Freitag, 17. Mai 2013

Grüße vom Obersalzberg

Angenommen, ein NPD-Funktionär erklärte öffentlich, dass er gedeckten Apfelkuchen mag. Wäre das ein Grund, auf den Genuss von gedecktem Apfelkuchen zu verzichten, um nicht in den Verdacht zu geraten, irgendetwas mit einem NPD-Mann gemeinsam zu haben? Natürlich nicht.
Henryk M. Broder in der WELT

So ist es. Deshalb hatten auch wir keine Gewissensbisse in Berchtesgaden auf den Obersalzberg zu fahren. Man muss die von den Nazis entführten Wahrheiten zurück stehlen. Andernfalls wäre bald mehr tabu, als man ahnt. Nicht nur die Autobahn und Volkes Wagen, der arbeitsfreie 1. Mai. Nicht nur Public Relations, Starkult und etliche Politikerredewendungen ("Sozial ist, was Arbeit schafft.", "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber."), sondern auch der Obersalzberg, womöglich die Alpen an sich. 


Leider sind aber auch so schöne Wortkombinationen wie die aus Kraft und Freude tabuisiert. Dabei gibt es diesen Zusammenhang doch. Wir hätten womöglich weniger Burn-out, wenn es mehr Kraft durch Freude im Wortsinn gäbe. Darf man das sagen? Immerhin, "Freude am Fahren" darf man sagen. 


Und Kraft braucht es, wenn man durch die Alpen tourt.


Aber geh, ich komm nur von der Fahrbahn ab, wenn ich versuche zu erklären, was ich eigentlich meine.


Großstädter, Berliner vor allem, fühlen sich Leuten vom Lande gern überlegen. Der fehlende Umgang mit Menschengruppen, so die Theorie, verhindert die Sozialisierung des Landmannes. Deshalb müsse man im Umgang mit ihm vorsichtig sein. Und nachsichtig. 


Selten so gelacht. Zwar gibt sich der überlegene Großstadtneurotiker gerne "grün", das meint er aber mehr kurativ und anklagend. Oft genug besprochen, ich muss nicht ausholen. Führt unterm Strich dazu, dass man in den Bergen Gott sei Dank nur wenige Grüne findet. 


Der Grüne weiß nichts vom heilenden Anblick der Natur und ihrer Erhabenheit, ihrer Freude am Wachstum. Der Blick von oben entrückt ihn nicht. Zu viel Trenker. Und Alpmassiv, Bergsteiger, Nazi ziehen als Begriffskette entlang seines  Horizontes. Wäre der Grüne ein Naturfreund, er würde zu allererst seine eigene Natur akzeptieren, die ihm die Kultur eigentlich erst zugänglich macht. Der Grüne sagt: Lebensentwurf, Sozialkonstrukt, Umwelt, Grenze des Wachstums. Der seelisch Gesunde sagt: Liebe, Identität, Natur, Wille zum Leben und Wachsen. 


Der Königssee ist umrahmt von Gebirge, nicht mal einen umlaufenden Uferweg gibt es. Man erreicht die Halbinsel Hirschau mit der Kapelle St. Bartholomä nur per Schiff, Fahrtrichtung auf dem Foto von rechts nach links. Übrigens: Elektroantrieb, 4t Batterie! Das Foto vom Königssee ist vom Gipfel des Jenner fotografiert.

Er lehrte uns nicht nur die Schönheit des Frühlings in den Bergen.


Sondern auch, dass der Abstieg schmerzhafter ist, als der Aufstieg. Gut, wir Städter und Angestellten  wissen das. Was den Abstieg so schmerzhaft und zehrend macht, ist das permanente Abbremsen der eigenen potenziellen Energie. 

Womit wir beinahe wieder in den Niederungen der Politik angekommen wären, aber wir biegen rechtzeitig ab. 

Für meinen Geschmack gibt es drei magische Farben: Das Türkis der Cote d' Azur, das Gelb der Forsythien und das helle Grün der Bäume im Frühling. Voila!


Was auch immer wieder beeindruckt: Wie aus einem kleinen Bach bergab ein Strom wird, dem man ab einer bestimmten Strecke nicht mehr widerstehen kann. Und wie gut das Wasser über der Siedlungsgrenze schmeckte. Hier oben trafen wir zig Gleichgesinnte, die nichts sehnlicher wollten, als den Realsatiren der Urbanen zu entkommen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen