macht dieses gefügig und ein Leben lang ehrgeizig. Vor allem das "begabte Kind" durchlebt ein "Drama", weil es seine Intelligenz dafür einsetzt, Anerkennung zu verdienen. Zufriedene, in ihrer Mitte ruhende Menschen lassen sich im Vergleich dazu deutlich weniger von außen steuern. Solche Führungsbegriffe unserer durchverwalteten Unternehmen -wie "Zielvorgaben"- sollen die Erkenntnisse von Alice Miller umsetzen, zum Nutzen des Unternehmens. Wer das durchschaut, lacht über Zielvorgaben, die ihm andere geben wollen.
Über die Familie wird in der Öffentlichkeit ein Hohelied gesungen, besonders in bestimmten -sich meist als besser verstehenden- oder christlichen Kreisen. Doch in meiner Schule waren es meistens die Söhne der in der Kirche besonders "engagierten" Väter, die mit blauen Flecken in die Schule kamen. Sehr ergreifend, und empörend, auch die Autobiographie von Andreas Altmann, Sohn eines katholischen Devotionalienhändlers in Altötting. Altmann kriegt Gott-sei-Dank die Kurve. Viele jedoch nicht.
Die so gequälten begabten Kinder stürzen also entweder ab, wenn sie keinen Zugang zu Hilfe bekommen, oder sie machen später Karriere und nerven ihre Untergebenen in Unternehmen und Politik. Wie aber reagieren die nicht so begabten Kinder? Sind das nicht die, die später in Extremismen abdriften? Michael Hanekes Film "Das weiße Band" hat uns an diesen Zusammenhang erinnert.
Demnach wäre das Familiäre politisch. Dann gingen subklinische Psychopathen, die ihre Kinder missachten und damit in skrupellose Bahnen treiben, auch die Gesellschaft etwas an. Walter Kohl war nur der erste, der sein Familiäres zum Politischen aufgewertet hat. Guttenberg ist auf dem Weg, in die mentale Auseinandersetzung mit seinem Vater die gesamte Öffentlichkeit einzubeziehen.
Wenn konservative Kreise Kinder aus Kindergärten heraushalten wollen, dann vielleicht, weil sie ihren Machtbereich nicht aufgeben wollen. Wenn Kind und Mutter einander zu Hause binden, dann schlägt mancher Vater zwei Fliegen mit einer Klappe. Wenn die Welt da draußen immer komplizierter wird, dann regiert man eben zu Hause. Hier lauern Tabus, die aufgedeckt gehören. Je christlicher die Fassade, desto dringlicher. Die Hoheit über den Kinderbetten gehört gerade denen abgenommen, die sich mit oberflächlicher Inbrunst auf Christentum und Familientradition berufen. Und wer Burn-out als Modekrankheit bezeichnet, könnte auf Seiten der Täter stehen.
Samstag, 26. November 2011
Adolf Winkelmann hat Filmschätze aus Dortmund gehoben
Ich bin in Berlin zu einer Art Film- und Fotostar geworden. Ok, nicht nur ich. Aber ich auch. Seitdem Touristen und Konzertbesucher ihre Kameras eigentlich always on haben, läuft man hier von einer Szene in die nächste. Man wird digital konsumiert. Sogar auf Google Streetview bin ich verewigt, wie ich gerade eine Bewerbung (oder was war das?) zur Post bringe.
An aktuellen Fotos kein Mangel. Eher die permanente Aufgabe, die Sammlung auszudünnen, weil es in die tausende geht. Ein Kollege erzählte von einer Bekannten, die nach dem letzten Fernurlaub sagte, sie dünne ihre Fotos immer schon vor Ort aus, so dass sie nur die wichtigsten mit nach Hause nimmt. Zuletzt seien das 2.000 gewesen...
Ganz anders sieht das mit Bildern aus, aus der Zeit als wir laufen lernten. Die Super8-Filme unserer Familie fielen dem Ehekrach eines Kollegen meines Vaters zum Opfer. Anfang der Achtziger hatten wir nur noch die Filme, aber keinen funktionierenden Projektor mehr. Deshalb machten meine Eltern einen Filmabend bei einem Kollegen. Blöderweise ließen sie das Material dort, um es später mal abzuholen. Leider kam es dazu nicht mehr, die Sachen landeten in der Mülltonne. Titisee, Westfalenpark, Hoeschpark , alles für die Tonne.
Umso neugieriger sah ich vor Jahren eine Sendereihe im WDR Fernsehen namens "Super8 vor Mitternacht": Zuschauer sendeten ihre alten Privatfilme dorthin. Die Redaktion sortierte aus, stellte Themen zusammen und sendete. Magischer Effekt beim Zuschauen. Denn obwohl das nicht wir waren, die die man da sah, war die Ähnlichkeit verblüffend. Das ganze Drumherum auf den Aufnahmen, das hätte so auch von uns sein können. Und die Leute selbst fast auch. Mode, Frisuren, Wohnungseinrichtung, alles genau wie bei uns. Und während ich früher mal dachte, dass der verlorene Wert der untergegangenen Filme unwiederbringlich sei, lernte ich beim Zuschauen jetzt, dass es gar nicht so drauf ankommt, sich selbst auf den Filmen zu sehen. Wir sind uns alle viel zu ähnlich, als dass der Unterschied eine zu große Rolle spielen könnte.
Diesen Effekt hatte ich später auch auf der Schulklassencommunity Stayfriends. Nimm irgendeins dieser Klassenfotos aus Deiner Zeit, auf den ersten Blick sieht sie so aus wie Deine.
Mit diesem Wissen im Gepäck haben der Ruhrpottregisseur Adolf Winkelmann und der Dortmunder Lensingverlag jetzt was großes geleistet. Sie hatten Dortmunder aufgerufen, ihnen ihre alten Filmaufnahmen zuzusenden, um eine DVD-Reihe über Dortmunder Geschichte zu kompilieren. Also nicht die offizielle Geschichte, sondern durch die Augen der Menschen die dort leben. Diese DVD Box habe ich mir gleich beim Erscheinen bestellt und vergangene Woche habe ich sie mir angeguckt. Ich kann nur sagen: Faszinierend! Angefangen schon bei der Vorstellung der edlen Materialspender. Findet sich doch mit G. Tegethoff der Vater von Markus darunter, mit dem wir an der Schule immer gepölt haben.
Ich sitze also in Berlin vor dem Rechner (im Dunklen) und schaue alte Filmaufnahmen von Markus' Vater über das Dortmund, in dem wir aufgewachsen sind. Z.B. 1100-Jahr-Feier. Der ganz private Wahnsinn, denn er hat sogar die Wohnung drauf, in der wir damals wohnten.
Das ist großes Kino, muss ich sagen. Aber auch die Aufnahmen aus Stadtmitte und die langen Schwenks aus den Hochhäusern über die Stadt. Die Unionbrauerei am Hauptbahnhof. Die Straßenbahn fuhr oberirdisch am Hauptbahnhof, an der Kampstraße, Hansastraße. Und immer weiter zurück in die Zeit. Stadtsilhouetten aus Stahlwerken und Zechenfördertürmen. Dampfloks kreuzen die Harkortstraße in Hombruch und die (später Andy-) Möller-Brücke. Bilder vom Ausbau der B1. Ein Highlight auch die Eröffnung des Westfalenparks zur Bundesgartenschau 1959. Rosa Flamingos, Blumenmeere vor den rauchenden Schloten des Hoesch Phoenixwertes in Hoerde, das es heute nicht mehr gibt und durch einen See ersetzt wurde.
Und dann wieder Familienaufnahmen aus den Sechzigern und Siebzigern. Man saß zum Geburtstag und zu Silvester mit der gesamten Familie und Verwandtschaft zusammen. Rauchte und qualmte die Bude voll, trank Kronen, Ritter oder Union und einen Wachholder dazu. Pustete Luftschlangen über den Kronleuchter im Wohnzimmer und holte Sektgläser aus dem verspiegelten Barfach des Wohnzimmerschranks aus Nußbaum oder Eiche. Brillen mit dicken Rändern und überhaupt alle Leute (vor allem bei den Frauen fällt es auf) alle etwas runder als heute.
Oder das hier: Sonntagsspaziergang im Rombergpark oder auf der Einkaufsstraße Westenhellweg. Was fällt auf? Man trug Anzug und Hut. Und zwar alle! Der Jogginganzug war noch nicht erfunden und die Ausdehnung der Privatzone in den öffentlichen Raum auch nicht.
Gestern habe ich die letzte DVD gesehen: Die dreißiger und vierziger. Hauptsächlich Material aus Hombruch und Innenstadt. Adolf Winkelmann erklärt, warum unter dem eingesandten Material keine Aufnahmen von Nazimärschen oder der Kristallnacht sind: "Weil die Leute nur das gefilmt haben, was ihnen lieb und teuer war. Filmen war teuer und man überlegte sich vor der Aufnahme gut, was man aufnehmen wollte. Nazis gehörten nicht dazu."
Deshalb sehen wir nur einmal, wie sie in die Westfalenhalle einmarschieren. Aber reichlich, wie die Zivilbevölkerung mit Formaldienst und Sanitätsübungen auf den Krieg vorbereitet werden. Frappierend die Aufnahme aus einem Dortmunder Vorort auf der am Himmel ein alliiertes Bombergeschwader auf dem Weg zu ihrem Ziel zu sehen ist. Spätere Aufnahmen zeigen Dortmund in Trümmern und das, was ich von meinen Eltern immer nur aus Erzählungen kannte: Trümmer gehörten lange zum Stadtbild.
Nee, diese DVDs haben mich beeindruckt. Vieles, was ich nur aus Erzählungen kannte, ist nun mit Bildern verknüpft. Und das liefert wiederum reichtlich Gesprächsstoff. Da haben die RuhrNachrichten und der Winkelmann wirklich eine gute Idee gehabt.
Zum RN Shop: Link
An aktuellen Fotos kein Mangel. Eher die permanente Aufgabe, die Sammlung auszudünnen, weil es in die tausende geht. Ein Kollege erzählte von einer Bekannten, die nach dem letzten Fernurlaub sagte, sie dünne ihre Fotos immer schon vor Ort aus, so dass sie nur die wichtigsten mit nach Hause nimmt. Zuletzt seien das 2.000 gewesen...
Ganz anders sieht das mit Bildern aus, aus der Zeit als wir laufen lernten. Die Super8-Filme unserer Familie fielen dem Ehekrach eines Kollegen meines Vaters zum Opfer. Anfang der Achtziger hatten wir nur noch die Filme, aber keinen funktionierenden Projektor mehr. Deshalb machten meine Eltern einen Filmabend bei einem Kollegen. Blöderweise ließen sie das Material dort, um es später mal abzuholen. Leider kam es dazu nicht mehr, die Sachen landeten in der Mülltonne. Titisee, Westfalenpark, Hoeschpark , alles für die Tonne.
Umso neugieriger sah ich vor Jahren eine Sendereihe im WDR Fernsehen namens "Super8 vor Mitternacht": Zuschauer sendeten ihre alten Privatfilme dorthin. Die Redaktion sortierte aus, stellte Themen zusammen und sendete. Magischer Effekt beim Zuschauen. Denn obwohl das nicht wir waren, die die man da sah, war die Ähnlichkeit verblüffend. Das ganze Drumherum auf den Aufnahmen, das hätte so auch von uns sein können. Und die Leute selbst fast auch. Mode, Frisuren, Wohnungseinrichtung, alles genau wie bei uns. Und während ich früher mal dachte, dass der verlorene Wert der untergegangenen Filme unwiederbringlich sei, lernte ich beim Zuschauen jetzt, dass es gar nicht so drauf ankommt, sich selbst auf den Filmen zu sehen. Wir sind uns alle viel zu ähnlich, als dass der Unterschied eine zu große Rolle spielen könnte.
