Bundesweit fanden heute Demonstrationen gegen die Nutzung der Atomenergie statt. Allein in Berlin waren 120.000 auf den Beinen. Wir waren dabei. Anlass war der Super-GAU in Fukushima. Die Demonstration der Umweltverbände wurde auch von den Parteien SPD, Grüne und Linke unterstützt, jedoch überraschenderweise nicht von den sich zuletzt ebenfalls atomenergiekritisch gebenden Regierungsparteien CDU und FDP..
Auf der Kundgebung sprach sich auch DGB-Vorsitzender Sommer für einen "Fahrplan zum Ausstieg aus der Atomenergie" aus. Die Gewerkschaft seien sich sehr wohl bewusst, dass daran auch Arbeitsplätze hingen. Aber das sei schon bei ethisch motivierten Protesten gegen die Rüstungspolitik der Konservativen in den 80er Jahren der Fall gewesen und man habe hier auch geordnete Rückzüge organisieren können. (Naja, zumindest teilweise.) Gut, weil sachlich fundiert, auch die Rede von Hubert Waiger, Vorsitzender des BUND.
Die Reden waren insgesamt inhaltlich eher defensiv und mitfühlend mit den Opfern in Japan. Das Verhalten der deutschen Bundesregierung hätte viel hergegeben für manche berechtigte Polemik, aber das schenken sich die Erwachsenen unter den Rednern. Nur schwer zu ertragen eine ziemlich hysterisch vorgetragene "Betroffenheitsrede" einer Aktivistin. Gut, vielleicht ist man da als Ingenieur dann doch zu rational. Nach Sommer spielten dann Wir-sind-Helden und wir gingen nach Hause. Ich hatte gestern gesagt, wenn zu den Demos insgesamt mehrere Hunderttausend kommen, dann ist die Mappusregierung am Sonntag weg vom Fenster. Ich hoffe, dass ich recht behalte, denn die Bedingung hat sich heute erfüllt..
Samstag, 26. März 2011
Brüderle sagt im Bundestag die Unwahrheit
Er sorgt für Heiterkeit im Plenum, weil er sich inzwischen mit Dementis vom Dementi verheddert hat. Unterm Strich sagt er die Unwahrheit:
Freitag, 25. März 2011
Fukushima Update
Da die IAEA die Zustandsübersicht nicht mehr liefert, nehme ich zwei Wochen nach dem Tag 0 die Übersicht von der "Gesellschaft für Reaktorsicherheit" (Link).
Man sieht: Die Anzahl der roten Felder hat zugenommen. Die Brennstäbe von 1- 3 sind beschädigt. Was heißt das anderes, als dass die Kernschmelze im Gange ist? Wenn das so wäre, ist die nächste wichtige Frage, ob sich diese in einem geschlossenen Reaktorbehälter abspielt. Dies ist für 2 und 3 unbekannt. Die GRS setzt die Flaggen aber trotzdem auf grün und gelb. Merkwürdig statistischer Umgang mit unbekannten Risiken.
1-3 haben keine funktionierende Kühlung, die Brennstäbe liegen ganz oder tlw. frei. Die Brennstäbe in den Abklingbecken von 1- 4 sind in unbek. Zustand oder wahrscheinlich "beschädigt".
Wir hören seit fast zwei Wochen, dass in dem einen oder anderen Reaktor "evtl. eine Kernschmelze im Gange ist". So einen Nachrichtenzustand, dass evtl. der Super-Gau im Gange ist, hält man kaum aus oder er nutzt sich ab.
Meiner Meinung nach hat dieser Schwebezustand vor allem die Funktion, nicht zugeben zu müssen, wie schwerwiegend die Katastrophe bereits ist. Und andererseits die Bevölkerung bereits abgestumpft zu wissen, wenn man vom Konjunktiv auf den Indikativ umschalten wird. Es kann sogar etwas erlösend wirken, endlich Gewissheit zu haben. Auch wenn diese negativ ist.
Quelle: GRS (zum Vergrößern, reincklicken)
Man sieht: Die Anzahl der roten Felder hat zugenommen. Die Brennstäbe von 1- 3 sind beschädigt. Was heißt das anderes, als dass die Kernschmelze im Gange ist? Wenn das so wäre, ist die nächste wichtige Frage, ob sich diese in einem geschlossenen Reaktorbehälter abspielt. Dies ist für 2 und 3 unbekannt. Die GRS setzt die Flaggen aber trotzdem auf grün und gelb. Merkwürdig statistischer Umgang mit unbekannten Risiken.
1-3 haben keine funktionierende Kühlung, die Brennstäbe liegen ganz oder tlw. frei. Die Brennstäbe in den Abklingbecken von 1- 4 sind in unbek. Zustand oder wahrscheinlich "beschädigt".
Wir hören seit fast zwei Wochen, dass in dem einen oder anderen Reaktor "evtl. eine Kernschmelze im Gange ist". So einen Nachrichtenzustand, dass evtl. der Super-Gau im Gange ist, hält man kaum aus oder er nutzt sich ab.
Meiner Meinung nach hat dieser Schwebezustand vor allem die Funktion, nicht zugeben zu müssen, wie schwerwiegend die Katastrophe bereits ist. Und andererseits die Bevölkerung bereits abgestumpft zu wissen, wenn man vom Konjunktiv auf den Indikativ umschalten wird. Es kann sogar etwas erlösend wirken, endlich Gewissheit zu haben. Auch wenn diese negativ ist.
