Dienstag, 30. April 2013

3% der User bewirken 30% des Internetverkehrs

Ein Telekom Sprecher (Ph. Blank) sagte gestern im Dradio (Link) zu den angekündigten Preiserhöhungen für Vielsurfer: "3% der Kunden verursachen 30% Volumens. Lieschen Müller subventioniert den Heavy User." Die Umsätze der Telekomindustrie sind laut Telekom in 6 Jahren um 9 Mrd geschrumpft. Trotzdem stehen Milliardeninvestitionen für Breitbandnetze an. Irgendwoher müsse das Geld kommen.

Ein klassisches Dilemma von Netzbetreibern: Alle Kunden gleich gut versorgen, aber es soll nur so viel kosten, wie die Rosinenpicker ihren Rosinen anbieten. Das gibt es bei der Bahn ebenso wie bei Energieversorgern. Ich meine: Eine Kappung der Spitze einzuführen entlastet die Mehrheit. Die 3%  sind wohl in der Tat die User, die das Internet nicht zum Lesen, sondern zum Fernsehen bzw. als Videothek benutzen. Für jederzeit guten Service für alle muss man das Netz nach der Nachfragespitzen bemessen. Wenn man hier die Normalkunden von 30% der Kosten abschirmen kann, dann ist das in deren Interesse. Der entfachte Shitstorm #drosselkomm dient den Interessen der 3%.

Ich gebe zu, dass ich nach der ersten Meldung vor einigen Wochen auch sauer war. Ich habe sogar meine Teilnahme am Fragebogen des Berliner T-Lab gekündigt. Weil ich dachte, die Telekom wolle uns Entertain-Kunden an den Kragen. Aber genau wir sollen hier geschützt werden. Wenn die Nachfrage nach Fernsehen übers Internet steigt, womöglich in HD, dann sind die ausgebauten Netze schnell wieder ausgelastet. Die Telekom hat uns hier aus den Klauen schlechter Serviceanbieter aus der Kabelfernsehbranche befreit, also mit einer Innovation den Wettbewerb im Fernsehmarkt bereichert. Ist das ein Problem?

Trotzdem hat CSU-Ministerin Aichinger angekündigt, das Kartellamt einzuschalten. Der Telekomsprecher verweist im Gegenzug auf die vielen Kunden in ländlichen Gebieten, die immer noch ohne Anbindung ans schnelle Internet sind. Ihr Anschluss erfordert Investitionen. Da könnte man aber doch auch sagen: Dann erhöht die Einrichtungsgebühren auf dem Lande. Wieso soll ich das als Großstädter mitbezahlen?

Und die Netzneutralität, verstößt die Telekom künftig dagegen?
Der Moderator definiert Netzneutralität so: Alle Datenpakete werden gleich behandelt
Die Telekom sagt: Neutralität heißt nicht Gratiskultur, sondern freie und offene Netze, also diskriminierungsfreie Behandlung von Datenpaketen. Nur: Wer auf Dauer schnell und viel surfe verursache hohe Kosten.

Kann es sein, dass die Protagonisten der Netzneutralität nicht zu Ende gedacht haben? Wenn in einem Häuserblock 3 von 100 Nachbarn das Internet dauerhaft, also überdurchschnittlich belegen und damit die Bandbreite der Mehrheit, von denen jeder einzelne nicht so viel braucht, senkt, dann können mir diese 3% nicht mit Netzneutralität kommen. Die haben sich dann mal hinten anzustellen und uns mal ranzulassen.

Es ist immer das gleiche Muster in Deutschland: Minderheiten beanspruchen Sonderrechte und argumentieren dabei mit moralisch wertvoller "Diskriminierungsfreiheit".

Ich korrigiere meine Meinung: Die Telekom hat recht. Ihre Gebührenerhöhung für Heavy Surfer wird mich von Preiserhöhungen verschonen. Ich bin dafür.

3 Kommentare:

  1. Naja, die Fragen sind ja:
    1) stimmt die Statistik?
    2) sind in den 3% auch die T-Entertain-Kunden mit drin? Denn die saugen richtig - HD ist halt sehr voluminös. Oder die Sky-Go-Kunden? iTunes Kunden? Auch wirklich nur Privatkunden?
    3) Welcher Grund ist denn relevant? Die Heavy-Sauger? Oder die Ausbaukosten?

    Dass die TKom das physikalische Netz ausbauen muss, kostet. Ja. Und dummerweise rast die Technik voran - was gestern verbaut wurde, ist morgen zu langsam. Daher kann sie der Regulierungsbehörde sagen: Sorry - neue Technik nur für mehr Geld!

    Wir sind digital noch immer in der Antike. Ausbau muss sein - welche Firma würde heute noch ohne e-Mail auskommen? Ausbau kostet - den müssen alle Nutzer finanzieren.

    Ich neige mittlerweile auch dazu, mehr runterzuladen bei iTunes, statt mir BlueRays zu kaufen, die dann im Schrank verstauben. Wozu auch?

    Mein Eindruck ist, dass die TKom vor allem im Marketing hier versagt hat. Vielleicht gibt es bessere Methoden, um die Lasten gerecht zu verteilen. Vielleicht hätten sie das Thema einfach mal in Interviews breittreten können. Obermann hatte da schon viel erreicht - irgendwie sind sie zurückgefallen in die Behörden-Vergangenheit. Und dafür kassieren sie zu Recht Spott. Dienstleistung geht anders, Unternehmertum auch.

    Unitymedia übrigens hat Breitband - wird gerne verwechselt, deutlich höhere Downloadrate als alle Telefon-basierten Dienste.

    Mal sehen, wie sie aus der Sackgasse wieder rauskommen - durch Offenheit?

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  2. Bezüglich PR gebe ich Dir recht. Das Thema kommt aus heiterem Himmel. Mit YouTube scheint sie sich übrigens gerade einen Battle zu liefern. Der "Empfang" ist massiv gestört.

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  3. Anonym2.5.13

    Ich finde es auch gut, dass dieTelekom bei Starknutzern mehr kassiert. Bandbreite fällt nicht vom Himmel, die kostet Geld. Wer mehr nutzt, soll mehr zahlen, das ist gerecht.
    cndr

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