Diesen Effekt hatte ich später auch auf der Schulklassencommunity Stayfriends. Nimm irgendeins dieser Klassenfotos aus Deiner Zeit, auf den ersten Blick sieht sie so aus wie Deine.
Mit diesem Wissen im Gepäck haben der Ruhrpottregisseur Adolf Winkelmann und der Dortmunder Lensingverlag jetzt was großes geleistet. Sie hatten Dortmunder aufgerufen, ihnen ihre alten Filmaufnahmen zuzusenden, um eine DVD-Reihe über Dortmunder Geschichte zu kompilieren. Also nicht die offizielle Geschichte, sondern durch die Augen der Menschen die dort leben. Diese DVD Box habe ich mir gleich beim Erscheinen bestellt und vergangene Woche habe ich sie mir angeguckt. Ich kann nur sagen: Faszinierend! Angefangen schon bei der Vorstellung der edlen Materialspender. Findet sich doch mit G. Tegethoff der Vater von Markus darunter, mit dem wir an der Schule immer gepölt haben.
Ich sitze also in Berlin vor dem Rechner (im Dunklen) und schaue alte Filmaufnahmen von Markus' Vater über das Dortmund, in dem wir aufgewachsen sind. Z.B. 1100-Jahr-Feier. Der ganz private Wahnsinn, denn er hat sogar die Wohnung drauf, in der wir damals wohnten.
Das ist großes Kino, muss ich sagen. Aber auch die Aufnahmen aus Stadtmitte und die langen Schwenks aus den Hochhäusern über die Stadt. Die Unionbrauerei am Hauptbahnhof. Die Straßenbahn fuhr oberirdisch am Hauptbahnhof, an der Kampstraße, Hansastraße. Und immer weiter zurück in die Zeit. Stadtsilhouetten aus Stahlwerken und Zechenfördertürmen. Dampfloks kreuzen die Harkortstraße in Hombruch und die (später Andy-) Möller-Brücke. Bilder vom Ausbau der B1. Ein Highlight auch die Eröffnung des Westfalenparks zur Bundesgartenschau 1959. Rosa Flamingos, Blumenmeere vor den rauchenden Schloten des Hoesch Phoenixwertes in Hoerde, das es heute nicht mehr gibt und durch einen See ersetzt wurde.
Und dann wieder Familienaufnahmen aus den Sechzigern und Siebzigern. Man saß zum Geburtstag und zu Silvester mit der gesamten Familie und Verwandtschaft zusammen. Rauchte und qualmte die Bude voll, trank Kronen, Ritter oder Union und einen Wachholder dazu. Pustete Luftschlangen über den Kronleuchter im Wohnzimmer und holte Sektgläser aus dem verspiegelten Barfach des Wohnzimmerschranks aus Nußbaum oder Eiche. Brillen mit dicken Rändern und überhaupt alle Leute (vor allem bei den Frauen fällt es auf) alle etwas runder als heute.
Oder das hier: Sonntagsspaziergang im Rombergpark oder auf der Einkaufsstraße Westenhellweg. Was fällt auf? Man trug Anzug und Hut. Und zwar alle! Der Jogginganzug war noch nicht erfunden und die Ausdehnung der Privatzone in den öffentlichen Raum auch nicht.
Gestern habe ich die letzte DVD gesehen: Die dreißiger und vierziger. Hauptsächlich Material aus Hombruch und Innenstadt. Adolf Winkelmann erklärt, warum unter dem eingesandten Material keine Aufnahmen von Nazimärschen oder der Kristallnacht sind: "Weil die Leute nur das gefilmt haben, was ihnen lieb und teuer war. Filmen war teuer und man überlegte sich vor der Aufnahme gut, was man aufnehmen wollte. Nazis gehörten nicht dazu."
Deshalb sehen wir nur einmal, wie sie in die Westfalenhalle einmarschieren. Aber reichlich, wie die Zivilbevölkerung mit Formaldienst und Sanitätsübungen auf den Krieg vorbereitet werden. Frappierend die Aufnahme aus einem Dortmunder Vorort auf der am Himmel ein alliiertes Bombergeschwader auf dem Weg zu ihrem Ziel zu sehen ist. Spätere Aufnahmen zeigen Dortmund in Trümmern und das, was ich von meinen Eltern immer nur aus Erzählungen kannte: Trümmer gehörten lange zum Stadtbild.
Nee, diese DVDs haben mich beeindruckt. Vieles, was ich nur aus Erzählungen kannte, ist nun mit Bildern verknüpft. Und das liefert wiederum reichtlich Gesprächsstoff. Da haben die RuhrNachrichten und der Winkelmann wirklich eine gute Idee gehabt.
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Donnerstag, 17. November 2011
Die City-Notbremse
Heute mal wieder was aus dem aktuellen Ingenieursleben. Hauptsächlich arbeite ich ja in der Fahrzeugprojektleitung, im "Engineerung" von Anforderungen und dem Patentmanagement. Aufgaben, in denen es eher um Sprache, Kommunikation und Moderation geht, als um die Arbeit direkt an der Technik
Dreimal habe ich bis jetzt auch direkt in der Serienentwicklung mitgearbeitet. Serienentwicklung ist das Abenteuer, ohne dass es irgendwann zu kopflastig würde, weil am Ende immer das Testen auf der Rennstrecke oder anderen Parcours steht, das ich aber auch nicht jedes Jahr brauche ;-) Zuerst war ich hier in der Leistungselektronik für Hybridantriebe (Ingenieure nennen immer die Technik, nie die Abteilung, "in der" sie gearbeitet haben, es sei denn die Abteilung heißt genau so). Dann in der Auslegung der StartStop-Funktion für einen neuen Konzern-"Baukasten".
Und gerade mit dem neuen Up! (Link) auf den Markt gebracht ist die City-Notbremsfunktion. In der Sicherheitsforschung geht der Trend von der Abfederung von Unfällen dahin, Unfälle gar nicht erst entstehen zu lassen. In diesem Fall geht es um Situationen im Stadtverkehr und auf Parkplätzen. Man fährt Schritttempo, kann aber gerade deshalb abgelenkt sein. Oder beschäftigt mit der Suche nach einem freien Parkplatz, oder gerade im Einparken begriffen. Und dann läuft einem jemand vors Auto, oder der Vordermann bremst plötzlich. Man kann das komplett übersehen. Dann bremst die City-Notbremse automatisch. Es kann auch sein, dass man zu träge ist und zwar bremst, aber zu schwach. Dann zieht die Funktion das Bremspedal weiter nach unten.
Wie funktioniert's? Ein Laser in der Frontscheibe überwacht den Raum vor dem Fahrzeug und liefert zeilenweise Informationen über das, was sich vor ihm befindet. Die Elektronik erkennt, wann wirklich ein Aufprall droht, berechnet die notwendige Bremskraft und löst aus. Das ist nicht so trivial, wie man meint ;-)
Ich hatte die Durchschlagskraft dieser Funktion so lange etwas unterschätzt (Notbremsung aus Schrittgeschwindigkeit?) bis wir sie getestet hatten. Sie bremst den Wagen wirklich mit so viel Kraft wie nötig ist, um vor dem Hindernis zum stehen zu kommen. Seitdem weiß ich, dass man als Fahrer in solchen Situationen dazu neigt, zu schwach zu bremsen. Warum auch immer: Selbstschutz, Schutz des Autos? In diesen Fällen zieht einem die Elektronik das Bremspedal buchstäblich unter den Füßen weg.
Produktaufwertung in zwei Zügen
Ist schon länger Trend, ist mir aber erst jetzt auch bei anderen aufgefallen: Immer mehr Autohersteller gehen dazu über, technische und gestalterische Verbesserungen nacheinander auf den Markt zu bringen.
Früher galt z.B. bei Porsche das Motto: Ein neues Modell muss seine technischen Neuerungen auch optisch verkörpern. Heute wertet Porsche seine Modelle oft erst technisch auf, und zieht Designneuheiten ein oder zwei Jahre später nach. So lässt sich zweimal als neu verkaufen, was früher EINE Innovation war. Als die Autoabsatzkrise tobte, investierte Porsche massiv in effizientere Motoren, zog z.B. Direkteinspitzung, Dieselantrieb und Hybridantrieb sowie StartStop nach. Äußerlich blieben Boxster, Cayenne und 911 unverändert. Jetzt feiert Porsche ein Facelift nach dem anderen. Den Anfang machte der Cayenne, im Herbst der 911 und aktuell kursieren Fotos von einem kantigeren Boxster durchs Internet.
Der Trick macht seine Kunden nicht unbedingt unglücklich. Normverbräuche unter 10 Litern waren ein wichtiges Kaufargument für viele Porschekunden, wie ich aus Gesprächen mit dem Service und dem Verkauf in einem Berliner Porschezentrum erfuhr. Wer einen Porsche aus Imagegründen kauft, will nicht länger auf astronomische Verbräuche angesprochen werden. Aber auch andere Innovationen, die dem Komfort dienen, ziehen bei der Gelegenheit ins aufzuwertende Modell ein. Kurz gesagt, könnte man diese Modelle für Understatement orientierte Kunden auf den Markt bringen.
Später schiebt man dann das optisch neue Modell nach, für die Designfans. (Oft senkt man den Verbrauch dann noch mals etwas, weil mehr Leichtbauteile zum Einsatz kommen.)
Im Herbst seines Lebens: Porsche Frontmotormodell, das erst zum 924S aufgewertet wurde, und dann den 944 Hut bekam
Wer diese Taktik übrigens auch übernommen hat, und sogar die Namensgebung von Porsche dafür benutzt, ist Apple. Die iPhones sind nach numerischen Baureihen benannt. Nach einer Modellpflege wird einfach ein "S" angehängt. Das "S" kann schon der Technologieträger für die nächste Baureihe sein, hat aber noch das alte Design.
Früher galt z.B. bei Porsche das Motto: Ein neues Modell muss seine technischen Neuerungen auch optisch verkörpern. Heute wertet Porsche seine Modelle oft erst technisch auf, und zieht Designneuheiten ein oder zwei Jahre später nach. So lässt sich zweimal als neu verkaufen, was früher EINE Innovation war. Als die Autoabsatzkrise tobte, investierte Porsche massiv in effizientere Motoren, zog z.B. Direkteinspitzung, Dieselantrieb und Hybridantrieb sowie StartStop nach. Äußerlich blieben Boxster, Cayenne und 911 unverändert. Jetzt feiert Porsche ein Facelift nach dem anderen. Den Anfang machte der Cayenne, im Herbst der 911 und aktuell kursieren Fotos von einem kantigeren Boxster durchs Internet.
Der Trick macht seine Kunden nicht unbedingt unglücklich. Normverbräuche unter 10 Litern waren ein wichtiges Kaufargument für viele Porschekunden, wie ich aus Gesprächen mit dem Service und dem Verkauf in einem Berliner Porschezentrum erfuhr. Wer einen Porsche aus Imagegründen kauft, will nicht länger auf astronomische Verbräuche angesprochen werden. Aber auch andere Innovationen, die dem Komfort dienen, ziehen bei der Gelegenheit ins aufzuwertende Modell ein. Kurz gesagt, könnte man diese Modelle für Understatement orientierte Kunden auf den Markt bringen.
