Donnerstag, 27. Juni 2013

"Reisende nach Wolfsburg steigen bitte in Braunschweig um."

Gestern fuhr ich mit dem Auto nach WOB. Zwei Stunden hin, zweieinhalb zurück.

Die Kollegen im 5:48h Zug erlebten folgendes:

  • Ansage des Zugchefs vor Magdeburg: "Der Anschluss in Magdeburg nach Wolfsburg konnte leider nicht warten. Reisende nach WOB steigen bitte in Braunschweig um."
  • In Braunschweig sahen die Kollegen nach WOB gerade abfahren. Drei Minuten Wartezeit waren doch nicht drin. 
Nachträgliche Erklärung: Verspätungen werden im Fern- und Nahverkehr unterschiedlich bestraft. Bei strengen Verträgen mit den -regionalen- Auftraggebern, können drei Minuten schon zu teuer sein. Dann fährt der Regionalzug eben ohne die verspäteten Pendler. Selbst Schuld..

Sonntag, 23. Juni 2013

Wie ICE-Vorstand Berthold Huber Wolfsburgpendler abhängt


Erster Hauptsatz der Lebenserfahrung:

Die Summe aller großen Probleme im Leben ist immer gleich. Und wenn Du glaubst, sie durch Lebenserfahrung überwunden zu haben, denken sich die Manager im Bahntower am Potsdamer Platz etwas Neues aus.
Dass ich einmal täglich acht Stunden in Zügen und auf Bahnhöfen verbringen würde um meinem Beruf nachzugehen, hätte ich nicht geglaubt. Zu Beraterzeiten brauchte ich von Gelsenkirchen bis Wien via Flughafen Düsseldorf nicht so lange wie heute mit der Bahn von Berlin nach Wolfsburg.

„Was pendelt Ihr auch so weite Strecken und arbeitet nicht in Berlin?“ - „Weil es in Berlin keine guten Jobs für Ingenieure gibt. Wowereit und sein Senat haben sich nicht gekümmert. Außerdem ist die Bezahlung auf Brandenburgniveau während die Mieten und Abgaben steigen.“ Und mein Bewerbungsgespräch bei Bombardier damals habe ich vom Bahnof Spandau aus abgesagt, weil mein Zug nach Henningsdorf Verspätung hatte. Ich blieb deshalb beim Auto als Berufsgegenstand..

Umsonst früh aufstehen..

4:00 Aufstehen
5:15 Letzter Blick auf Bahn.de, ob mein ICE 5:48 pünktlich sein wird. Er wird.
5.30 Ankunft Hauptbahnhof Berlin. Noch Zeit, also ab in die Bahn Lounge. Doch vergeblich, um die Zeit hat sie noch geschlossen.
5:45 „Information für ICE xyz nach Köln. Heute ca. 5 Minuten später.“
5:50 „Information für ICE xyz nach Köln. Heute ca. 10 Minuten später.“
5:55 „Information für ICE xyz nach Köln. Heute ca. 20 Minuten später.“
6:00 „Auf Gleis 13 fährt jetzt ein: ICE abc nach Köln. Ursprüngliche Abfahrt 4:48.“

Wäre ich so früh aufgestanden, nur um hier mehr als eine Stunde herum zu stehen, hätte ich mich als Warlord zum Bahntower aufgemacht. So bin ich nur wütend.

Millionenumsatz - aber keine Infos

Einstieg in den verspäteten ICE. Der Zugchef begrüßt uns als wenn nichts wäre. Erste brauchbare Information nach dem belästigenden Pflichttext: Informationen von der Transportleitung über Anschlüsse in Magdeburg und Braunschweig liegen nicht vor. Diese Anschlüsse sind wichtig, denn die ICEs fahren Wolfsburg nicht mehr an. Obwohl sie könnten. Aber die mindestens 300 Dauerkarteninhaber sind den Bahnvorständen Ulrich Homburg und Fernverkehrs-Chef Berthold Huber egal.

800 Pendler x 4.090 EUR/Bahncard100 = 3,3 Mio EUR Jahresumsatz

auf einem Gleisabschnitt von 200km Länge. Das sind 6.135 EUR pro Kilometer. Was müssen wir tun, damit die Manager im Bahntower das erkennen?

Pressekonferenz in der Festung Berlin

Als Bahnpendler muss man Umstiege vermeiden, denn hier verliert man bei Verspätungen am meisten Zeit. Berthold Huber hatte am Mittwoch eine Pressekonferenz zu dem unseligen Thema „Elbehochwasser“ gegeben. Er nutzte den Tag, an dem Berlin Mitte für Barack Obama komplett abgeriegelt war um zu einer PK am Potsdamer Platz einzuladen. Nie konnten sich blöde Rückfragen so gut vermeiden lassen wie an diesem Tag.

Einladung zur Pressekonferenz 
„Vorstellung Interims-Fahrplan aufgrund der Hochwassersperrungen“ am 19. Juni 2013, 10:00 Uhr, im BahnTower, Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin, 21. OG 
Berlin, 18. Juni 2013 
Sehr geehrte Damen und Herren, 
durch die andauernde Sperrung der Schnellfahrstrecke Hannover-Berlin aufgrund des
Hochwassers wird die DB ab Freitag, 21. Juni 2013, interimsweise den Fahrplan der
Fernverkehrszüge nach bzw. von Berlin für die nächsten Wochen anpassen. DB Fernverkehrs-Vorstand Berthold Huber wird Ihnen die Maßnahmen zur bundesweiten Stabilisierung des Zugverkehrs im Einzelnen erläutern und steht für O-Töne zur Verfügung.
Wir freuen uns auf Ihr Kommen. Bitte beachten Sie die temporären Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen anlässlich des US-Präsidentenbesuchs rund um den BahnTower. In den Bereichen von Ebertstraße, Bellevuestraße, Lennéstraße, Auguste-Hauschner-Straße, Hansvon-Bülow-Straße, Voßstraße, Ben-Gurion-Straße, Potsdamer Straße und am Potsdamer sowie Leipziger Platz kommt es zu Sperrungen. Der Zugang zum BahnTower ist morgen nur über die kleine Drehtür auf der Westseite (Hintereingang) möglich. Führen Sie bitte Ihren Personalausweis/Pass mit sich und kalkulieren Sie für die Anfahrt mehr Zeit ein
Für weitere Fragen steht Ihnen Daniela Bals gerne zur Verfügung: Tel. +49 (0) 30 297-60020, daniela.bals@deutschebahn.com. 
Mit freundlichen Grüßen 
Jürgen Kornmann

Die Fahrplaninfos gab die Bahn nicht etwa am Vorabend in die Server, sondern am Freitagmorgen. Am ersten Tag des „Notfahrplans“ ging dann auch alles schief, was schief gehen kann, siehe oben.

Vor Magdeburg

In der vertrödelten Anfahrt auf Magdeburg war für uns spannende Frage: Hier umsteigen oder in Braunschweig? In der Nacht auf Freitag hatte es ein Gewitter gegeben. Zuviel für die Bahn. Alle Signalanlagen entlang der Magdeburgstrecke waren gestört. Wir erduldeten einen Stop-and-Go Verkehr wie sonst mit dem Auto in Berlin Mitte.

„Informationen von der Transportleitung liegen mir nicht vor. Achten Sie deshalb bitte auf die Lautsprecheransagen in Magdeburg. Wir danken für Ihre Reise mit der Deutschen Bahn.“ In Magdeburg strömten die Wolfsburgpendler zu den Türen und hielten ihre Köpfe raus, nach Informationen über Anschlüsse lechzend. Doch der einzige Anschluss der angesagt wurde, war der Regionalzug am Nachbargleis Richtung Frankfurt/Oder über: Berlin.

Hieß: Der Zug nach Wolfsburg war abgefahren. Warten auf 300 Pendler schien der Transportleitung unnötig. Die 300 Pendler darüber zu informieren auch.

