Der Unterschied zwischen einer Papier- und einer Onlinezeitung ist: Für die Papierausgabe zahlst Du einmal, den Onlineartikel -und zwar ein und denselben- sollst Du n-mal anklicken. Du sollst auch jeden Artikel zum gleichen Thema anklicken.
Heißt: Die Papierausgabe muss Informationen zu bieten haben, die mir wichtig sind. Die Onlineausgabe muss mich emotional aufwühlen. Artikel lesen, empört sein, Kommentar schreiben, vorhandene Kommentare beantworten. Und dann: immer wieder klicken, wenn es neue Leserkommentare gibt.
Eine gute Taktik ist: Einen Skandal enthüllen und dann einen Kommentar gegen die entfachte Stimmung nachschieben. Beispiel Hoeneß: Leyendecker und Ott decken auf. Am nächsten Tag bringen sie eine ganzseitige Huldigung und Verharmlosung über H. dass dir schlecht wird.
Danach bringen sie die nächste Enthüllung. Und so weiter. Die Süddeutschen lassen uns unsere Schlüsse selbst ziehen und dann halten sie dagegen. Warum? Weil das neue Empörung schafft. Und neue Klicks.
SPIEGEL Online überlässt die Berichte die uns erregen inzwischen komplett anderen. Man zitiert. Und schreibt gegen die Empörung der sogenannten Wutbürger ("Warum Hoeneß recht hat")
Klar, eine SZ oder SPON riskiert viel, wenn die Testimonials der werbenden Industrie vom Sockel geholt werden. Wenn ein Hoeneß den FC Bayern auf Türsteher- und Berlusconimillieu herunterzieht, dann verlieren Sponsoren schnell die Lust und müssen sich aufwendig neue Hobbies suchen. Will man das? Der Radsport ist sowas von unten durch, es könnte ein Jahrzehnt dauern. Ein Ereignis weniger, ganze Werbeetats weniger, ein Societyevent (Fotos) weniger. Als Medium, das auf Werbeeinnahmen angewiesen ist, schießt man sich da nur selbst ins Bein.
Dann doch lieber den H. auf dem Sockel halten. "Zu ihm stehen". Seiner Samariterlegende befeuern. Mit Gehörtem und Gesagtem. Den Ertappten ermuntern, das ergaunerte Geld einfach gegen seine Gegner einzusetzen. Mit Anwälten gegen Zeitungen, mit Millionentransfers gegen die lästig gewordene Bundesligakonkurrenz. Einem 20 Jährigen ein 10 Mio Jahresgehalt offerieren, das geht als Verführung Minderjähriger durch. Ja, und ein Heimschiedsrichter im CL-Halbfinale würde auch helfen. Auf geht's.
Solange wir das nur im Internet verfolgen, bekommen wir nur Erregung. Kaufen wir die Zeitung, ermuntern wir Journalisten, ihren Menschenverstand und ihren Aufklärungswillen anzustacheln.
Der Hoeneß und sein FCB aber sind auf bestem Wege die Bundesliga zu zerstören. Man wendet sich angewidert ab und denkt: Ein paar Jahre ohne Fußball würde auch gehen. Man kann die Samstagnachmittage auch anders verbringen.
Fußball schalte ich ohnehin schon gewohnheitsmäßig ab, mir reichen schon die Fußballlhäppchen, die tagsüber im Radio fegelmäßig bei allen Nachrichtensendungen verabreicht werden. Gräßlich.
AntwortenLöschenDie "Causa" Höneß ist sozusagen die neue Sau, die durchs Dorf getrieben wird. Das lenkt auch so vortrefflich von den wirklich wichtigen Themen ab, die man dann nicht diskutieren muß, Euro z.B. Oder Einwanderung. Oder die sog. "Energiewende". Wenn Höneß dann mal vorbei ist, kommt wieder etwas à la Pferdefleisch, und schon kann man damit die Nachrichtenminuten und Gazetten füllen. Das Publikum muß am Schäumen gehalten werden - "Tumultokratie" stand heute in einem Blog.
In Sachen Höneß selbst meine ich, daß er dran ist, wenn er Steuern hinterzogen hat. Daß er sich auf das Schweizer Abkommen glaubte verlassen zu können, war ein Fehler, man wird sehen, wie das zeitlich einzuordnen ist. Hat er gegen Gesetze verstoßen, dann muß er die Konsequenzen tragen. Dabei darf man nicht vergessen, daß Steuerhinterziehung oft deutlich strenger bestraft wird als z.B. Delikte wie Totschlag, insbesondere wenn ein spezieller "Kulturhintergrund" im Spiel ist (oder als Alibi herangezogen wird). Von daher und wegen des Drucks des aufgebrachten Publikums hat Höneß vielleicht nicht so gute Karten.
Höneß unterliegt dem Steuergeheimnis, das von Amtsseite offensichtlich nicht eingehalten wird. Aber das ist heutzutage läßlich. Auch das Auftreten des Staates als Hehler beim Kauf von Steuer-CDs wird so betrachtet. Wenn Sie und ich Hehlerwarte verscheuern, dann sind wir dran - der Staat nicht ("quod licet Jovi, non licet bovi").
Daß Höneß sich irgendwann im Fernsehen als Moralapostel geriert hat, war ganz gewiß kein glücklicher Einfall.
Ich hoffe, daß das Publikum irgendwann merkt, daß bei den Reichen auch die Fußballstars wie Götze sind. Irgendwie wird das aber ausgeblendet.
Im Kern ist das ganze Theater eine Neiddebatte.