Später schiebt man dann das optisch neue Modell nach, für die Designfans. (Oft senkt man den Verbrauch dann noch mals etwas, weil mehr Leichtbauteile zum Einsatz kommen.)
Im Herbst seines Lebens: Porsche Frontmotormodell, das erst zum 924S aufgewertet wurde, und dann den 944 Hut bekam
Wer diese Taktik übrigens auch übernommen hat, und sogar die Namensgebung von Porsche dafür benutzt, ist Apple. Die iPhones sind nach numerischen Baureihen benannt. Nach einer Modellpflege wird einfach ein "S" angehängt. Das "S" kann schon der Technologieträger für die nächste Baureihe sein, hat aber noch das alte Design.
Mittwoch, 16. November 2011
Produktaufwertung in zwei Zügen
Ist schon länger Trend, ist mir aber erst jetzt auch bei anderen aufgefallen: Immer mehr Autohersteller gehen dazu über, technische und gestalterische Verbesserungen nacheinander auf den Markt zu bringen.
Früher galt z.B. bei Porsche das Motto: Ein neues Modell muss seine technischen Neuerungen auch optisch verkörpern. Heute wertet Porsche seine Modelle oft erst technisch auf, und zieht Designneuheiten ein oder zwei Jahre später nach. So lässt sich zweimal als neu verkaufen, was früher EINE Innovation war. Als die Autoabsatzkrise tobte, investierte Porsche massiv in effizientere Motoren, zog z.B. Direkteinspitzung, Dieselantrieb und Hybridantrieb sowie StartStop nach. Äußerlich blieben Boxster, Cayenne und 911 unverändert. Jetzt feiert Porsche ein Facelift nach dem anderen. Den Anfang machte der Cayenne, im Herbst der 911 und aktuell kursieren Fotos von einem kantigeren Boxster durchs Internet.
Der Trick macht seine Kunden nicht unbedingt unglücklich. Normverbräuche unter 10 Litern waren ein wichtiges Kaufargument für viele Porschekunden, wie ich aus Gesprächen mit dem Service und dem Verkauf in einem Berliner Porschezentrum erfuhr. Wer einen Porsche aus Imagegründen kauft, will nicht länger auf astronomische Verbräuche angesprochen werden. Aber auch andere Innovationen, die dem Komfort dienen, ziehen bei der Gelegenheit ins aufzuwertende Modell ein. Kurz gesagt, könnte man diese Modelle für Understatement orientierte Kunden auf den Markt bringen.
Später schiebt man dann das optisch neue Modell nach, für die Designfans. (Oft senkt man den Verbrauch dann noch mals etwas, weil mehr Leichtbauteile zum Einsatz kommen.)
Im Herbst seines Lebens: Porsche Frontmotormodell, das erst zum 924S aufgewertet wurde, und dann den 944 Hut bekam
Wer diese Taktik übrigens auch übernommen hat, und sogar die Namensgebung von Porsche dafür benutzt, ist Apple. Die iPhones sind nach numerischen Baureihen benannt. Nach einer Modellpflege wird einfach ein "S" angehängt. Das "S" kann schon der Technologieträger für die nächste Baureihe sein, hat aber noch das alte Design.
Früher galt z.B. bei Porsche das Motto: Ein neues Modell muss seine technischen Neuerungen auch optisch verkörpern. Heute wertet Porsche seine Modelle oft erst technisch auf, und zieht Designneuheiten ein oder zwei Jahre später nach. So lässt sich zweimal als neu verkaufen, was früher EINE Innovation war. Als die Autoabsatzkrise tobte, investierte Porsche massiv in effizientere Motoren, zog z.B. Direkteinspitzung, Dieselantrieb und Hybridantrieb sowie StartStop nach. Äußerlich blieben Boxster, Cayenne und 911 unverändert. Jetzt feiert Porsche ein Facelift nach dem anderen. Den Anfang machte der Cayenne, im Herbst der 911 und aktuell kursieren Fotos von einem kantigeren Boxster durchs Internet.
Der Trick macht seine Kunden nicht unbedingt unglücklich. Normverbräuche unter 10 Litern waren ein wichtiges Kaufargument für viele Porschekunden, wie ich aus Gesprächen mit dem Service und dem Verkauf in einem Berliner Porschezentrum erfuhr. Wer einen Porsche aus Imagegründen kauft, will nicht länger auf astronomische Verbräuche angesprochen werden. Aber auch andere Innovationen, die dem Komfort dienen, ziehen bei der Gelegenheit ins aufzuwertende Modell ein. Kurz gesagt, könnte man diese Modelle für Understatement orientierte Kunden auf den Markt bringen.
Später schiebt man dann das optisch neue Modell nach, für die Designfans. (Oft senkt man den Verbrauch dann noch mals etwas, weil mehr Leichtbauteile zum Einsatz kommen.)
Im Herbst seines Lebens: Porsche Frontmotormodell, das erst zum 924S aufgewertet wurde, und dann den 944 Hut bekam
Wer diese Taktik übrigens auch übernommen hat, und sogar die Namensgebung von Porsche dafür benutzt, ist Apple. Die iPhones sind nach numerischen Baureihen benannt. Nach einer Modellpflege wird einfach ein "S" angehängt. Das "S" kann schon der Technologieträger für die nächste Baureihe sein, hat aber noch das alte Design.
Samstag, 12. November 2011
Toyota ist besonders patent bei Elektromobilität
Die Patentanwaltskanzlei Grünecker hat eine Rangliste der Patentanmelder in Sachen Elektromobilität (inkl. Hybrid) veröffentlicht. Seit 2006 wurden von Automobilherstellern so viele Patente angemeldet (Link):
1. Toyota: 2588
2. Nissan: 940
3. Honda: 727
4. Ford: 455
5. Mitsubishi: 366
6. Huyndai/Kia: 283
7. Mercedes: 205
8. General Motors: 182
9. Peugeot: 176
10. Volkswagen: 148
11. Mazda: 146
12. BMW: 134
13. Suzuki: 80
14. Chrysler: 46
15. Fiat: 16
Toyota führt das Feld mit Abstand an (ein Grund hierfür ist die hohe Erfinderkultur bei Toyota. Dort reichen Mitarbeiter der technischen Entwicklung mehrmals im Monat Verbesserungsvorschläge oder Patente ein). 2007 hatte das Deutsche Patentamt in seinem Erfinderbericht mal den Toyota Prius hinsichtlich seiner Patente analysiert. Ergebnis: Viele grundsätzlichen Anordnungen und Konstruktionsvarianten wurden von Toyota belegt. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum viele andere Hersteller erst so spät auf den Markt kamen oder kommen. An sich ist weder ein Elektromotor, noch die Leistungselektronik noch die Batterie mitsamt Steuerung ein besonders neues Thema. DIe Spannungsebene 400V Gleichstrom, ok das ist neu. Aber Gleichstrommotoren werden schon seit hundert Jahren in Straßenbahnen eingesetzt. Mir ist schleierhaft, warum Frau Schavan dafür noch Millionen an Fördergeldern bereit stellt.
Beachtlich ist übrigens, welchen Sprung Huyandai/Kia nach vorn gemacht hat. Im Frühjahr 2011 lagen sie mit Neuanmeldungen für das laufende Jahr bereits auf Platz 2 hinter Toyota. Die Südkoreaner kommen!
Grünecker hat noch aktuelle Zulassungszahlen in seinem Bericht: Im ersten Quartal 2011 waren rund 41.000 Hybridautos in DE zugelassen. Davon neu zugelassen: 3.800 Hybride (+30%) und 450 reine Elektroautos. Die asiatischen Hersteller sind dabei ganz vorne. Natürlich spielt es in ein paar Jahren keine Rolle mehr, wer zuerst am Markt gewesen ist. Sehr wohl spielt es aber eine Rolle, wer die entscheidenden Patente zuerst angemeldet hat..
1. Toyota: 2588
2. Nissan: 940
3. Honda: 727
4. Ford: 455
5. Mitsubishi: 366
6. Huyndai/Kia: 283
7. Mercedes: 205
8. General Motors: 182
9. Peugeot: 176
10. Volkswagen: 148
11. Mazda: 146
12. BMW: 134
13. Suzuki: 80
14. Chrysler: 46
15. Fiat: 16
Toyota führt das Feld mit Abstand an (ein Grund hierfür ist die hohe Erfinderkultur bei Toyota. Dort reichen Mitarbeiter der technischen Entwicklung mehrmals im Monat Verbesserungsvorschläge oder Patente ein). 2007 hatte das Deutsche Patentamt in seinem Erfinderbericht mal den Toyota Prius hinsichtlich seiner Patente analysiert. Ergebnis: Viele grundsätzlichen Anordnungen und Konstruktionsvarianten wurden von Toyota belegt. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum viele andere Hersteller erst so spät auf den Markt kamen oder kommen. An sich ist weder ein Elektromotor, noch die Leistungselektronik noch die Batterie mitsamt Steuerung ein besonders neues Thema. DIe Spannungsebene 400V Gleichstrom, ok das ist neu. Aber Gleichstrommotoren werden schon seit hundert Jahren in Straßenbahnen eingesetzt. Mir ist schleierhaft, warum Frau Schavan dafür noch Millionen an Fördergeldern bereit stellt.
Beachtlich ist übrigens, welchen Sprung Huyandai/Kia nach vorn gemacht hat. Im Frühjahr 2011 lagen sie mit Neuanmeldungen für das laufende Jahr bereits auf Platz 2 hinter Toyota. Die Südkoreaner kommen!
Grünecker hat noch aktuelle Zulassungszahlen in seinem Bericht: Im ersten Quartal 2011 waren rund 41.000 Hybridautos in DE zugelassen. Davon neu zugelassen: 3.800 Hybride (+30%) und 450 reine Elektroautos. Die asiatischen Hersteller sind dabei ganz vorne. Natürlich spielt es in ein paar Jahren keine Rolle mehr, wer zuerst am Markt gewesen ist. Sehr wohl spielt es aber eine Rolle, wer die entscheidenden Patente zuerst angemeldet hat..
Toyota ist besonders patent bei Elektromobilität
Die Patentanwaltskanzlei Grünecker hat eine Rangliste der Patentanmelder in Sachen Elektromobilität (inkl. Hybrid) veröffentlicht. Seit 2006 wurden von Automobilherstellern so viele Patente angemeldet (Link):
1. Toyota: 2588
2. Nissan: 940
3. Honda: 727
4. Ford: 455
5. Mitsubishi: 366
6. Huyndai/Kia: 283
7. Mercedes: 205
8. General Motors: 182
9. Peugeot: 176
10. Volkswagen: 148
11. Mazda: 146
12. BMW: 134
13. Suzuki: 80
14. Chrysler: 46
15. Fiat: 16
Toyota führt das Feld mit Abstand an (ein Grund hierfür ist die hohe Erfinderkultur bei Toyota. Dort reichen Mitarbeiter der technischen Entwicklung mehrmals im Monat Verbesserungsvorschläge oder Patente ein). 2007 hatte das Deutsche Patentamt in seinem Erfinderbericht mal den Toyota Prius hinsichtlich seiner Patente analysiert. Ergebnis: Viele grundsätzlichen Anordnungen und Konstruktionsvarianten wurden von Toyota belegt. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum viele andere Hersteller erst so spät auf den Markt kamen oder kommen. An sich ist weder ein Elektromotor, noch die Leistungselektronik noch die Batterie mitsamt Steuerung ein besonders neues Thema. DIe Spannungsebene 400V Gleichstrom, ok das ist neu. Aber Gleichstrommotoren werden schon seit hundert Jahren in Straßenbahnen eingesetzt. Mir ist schleierhaft, warum Frau Schavan dafür noch Millionen an Fördergeldern bereit stellt.