Quelle: GRS (zum Vergrößern, reincklicken)
Nach BP nun TEPCO: Der Verantwortliche haftet für nichts
Zwei Meldungen, die ich über Twitter bekam, werfen ein Schlaglicht auf den Umgang mit der Verantwortung für den GAU oder SuperGAU in Fukushima.
Der Stern (Link), Kölner Stadtanzeiger und andere berichten, Kraftwerksbetreiber TEPCO gebe den drei betroffenen Arbeitern selbst die Schuld an ihrer Verstrahlung. Sie hätten den Alarm ihres Strahlenmessgerätes "ignoriert". Zuvor gab es Meldungen, nach denen ein japanischer Minister die Arbeiter zu dem Feuerwehreinsatz in unmittelbarer Nähe der zerstörten Blöcke angewiesen hätte.
Das TEPCO Management delegiert also die Verantwortung für die Verstrahlung der Mitarbeiter an diese selbst zurück.
Die Verantwortung im Großen und Ganzen, die Haftungsfrage also, ist bereits geregelt. Und zwar gesetziich: TEPCO wird maximal mit 1 Mrd EURO haften.
Und jetzt kommt's:
lle darüber liegenden Kosten werden vom japanischen Staat getragen. Sollte die japanische Regierung das Erdbeben und den Tsunami als höhere Gewalt klassifizieren, müsste der Kraftwerksbetreiber TEPCO unter Umständen sogar gar keine Entschädigungen zahlen.
Quelle: Wikipedia
Auch hier werden Verluste bzw. Schäde sozialisiert. Wie bei BP im Golf von Mexiko. Wie bei so vielen anderen Fällen.
Der Stern (Link), Kölner Stadtanzeiger und andere berichten, Kraftwerksbetreiber TEPCO gebe den drei betroffenen Arbeitern selbst die Schuld an ihrer Verstrahlung. Sie hätten den Alarm ihres Strahlenmessgerätes "ignoriert". Zuvor gab es Meldungen, nach denen ein japanischer Minister die Arbeiter zu dem Feuerwehreinsatz in unmittelbarer Nähe der zerstörten Blöcke angewiesen hätte.
Das TEPCO Management delegiert also die Verantwortung für die Verstrahlung der Mitarbeiter an diese selbst zurück.
Die Verantwortung im Großen und Ganzen, die Haftungsfrage also, ist bereits geregelt. Und zwar gesetziich: TEPCO wird maximal mit 1 Mrd EURO haften.
Und jetzt kommt's:
lle darüber liegenden Kosten werden vom japanischen Staat getragen. Sollte die japanische Regierung das Erdbeben und den Tsunami als höhere Gewalt klassifizieren, müsste der Kraftwerksbetreiber TEPCO unter Umständen sogar gar keine Entschädigungen zahlen.
Quelle: Wikipedia
Auch hier werden Verluste bzw. Schäde sozialisiert. Wie bei BP im Golf von Mexiko. Wie bei so vielen anderen Fällen.
Donnerstag, 24. März 2011
Brüderle outet AKW-Moratorium als Alibiveranstaltung
DIe Süddeutsche veröffentlich heute Protokollauszüge aus einer Rede von Wirtschaftsminister Brüderle vor dem BDI: Link
In dem Artikel heißt es über die Reaktion von Brüderle als die Nachricht vom Moratorium im BDI bekannt wird:
Es ist jetzt nicht nur raus, dass es sich bei diesem Moratorium um eine Showveranstaltung handelt. Interessant ist auch, wie Brüderle und der BDI miteinander umgehen: BDI-Vorsitzender Keitel stellt Brüderle quasi zur Rede, als er an dem Montag vom sogenannten Moratorium erfährt. Und Brüderle antwortet der Versammlung, als würde er zu seinem Inner Circle sprechen.
Es ist also die Bundesregierung, die Fukushima für den Wahlkampf missbraucht. Und zwar aufs Heftigste. Sie outet, Demokratie nur zu simulieren und die Simulationen für Manipulationen einzusetzen.
In dem Artikel heißt es über die Reaktion von Brüderle als die Nachricht vom Moratorium im BDI bekannt wird:
"Der Minister bestätigte dies", steht darin, "und wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien." Im Übrigen sei er, Brüderle, ein Befürworter der Kernenergie.
..
"Es könne daher keinen Weg geben, der sie in ihrer Existenz gefährde", befindet Brüderle laut Protokoll.
Es ist jetzt nicht nur raus, dass es sich bei diesem Moratorium um eine Showveranstaltung handelt. Interessant ist auch, wie Brüderle und der BDI miteinander umgehen: BDI-Vorsitzender Keitel stellt Brüderle quasi zur Rede, als er an dem Montag vom sogenannten Moratorium erfährt. Und Brüderle antwortet der Versammlung, als würde er zu seinem Inner Circle sprechen.
Es ist also die Bundesregierung, die Fukushima für den Wahlkampf missbraucht. Und zwar aufs Heftigste. Sie outet, Demokratie nur zu simulieren und die Simulationen für Manipulationen einzusetzen.
Dienstag, 22. März 2011
Zitat der Woche (zu Fukushima)
Zitat von Günther Anders, gehört im philosophischen Radio WDR 5:
Der Utopist kann nicht herstellen, was er sich vorstellt,.
Wir hingegen können uns die Folgen von dem, was wir herstellen, nicht vorstellen.
Tesla setzt auf Supercaps
Tesla Chef Musk sieht wenig Sinn darin, in Batterien zu investieren. Er setzt auf Supercaps, auf deutsch: Hochleistungskondensatoren: Link
Ich hatte 2008 schon mal darüber geschrieben (Link). Kondensatoren eignen sich vor allem besser zum Einspeichern hoher Leistungen bei starken Verzögerungen. Batterien speichern die Leistungsvernichtung einer Vollbremsung nicht ein, Supercaps sehr wohl, weil sie praktisch keine Ladezeit haben. Weiterer Vorteil: Sie altern kaum. Und: sie sind nicht so hitzeempfindlich wie Batterien.
