Sonntag, 24. Februar 2013

Wie sich die SPD von ihrer Basis entfernt

Ob ich als Mitglied für die SPD Wahlkampf machen werde, muss ich mir noch schwer überlegen. Denn bisher finde ich mich weder in den Kernbotschaften des Wahlprogramms noch im Tagesgeschäft der SPD wieder.

Ich BIN das, was mal das wichtigste Anliegen der SPD war: Ein Arbeiterkind, das studiert hat und als Industrieangestellter auf eigenen Beinen steht. Ein Stadtmensch mit Auto und Bahncard. Verheiratet. Geboren im Ruhrgebiet.

Meine wichtigsten politischen Anliegen:


  1. Wann wird die Finanzkrise abgestellt und ihre Verursacher zur Rechenschaft gezogen?
  2. Warum muss ich für Anlagerisiken von Banken und Vermögenden haften? Warum muss ich griechische, spanische, italienische und russische steuerhinterziehende Oligarchen raushauen? Was kriege ich dafür?
  3. Wann steht die Entwicklung unserer Wirtschaft wieder auf dem Programm?
  4. Wann werden Arbeitnehmer von zu hohen Steuern und SV-Abgaben entlastet?
  5. Wann geht es weiter mit Kapital in Arbeitnehmerhand? Das Thema Börse und Riesterrente hat sich ja wohl erledigt. 
  6. Wann werden die Bahn, Straßen und Autobahnen wieder benutzbar sein? Wieso zahle ich hier immer mehr und bekomme immer weniger zurück?
  7. Wann werden die Sondersteuern auf Strom und Benzin wieder zurückgenommen?
  8. Warum sieht kein Politiker, dass wir vor der Krise bereits eine europäische Identität hatten, angetrieben von Billigfliegern und Internet? Warum hat sich nie irgendeine Regierung für die europäische Jugend interessiert, für die die Bewegung in europäischen Unternehmen,  Hauptstädten und an südeuropäischen Stränden längst Normalität war? Hier gab es das, was die alten Damen und Herren uns hochtrabend als fehlendes "Narrativ" verkaufen wollen.
Im Gegensatz dazu mal die Schlagzeilen von SPD-Webseiten:

SPD Bundesverband

  1. Doppelte Staatsbürgerschaft
  2. Kommentar zur Gauck-Rede über Europa
  3. August-Bebel-Preis für Günter Wallraff
  4. Steinbrück kritisiert Merkels EU-Haushaltspolitik
  5. Verdi-Chef zum Armutsbericht
  6. amazon und Leiharbeit
  7. Homoehe und -adoptionsrecht
  8. Steinbrück bei Barroso "Europa nicht kaputtsparen"
  9. Mindestlohn
  10. Zypern-Krise
Das meiste davon bewegt mich nicht, man könnte es meinetwegen weglassen.
Ich surfe auf die "Themen"-Seite. Hier ist von Bürgerdialog die Rede. Ja, daran hatte ich mich voriges Jahr auch mal beteiligt. Ich bekam eine Dankesemail und dann hörte ich nie wieder was davon. Meine Themen gehen unter. Welche hält die SPD für wichtig?
  • Kinder und Familie - heißt: Ganztagesbetreuung und Gleichstellung aller Lebenspartnerschaften
  • Jugend und Bildung- heißt: Ganztagsschule, Recht auf Ausbildung, keine Studien- und Kitagebühren
  • Arbeit, Wirtschaft, Energie - heißt: Mindestlohn, gleicher Lohn für Frau+Mann, mehr Tarifverträge, Rückkehr zu Industriepolitik und Dienstleistungsgesellschaft (Kreative und Gesundheit), Förderung des Mittelstandes, EU-weit abgestimmte Industriepolitik, Energiewende.
Quelle: SPD

SPD Berlin

Welche brennenden Themen hat aus meiner Sicht Berlin?
  1. Fehlende Industriedynamik. Eine Mentalität, die Initiative und Spaß an Arbeit und Initiative unterdrückt. Es herrscht der öffentliche Dienst. Wir brauchen gut bezahlte Jobs, Jobs, Jobs. Keine 35. Initiative für einen künstlichen Arbeitsmarkt.
  2. Eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur. Die eine Hälfte Berlins steht im Stau, die andere wartet vergeblich auf die nächste S-Bahn. Beim Flughafenthema hat man das Wertvollste aufgegeben (Tempelhof, Tegel) und das Neue nicht auf die Reihe gekriegt (BER).
  3. Innere Sicherheit. Man muss sich nachts wieder bewegen können, ohne Angst vor kriminellen Einwanderersöhnen. Und man muss sein Auto draußen parken können ohne Angst vor Brandanschlägen.
Und was findet man bei der SPD Berlin?
  1. Ergebnisse von Kandidatenaufstellungen
  2. Berlinale Auftritt von Wowereit
  3. Neue AG Migration und Vielfalt
  4. Eckpunkte des Landesvorstandes zum Wahlprogramm
  5. Am Pferdefleischskandal ist die CDU schuld.
  6. AG 60+
  7. Aktion One Billion Rising
  8. Swen Schulz: Hochschulpakt aufstocken
  9. Mehr Wohnungsbau
  10. Kritik an Klage gegen den Länderfinanzausgleich
Fazit: Bis auf die Eckpunkte des LaVo fürs Wahlprogramm durch die Bank unterinteressant. Aber was steht da drin? Mietenbremse (obwohl selbst Mietentreiber), Mindestrente, doppelte Staatsbürgerschaft, Altschuldenfonds zur Entlastung überschuldeter Länder und Kommunen (ein klares Berlinanliegen).
Also nochmal, Fazit: Durch die Bank uninteressant für mich. Vertritt nicht meine Interessen. Wo ist eigentlich Michael Müller...?

Und zum Schluss:

SPD Kreuzberg-Friedrichshain


Ein Bezirk, der es endlich mal auf die Reihe kriegen sollte, sein behauptetes Kreativpotenzial auf die Straße zu bringen um davon leben zu können. Ein Ende der Selbstbejammerung, des öffentlichen Messitums, der ritualisierten Gewalt, damit wäre man vorne.

Doch stattdessen:
  • Eine bereits erteilte Bau- und Nutzungsgenehmigung für einen Hellwegbaumarkt wird zurückgezogen, weil man jetzt meint, dort Wohnungen bauen zu müssen.
  • Cansel ist Kandidatin geworden, Glückwunsch! (Link)
  • Sonst nichts. Ein Blick in die Anträge der BVV-Fraktion: Schwerpunkt Stadtentwicklung (Wohnungsbau).
Fazit: Von Kreativwirtschaft und so keine Rede. 

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