Beachtlich ist übrigens, welchen Sprung Huyandai/Kia nach vorn gemacht hat. Im Frühjahr 2011 lagen sie mit Neuanmeldungen für das laufende Jahr bereits auf Platz 2 hinter Toyota. Die Südkoreaner kommen!
Grünecker hat noch aktuelle Zulassungszahlen in seinem Bericht: Im ersten Quartal 2011 waren rund 41.000 Hybridautos in DE zugelassen. Davon neu zugelassen: 3.800 Hybride (+30%) und 450 reine Elektroautos. Die asiatischen Hersteller sind dabei ganz vorne. Natürlich spielt es in ein paar Jahren keine Rolle mehr, wer zuerst am Markt gewesen ist. Sehr wohl spielt es aber eine Rolle, wer die entscheidenden Patente zuerst angemeldet hat..
1. Toyota: 2588
2. Nissan: 940
3. Honda: 727
4. Ford: 455
5. Mitsubishi: 366
6. Huyndai/Kia: 283
7. Mercedes: 205
8. General Motors: 182
9. Peugeot: 176
10. Volkswagen: 148
11. Mazda: 146
12. BMW: 134
13. Suzuki: 80
14. Chrysler: 46
15. Fiat: 16
Toyota führt das Feld mit Abstand an (ein Grund hierfür ist die hohe Erfinderkultur bei Toyota. Dort reichen Mitarbeiter der technischen Entwicklung mehrmals im Monat Verbesserungsvorschläge oder Patente ein). 2007 hatte das Deutsche Patentamt in seinem Erfinderbericht mal den Toyota Prius hinsichtlich seiner Patente analysiert. Ergebnis: Viele grundsätzlichen Anordnungen und Konstruktionsvarianten wurden von Toyota belegt. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum viele andere Hersteller erst so spät auf den Markt kamen oder kommen. An sich ist weder ein Elektromotor, noch die Leistungselektronik noch die Batterie mitsamt Steuerung ein besonders neues Thema. DIe Spannungsebene 400V Gleichstrom, ok das ist neu. Aber Gleichstrommotoren werden schon seit hundert Jahren in Straßenbahnen eingesetzt. Mir ist schleierhaft, warum Frau Schavan dafür noch Millionen an Fördergeldern bereit stellt.
Beachtlich ist übrigens, welchen Sprung Huyandai/Kia nach vorn gemacht hat. Im Frühjahr 2011 lagen sie mit Neuanmeldungen für das laufende Jahr bereits auf Platz 2 hinter Toyota. Die Südkoreaner kommen!
Grünecker hat noch aktuelle Zulassungszahlen in seinem Bericht: Im ersten Quartal 2011 waren rund 41.000 Hybridautos in DE zugelassen. Davon neu zugelassen: 3.800 Hybride (+30%) und 450 reine Elektroautos. Die asiatischen Hersteller sind dabei ganz vorne. Natürlich spielt es in ein paar Jahren keine Rolle mehr, wer zuerst am Markt gewesen ist. Sehr wohl spielt es aber eine Rolle, wer die entscheidenden Patente zuerst angemeldet hat..
Freitag, 11. November 2011
Dienstag, 8. November 2011
Innovationspreisverleihung der SPD: Vorwärts, Genossenschaften
Nicht verwechseln mit Genosse der Bosse: Unser Boss ist ein Genosse
Alles kommt zu dem der warten kann. Z.B. zu den Stromrebellen aus Schönau im Schwarzwald. Die starteten nach Tschernobyl sozusagen als das gallische Dorf der Energiewendebewegung und wollten das Schönauer Stromnetz vom damaligen Netzbetreiber zurückkaufen. Um von Atomstrom auf Sonne, Wind und Kraft-Wärme-Kopplung umschalten zu können. Es gab Krach um den Netzpreis und wie dieser zu ermitteln sei, Energietechnik ist Hardware und deshalb nicht billig. Jedenfalls gründeten sich danach in vielen Städten "Energiewendekomitees", um es Schönau gleich zu tun. Aber nur wenige kamen durch. Wir in Dortmund damals z.B. nicht. Ok, das lag an dem Filz zwischen VEW, Stadtwerken und der Dortmunder SPD, aber auch an mir, weil ich damals groß dachte und gleich zum RWE in den Wattikan ging.. Kurt Berlo, Michael Paschko und Winfried Bergmann haben im Long Run allerdings recht behalten. Das erkenne ich neidlos und ein bisschen demütig an.
Wie auch immer, Schönau hat es geschafft. Sie gründeten eine Genossenschaft, die Netzkauf EWS eG und 1997 übernahmen sie das Versorgungsnetz. Und heute war der große Tag. Sigmar Gabriel übergab ihnen im Willy-Brandt-Haus den Innovationspreis der SPD. Für mich schloss sich ein Kreis.
Stromrebell 2011 aus Schönau
Und weil es mit den Genossenschaften so gut läuft, wurden gleich noch zwei andere ausgezeichnet: Das Gründerzentrum für Frauen, die WeiberWirtschaft eG und die Innova eG, die auf den Tag genau seit 10 Jahren Seminare und Beratung für Genossenschaftsgründer anbietet.
Birgit Homburger? - Nee, die Sprecherin der WirtschaftsWeiber oder so
Ok, zwei von drei Genossenschaften beschäftigen sich also mit dem Genossenschaftswesen an sich. Aber die Schönauer waren echte Pioniere. Und endlich ging es mal nicht um iPhones, Apps, Häkelschweine und Social Media, sondern unvergängliche Hardware :-)
Spielt kein Schach, sondern geht dahin, wo es weh tut: In die Wirtschaft
Nee, im Ernst. Die SPD hat Oberwasser, auch was Wirtschaftskompetenz angeht. Das hat Sigmar Garbriel ganz klar gesagt. Aber ob da im Publikum nun ausschließlich waschechte Genossenschaftsgenossen, Unternehmer oder doch nur wieder Mitarbeiter der Senatsverwaltung, Wirtschaftsförderung, IHK, Technologiestiftung, Stadtmarketing saßen, kann ich anhand des Fotos nicht beurteilen, die sehen alle gleich und nicht wie Internetunternehmer aus. Aber das nimmt der Genossenschaftsidee nichts weg.
Ich meine: Wer kennt denn heute noch die Wurzeln vom "Konsum" (Coop), taz oder Knappschaften? Wer weiß, dass Raiffeisen keine oxidierten Eisenspäne sind, sondern der Gründer der Genossenschaftsbewegung in Deutschland?
Was mir gefällt: Existenzgründung muss sich nicht immer nur um den großen Knaller drehen. Das war bisher immer meine Vorstellung. Sie kann auch mal vom Bedarf der Leistung abgeleitet sein. Dass man etwas herstellt, das man auch selbst konsumiert. Oder das man einen Handel mit Lebensmitteln gründet, weil man diese selbst kaufen will.
Ich habe mich damit noch nicht so tief beschäftigt. Aber mir gefällt die Idee, es hier nicht übertreiben zu müssen. Es ist eher die Idee, etwas Sinnvolles zu tun ohne Spekulation auf Durchbruch oder Aufstieg. Der dritte Weg zwischen Kapitalismus und Staatswirtschaft. Ich werd mich mal schlau machen..
Kann im Kampfe Dein Genosse sein: Die SPD
Sonntag, 6. November 2011
Dirk, der Dolmetscher
Dirk "the DAX" Müller tut, was bei vielen Gelehrten verpönt ist. Er spricht so, dass ihn jeder versteht. Er erklärt die Zusammenhänge gut und wagt anhand seines roten Fadens auch Prognosen. Wir hatten uns vor zwei Jahren mal sein erstes Hörbuch "Crashkurs" angehört. Viele Prognosen von "damals" sind inzwischen eingetreten.
Müller unterscheidet sich von Volkswirtschaftsprofessoren dadurch, dass er sich auf dem "Floor" bewegt, im wirklichen Leben. Er unterscheidet sich von Bankvorständen darin, dass er nur eigene Interessen verfolgt, die sich aber mit unseren decken: Wir wollen aus der Sache möglichst heil wieder rauskommen. Und er unterscheidet sich von der Bundesregierung darin, dass er versteht, was vor sich geht - und warum.
Was ich besonders interessant finde: Er zieht sein Wissen aus seiner Berufstätigkeit (früher Deutsche Bank, danach Börsenhändler). Er riskiert den Unmut seines früheren Arbeitgebers. Niemand kann soviel offenlegen, wie der, der selbst vor Ort war. Und im gleichen Maße, wie er bei seinen Früheren in Ungnade fällt, gewinnt er bei seinem Publikum und natürlich auch seiner potenziellen Kundschaft (Bücher, Newsletter). Er ist ein Whistleblower auf hohem Niveau und der besonderen Art: Er spricht aus, was eh alle ahnen und was alle eigentlich von ihren Politikern hören wollen, oder von denen, die sie dafür bezahlen, Lösungen zu erdenken: Volkswirtschaftler an Instituten und Hochschulen. Doch von denen kommt nichts. D.h. wir sehen und hören sie zwar täglich in den Medien, aber nur um zu hören, dass man "ersteinmal abwarten muss", weil das Ganze derzeit "völlig unklar" ist. "Unklar" ist die Lieblingsvokabel derjenigen geworden, die für Antworten eingestellt wurden, aber dauernd mit Fragen davon ablenken.
"Dolmetscher" nennt Müller seinen Beruf in der SZ (Link). Vermittler zwischen den Welten. Eine Funktion, die mir bestens vertraut ist, von der ich aber normalerweise nur erlebe, dass sie nicht wertgeschätzt wird. Vor allem in hierarchischen Welten, in denen gezielt mit exklusivem Herrschaftswissen über das "Regierungs"handeln und eigene Versäumnisse die eigene Macht gesichert wird. Dolmetschen und gutes Kommunizieren gehört zu den Künsten, denn je klarer und verständlicher das Ergebnis ist, desto höher der Nutzen für alle, aber desto weniger sieht es nach Arbeit aus und desto weniger wird es wertgeschätzt.
Je mehr mutige und fähige Müllers es gibt, desto weniger Whistleblower und Hacktivisten brauchen wir. Wikileaks überspült uns mit Fakten aus dem C-Rohr, das können wir gar nicht verarbeiten. Whistleblower pfeifen, wenn der Mächtige in die Kasse gegriffen hat, aber solche Sachen werden meistens vor Gericht eingestellt und als einmalige Fälle dargestellt. Müller aber nennt die Zusammenhänge ohne Namen, die kann sich dann jeder selber herleiten.
Müller unterscheidet sich von Volkswirtschaftsprofessoren dadurch, dass er sich auf dem "Floor" bewegt, im wirklichen Leben. Er unterscheidet sich von Bankvorständen darin, dass er nur eigene Interessen verfolgt, die sich aber mit unseren decken: Wir wollen aus der Sache möglichst heil wieder rauskommen. Und er unterscheidet sich von der Bundesregierung darin, dass er versteht, was vor sich geht - und warum.
Was ich besonders interessant finde: Er zieht sein Wissen aus seiner Berufstätigkeit (früher Deutsche Bank, danach Börsenhändler). Er riskiert den Unmut seines früheren Arbeitgebers. Niemand kann soviel offenlegen, wie der, der selbst vor Ort war. Und im gleichen Maße, wie er bei seinen Früheren in Ungnade fällt, gewinnt er bei seinem Publikum und natürlich auch seiner potenziellen Kundschaft (Bücher, Newsletter). Er ist ein Whistleblower auf hohem Niveau und der besonderen Art: Er spricht aus, was eh alle ahnen und was alle eigentlich von ihren Politikern hören wollen, oder von denen, die sie dafür bezahlen, Lösungen zu erdenken: Volkswirtschaftler an Instituten und Hochschulen. Doch von denen kommt nichts. D.h. wir sehen und hören sie zwar täglich in den Medien, aber nur um zu hören, dass man "ersteinmal abwarten muss", weil das Ganze derzeit "völlig unklar" ist. "Unklar" ist die Lieblingsvokabel derjenigen geworden, die für Antworten eingestellt wurden, aber dauernd mit Fragen davon ablenken.
"Dolmetscher" nennt Müller seinen Beruf in der SZ (Link). Vermittler zwischen den Welten. Eine Funktion, die mir bestens vertraut ist, von der ich aber normalerweise nur erlebe, dass sie nicht wertgeschätzt wird. Vor allem in hierarchischen Welten, in denen gezielt mit exklusivem Herrschaftswissen über das "Regierungs"handeln und eigene Versäumnisse die eigene Macht gesichert wird. Dolmetschen und gutes Kommunizieren gehört zu den Künsten, denn je klarer und verständlicher das Ergebnis ist, desto höher der Nutzen für alle, aber desto weniger sieht es nach Arbeit aus und desto weniger wird es wertgeschätzt.
Je mehr mutige und fähige Müllers es gibt, desto weniger Whistleblower und Hacktivisten brauchen wir. Wikileaks überspült uns mit Fakten aus dem C-Rohr, das können wir gar nicht verarbeiten. Whistleblower pfeifen, wenn der Mächtige in die Kasse gegriffen hat, aber solche Sachen werden meistens vor Gericht eingestellt und als einmalige Fälle dargestellt. Müller aber nennt die Zusammenhänge ohne Namen, die kann sich dann jeder selber herleiten.
Seibert dementiert Gerüchte um Bundesbankgold
Gestern sorgten FAZ Online (Link) und WELT Online (Link) für einen weiteren Adrenalinschub in Deutschland. Sie meldeten einen Plan, der am Rande des G20-Treffens ausgeheckt worden sei. Auslöser war das Scheitern des EFSF beim Versuch eine 3 Mrd Anleihe für Griechenland aufzunehmen. Am Markt habe sich kein einziger Interessent dafür gefunden. Darauf hin hätten Obama, Sarkozy und Camerot vorgeschlagen, den EFSF selbst weiter auszuweiten, in dem die Zentralbanken der EURO-Länder ihre Gold- und Währungsreserven als Sicherheiten hinterlegen. Man muss kein Volkswirt sein, um bei dieser Meldung zu spüren, dass die Schraube damit ein erhebliches Stück weiter gedreht würde. Merkel habe auf dem G20 zunächst zugestimmt, dann aber heftigen Widerspruch vom Bundesbankchef bekommen. Die Bundesbank habe das alleinige Recht darüber zu entscheiden, und er sage Nein. Darauf hin habe Merkel den Vorschlag auch gegenüber Obama und Co. abgelehnt.
Gestern fragt der Regierungssprecher auf Twitter nochmal in die Runde, ob wir noch Fragen für die Kanzlerin hätten, die sie in der geplanten Videobotschaft beantworten könne. Ich stellte die Frage, ob die Meldungen über das Bubagold stimmen.
Die Antwort kam prompt von Seibert selbst: Nein. Davon sei auf dem Gipfeltreffen keine Rede gewesen...
PS: Erinnert sich jemand? Vor Jahren hatten wir mal die Diskussion, wozu wir -nach Einrichtung der EZB- die Bundesbank überhaupt noch bräuchten. Die verwalte schließlich nur unsere Goldreserven...
Gestern fragt der Regierungssprecher auf Twitter nochmal in die Runde, ob wir noch Fragen für die Kanzlerin hätten, die sie in der geplanten Videobotschaft beantworten könne. Ich stellte die Frage, ob die Meldungen über das Bubagold stimmen.
Die Antwort kam prompt von Seibert selbst: Nein. Davon sei auf dem Gipfeltreffen keine Rede gewesen...
PS: Erinnert sich jemand? Vor Jahren hatten wir mal die Diskussion, wozu wir -nach Einrichtung der EZB- die Bundesbank überhaupt noch bräuchten. Die verwalte schließlich nur unsere Goldreserven...
Samstag, 5. November 2011
Weiterverkauf trotz Patentverletzung (Erschöpfungsgrundsatz)
"Die IBM Deutschland GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Stuttgart."Fritz Teufel, früherer Patentmanager
International tätige Konzerne haben viele Vorteile, wenn sie in ihren Märkten lokale Tochtergesellschaften gründen, z.B. steuerrechtliche. Auf einen weiteren hat gestern ein Urteil des Landgerichtes Mannheim gezeigt: Es hat der Klage der Motorola Mobility Inc. (deren Patente demnächst an Google gehen) gegen die Apple Inc. stattgegeben (Link), die auf das Angebot von iPhones in Deutschland abzielt. Begründet wird das Urteil mit drei Motorola Patenten zur Synchronisation von Nachrichten, gegen die Apple offenbar verstoßen hat.
Apple Inc muss Motorola nun Rechenschaft darüber ablegen wie viele solcher Geräte, die die besagten Patente verletzen, es seit 2003 verkauft hat und an wen.
Jetzt kommt der Punkt: Das Urteil betrifft nur den Stammsitz Apple Inc. in Cupertino. Alle anderen Unternehmen, insbesondere Händler, dürfen iPhones weiterverkaufen. Dies bewirkt der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz des Immaterialgüterrechts (Link). Der Inhaber eines Schutzrechtes (Patent, Marke, etc.) kann sich nicht mehr bei Produkten auf sein Patent berufen, die er willentlich in Verkehr gebracht hat. Heißt auf deutsch: Entlang einer Vertriebskette kann der Inhaber eines Patentes nicht jedesmal Lizenzgebühren verlangen, sondern nur in der ersten Stufe, in der er selbst lizenziert bzw. verkauft. Dahinter ist sein Recht auf das Patent "erschöpft". Und das ist gut so. Man stelle sich vor, man müsse beim Verkauf seines Gebrauchtwagens auch noch Patentlizenzgebühren an den Hersteller abführen. Das gilt dann aber auch für die Einräumung einer Patentlizenz. Der iPhone Hersteller hätte mit Motorola die Benutzung seiner Patente verhandeln müssen, aber nicht alle nachgelagerten iPhone-Händler. Telefongesellschaften, die das iPhone als Händler einkaufen und im Rahmen von Mobilfunkverträgen weitervertreiben, dürfen dies deshalb weiterhin tun.
Der Erschöpfungsgrundsatz veranlasst Patentinhaber also bei vermuteten Patentverletzungen gegen den Hersteller vorzugehen. Verbundene Unternehmen eines verurteilten Patentverletzers bleiben davon unberührt, z.B. ggf. die deutschen Apple Stores (Apple Retail Germany GmbH) oder der deutschsprachige Onlinestore, der von der Apple Sales International mit Sitz in Cork, Republik Irland, betrieben wird. Diese dürfen weiterverkaufen, weil Motorola von diesen nach dem Erschöpfungsgrundsatz keine weiteren Patentlizenzgebühren oder eine Unterlassung verlangen kann.
PS: Dieses Urteil erging nicht nach einer inhaltlichen Prüfung, ob iPhones die betroffenen europäischen Patente wirklich verletzen, sondern nach einem Fristversäumnis von Apple. Der Fall kann noch weitergehen (Widerspruch, Wiedereinsetzung,..).
Weiterverkauf trotz Patentverletzung (Erschöpfungsgrundsatz)
"Die IBM Deutschland GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Stuttgart."Fritz Teufel, früherer Patentmanager
International tätige Konzerne haben viele Vorteile, wenn sie in ihren Märkten lokale Tochtergesellschaften gründen, z.B. steuerrechtliche. Auf einen weiteren hat gestern ein Urteil des Landgerichtes Mannheim gezeigt: Es hat der Klage der Motorola Mobility Inc. (deren Patente demnächst an Google gehen) gegen die Apple Inc. stattgegeben (Link), die auf das Angebot von iPhones in Deutschland abzielt. Begründet wird das Urteil mit drei Motorola Patenten zur Synchronisation von Nachrichten, gegen die Apple offenbar verstoßen hat.
Apple Inc muss Motorola nun Rechenschaft darüber ablegen wie viele solcher Geräte, die die besagten Patente verletzen, es seit 2003 verkauft hat und an wen.
Jetzt kommt der Punkt: Das Urteil betrifft nur den Stammsitz Apple Inc. in Cupertino. Alle anderen Unternehmen, insbesondere Händler, dürfen iPhones weiterverkaufen. Dies bewirkt der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz des Immaterialgüterrechts (Link). Der Inhaber eines Schutzrechtes (Patent, Marke, etc.) kann sich nicht mehr bei Produkten auf sein Patent berufen, die er willentlich in Verkehr gebracht hat. Heißt auf deutsch: Entlang einer Vertriebskette kann der Inhaber eines Patentes nicht jedesmal Lizenzgebühren verlangen, sondern nur in der ersten Stufe, in der er selbst lizenziert bzw. verkauft. Dahinter ist sein Recht auf das Patent "erschöpft". Und das ist gut so. Man stelle sich vor, man müsse beim Verkauf seines Gebrauchtwagens auch noch Patentlizenzgebühren an den Hersteller abführen. Das gilt dann aber auch für die Einräumung einer Patentlizenz. Der iPhone Hersteller hätte mit Motorola die Benutzung seiner Patente verhandeln müssen, aber nicht alle nachgelagerten iPhone-Händler. Telefongesellschaften, die das iPhone als Händler einkaufen und im Rahmen von Mobilfunkverträgen weitervertreiben, dürfen dies deshalb weiterhin tun.
Der Erschöpfungsgrundsatz veranlasst Patentinhaber also bei vermuteten Patentverletzungen gegen den Hersteller vorzugehen. Verbundene Unternehmen eines verurteilten Patentverletzers bleiben davon unberührt, z.B. ggf. die deutschen Apple Stores (Apple Retail Germany GmbH) oder der deutschsprachige Onlinestore, der von der Apple Sales International mit Sitz in Cork, Republik Irland, betrieben wird. Diese dürfen weiterverkaufen, weil Motorola von diesen nach dem Erschöpfungsgrundsatz keine weiteren Patentlizenzgebühren oder eine Unterlassung verlangen kann.
PS: Dieses Urteil erging nicht nach einer inhaltlichen Prüfung, ob iPhones die betroffenen europäischen Patente wirklich verletzen, sondern nach einem Fristversäumnis von Apple. Der Fall kann noch weitergehen (Widerspruch, Wiedereinsetzung,..).
Donnerstag, 3. November 2011
Um die Märkte werben, von den Völkern fordern
Ranga Yogeshwar erläuterte in der letzten RBB Gesprächsrunde "Palais" ein gutes Beispiel für die Entstehung und den Verlauf von Angst: Nachdem er auf einer Bergwanderung in eine Gletscherspalte gestürzt (vgl. "Kurssturz" an der Börse) war, habe er im ersten Moment keine Angst gefühlt, sondern nur Überraschung, gepaart mit Nicht-wahr-haben-wollen. Danach erst setzte sein Verstand wieder ein und erkannte die Situation: "Aussichtslos". Und danach erst sei die Angst gekommen, hier nie wieder herauszukommen.
Nachdem seine Angst verarbeitet gewesen sei, sei sie gesunken: "Wenn klar ist, dass man nichts mehr zu verlieren hat, verfliegt die Angst. Denn Angst ist eine in die Zukunft gerichtete negative Erwartung." (Vgl. Achim Reichel, "Der Spieler"). Erst als ihm klar geworden sei, es könne nicht mehr schlimmer kommen, sondern höchstens wieder "aufwärts" gehen, habe er die Kraft und die Entscheidung gefunden, nach oben zu klettern.
Jedoch, mit jedem Schritt nach oben, habe er auch wieder Substanz aufgebaut, um die er Angst haben konnte. Und am schlimmsten sei die Angst beim letzten Schritt aus der Schlucht auf sicheren Grund gewesen. Wenn er dabei einen Fehler gemacht hätte, wäre alles umsonst gewesen.
In einer anderen Gesprächsrunde, in "ZDF heute nacht" ging es um Freiheit und Angst. Auch hier die These, "Angst hat, wer etwas zu verlieren hat." Und wenn die Deutschen besonders ängstlich seien, dann sei das ein Zeichen dafür, dass sie besonders viel zu verlieren hätten. Das entspreche ja auch der Gemengelage in der gegenwärtigen Kapitalismuskrise. Die Deutschen haben besonders viel Angst, nicht OBWOHL es ihnen gut gehe, sondern WEIL sie besonders viel zu verlieren hätten. Das mache unfrei.
Innere Unfreiheit als Merkmal der Oberschichten. Seit Beginn der Systemkrise sicher besonders ausgeprägt. Im gleichen Maße durfte dort die Begeisterung für Freiheit und wahrhaft liberale Politik gesunken sein. Vielleicht auch die Begeisterung für die Demokratie - wie sich an der Empörung von CDU und FDP über die verkündete Volksabstimmung in Griechenland zeigt.
Hier liegt der Keim für eine kommende Zerreissprobe in der FDP. Welche Freiheit will sie künftig vertreten? Die Freiheit ZUM Aufstieg, oder die Freiheit VON Regulierung, Verantwortung und Solidarität? Christian Lindner hat in dieser Woche die Freiburger Thesen seiner Partei zerrissen und sie "ein Kind ihrer Zeit" genannt. Er meinte damit, dass es gesellschaftliche Freiheit, Bildung für jedermann etc. nur auf Pump geben könne und dieses Modell sei gerade widerlegt worden. Lindner bevorzugt also eine Ausrichtung der Freiheit VON, weil er sich als Vertreter der Bürger (derjenigen, die es auf die Burg geschafft haben) sieht.
Am Unterschied zwischen Freiheit ZU und Freiheit VON erkennt man, wie die FDP ihre Wähler täuscht. Und man erkennt den Unterschied zwischen Neoliberalen und Sozialliberalen. Ein Guido Westerwelle, der auf Mallorca eine millionenschwere Villa kauft, ist nur für diejenigen eine "Freiheitsstatue dieser Republik", für die Freiheit die Abwesenheit von Regulierung ist. (Die noch interessantere Frage, womit der langjährige FDP Bundesvorsitzende, Bundestagsabgeordnete und den Freiheitsbewegungen in Nordafrika ablehnend gesinnte Außenminister eine Million EURO verdient haben könnte, bzw. wofür er sie bekommen habe, -welcher "Leistung" oder "Umstand" er also seinen Aufstieg verdankt- lassen wir hier mal außer acht.).
Die konservativ-liberale Regierung begründet ihr intransparentes Handeln in der Systemkrise und die kurze Halbwertszeit ihrer Aussagen zu Umschuldung, Transferunion etc. mit "Taktik, die sie gegenüber den Märkten fahren müsse". Wie Sigmar Gabriel richtig bemerkte, sind die Terminlagen der europäischen Gipfeltreffen auf börsen"freie" Wochenenden ein Zeichen dafür, wie die Märkte uns bereits entdemokratisiert hätten. Freie, starke demokratische Regierungen, deren Läden in Ordnung sind, müssten nicht so handeln. Die würden den Börsen ihren Rhyhtmus aufdrücken.
Uns aber wird Der Markt als eine Art moderner Olymp kommuniziert, dessen Götterzorn es abzuwenden und dessen Gunst es zu gewinnen gilt. Dabei berauschen sich die Unkundigen aber -um ein Wort von Max Frisch abzuwandeln- an ihrem eigenen Unverständnis und drohen uns mit dem Unverstandenen (so wie die kath. Kirche).
Dabei wäre ein Markt an dem alle teilnehmen, gar kein schlechter Ort für die Bewertung von Regierungshandeln. Wir waren ja mal auf dem Weg hin zu demokratisierten Börsen, dank Internet und Onlinebanking. Aber aus diesem haben sich die Telekomaktionäre und Riesterrentner wieder vertreiben lassen. Weil sie verstanden haben, dass die Kurse hier von den starken, oligarchischen "Marketmakers" gemacht werden.
Märkte (besser: Finanzmächte), deren "Vertrauen wir zurückgewinnen" müssen, zählen jetzt mehr als gemeine Wähler, deren Vertrauen schon lange verspielt ist. Schäuble und Merkel kommunizieren gegenüber der Börse stets werbend, gegenüber dem griechischen Volk jetzt aber fordernd. Wir werden mit Angst in die Defensive gezwungen wo wir doch eigentlich auf uns selbst vertrauen sollten. Das wäre Demokratie und das wäre ein robuster Markt: Wo wir die maroden Banken und Versicherungen in die Gletscherspalte fallen ließen, ihre Kunden mit, aber wo sie sich wieder nach oben arbeiten könnten.
Nachdem seine Angst verarbeitet gewesen sei, sei sie gesunken: "Wenn klar ist, dass man nichts mehr zu verlieren hat, verfliegt die Angst. Denn Angst ist eine in die Zukunft gerichtete negative Erwartung." (Vgl. Achim Reichel, "Der Spieler"). Erst als ihm klar geworden sei, es könne nicht mehr schlimmer kommen, sondern höchstens wieder "aufwärts" gehen, habe er die Kraft und die Entscheidung gefunden, nach oben zu klettern.
Jedoch, mit jedem Schritt nach oben, habe er auch wieder Substanz aufgebaut, um die er Angst haben konnte. Und am schlimmsten sei die Angst beim letzten Schritt aus der Schlucht auf sicheren Grund gewesen. Wenn er dabei einen Fehler gemacht hätte, wäre alles umsonst gewesen.
In einer anderen Gesprächsrunde, in "ZDF heute nacht" ging es um Freiheit und Angst. Auch hier die These, "Angst hat, wer etwas zu verlieren hat." Und wenn die Deutschen besonders ängstlich seien, dann sei das ein Zeichen dafür, dass sie besonders viel zu verlieren hätten. Das entspreche ja auch der Gemengelage in der gegenwärtigen Kapitalismuskrise. Die Deutschen haben besonders viel Angst, nicht OBWOHL es ihnen gut gehe, sondern WEIL sie besonders viel zu verlieren hätten. Das mache unfrei.
Innere Unfreiheit als Merkmal der Oberschichten. Seit Beginn der Systemkrise sicher besonders ausgeprägt. Im gleichen Maße durfte dort die Begeisterung für Freiheit und wahrhaft liberale Politik gesunken sein. Vielleicht auch die Begeisterung für die Demokratie - wie sich an der Empörung von CDU und FDP über die verkündete Volksabstimmung in Griechenland zeigt.
Hier liegt der Keim für eine kommende Zerreissprobe in der FDP. Welche Freiheit will sie künftig vertreten? Die Freiheit ZUM Aufstieg, oder die Freiheit VON Regulierung, Verantwortung und Solidarität? Christian Lindner hat in dieser Woche die Freiburger Thesen seiner Partei zerrissen und sie "ein Kind ihrer Zeit" genannt. Er meinte damit, dass es gesellschaftliche Freiheit, Bildung für jedermann etc. nur auf Pump geben könne und dieses Modell sei gerade widerlegt worden. Lindner bevorzugt also eine Ausrichtung der Freiheit VON, weil er sich als Vertreter der Bürger (derjenigen, die es auf die Burg geschafft haben) sieht.
Am Unterschied zwischen Freiheit ZU und Freiheit VON erkennt man, wie die FDP ihre Wähler täuscht. Und man erkennt den Unterschied zwischen Neoliberalen und Sozialliberalen. Ein Guido Westerwelle, der auf Mallorca eine millionenschwere Villa kauft, ist nur für diejenigen eine "Freiheitsstatue dieser Republik", für die Freiheit die Abwesenheit von Regulierung ist. (Die noch interessantere Frage, womit der langjährige FDP Bundesvorsitzende, Bundestagsabgeordnete und den Freiheitsbewegungen in Nordafrika ablehnend gesinnte Außenminister eine Million EURO verdient haben könnte, bzw. wofür er sie bekommen habe, -welcher "Leistung" oder "Umstand" er also seinen Aufstieg verdankt- lassen wir hier mal außer acht.).
Die konservativ-liberale Regierung begründet ihr intransparentes Handeln in der Systemkrise und die kurze Halbwertszeit ihrer Aussagen zu Umschuldung, Transferunion etc. mit "Taktik, die sie gegenüber den Märkten fahren müsse". Wie Sigmar Gabriel richtig bemerkte, sind die Terminlagen der europäischen Gipfeltreffen auf börsen"freie" Wochenenden ein Zeichen dafür, wie die Märkte uns bereits entdemokratisiert hätten. Freie, starke demokratische Regierungen, deren Läden in Ordnung sind, müssten nicht so handeln. Die würden den Börsen ihren Rhyhtmus aufdrücken.
Uns aber wird Der Markt als eine Art moderner Olymp kommuniziert, dessen Götterzorn es abzuwenden und dessen Gunst es zu gewinnen gilt. Dabei berauschen sich die Unkundigen aber -um ein Wort von Max Frisch abzuwandeln- an ihrem eigenen Unverständnis und drohen uns mit dem Unverstandenen (so wie die kath. Kirche).
Dabei wäre ein Markt an dem alle teilnehmen, gar kein schlechter Ort für die Bewertung von Regierungshandeln. Wir waren ja mal auf dem Weg hin zu demokratisierten Börsen, dank Internet und Onlinebanking. Aber aus diesem haben sich die Telekomaktionäre und Riesterrentner wieder vertreiben lassen. Weil sie verstanden haben, dass die Kurse hier von den starken, oligarchischen "Marketmakers" gemacht werden.
Märkte (besser: Finanzmächte), deren "Vertrauen wir zurückgewinnen" müssen, zählen jetzt mehr als gemeine Wähler, deren Vertrauen schon lange verspielt ist. Schäuble und Merkel kommunizieren gegenüber der Börse stets werbend, gegenüber dem griechischen Volk jetzt aber fordernd. Wir werden mit Angst in die Defensive gezwungen wo wir doch eigentlich auf uns selbst vertrauen sollten. Das wäre Demokratie und das wäre ein robuster Markt: Wo wir die maroden Banken und Versicherungen in die Gletscherspalte fallen ließen, ihre Kunden mit, aber wo sie sich wieder nach oben arbeiten könnten.