Genau so schnell wie man sie laden kann, kann man sie auch entladen. D.h. man kann mit ihnen gut beschleunigen. Damit eignen sie sich gut für Hybridautos, vor allem Hybridsportwagen: Das Bremsen vor der Kurve lädt den Supercap, die Beschleunigung aus der Kurve kann sofort wieder vom Supercap gespeist werden. Mit wenigen Verlusten. Bei künftigen 24h-Rennen müsste sich dieser Effekt in eingesparten Tankstops bemerkbar machen.
Nutzt man Batterien und Supercaps in Kombination, kann man die Batterie kleiner auslegen und Gewicht (und Kosten) sparen. Auch verschont der Kondensator die Batterie gerade vor den stressigen Ladespitzen und verlängert damit ihre Lebensdauer.
Supercaps lohnen sich um so mehr, je mehr Beschleunigungs- und Bremsvorgänge im persönlichen Fahrzyklus liegen. Als Versorgungskonzept für ein reines Elektroauto kann ich sie mir aber noch nicht vorstellen. Aber vielleicht hat sich hier in drei Jahren viel getan..
Ansonsten wächst Teslo Motors stark in Europa. Nach Unternehmensangaben wurden in Europa bis jetzt 400 Roadster verkauft.
Ich hatte 2008 schon mal darüber geschrieben (Link). Kondensatoren eignen sich vor allem besser zum Einspeichern hoher Leistungen bei starken Verzögerungen. Batterien speichern die Leistungsvernichtung einer Vollbremsung nicht ein, Supercaps sehr wohl, weil sie praktisch keine Ladezeit haben. Weiterer Vorteil: Sie altern kaum. Und: sie sind nicht so hitzeempfindlich wie Batterien.
Genau so schnell wie man sie laden kann, kann man sie auch entladen. D.h. man kann mit ihnen gut beschleunigen. Damit eignen sie sich gut für Hybridautos, vor allem Hybridsportwagen: Das Bremsen vor der Kurve lädt den Supercap, die Beschleunigung aus der Kurve kann sofort wieder vom Supercap gespeist werden. Mit wenigen Verlusten. Bei künftigen 24h-Rennen müsste sich dieser Effekt in eingesparten Tankstops bemerkbar machen.
Nutzt man Batterien und Supercaps in Kombination, kann man die Batterie kleiner auslegen und Gewicht (und Kosten) sparen. Auch verschont der Kondensator die Batterie gerade vor den stressigen Ladespitzen und verlängert damit ihre Lebensdauer.
Supercaps lohnen sich um so mehr, je mehr Beschleunigungs- und Bremsvorgänge im persönlichen Fahrzyklus liegen. Als Versorgungskonzept für ein reines Elektroauto kann ich sie mir aber noch nicht vorstellen. Aber vielleicht hat sich hier in drei Jahren viel getan..
Ansonsten wächst Teslo Motors stark in Europa. Nach Unternehmensangaben wurden in Europa bis jetzt 400 Roadster verkauft.
Elektromobilität in Berlin :-) und München :-(
Zwei Meldungen zum Theme Elektroautos, die gegensätzlicher nicht sein können:
1. Erich Sixt nennt erste Erfahrungen mit Elektroautos katastrophal (Süddeutsche Link)
2. Wowereit will 100.000 Elektroautos für Berlin (WELT Link)
Sixt hat in München vier umgebaute Fiat 500 vermietet. Viele Kunden seien liegen geblieben, weil sie die Reichweite unterschätzt hatten. Dann gab es Anrufe bei Sixt. So hatte sich Erich Sixt das nicht gedacht..
Während also aus München viel Pessimismus zu hören ist, hat Berlin das Thema für sich entdeckt. Lehnte die Senatsverwaltung die Unterstützung für Elektroautos 2008 noch ab, setzt Klaus Wowereit nun voll auf das Prestigepotenzial. Die Zahl der Elektroautos in Berlin soll binnen 10 Jahren von 100 auf 100.000 steigen. Berlin soll Zentrum für Elektromobilität werden. Dazu haben die üblichen Verdächtigen (Berlin Partner und die Technologiestiftung Berlin) eine Initiative gestartet und das Land eine neue Agentur (eMo Link) gegründet: Relevante Fachbereiche an Berliner und Brandenburger Hochschulen sollen eingebunden werden.
Ein Fürsprecher für das Ganze war McKinsey (weil die Propheten im eigenen Lande kein Gehör finden, musste da erst McKinsey kommen..) und auch die CDU reklamiert ein Urheberrecht auf das Konzeot..
Nach seiner Stilllegung 2012 soll der Flughafen Tegel in ein Entwicklungszentrum für Elektromobilität umgebaut werden. Elektroingenieure können das kaum erwarten :-) Auf dem Gelände des stillgelegten Flughafens Tempelhof soll eine Erlebniswelt Elektromobilität entstehen.
Und plötzlich ist in Berlin nach hundert Jahren wieder was los in Sachen Elektrotechnik :-)
Blick in die Psyche einiger Kernkraftanhänger
Ich habe gestern Abend Blogs und Zeitungsforen und ihre Leserkommentare zu Fukushima gelesen. Eine mutige Gastbloggerin , Laura Hennemann, berichtet z.B. (Link) über das große Schweigen der "Dürrenmatt-Physiker" auf der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Prompt hagelte es Kommentare, als Naturwissenschaftler habe man sehr wohl zu schweigen, solange keine "Fakten" auf dem Tisch liegen. Diese Logik verleiht einem dann anschließend wohl auch das Recht, über die Medien herzufallen, wenn die sich die Nachrichten für ihre Leser aus spärlichen Informationen zusammenreimen müssen. Das ist das Selbstbild der Physiker, immer noch: Über den Befund tauscht man sich mit seinesgleichen aus, seiner Gesellschaft fühlt man sich nicht verpflichtet. Ich sage: Wem Fakten fehlen, um eine existenziell wichtige Angelegenheit bewerten zu können, der muss das öffentlich artikulieren. Wenn nicht die Physiker, wer dann? Kein Physiker hat im Sinne unserer Demokratie das Recht, sich jetzt einer öffentlichen Diskussion zu entziehen. Egal, auf welcher Seite er steht.
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hat bei den Bürgern eine "Hysterie" ausgemacht, weil die ihm unangenehme Fragen stellen. Z.B. warum die FDP noch im Herbst im Kabinett für eine Senkung der Betreiberhaftung bei gleichzeitiger Senkung der Sicherheitsstandards bei Altreaktoren gesorgt hat.
SPIEGEL "Dorfsaukolumnist" (der jede Woche eine andere Sau durch's Dorf jagt) und Atomkraftbefürworter Jan Fleischhauer frönt hingegen, wie derzeit viele seiner Gleichgesinnten, dem Bashing der Atomkraftgegner mit den Worten,
Da hat einer mit Inbrunst in die Herzen derjenigen geschaut, denen er es bekennendermaßen neidet, nun leider Recht behalten zu haben. Seine Unterstellung ist flegelhaft.
Ähnlich äußern sich einige Leser auf FAZ.de. Das ist ein neues Verhaltensmuster, das wahrzunehmen, wir noch nicht allzuviel Gelegenheit hatten. Wenn der sich selbst "Bürgerlich" nennende Politiker oder "Bürger" bei einer Tat ertappt wird, oder ein prominenter Vertreter seiner Kohorte, so verweist er sogleich -ohne eine Sekunde der Reflexion- auf das "noch schlimmere Verhalten der anderen." Wobei die anderen häufig die sind, denen sich der so Sprechende ansonsten überlegen, wenn nicht als Elite, fühlt. Da wird dann schon mal die organisierte Steuerhinterziehungskriminalität eines Klaus Z. mit dem Verweis auf das flunkernde Lieschen Müller relativiert, wenn es seine Steuererklärung ausfüllt. Wenn Herr Baron mit dem organisierten Plagiat seiner Doktorarbeit aufgegriffen wird, feuern BILD und Co. aus allen Rohren, dass wir doch in der Schule alle abgeschrieben haben.
Geht es um noch größere Verbrechen, wird die Schuld der Organisatoren gerne anonymisiert. Es hat dann keinen Schuldigen und Verantwortlichen gegeben, außer den äußeren Umständen. Gerne verbunden mit der offensiven Frage: "Was hättest Du denn getan? Sei froh, dass Du das nicht erleben musstest."
Fleischhauer hingegen trampelt einen neuen Pfad für die Rechthaber unter den Widerlegten: Er wirft denen, die recht behalten haben, als sie vor der Katastrophe warnten, nun vor, sie würden sich an dieser Bestätigung laben, ohne Rücksicht auf die Opfer. Selbstredend offenbart auch das nur ein gelerntes Verhalten, dessen sich Fleischhauer unbewusst schämt und das er deshalb auf die anderen projiziert. Was einer beteuert zu sein, ist er nicht. Was einer seinem Nächsten an niederen Beweggründen unterstellt, ist nur die Offenbarung des eigenen Makels. (Kennen wir auch aus der kath. Kirche und CDU-Wählern auf dem Lande.)
Diese Rhetorik hat natürlich auch die Funktion, denjenigen, die nun recht bekommen haben, ihr wichtigstes Argument im Wahlkampf aus der Hand zu schlagen. "Missbrauch" nennen es Leute wie Fleischhauer, Mappus und andere Intellektuelle, wenn man im Wahlkampf über die wahren Themen Tacheles redet. Sie ziehen es offenbar vor, Demokratie nur zu simulieren.
Ich hoffe auf den kommenden Sonntag.
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hat bei den Bürgern eine "Hysterie" ausgemacht, weil die ihm unangenehme Fragen stellen. Z.B. warum die FDP noch im Herbst im Kabinett für eine Senkung der Betreiberhaftung bei gleichzeitiger Senkung der Sicherheitsstandards bei Altreaktoren gesorgt hat.
SPIEGEL "Dorfsaukolumnist" (der jede Woche eine andere Sau durch's Dorf jagt) und Atomkraftbefürworter Jan Fleischhauer frönt hingegen, wie derzeit viele seiner Gleichgesinnten, dem Bashing der Atomkraftgegner mit den Worten,
dass der Kernkraftgegner im tiefsten Inneren seines Herzens immer den Unfall herbeisehnt, weil dieser auf drastische Art seine Befürchtungen bestätigt, vorausgesetzt natürlich, er ereignet sich nicht vor der eigenen Haustür.(Quelle: SPIEGEL)
Da hat einer mit Inbrunst in die Herzen derjenigen geschaut, denen er es bekennendermaßen neidet, nun leider Recht behalten zu haben. Seine Unterstellung ist flegelhaft.
