Das Dauertief über Nordeuropa hatte die Mecklenburger Bucht in Wallung gebracht. So kam es, dass wir Wellen und Gischt sahen (und hörten), als wir an den Strand von Ahrenshoop kamen. Wellen hatte ich an der Ostsee nur selten gesehen. Im Herbst vielleicht, wenn wir mal wieder für eine oder zwei Nächte in Warnemünde in der Nachsaison gebucht hatten.
Aber heute passte alles zusammen. Die Sonne schien. Die Tafel am DLRG-Turm am Strandzugang in den Dünen zeigte eine Wassertemperatur von 18° Celsius. Das ist nicht jedermanns Wohlfühltemperatur. Aber wir sind ein bisschen abgehärtet aus dem Havelland. Der Sand weiß, die Strandkörbe fast alle noch ungenutzt. Aber wie kommt man an den Schlüssel? Und schon kam eine Mitarbeiterin von unserem Hotel entlang und verkaufte uns den, den sie gerade in der Hand hatte. Und da kann mir einer sagen was er will: Die Dinger sind praktisch, wenn so ein Wind geht. Man dreht ihn in Richtung Sonne und kippt ihn in eine angenehme Lage. Und dann hinpflanzen und sehen, was die anderen machen. Niemand traute sich ins Wasser. Ok, es war auch noch etwas früh, quasi direkt nach dem Frühstück. Und plenum venter non natat libenter ;-).
Nachdem uns die Sonne windgeschützt etwas aufgeheizt hatte, machte ich den Anfang. Schwimmen im Meer ist das Höchste. Im See ist es auch schon schön. Man stößt sich von der Stehleiter am Steg ab und ist augenblicklich das Leben an Land los. Aber dort fehlt der Seegang. Und denn erfuhr ich nun. Die Gischt rauschte. Die Wellenausläufer leckten am Strandsand und man bekam die erste Temperaturprobe an den Füßen. Und sogleich entzog sich das Wasser dem Willigen wieder mit einer Sogwirkung. Jetzt hieß es weitergehen. Schön, dass hier weder Muscheln noch Seetang lagen, der Strand war gut gekämmt. Und schon war ich bis zu den Knien drin und die nächste Welle erledigte den Rest. Heißa, jetzt brauchte ich nicht mehr zu überlegen oder mich überwinden ganz reinzugehen, das war jetzt erledigt. Und es war nicht zu warm, es war ganz schön frisch. Die Luft wirkte sogleich viel wärmer. Noch ein paar Meter rein. Die Möwen auf den Wellenbrecherpfählen schauten mich an und ich konnte erkennen dass sie grinsten.
Die nächste Welle nutzte ich, ich stieg ein und begann zurück an Land zu schwimmen. Herrlich! Sich den Kräften der Natur auszusetzen und einfach mitzugehen. Ein Wogen und Rauschen. Im Nu war ich zurück auf Kniehöhe und stand auf. Ich fühlte mich von Grund auf erfrischt! Gleich nochmal! Zurück ins Tiefe waten, gegen die Wellen schwimmen und dann irgendwann umkehren. Herrlich. Alles was größer ist als man selbst bindet die ganze Aufmerksamkeit und alles andere ist vergessen. So muss es sein.
Irgendwann wurde es mir dann doch etwas frisch und ich ging zurück an Land. Meine Frau hielt ihr Smartphone noch auf mich gerichtet, sie hatte mich photographiert oder gefilmt, was weiß ich. Eine Fahrradklingel kündigte den Eiswagen an. "Like Ice In The Sunshine", der Tag war wirklich perfekt.
Die Möwen schrien, lachten, flogen tief und lauerten auf das Langneseeis das rund um uns herum ausgepackt wurde. Die Brandung rauschte. Und ich dachte: Man muss doch wirklich nicht ans Mittelmeer fahren. Man muss einfach nur an der Ostsee die richtigen Tage erwischen.
Vielen Dank für diesen stimmungsvollen und gleichzeitig irgendwie romantischen Bericht aus dem Urlaub. Ja, DAS ist ein richtiger Urlaub, nicht überlaufene Gegend, erträgliche (insbesondere Wasser-) Temperaturen, neckischer Wellengang und schließlich das Aus-allem-raus-sein. Toll.
AntwortenLöschenUnd am Ufer wartet die Ehefrau mit dem Dokumentieren, insbesondere aber dem zur "aktuellen Lage" passenden Eis. [Warum denke ich bei der Nennung der Ehefrau unwillkürlich an Ephraim Kishon?]