Dienstag, 1. November 2011
#Occupy Athens
Papandreou ist seit heute der Regierungschef der am konsequentesten die Forderungen der #Occupy Bewegung umsetzt: Er fragt das Volk. Damit kehrt sozusagen die Macht von den Märkten auf die Marktplätze zurück.
Der erste, der dazu heute ziemlich lonesome eine positive Meinung veröffentlichte, war übrigens Stefan Laurin (LInk).
Und wenn die Bankaktien daraufhin (nach Papandreou, nicht Laurin) um zehn bis zwanzig Prozent abstürzten, zeigt das nur, wie viel für sie bis heute drin war. Wir müssen von vielem, was uns Merkel, Schäuble und all die anderen weismachen wollen, einfach immer nur das Gegenteil nehmen, um näher an die Wahrheit zu rücken: Die Gläubiger haben am vorigen Mittwoch nicht 50% ihrer Forderungen geopfert, sondern sind von 30 auf 50% Restwert ihrer griechischen Anleihen gestiegen.
Die kapitalistische Tour der Sozialisierung privater Verluste wird nun vom demokratischen Prinzip durchkreuzt. Frank Schirrmacher schreibt dazu:
Damit kommentiert er Witze angelsächsischer Börsenjournalisten, den EURO könne jetzt nur noch ein griechischer Militärputsch retten. Das sind gleich zwei wahre Gesichter an einem Tag: "Die" Finanzmärkte ticken antidemokratisch und Militärs sind ihnen näher als Demokraten. Raubtiere, deren Vertrauen wir uns mit Mühen erarbeiten und bewahren müssen, selbst wenn es sich dabei um Untote handelt. Weil es sich hier und jetzt abspielt, hat es etwas vom Ernst des Lebens.
Als Merkel uns den Teufel an die Wand malte und von Krieg und Frieden redete, dachte ich, sie sehe den Frieden zwischen den europäischen Völkern at risk. Nein, sie meinte den Frieden zwischen den Finanzmächten und den Völkern.
Der erste, der dazu heute ziemlich lonesome eine positive Meinung veröffentlichte, war übrigens Stefan Laurin (LInk).
Und wenn die Bankaktien daraufhin (nach Papandreou, nicht Laurin) um zehn bis zwanzig Prozent abstürzten, zeigt das nur, wie viel für sie bis heute drin war. Wir müssen von vielem, was uns Merkel, Schäuble und all die anderen weismachen wollen, einfach immer nur das Gegenteil nehmen, um näher an die Wahrheit zu rücken: Die Gläubiger haben am vorigen Mittwoch nicht 50% ihrer Forderungen geopfert, sondern sind von 30 auf 50% Restwert ihrer griechischen Anleihen gestiegen.
Die kapitalistische Tour der Sozialisierung privater Verluste wird nun vom demokratischen Prinzip durchkreuzt. Frank Schirrmacher schreibt dazu:
Wer das Volk fragt, wird zur Bedrohung Europas. Das ist die Botschaft der Märkte und seit vierundzwanzig Stunden auch der Politik. Wir erleben den Kurssturz des Republikanischen.
Damit kommentiert er Witze angelsächsischer Börsenjournalisten, den EURO könne jetzt nur noch ein griechischer Militärputsch retten. Das sind gleich zwei wahre Gesichter an einem Tag: "Die" Finanzmärkte ticken antidemokratisch und Militärs sind ihnen näher als Demokraten. Raubtiere, deren Vertrauen wir uns mit Mühen erarbeiten und bewahren müssen, selbst wenn es sich dabei um Untote handelt. Weil es sich hier und jetzt abspielt, hat es etwas vom Ernst des Lebens.
Als Merkel uns den Teufel an die Wand malte und von Krieg und Frieden redete, dachte ich, sie sehe den Frieden zwischen den europäischen Völkern at risk. Nein, sie meinte den Frieden zwischen den Finanzmächten und den Völkern.
Durchsetzung der Lizenzüberwachung an Schulen und Kindergärten
Vor einem Jahr hatte ich darüber berichtet, dass die GEMA von Kindergärten Lizenzgebühren eintreibt, wenn diese an St. Martin Lieder singen. Auf Twitter brachte jemand das Thema wieder auf und berichtete, dass die GEMA in der Vergangenheit vor Ort Kindergärten besucht und abkassiert habe.
Ich konnte das nicht glauben, und fragte bei der GEMA auf Twitter (@GEMAdialog) nach, wie hoch die Lizenzgebühr sei, wenn 50 Kinder ihren Eltern "Sonne, Mond und Sterne" vorsingen. Hier ist die Antwort:
Nur die Kinder, die vom Blatt singen, müssen GEMA-Gebühren zahlen. Irrtum und Satire ausgeschlossen, denn der @GEMAdialog wittert Umsatz und fragt sofort nach, wie viele der 50 Kinder von einer Notenblattkopie singen:
Die Devise der Kindergärtner kann also nur heißen: Auswendig lernen! Die GEMA teilt ihren Mantel nicht so gerne..
Man hat diesen Fall gerade verdaut, da flattert die nächste Meldung von Netzpolitik.org rein: Schulbuchverlage haben die Überwachung ihrer Urheberrechte an deutschen Schulen mittels Trojanern durchgesetzt. "Lizenzüberwachung" heißt das offiziell, "Schultrojaner" nennt man es im Netz. Der Trojaner soll Server an Schulen auf Plagiate von Schulbüchern überwachen, und bei Verstößen die verantwortlichen Lehrer "sanktionieren".
Neben all den arbeits- und beamtenrechtlichen Fragen, wirft dies auch Zweifel an der Reife der handelnden Personen auf. Man muss sich das einmal klar machen. Was früher normal war, wenn z.B. die Deutschlehrerin Kopien eines Gedichtes an die Schüler verteilte, steht demnächst unter der Überwachung einer Trojanersoftware von Schulbuchverlagen. Mal eben ein Scan aus einer Zeitung oder einem Buch, das geht künftig nicht mehr ohne vorher eine Lizenz beim Rechteverwerter einzukaufen.
Ich will nicht falsch verstanden werden. Natürlich haben auch die Autoren und Komponisten von Schulbüchern und Sanktmartinslieder Rechte an ihren Werken und natürlich müssen sie von irgendwas leben. Hier geht es aber um den Stil. Wer an Schulen und Kindergärten aufkreuzt um zu kontrollieren, ob auswendig oder vom Blatt gesungen wird, und ob Frau Lehrerin sich um die Gedichtlizenz für die Hausaufgaben gekümmert hat, handelt stilistisch völlig daneben. Er kriminalisiert seine Kundschaft so krass unangebracht, wie es zuvor die Musikindustrie gemacht hat.
Durchsetzung der Lizenzüberwachung an Schulen und Kindergärten
Vor einem Jahr hatte ich darüber berichtet, dass die GEMA von Kindergärten Lizenzgebühren eintreibt, wenn diese an St. Martin Lieder singen. Auf Twitter brachte jemand das Thema wieder auf und berichtete, dass die GEMA in der Vergangenheit vor Ort Kindergärten besucht und abkassiert habe.
Ich konnte das nicht glauben, und fragte bei der GEMA auf Twitter (@GEMAdialog) nach, wie hoch die Lizenzgebühr sei, wenn 50 Kinder ihren Eltern "Sonne, Mond und Sterne" vorsingen. Hier ist die Antwort:
Nur die Kinder, die vom Blatt singen, müssen GEMA-Gebühren zahlen. Irrtum und Satire ausgeschlossen, denn der @GEMAdialog wittert Umsatz und fragt sofort nach, wie viele der 50 Kinder von einer Notenblattkopie singen:
Die Devise der Kindergärtner kann also nur heißen: Auswendig lernen! Die GEMA teilt ihren Mantel nicht so gerne..
Man hat diesen Fall gerade verdaut, da flattert die nächste Meldung von Netzpolitik.org rein: Schulbuchverlage haben die Überwachung ihrer Urheberrechte an deutschen Schulen mittels Trojanern durchgesetzt. "Lizenzüberwachung" heißt das offiziell, "Schultrojaner" nennt man es im Netz. Der Trojaner soll Server an Schulen auf Plagiate von Schulbüchern überwachen, und bei Verstößen die verantwortlichen Lehrer "sanktionieren".
Neben all den arbeits- und beamtenrechtlichen Fragen, wirft dies auch Zweifel an der Reife der handelnden Personen auf. Man muss sich das einmal klar machen. Was früher normal war, wenn z.B. die Deutschlehrerin Kopien eines Gedichtes an die Schüler verteilte, steht demnächst unter der Überwachung einer Trojanersoftware von Schulbuchverlagen. Mal eben ein Scan aus einer Zeitung oder einem Buch, das geht künftig nicht mehr ohne vorher eine Lizenz beim Rechteverwerter einzukaufen.
Ich will nicht falsch verstanden werden. Natürlich haben auch die Autoren und Komponisten von Schulbüchern und Sanktmartinslieder Rechte an ihren Werken und natürlich müssen sie von irgendwas leben. Hier geht es aber um den Stil. Wer an Schulen und Kindergärten aufkreuzt um zu kontrollieren, ob auswendig oder vom Blatt gesungen wird, und ob Frau Lehrerin sich um die Gedichtlizenz für die Hausaufgaben gekümmert hat, handelt stilistisch völlig daneben. Er kriminalisiert seine Kundschaft so krass unangebracht, wie es zuvor die Musikindustrie gemacht hat.
Phil McKinney geht
Steve Jobs galt als genialer Erfinder, Designer und Kommunikator seiner Produkte. Doch in die Karten schauen ließ er sich nie. Ganz im Gegensatz zu Phil McKinney, dem Cheftechnologen bei HP. Noch-Cheftechnologen muss nun sagen. Denn er hat seinen Rücktritt angekündigt.
McKinney betreibt seit Jahren einen Blog und Podcast namens "Killer Innovations". Darin gibt er u.a. Anleitungen zu ziemlich allen Phasen des -wenn es das gibt- Innovationsmanagement. Die Bewertung von Erfindungen, und wie man überhaupt zu guten Erfindungen kommt. Darüber hinaus tritt er seit kurzer Zeit auf Erfindermessen als Redner auf.
Als Figur, aus der er alle seine Erkenntnisse und TIps ableitet, hat er seine Killer-Questions ersonnen. Eine Reihe von Fragen, die einen auf die Spur vielversprechender Produktentwicklungen bringen soll. Die Killerfragen zielen oft auf Annahmen, die wir bislang unbewusst treffen. Dann fragt er: "Welche Auswirkung hätte es auf Ihr Geschäft, wenn das Gegenteil dieser Annahme wahr würde?"
In seinem Podcast finden sich auch sehr interessante Interviews mit erfolgreichen Innovatoren in Rente, z.B. HP-Managern. Dolle Geschichten wie die aus der Taschenrechnerentwicklung geben wertvolle Hinweise, auch für heute.