Ähnlich äußern sich einige Leser auf FAZ.de. Das ist ein neues Verhaltensmuster, das wahrzunehmen, wir noch nicht allzuviel Gelegenheit hatten. Wenn der sich selbst "Bürgerlich" nennende Politiker oder "Bürger" bei einer Tat ertappt wird, oder ein prominenter Vertreter seiner Kohorte, so verweist er sogleich -ohne eine Sekunde der Reflexion- auf das "noch schlimmere Verhalten der anderen." Wobei die anderen häufig die sind, denen sich der so Sprechende ansonsten überlegen, wenn nicht als Elite, fühlt. Da wird dann schon mal die organisierte Steuerhinterziehungskriminalität eines Klaus Z. mit dem Verweis auf das flunkernde Lieschen Müller relativiert, wenn es seine Steuererklärung ausfüllt. Wenn Herr Baron mit dem organisierten Plagiat seiner Doktorarbeit aufgegriffen wird, feuern BILD und Co. aus allen Rohren, dass wir doch in der Schule alle abgeschrieben haben.
Geht es um noch größere Verbrechen, wird die Schuld der Organisatoren gerne anonymisiert. Es hat dann keinen Schuldigen und Verantwortlichen gegeben, außer den äußeren Umständen. Gerne verbunden mit der offensiven Frage: "Was hättest Du denn getan? Sei froh, dass Du das nicht erleben musstest."
Fleischhauer hingegen trampelt einen neuen Pfad für die Rechthaber unter den Widerlegten: Er wirft denen, die recht behalten haben, als sie vor der Katastrophe warnten, nun vor, sie würden sich an dieser Bestätigung laben, ohne Rücksicht auf die Opfer. Selbstredend offenbart auch das nur ein gelerntes Verhalten, dessen sich Fleischhauer unbewusst schämt und das er deshalb auf die anderen projiziert. Was einer beteuert zu sein, ist er nicht. Was einer seinem Nächsten an niederen Beweggründen unterstellt, ist nur die Offenbarung des eigenen Makels. (Kennen wir auch aus der kath. Kirche und CDU-Wählern auf dem Lande.)
Diese Rhetorik hat natürlich auch die Funktion, denjenigen, die nun recht bekommen haben, ihr wichtigstes Argument im Wahlkampf aus der Hand zu schlagen. "Missbrauch" nennen es Leute wie Fleischhauer, Mappus und andere Intellektuelle, wenn man im Wahlkampf über die wahren Themen Tacheles redet. Sie ziehen es offenbar vor, Demokratie nur zu simulieren.
Ich hoffe auf den kommenden Sonntag.
Montag, 21. März 2011
Fukushima-Lageübersicht der IAEA
Hier die aktuelle Übersicht über die Zustände der Reaktoren in Fukushima:
Grün: Ohne Besorgnis
Gelb: Besorgnis erregend ("Concern")
Rot: Ernster Zustand ("Severe condition")
Quelle: IAEA
Man sieht: Die Selbstversorgungsnetze der Reaktoren 1-3 sind zwar wieder ans öffentliche Netz angeschlossen. Aber die Kühlpumpen sind noch nicht wieder einsatzbereit.
Das Innere der Reaktordruckbehälter (Reactor Pressure Vessel) 1-3 ist mit Meerwasser gefüllt. (Allerdings, laut anderer Medienberichte, z.B. Wallstreet Journal) sind die Brennelemente nur halb mit Wasser bedeckt.). Dieses Wasser zirkuliert nicht.
Die aktuelle Bewässerungsaktionen der Hilfskräfte beziehen sich auf die Abklingbecken mit abgebrannten Kernelementen der Reaktoren 2-4.
Die wichtigste Größe über die Zustände der Reaktoren ist der Druck im Reaktordruchbehälter (Pressure of Reactor Pressure Vessel): Über Reaktor 2 liegen keine verlässlichen Daten vor, im Reaktor 3 ist der Druck erhöht.
Positive Entwicklung: Die Abklingbecken der Reaktoren 5 und 6 werden wieder gekühlt.
Hier zum Vergleich die Übersicht vom 19.03.2011
Grün: Ohne Besorgnis
Gelb: Besorgnis erregend ("Concern")
Rot: Ernster Zustand ("Severe condition")
Quelle: IAEA
Man sieht: Die Selbstversorgungsnetze der Reaktoren 1-3 sind zwar wieder ans öffentliche Netz angeschlossen. Aber die Kühlpumpen sind noch nicht wieder einsatzbereit.
Das Innere der Reaktordruckbehälter (Reactor Pressure Vessel) 1-3 ist mit Meerwasser gefüllt. (Allerdings, laut anderer Medienberichte, z.B. Wallstreet Journal) sind die Brennelemente nur halb mit Wasser bedeckt.). Dieses Wasser zirkuliert nicht.
Die aktuelle Bewässerungsaktionen der Hilfskräfte beziehen sich auf die Abklingbecken mit abgebrannten Kernelementen der Reaktoren 2-4.
Die wichtigste Größe über die Zustände der Reaktoren ist der Druck im Reaktordruchbehälter (Pressure of Reactor Pressure Vessel): Über Reaktor 2 liegen keine verlässlichen Daten vor, im Reaktor 3 ist der Druck erhöht.
Positive Entwicklung: Die Abklingbecken der Reaktoren 5 und 6 werden wieder gekühlt.
Hier zum Vergleich die Übersicht vom 19.03.2011
Sonntag, 20. März 2011
Erstaunlich realistisch: "Das China-Syndrom" mit Jane Fonda
Das "China-Syndrom" hat seinen Namen von der Fiktion, dass sich der geschmolzene Kern eines amerikanischen Atomkraftwerks immer tiefer in die Erde durchfrisst, bis er in China wieder ans Tageslicht tritt. In Japan müsste man dieses Syndrom also logischerweise als Europasyndrom bezeichnen. Was genau gegenüber von Fukushima liegt, kann uns OSM-Mapper Werner sicher sagen?
Es gibt auch einen gleichnamigen Film (Wikipedia Link). Er handelt von einem Störfall in einem Atomkraftwerk in Kalifornien. Er kam 1979 kurz vor Bekanntwerden des Störfalls in Three Mile Island in die Kinos, sein Drehbuchautor bewies damit ebenso prophetische Fähigkeiten (oder Insiderwissen) wie der Film "Wage the dog". Zum Zeitpunkt des Unfalls befindet sich zufälligerweise ein Reporterteam im Kraftwerk und lässt sich dessen Funktionsweise erklären. Plötzlich zittert das ganze Gebäude, als habe es einen -Achtung:- Erdstoß gegeben. Die Mannschaft im Kontrollraum reagiert schnell. Aber sie reagiert - wie sich später zeigt- auf widersprüchliche Anzeigen der Leitwarte. Der Wasserpegel im Reaktorraum wird mal zu hoch und mal zu tief angezeigt. Die Mannschaft wird damit für einen Augenblick zu genau entgegensätzlichem Verhalten von dem animiert, was eigentlich richtig wäre. Später zeigt sich, dass ein fehlerhaftes Generatorrelais der Auslöser des Ganzen war. Das klingt harmlos (und beruhigend, wenn man nicht mehr erfährt), brachte das Kraftwerk jedoch im weiteren Verlauf nahe an den GAU.
Damit zielt der Film auf die stets verharmlosende Rhetorik in offiziellen Meldungen, hier oder da habe man eine defekte "Schweißnaht" oder eine "nicht anspringende Pumpe" entdeckt. Die Berichterstattung macht sich da stets die Komplexität eines solchen Kraftwerks zunutze und den damit vorraussetzbaren populären Irrtum in der Bevölkerung, ein einziger Befund werde schon nicht so dramatisch sein. Denn es wird ja selten in den Vordergrund gestellt, welche Bauteile die Schweißnaht verbindet, oder welchen Wasserstrom die Pumpe betreibt. Doch es geht dabei um die Schweißnaht des Reaktordruckbehälters und es geht um den Kühlkreislauf, der ein schnell abgeschaltetes Kraftwerk von der Kernschmelze abhält.
Auch darum geht es in dem Film. Und darauf richten sich derzeit unsere Hoffnungen bei der aktuellen Entwicklung in Fukushima.
Der leitende Ingenieur in dem Film geht dem Unfall gründlich nach und findet Pfusch bei der Genehmigung des Kraftwerks. Der zuständige Gutachter hat nicht von jeder Schweißnaht eine Röntgenaufnahme gemacht, sondern von einer. Und hat Kopien von dieser als Aufnahmen aller anderen Schweißnähte ausgegeben. Als der Ingenieur den zuständigen Gutachter darauf zur Rede stellen will, droht dieser ihm mit den nicht zimperlichen Gepflogenheiten des Kraftwerkssicherheitsdienstes.
Wir lernen: Es ist die Kombination aus technischem Versagen (das Relais, die fehlerhafte Anzeige) und menschlichem Versagen (der Pfusch bei der Genehmigung, die richtige Reaktion auf falsche Anzeigen), die aus einem kleinen Störfall einen großen macht.
Hinter den Kulissen findet ein dramatischer Kampf zwischen den Kraftwerksbetreibern und dem Nachrichtensender der Reporterin statt. Denn unbemerkt hat der Kameramann den Leitstand des Kraftwerks gefilmt, als die Mannschaft versuchte, den Reaktor abzufangen. Doch der Chefredakteur weigert sich, mit Verweis auf das Strafrecht, das Material zu senden. Dem Kraftwerksbetreiber geht es währenddessen darum, die Genehmigung für ein baugleiches zweites Atomkraftwerk nicht zu verzögern. Das würde ihn Millionen kosten.
Diese Finanzinteressen entpuppen sich als mindestens genau so mächtig wie die Urantablette, die der Reporterin zu Beginn ihres Drehs gezeigt wurde. Es werden Männer fürs Grobe eingesetzt, um zu verhindern, dass die Sache mit dem Pfusch und dem wahren Ausmaß des Unfalls ans Licht kommt. Zum Schluss wird der leitende Ingenieur vom Sicherheitsdienst erschossen, und vom Vorstandsvorsitzenden als psychisch labiler Mensch dargestellt, der unter Alkoholeinfluss versucht habe, das Kraftwerk in seine Gewalt zu bringen.
Mir fällt auf, dass wir in den Medien derzeit von Eon stets den Vorstandsvorsitzenden Teyssen sehen, von RWE aber immer nur den für die Kraftwerke zuständigen Vorstand Dr. Jäger. Ob das etwas mit dem Thema Unternehmerhaftung oder mit dem an Grad an Fachkenntnis zu tun hat, spielt auf den ersten Blick keine Rolle. Ich will dann aber auch wissen, wer bei einem Störfall in Biblis eigentlich das letzte Wort über Rettungsmaßnahmen hätte: der Vorstandsvorsitzende Grossmann oder Dr. Jaeger? Der letzte Verantwortliche RWE Vorstand, dem ich persönlich vertraut hätte, ist leider schon 1999 gegangen: Prof. Dr. Werner Hlubek war ein Vollblutkraftwerker und Wissenschaftler. 1999 verließ er RWE, nachdem zuvor sein Unmut über nachlassende Investitionen in die Kraftwerke laut geworden war.. Sein Nachfolger wurde der vorherige Chefcontroller -und damit mutmaßlicher Gegenspieler: Dr. Jaeger. (Wenn dem Leser nun Ähnlichkeiten zum Investitionsverhalten der Deutschen Bahn im Vorfeld ihres Börsengangs in den Sinn kommen, muss er das selbst verantworten..)
