Mittwoch, 17. April 2013

Antwortemail der GRÜNEN Bundestagsfraktion zu Zypern

Unser Leser David hatte vor einigen Wochen mehrere Bundestagsfraktionen zur Zypernrettung befragt.  Erst jetzt kam die Antwort der GRÜNEN. Liest man die Antwort, versteht man nicht, warum man dort solange für sie brauchte. Ein Dokument der Unlust und Ratlosigkeit.

Zum Thema Heranziehung von großen Vermögen gebe ich noch ein Beispiel von Herrn Flassbeck zu bedenken, dass dieser vor zwei Wochen im Dradio berichtete: Ein mittelständischer Bauunternehmer hatte bei der einen Bank ein Projektkonto über 400.000 EUR. Diese dienten als Sicherheit für einen 2 Mio EUR Kredit bei einer anderen Bank. Dann kam der Haircut: Die 400.000 EUR wurden gnadenlos rasiert. Damit sank die Kreditwürdigkeit für den 2 Mio Kredit. Ein Teil wurde fällig gestellt. Und so weiter und so fort, die Dominosteine fielen, das Projekt geriet in Schieflage.

Hier die Antwort der Fraktion (Hervorhebungen durch mich):


Von: Info - GRÜNE Bundestagsfraktion [mailto:Info@gruene-bundestag.de]
Gesendet: Montag, 15. April 2013 09:36
An: Info - GRÜNE Bundestagsfraktion
Betreff: Zypern

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre E-Mail. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aufgrund der vielen Schreiben zu Zypern nicht auf alle einzeln eingehen können. Lassen Sie uns im Folgenden unsere grüne Position darstellen. Wenn Sie mögen, können wir Sie gerne über die Entwicklungen aus unserer Sicht auf dem Laufenden halten.

Der Fall Zypern wird seit Wochen in Deutschland kontrovers diskutiert. Inzwischen ist entschieden, dass private Einleger mit einem Vermögen von weniger als 100.000 Euro nicht zur Rettung der Banken herangezogen werden. Das ist ein überfälliges und wichtiges Signal, um das Vertrauen in die europäische Einlagensicherung und die Euro-Zone wieder herzustellen. Die Eurogruppe stellt 10 Milliarden Euro aus dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) für Zypern in Aussicht. Zypern bringt einen Eigenbeitrag von 5,8 Milliarden Euro durch die Beteiligung seiner angeschlagenen Banken auf. Mit dieser Lastenteilung sollen die Staatsschulden Zyperns im Rahmen gehalten werden, so dass eine Rückzahlung der Kredite möglich ist und das Land nicht von seiner Schuldenlast erdrückt wird. Nach dem Verhandlungschaos der letzten Wochen ist nun endlich eine Einigung erzielt worden. Das begrüßen wir.  Damit wurde ein unkontrollierter Zusammenbruch des zyprischen Finanzsektors vermieden. Ein solcher hätte erhebliche Auswirkungen für die Menschen und die Unternehmen in Zypern gehabt. Äußerst unglücklich war jedoch die mittlerweile wieder verworfene Absicht der Eurogruppe, Kleinsparer zu beteiligen. Damit hat die Eurogruppe dem Vertrauen in die Einlagensicherung der EU erheblich geschadet. Es bleibt die Gefahr, dass der Vertrauensverlust zu zusätzlichen Kapitalabflüssen in Südeuropa führt und die Rezession verstärkt.

Umso wichtiger ist es daher, das Vertrauen der Menschen in ihre Einlagensicherung wieder zu stärken. Wir sind der Ansicht, dass dies über eine Stärkung der Bankenunion zu erreichen ist. Aufsicht und Vorgehen im Falle einer Bankenabwicklung müssen in einer Währungsunion einheitlich geregelt sein.

Eine endgültige Entscheidung über das Hilfspaket für Zypern trifft der Bundestag erst jetzt, Mitte April. Dafür müssen verschiedene Dokumente vorliegen, unter anderem eine Schuldentragfähigkeitsanalyse und ein Memorandum of Understanding. In diesem werden auch die haushalts-, fiskal- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen enthalten sein, die Zypern in den nächsten Jahren angehen und umsetzen will, um wieder auf die Beine zu kommen. Viele unserer Forderungen finden sich in den aktuellen Entwürfen für das Hilfspaket wieder. Dazu gehört die Verkleinerung des Bankensektors, eine Beteiligung der großen Einleger, eine höhere Unternehmensbesteuerung und eine strengere Überwachung der Geldwäscheregelungen. Eine abschließende Bewertung werden wir erst vornehmen können, wenn die endgültigen Unterlagen vorliegen.

Klar ist: Zypern muss sein Geschäftsmodell ändern. Auf Kosten anderer mit Niedrigsteuersätzen, Briefkastenfirmen und einem hinterziehungsfreundlichen Steuersystem zu werben, ist weder nachhaltig noch fair gegenüber den europäischen Partnern. Die Fortsetzung dieses Geschäftsmodells kann die Euro-Zone nicht akzeptieren. Eine Schlüsselrolle spielt ein gerechtes europäisches Steuersystem.

Die Konzepte hierfür sind längst formuliert: Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen schlägt einen Europäischen Steuerpakt vor, der das innereuropäische Steuervermeidungs-Karussell zu Lasten der Gemeinschaft stoppt. Auch die deutschen Steuerzahler, die für einen großen Anteil an den Hilfskrediten und Rettungsschirmen bürgen, können es nicht hinnehmen, wenn transnationale Unternehmen ihre Gewinne aus den Krisenländern in europäische Steueroasen verschieben. Die Bundesregierung muss nun dringend eine effektive Mindestbesteuerung für Unternehmensgewinne in der EU durchzusetzen. Die EU-Kommission hat entsprechende Vorschläge gemacht. Wir werden genau beobachten, ob aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt worden ist: Sparen allein bringt ein Land nämlich nicht wieder auf die Beine. Steuern pauschal zu erhöhen und Löhne und Renten zu kappen ist für sich genommen noch keine Lösung und schafft weder Arbeitsplätze noch Wachstum. Neben den notwenigen Strukturreformen muss auch in ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell investiert werden. Zypern hat dabei noch einen langen Weg vor sich – und muss sich dabei aber der europäischen Solidarität sicher sein können.

Mit freundlichen Grüßen

Caroline Ilawa
Info-Service der Bundestagsfraktion
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Bündnis 90/Die Grünen
im Deutschen Bundestag
11011 Berlin

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