Von McKinney habe ich auch das ganz einfache Prinzip der Gründungsfinanzierung verstanden: Man bekommt umso leichter Geld von anderen Institutionen, je mehr Kapital man schon beschafft hat. Wie aber bekommt man das erste Kapital, wenn man selbst keines hat? McKinneys Antwort: "Friends and Family". Man beteilige die Familie und den Freundeskreis an seiner Gründung. Völlig ungewöhnlich für Deutschland. Hier liefe es eher umgekehrt: Die Familie und Verwandschaft beteiligt sich, NACHDEM man es geschafft hat, die Bank oder Sparkasse zu überzeugen. Aber sein Prinzip stimmt: Investoren lesen Business Pläne nicht en detail, das tun nur Förderinstitutionen von Landesbanken. Sie schauen, wer sich schon an der Firma beteiligt hat und wer sich noch in diesem Markt tummelt und ob der Wettbewerbsvorteil glaubhaft ist. Wenn alles stimmt, bekommen sie Angst, etwas zu verpassen... ;-)
Und so ähnlich läuft es auch innerhalb von Großunternehmen.
Warum ich das alles schreibe? Weil solche Typen wie Jobs und McKinney Seltenheitswert haben. In den USA. Aber vor allem in Deutschland. Dabei sind sie der Maßstab, an der sich Manager zu messen hat. Es knirscht oft, wenn deutsche Erbsenzählermentalität auf amerikanischen Unternehmergeist trifft. Richtige Wogen schlägt es, wenn es ein deutscher Erbsenzähler auf den CEO Posten im Abfindungsparadies USA schafft. Leo Apotheker brauchte nur Monate, um HP all seiner Substanz und Motivation zu berauben. Er verkündete den Rückzug aus dem PC- und Smartphonegeschäft. Das hat HP Geld gekostet, zum Schluss vor allem dafür, um ihn wieder loszuwerden. Einigen Innovatoren scheint er auch den letzten Nerv geraubt zu haben. Denn heute hat McKinney auf seinem Blog verkündet, dass er HP zum Jahresende verlassen wird.
McKinney betreibt seit Jahren einen Blog und Podcast namens "Killer Innovations". Darin gibt er u.a. Anleitungen zu ziemlich allen Phasen des -wenn es das gibt- Innovationsmanagement. Die Bewertung von Erfindungen, und wie man überhaupt zu guten Erfindungen kommt. Darüber hinaus tritt er seit kurzer Zeit auf Erfindermessen als Redner auf.
Als Figur, aus der er alle seine Erkenntnisse und TIps ableitet, hat er seine Killer-Questions ersonnen. Eine Reihe von Fragen, die einen auf die Spur vielversprechender Produktentwicklungen bringen soll. Die Killerfragen zielen oft auf Annahmen, die wir bislang unbewusst treffen. Dann fragt er: "Welche Auswirkung hätte es auf Ihr Geschäft, wenn das Gegenteil dieser Annahme wahr würde?"
In seinem Podcast finden sich auch sehr interessante Interviews mit erfolgreichen Innovatoren in Rente, z.B. HP-Managern. Dolle Geschichten wie die aus der Taschenrechnerentwicklung geben wertvolle Hinweise, auch für heute.
Von McKinney habe ich auch das ganz einfache Prinzip der Gründungsfinanzierung verstanden: Man bekommt umso leichter Geld von anderen Institutionen, je mehr Kapital man schon beschafft hat. Wie aber bekommt man das erste Kapital, wenn man selbst keines hat? McKinneys Antwort: "Friends and Family". Man beteilige die Familie und den Freundeskreis an seiner Gründung. Völlig ungewöhnlich für Deutschland. Hier liefe es eher umgekehrt: Die Familie und Verwandschaft beteiligt sich, NACHDEM man es geschafft hat, die Bank oder Sparkasse zu überzeugen. Aber sein Prinzip stimmt: Investoren lesen Business Pläne nicht en detail, das tun nur Förderinstitutionen von Landesbanken. Sie schauen, wer sich schon an der Firma beteiligt hat und wer sich noch in diesem Markt tummelt und ob der Wettbewerbsvorteil glaubhaft ist. Wenn alles stimmt, bekommen sie Angst, etwas zu verpassen... ;-)
Und so ähnlich läuft es auch innerhalb von Großunternehmen.
Warum ich das alles schreibe? Weil solche Typen wie Jobs und McKinney Seltenheitswert haben. In den USA. Aber vor allem in Deutschland. Dabei sind sie der Maßstab, an der sich Manager zu messen hat. Es knirscht oft, wenn deutsche Erbsenzählermentalität auf amerikanischen Unternehmergeist trifft. Richtige Wogen schlägt es, wenn es ein deutscher Erbsenzähler auf den CEO Posten im Abfindungsparadies USA schafft. Leo Apotheker brauchte nur Monate, um HP all seiner Substanz und Motivation zu berauben. Er verkündete den Rückzug aus dem PC- und Smartphonegeschäft. Das hat HP Geld gekostet, zum Schluss vor allem dafür, um ihn wieder loszuwerden. Einigen Innovatoren scheint er auch den letzten Nerv geraubt zu haben. Denn heute hat McKinney auf seinem Blog verkündet, dass er HP zum Jahresende verlassen wird.
Phil McKinney geht
Steve Jobs galt als genialer Erfinder, Designer und Kommunikator seiner Produkte. Doch in die Karten schauen ließ er sich nie. Ganz im Gegensatz zu Phil McKinney, dem Cheftechnologen bei HP. Noch-Cheftechnologen muss nun sagen. Denn er hat seinen Rücktritt angekündigt.
McKinney betreibt seit Jahren einen Blog und Podcast namens "Killer Innovations". Darin gibt er u.a. Anleitungen zu ziemlich allen Phasen des -wenn es das gibt- Innovationsmanagement. Die Bewertung von Erfindungen, und wie man überhaupt zu guten Erfindungen kommt. Darüber hinaus tritt er seit kurzer Zeit auf Erfindermessen als Redner auf.
Als Figur, aus der er alle seine Erkenntnisse und TIps ableitet, hat er seine Killer-Questions ersonnen. Eine Reihe von Fragen, die einen auf die Spur vielversprechender Produktentwicklungen bringen soll. Die Killerfragen zielen oft auf Annahmen, die wir bislang unbewusst treffen. Dann fragt er: "Welche Auswirkung hätte es auf Ihr Geschäft, wenn das Gegenteil dieser Annahme wahr würde?"
In seinem Podcast finden sich auch sehr interessante Interviews mit erfolgreichen Innovatoren in Rente, z.B. HP-Managern. Dolle Geschichten wie die aus der Taschenrechnerentwicklung geben wertvolle Hinweise, auch für heute.
Von McKinney habe ich auch das ganz einfache Prinzip der Gründungsfinanzierung verstanden: Man bekommt umso leichter Geld von anderen Institutionen, je mehr Kapital man schon beschafft hat. Wie aber bekommt man das erste Kapital, wenn man selbst keines hat? McKinneys Antwort: "Friends and Family". Man beteilige die Familie und den Freundeskreis an seiner Gründung. Völlig ungewöhnlich für Deutschland. Hier liefe es eher umgekehrt: Die Familie und Verwandschaft beteiligt sich, NACHDEM man es geschafft hat, die Bank oder Sparkasse zu überzeugen. Aber sein Prinzip stimmt: Investoren lesen Business Pläne nicht en detail, das tun nur Förderinstitutionen von Landesbanken. Sie schauen, wer sich schon an der Firma beteiligt hat und wer sich noch in diesem Markt tummelt und ob der Wettbewerbsvorteil glaubhaft ist. Wenn alles stimmt, bekommen sie Angst, etwas zu verpassen... ;-)
Und so ähnlich läuft es auch innerhalb von Großunternehmen.
Warum ich das alles schreibe? Weil solche Typen wie Jobs und McKinney Seltenheitswert haben. In den USA. Aber vor allem in Deutschland. Dabei sind sie der Maßstab, an der sich Manager zu messen hat. Es knirscht oft, wenn deutsche Erbsenzählermentalität auf amerikanischen Unternehmergeist trifft. Richtige Wogen schlägt es, wenn es ein deutscher Erbsenzähler auf den CEO Posten im Abfindungsparadies USA schafft. Leo Apotheker brauchte nur Monate, um HP all seiner Substanz und Motivation zu berauben. Er verkündete den Rückzug aus dem PC- und Smartphonegeschäft. Das hat HP Geld gekostet, zum Schluss vor allem dafür, um ihn wieder loszuwerden. Einigen Innovatoren scheint er auch den letzten Nerv geraubt zu haben. Denn heute hat McKinney auf seinem Blog verkündet, dass er HP zum Jahresende verlassen wird.
McKinney betreibt seit Jahren einen Blog und Podcast namens "Killer Innovations". Darin gibt er u.a. Anleitungen zu ziemlich allen Phasen des -wenn es das gibt- Innovationsmanagement. Die Bewertung von Erfindungen, und wie man überhaupt zu guten Erfindungen kommt. Darüber hinaus tritt er seit kurzer Zeit auf Erfindermessen als Redner auf.
Als Figur, aus der er alle seine Erkenntnisse und TIps ableitet, hat er seine Killer-Questions ersonnen. Eine Reihe von Fragen, die einen auf die Spur vielversprechender Produktentwicklungen bringen soll. Die Killerfragen zielen oft auf Annahmen, die wir bislang unbewusst treffen. Dann fragt er: "Welche Auswirkung hätte es auf Ihr Geschäft, wenn das Gegenteil dieser Annahme wahr würde?"
In seinem Podcast finden sich auch sehr interessante Interviews mit erfolgreichen Innovatoren in Rente, z.B. HP-Managern. Dolle Geschichten wie die aus der Taschenrechnerentwicklung geben wertvolle Hinweise, auch für heute.
Von McKinney habe ich auch das ganz einfache Prinzip der Gründungsfinanzierung verstanden: Man bekommt umso leichter Geld von anderen Institutionen, je mehr Kapital man schon beschafft hat. Wie aber bekommt man das erste Kapital, wenn man selbst keines hat? McKinneys Antwort: "Friends and Family". Man beteilige die Familie und den Freundeskreis an seiner Gründung. Völlig ungewöhnlich für Deutschland. Hier liefe es eher umgekehrt: Die Familie und Verwandschaft beteiligt sich, NACHDEM man es geschafft hat, die Bank oder Sparkasse zu überzeugen. Aber sein Prinzip stimmt: Investoren lesen Business Pläne nicht en detail, das tun nur Förderinstitutionen von Landesbanken. Sie schauen, wer sich schon an der Firma beteiligt hat und wer sich noch in diesem Markt tummelt und ob der Wettbewerbsvorteil glaubhaft ist. Wenn alles stimmt, bekommen sie Angst, etwas zu verpassen... ;-)
Und so ähnlich läuft es auch innerhalb von Großunternehmen.
Warum ich das alles schreibe? Weil solche Typen wie Jobs und McKinney Seltenheitswert haben. In den USA. Aber vor allem in Deutschland. Dabei sind sie der Maßstab, an der sich Manager zu messen hat. Es knirscht oft, wenn deutsche Erbsenzählermentalität auf amerikanischen Unternehmergeist trifft. Richtige Wogen schlägt es, wenn es ein deutscher Erbsenzähler auf den CEO Posten im Abfindungsparadies USA schafft. Leo Apotheker brauchte nur Monate, um HP all seiner Substanz und Motivation zu berauben. Er verkündete den Rückzug aus dem PC- und Smartphonegeschäft. Das hat HP Geld gekostet, zum Schluss vor allem dafür, um ihn wieder loszuwerden. Einigen Innovatoren scheint er auch den letzten Nerv geraubt zu haben. Denn heute hat McKinney auf seinem Blog verkündet, dass er HP zum Jahresende verlassen wird.
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