Was wir aber auf jeden Fall lernen: Die andere Seite, das sind die Kraftwerksbetreiber und die Bundesregierung, spielt Fukushima nun insofern herunter, als wir in Deutschland keine Naturkatastrophen a la Japan zu erwarten haben. Jedenfalls hat sich laut WAZ (Link) Kanzleramtsminister Pofalla (ein ausgemachter Kernkraftexperte, der nebenbei Sozialpädagogik und Jura studiert hat, wenn man Wikipedia glaubt) im Wahlkampf so geäußert. Pofalla wäre der Mann, der uns ein defektes Relais entgegenhalten würde, um zu beweisen, dass nicht die Kernenergie versagt hat, wenn mal was passieren sollte.
Die andere Seite lernt offenbar nur aus Erfahrung. Wie Werner mal sagte: Sie verändern lieber die Wahrheit als ihren Business Case. Die einzige positive Überraschung im konservativen Lager sind für mich die Redaktionen der FAZ und der Welt. Sie halten die kognitiven Dissonanzen und die fortwährenden Beleidigungen ihres Intellekts durch Figuren wie Guttenberg, Merkel, Westerwelle, Brüderle, Homburger und nun auch Pofalla schon seit langem nicht mehr aus.
FAZ Kommentator Volker Zastrow bringt es sehr gut auf den Punkt (Link) , wenn er der Kanzlerin entgegenhält:
Wie ich heute morgen auf SPIEGEL Online (Link) mit einer gewissen Hoffnung auf sich einstellende Lerneffekte lese: Am Mittwoch soll der Wahlkampfhubschrauber von Bundeskanzlerin Merkel beinahe abgestürzt sein. Nachdem er sie abgesetzt hatte. Beide Triebwerke seien ausgefallen, der Hubschrauber sei ins Trudeln geraten. Die Piloten fingen den Hubschrauber im letzten Moment ab. Was mag sie bei der Nachricht gedacht haben? Ich will jetzt nicht hören, dass die Kanzlerin das Sicherheitskonzept ihrer Hubschrauberstaffel in Zweifel zieht. Es kann schließlich sein, dass nur ein einziges Relais seinen Dienst versagt hat.
Es gibt auch einen gleichnamigen Film (Wikipedia Link). Er handelt von einem Störfall in einem Atomkraftwerk in Kalifornien. Er kam 1979 kurz vor Bekanntwerden des Störfalls in Three Mile Island in die Kinos, sein Drehbuchautor bewies damit ebenso prophetische Fähigkeiten (oder Insiderwissen) wie der Film "Wage the dog". Zum Zeitpunkt des Unfalls befindet sich zufälligerweise ein Reporterteam im Kraftwerk und lässt sich dessen Funktionsweise erklären. Plötzlich zittert das ganze Gebäude, als habe es einen -Achtung:- Erdstoß gegeben. Die Mannschaft im Kontrollraum reagiert schnell. Aber sie reagiert - wie sich später zeigt- auf widersprüchliche Anzeigen der Leitwarte. Der Wasserpegel im Reaktorraum wird mal zu hoch und mal zu tief angezeigt. Die Mannschaft wird damit für einen Augenblick zu genau entgegensätzlichem Verhalten von dem animiert, was eigentlich richtig wäre. Später zeigt sich, dass ein fehlerhaftes Generatorrelais der Auslöser des Ganzen war. Das klingt harmlos (und beruhigend, wenn man nicht mehr erfährt), brachte das Kraftwerk jedoch im weiteren Verlauf nahe an den GAU.
Damit zielt der Film auf die stets verharmlosende Rhetorik in offiziellen Meldungen, hier oder da habe man eine defekte "Schweißnaht" oder eine "nicht anspringende Pumpe" entdeckt. Die Berichterstattung macht sich da stets die Komplexität eines solchen Kraftwerks zunutze und den damit vorraussetzbaren populären Irrtum in der Bevölkerung, ein einziger Befund werde schon nicht so dramatisch sein. Denn es wird ja selten in den Vordergrund gestellt, welche Bauteile die Schweißnaht verbindet, oder welchen Wasserstrom die Pumpe betreibt. Doch es geht dabei um die Schweißnaht des Reaktordruckbehälters und es geht um den Kühlkreislauf, der ein schnell abgeschaltetes Kraftwerk von der Kernschmelze abhält.
Auch darum geht es in dem Film. Und darauf richten sich derzeit unsere Hoffnungen bei der aktuellen Entwicklung in Fukushima.
Der leitende Ingenieur in dem Film geht dem Unfall gründlich nach und findet Pfusch bei der Genehmigung des Kraftwerks. Der zuständige Gutachter hat nicht von jeder Schweißnaht eine Röntgenaufnahme gemacht, sondern von einer. Und hat Kopien von dieser als Aufnahmen aller anderen Schweißnähte ausgegeben. Als der Ingenieur den zuständigen Gutachter darauf zur Rede stellen will, droht dieser ihm mit den nicht zimperlichen Gepflogenheiten des Kraftwerkssicherheitsdienstes.