Reisendeninformationen

Wir waren im informationstechnischen Nirgendwo. Das, obwohl die Bahn am Potsdamer Platz ein großes Projekt „Reisendeninformationen“ betreibt. Aber die Leute dort beschäftigen sich -fern vom Gleis- mehr mit WLAN Hotspots in Fernzügen als mit der Versorgung mitgenommener Pendler mit Reisendeninformationen.

Unser Zugchef hatte nicht nur keine aktuellen Anschlussinformationen. Er hatte auch keine  Fahrplaninformationen über Anschlüsse auf dieser umgeleiteten Strecke. Im Zug lagen nur die alten  Faltblätter aus, die nicht mehr gelten.

In Braunschweig

Hier hatten wir dann mehr Glück. Unser ICE hatte soviel Verspätung herausgefahren, dass wir den nächsten Regionalzug nach Wolfsburg passend erreichten.

Aber auch das muss man erlebt haben: Neben Hannover ist Braunschweig die Stadt aus der die meisten Menschen nach Wolfsburg pendlen. Es sind tausende. Aber die Bahn stellt hier einen zweiteiligen Schienenbus auf einer eingleisigen Strecke bereit, den dieser sich mit entgegenkommenden ICEs teilt. Der Schienenbus ist hoffnungslos überfüllt. Nicht nur mit Berufspendlern, sondern auch vielen Berufsschülern bzw. Auszubildenden.

Wenn die Sonne auf diesen unklimatisierten Schienenbus scheint wird es hier drin richtig ungemütlich. Fenster kann man nicht öffnen. „Komforteinbußen“ nennt Ulrich Homburg in Talkshows solche Zumutungen.

Ausgelaugt ankommen

Die Fahrt dauert 30 Minuten, wir steigen in Fallersleben um und nutzen von hier einen Bus. Als wir in Wolfsburg ankommen haben wir fast vergessen, warum wir überhaupt hier sind. Wir fühlen uns gerädert und übermüdet. Aber der Arbeitstag liegt noch vor uns. Dreieinhalb Stunden haben wir gebraucht. Zurück kann es noch länger dauern. Bis dahin beobachten wir mit einem Auge die Bahnwebsite und bekommen wir Angebote von entnervten „Werksfahrern“, die längst aufs Auto umgestiegen sind.

Ich entscheide mich trotzdem, auch zurück mit der Bahn zu fahren, denn im Zug kann ich immerhin arbeiten. Denke ich und ahne nicht, dass ich wieder eine falsche Annahme treffe.

Auf der Rückfahrt erleben wir am Hbf Braunschweig erstmal 45 Minuten Verspätung. Ankommt ein ICE aus Köln, der mal ein aus zwei Zugteilen bestand. Eine Hälfte wurde wohl unterwegs aufgerieben, jetzt verteilen sich die Passagiere auf die verbliebene. In den Gängen sitzen bereits -pro Waggon- 20 Leute auf dem Boden. Uns bleiben die Stehplätze in den Übergängen. Es ist so warm und stickig, dass wir beschließen, in Magdeburg wieder auszusteigen, denn dort hält zeitgleich wieder der Regionalzug nach Frankfurt Oder - angeblich am selben Bahnsteig.

Doch als wir ankommen, fährt er ab.

Unterwegs im Güterwagen

Wir bleiben stehen. Schweißperlen rinnen, Ärmel werden hochgekrempelt. Eine Schaffnerin drängelt sich durch mit einem Serviertablet vom Speisewagen in die 1. Klasse.  1. Klasse haben mein Kollege und ich auch, aber wir stehen nicht mal erstklassig. Für die Bahn sind wir nur Fracht. Immer gewesen. Es scheint in die DNA eingewebt zu sein. Wir müssen Platz machen, aufstehen, zusammenrücken, damit der Umsatz mit dem Speisewagen nicht unter den Zumutungen uns gegenüber leidet.

Man ermattet äußerlich, wenn man so transportiert wird. Innerlich regt sich immer noch Widerstand. Mir fallen böse Bilder ein. Ich erinnere mich an den „Zug der Erinnerung“. An die Bilder von Güterwagen, die die damaligen Manager der Reichsbahn so kalkuliert hatten, dass der Umsatz maximal und die Kosten minimal waren. Die Bahn knöpft den Initiatoren des Erinnerungszuges Gebühren für Gleise und Bahnhöfe ab. Muss man mehr wissen über das Selbstverständnis der Herren Homburg, Huber, Grube und Co. um ihr Verhalten auch uns gegenüber zu verstehen?
Ja natürlich ist diese Anspielung krass und viele werden es unpassend finden. Was ich meine ist, mir ist das Menschenbild der Bahnvorstände klarer geworden. Dass der Blick der Personenverkehrsvorstände auf die Passagiere der gleiche ist, wie der des Güterverkehrvorstandes auf seine Fracht. Es geht nur um Profit. Abgesichert durch die Eisenbahnversordnung, die bereits 1938 die Transportierten mit minimalen Rechten versehen hat.

Siemens

In der Zeitung lese ich, dass sich Ulrich Homburg über Siemens aufgeregt hat, weil die auf einer Veranstaltung Zugwartung als Dienstleistung angeboten haben. Die WELT schreibt (Link):
Die Bahn fühlt sich nun düpiert. "Das würde bedeuten, wir tun nicht alles, um unsere Züge ordentlich in Schuss zu halten. Oder wir sind zu blöd dazu", grollt Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg.
So viel Reflexionsvermögen ist man von Ulrich Homburg gar nicht gewöhnt. Zum Thema Klimaanlagen gibt er zum besten (Tagesspiegel):
„Die Klimaanlagen verhalten sich so, wie wir es erwartet haben“, bekennt vielsagend Ulrich Homburg, Personenverkehrs-Vorstand der Deutschen Bahn.
Homburg erklärt den Ausfall der Klimaanlagen mit deren Alter. Dass er dafür verantwortlich ist, ist jedem klar außer ihm. Dass die Prüfintervalle verkürzt und die Zulassung der immer komplizierter werdenden Anforderungen des Vorstands an die Züge immer langwieriger werden, auch das verantwortet allein Ulrich Homburg. Wer vor einem Börsengang auf Verschleiß fährt muss sich nicht wundern, wenn ihm anschließend auf die Finger gehauen wird.

Wir Pendler grübeln intensiv über Alternativen. Der Wohnungsmarkt in Wolfsburg ist leergefegt, Braunschweig ist nicht billig. Herziehen wollen wir nicht, und wenn dann nur ein Zimmer. Aber nicht ab 400 EUR.

Das Auto als Alternative

Oder der Umstieg aufs Auto? Leben wir nicht von Autos? Wir können uns so organisieren, dass wir mit Kollegen fahren, mit denen wir eh oft zu tun habe. Besprechungen im Auto. Statt Emails über WLAN im Zug. Oder Telefonate mit Mithörern.

Man verfährt pro Auto für die 500 km hin und zurück 50 Liter Sprit. 80 EUR. Zu dritt sind das 27 EURO, zu viert 20 EUR pro Kopf. Zuzüglich Öl und Wartung.

Es wird Zeit, dass wir eine solche Mitfahrerbörse im Intranet organisieren!

Montag, 10. Juni 2013

Hauptsache Wittenberge geht's gut

Was soll dieser Hype um Wittenberge? Ist diese Stadt mehr wert als andere? Flussaufwärts haben einige ganz schöne Opfer gebracht. Manche freiwillig, manche unfreiwillig. Dammbrüche, Polder, Havelrückstauung. Andere Städte wie Rathenow kommen ins Zittern, obwohl sie mit der Elbe überhaupt nichts zu tun haben.

Was Wittenberge auszeichnet: Gestern wurde klar, dass ihr Deich zu niedrig ist. Deshalb erfolgte mal eben ein Aufruf nach Berlin Freiwillige zum Sandsackpacken zu schicken. Leider konnten wir dem nicht folgen, weil wir -wieder mal- von einem Radrennen eingesperrt waren.

Merkel, Platzeck, Kamerateams, Sondersendungen. Hauptsache Wittenberge geht's gut..

Samstag, 8. Juni 2013

"You still know nothing 'bout me"


"Run my name through your computer
Mention me in passing to your college tutor
Check my records, check my facts
Check if I paid my income tax
Pore over everything in my C.V.
But you'll still know nothing 'bout me
You'll still know nothing 'bout me"
Sting




Kennen Sie jemanden, den die Behörden im Rahmen von Zensus 2011 persönlich befragen mussten? Sehen Sie. 


Ein Prisma als Veranschaulichung für das Potenzial von Datenanalysen habe ich schon vor zehn Jahren bei IBM verwendet. Allerdings nicht für staatliches Handeln. Man beobachtet das Kundenverhalten, erkennt Muster, bildet Kategorien. Das Ziel ist, jedem das anzubieten, was er typischerweise kauft:  Das bekannte "Kunden, die A gekauft haben, kauften auch B." erfordert schon eine konkrete Vorauswahl des Kunden. Die Kunst ist, ihn anhand seines Verhaltens einzuschätzen, bevor er etwas in den Einkaufskorb gelegt hat. Eine Art Rasterfahndung im Marketing.


Solche Analysen und Datenbankabfragen brauchen jedoch immer eine Suchrichtung. Sie beantworten Fragen, die man selbst stellt. Was Geheimdienste jedoch am liebsten hätten ist, den Computer auch die Frage formulieren zu lassen: "Nach welchem Verhaltensmuster muss ich denn suchen?" Auch dafür gibt es längst Ansätze. Riskant wird es, wenn die Verantwortung für die Rasterfahndung an die Algorithmen übergeben wird und man glaubt, an der Intelligenz der Analysten sparen zu können. Dann  entstehen die Horrosszenarien aus der Science Fiction: Ein falscher Schritt und man gerät in eine Nummer, aus der man nicht mehr herauskommt. Denn das System irrt sich nicht..

Samstag, 1. Juni 2013

"Zug der Erinnerung" in Wolfsburg und Berlin

Die Deportationsverbrechen der Nazis wären ohne die leistungsfähige Informationstechnik von Hollerith bzw. IBM und die Logistik der Reichsbahn nicht möglich gewesen. Die Millionen von Opfern wurden durch die Verschneidung von Personendaten aus Meldeämtern und Kirchenbüchern identifiziert. In den Güterwaggons der Bahn wurden sie abtransportiert.

Drei Tage in verschlossenen Güterwagen. Stehplätze. Keine Toiletten. Im Sommer brütende Hitze, weil man kein Fenster öffnen kann. Im Winter klirrende Kälte ohne Heizung. Die Menschen wurden als "Fracht" betrachtet, mit der man halt Geld verdient. Und zwar um so mehr, je enger man sie zusammenpfercht. Das sind die Regeln der Bahnwirtschaft.

Vorgestern hielt der "Zug der Erinnerung" am Hbf Wolfsburg. Mit dem VW-Werk im Hintergrund ergab das ein historisches Bild. Thema der Ausstellung in den Waggons sind die "Kinder von Westerbok"in Holland. Von dort deportierte die Bahn vor 70 Jahren Kinder ins Vernichtungslager Sobibor.

Wer meint, dass der Bahnvorstand selbst hier an die Wurzeln seines Geschäftes erinnert, irrt. Das überlässt sie Privaten. Stattdessen verdient sie lieber Geld an ihnen. Für die Benutzung von Gleisen und Bahnhöfen verlangen die Herren Grube, Kefer, Homburg und Co. von dem gemeinnützigen Verein jährlich 10.000 EUR. Man ist von diesen Herren Kaltschnäuzigkeit bei ihren täglichen Zumutungen an Pendler und Reisende gewöhnt. Aber das hier ist und bleibt ein ganz besonderer Skandal.