Wir lernen: Es ist die Kombination aus technischem Versagen (das Relais, die fehlerhafte Anzeige) und menschlichem Versagen (der Pfusch bei der Genehmigung, die richtige Reaktion auf falsche Anzeigen), die aus einem kleinen Störfall einen großen macht.
Hinter den Kulissen findet ein dramatischer Kampf zwischen den Kraftwerksbetreibern und dem Nachrichtensender der Reporterin statt. Denn unbemerkt hat der Kameramann den Leitstand des Kraftwerks gefilmt, als die Mannschaft versuchte, den Reaktor abzufangen. Doch der Chefredakteur weigert sich, mit Verweis auf das Strafrecht, das Material zu senden. Dem Kraftwerksbetreiber geht es währenddessen darum, die Genehmigung für ein baugleiches zweites Atomkraftwerk nicht zu verzögern. Das würde ihn Millionen kosten.
Diese Finanzinteressen entpuppen sich als mindestens genau so mächtig wie die Urantablette, die der Reporterin zu Beginn ihres Drehs gezeigt wurde. Es werden Männer fürs Grobe eingesetzt, um zu verhindern, dass die Sache mit dem Pfusch und dem wahren Ausmaß des Unfalls ans Licht kommt. Zum Schluss wird der leitende Ingenieur vom Sicherheitsdienst erschossen, und vom Vorstandsvorsitzenden als psychisch labiler Mensch dargestellt, der unter Alkoholeinfluss versucht habe, das Kraftwerk in seine Gewalt zu bringen.
Mir fällt auf, dass wir in den Medien derzeit von Eon stets den Vorstandsvorsitzenden Teyssen sehen, von RWE aber immer nur den für die Kraftwerke zuständigen Vorstand Dr. Jäger. Ob das etwas mit dem Thema Unternehmerhaftung oder mit dem an Grad an Fachkenntnis zu tun hat, spielt auf den ersten Blick keine Rolle. Ich will dann aber auch wissen, wer bei einem Störfall in Biblis eigentlich das letzte Wort über Rettungsmaßnahmen hätte: der Vorstandsvorsitzende Grossmann oder Dr. Jaeger? Der letzte Verantwortliche RWE Vorstand, dem ich persönlich vertraut hätte, ist leider schon 1999 gegangen: Prof. Dr. Werner Hlubek war ein Vollblutkraftwerker und Wissenschaftler. 1999 verließ er RWE, nachdem zuvor sein Unmut über nachlassende Investitionen in die Kraftwerke laut geworden war.. Sein Nachfolger wurde der vorherige Chefcontroller -und damit mutmaßlicher Gegenspieler: Dr. Jaeger. (Wenn dem Leser nun Ähnlichkeiten zum Investitionsverhalten der Deutschen Bahn im Vorfeld ihres Börsengangs in den Sinn kommen, muss er das selbst verantworten..)
Was wir aber auf jeden Fall lernen: Die andere Seite, das sind die Kraftwerksbetreiber und die Bundesregierung, spielt Fukushima nun insofern herunter, als wir in Deutschland keine Naturkatastrophen a la Japan zu erwarten haben. Jedenfalls hat sich laut WAZ (Link) Kanzleramtsminister Pofalla (ein ausgemachter Kernkraftexperte, der nebenbei Sozialpädagogik und Jura studiert hat, wenn man Wikipedia glaubt) im Wahlkampf so geäußert. Pofalla wäre der Mann, der uns ein defektes Relais entgegenhalten würde, um zu beweisen, dass nicht die Kernenergie versagt hat, wenn mal was passieren sollte.
Die andere Seite lernt offenbar nur aus Erfahrung. Wie Werner mal sagte: Sie verändern lieber die Wahrheit als ihren Business Case. Die einzige positive Überraschung im konservativen Lager sind für mich die Redaktionen der FAZ und der Welt. Sie halten die kognitiven Dissonanzen und die fortwährenden Beleidigungen ihres Intellekts durch Figuren wie Guttenberg, Merkel, Westerwelle, Brüderle, Homburger und nun auch Pofalla schon seit langem nicht mehr aus.
FAZ Kommentator Volker Zastrow bringt es sehr gut auf den Punkt (Link) , wenn er der Kanzlerin entgegenhält:
Das illustriert ihr Satz, in Japan sei das „Unmögliche möglich“ geworden – eine absurd romantische Wendung; wobei niemand die Bundeskanzlerin für naiv genug halten kann, dass sie nicht wüsste, was in Japan geschehen ist: Nicht das Unmögliche ist möglich, sondern das Mögliche ist wirklich geworden.
Wie ich heute morgen auf SPIEGEL Online (Link) mit einer gewissen Hoffnung auf sich einstellende Lerneffekte lese: Am Mittwoch soll der Wahlkampfhubschrauber von Bundeskanzlerin Merkel beinahe abgestürzt sein. Nachdem er sie abgesetzt hatte. Beide Triebwerke seien ausgefallen, der Hubschrauber sei ins Trudeln geraten. Die Piloten fingen den Hubschrauber im letzten Moment ab. Was mag sie bei der Nachricht gedacht haben? Ich will jetzt nicht hören, dass die Kanzlerin das Sicherheitskonzept ihrer Hubschrauberstaffel in Zweifel zieht. Es kann schließlich sein, dass nur ein einziges Relais seinen Dienst versagt hat.
Donnerstag, 17. März 2011
Vorlesungsskripte zu Kernprozesstechnik I+II
Die Skripte zur Vorlesung "Kernprozesstechnik" von Prof. Schwarz, ehemals VEW, die ich 1994/95 gehört (und geprüft!) habe, gibt es im Internet zum Download: Link
Abonnieren
Posts (Atom)