An diesem Wochenende macht der Zug der Erinnerung Halt am Berliner Hbf. Am 4. Juni steht er am Bf Friedrichstrasse.

Informationen: Zug der Erinnerung e. V.

Sonntag, 26. Mai 2013

Better Place ist pleite

Der Traum ist aus. Die von Shai Agassi gegründete Firma Better Place ist insolvent. Mit einem Konzept von Wechselbatteriestationen wollte Better Place Fahrern von Elektroautos die Reichweitenangst nehmen. Agassi argumentierte gegenüber der israelischen Regierung und großen Fonds, dass das Elektroauto Israels Weg aus der Abhängigkeit von arabischen Öl sein könne. Mit  Renault als Autopartner an seiner Seite startete er auch in Dänemark und Holland Initiativen.

Skeptiker argumentierten gegen das Konzept. Ein Batterietauschkonzept sei auf einen einheitlichen Batteriestandard angewiesen. Dieser sei ebenso schwierig zu organisieren wie der einheitliche Ladestecker.

Quellen: Better Place, Automobilwoche

Donnerstag, 23. Mai 2013

Wie die Bahn ihre 1. Kl.-Kunden verhöhnt

Am 08. Mai war sogar die 1. Klasse im ICE so überfüllt, dass man nicht mal drin stehen konnte. Die Zugchefin bestätigte auf Anfrage meine Erwartung, dass ich den Aufpreis von der 2. Kl. in die 1. Kl. erstattet bekomme. Das müssten für meine Strecke ca. 40 EUR gewesen sein. Sie gab mir einen Belegschein mit für's Reisezentrum.

Heute kam die Antwort: 5 EUR bekomme ich als Streckenabonnent der 1. Kl. wenn ich stehen muss oder wegen Überfüllung in die 2. Kl. wechsle. Das halte ich für eine Verhohnepiepelung.

Sehr geehrter Herr xxxx,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 08.05.2013.

Wir haben Ihrem Kundenkonto heute einen Betrag in Höhe von 5,00 EUR gutgeschrieben. Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten die Ihnen durch die Überfüllung der 1. Klasse entstanden sind. 

Wenn Sie noch Fragen haben oder wir sonst etwas für Sie tun können, zögern Sie nicht, sich mit uns in Verbindung zu setzen.
Unsere Mitarbeiter sind Montag bis Freitag von 8.00 bis 18.00 Uhr gerne für Sie da.


Mit freundlichen Grüßen

Sven Gußmann
Abo-Center Stuttgart

DB Vertrieb GmbH
Postfach 10 10 64, 70009 Stuttgart
Tel. 01805 011 066 *
*14ct./Min. aus dem Festnetz via Vodafone, Tarif bei Mobilfunk max. 42 ct/Min.
Die DB Vertrieb GmbH ist zertifiziert nach DIN ISO 9001, 

Der Unterschied zwischen London und Berlin

London. Wieder so eine Wahnsinnstat (Daily Mail). Ein Beil in der Hand und "Gott ist groß" auf den Lippen. Ich sehe das Video und kapiere erst gar nicht, wer das sein soll. Erst allmählich: da stammelt ein von seiner Bluttat berauschter Mörder und Terrorist.

Bei SPON ist die Meldung auf Platz 3, bei der SZ auf Platz 6. Jean-Claude Juncker ist beiden wichtiger. Es kommt eben ganz drauf an. Der NSU-Prozess schafft es bei beiden sogar auf Rang 1, wenn sich weit hinten in der Türkei ein Politiker über das Kruzifix im deutschen Gerichtssaal beschwert.

Die Pose mit dem Beil in der Hand und "Gott ist groß" gab es vor einem Jahr auch in unserer weiteren Nachbarschaft. In der Köthener Straße, östlich vom Potsdamer Platz, neben den Hansa Studios, köpfte Orhan S. seine "unzüchtige" Ehefrau und rief dabei seinen Gott an.

Der Unterscheid zu London: In Berlin kommt nicht die Polizei, um den Täter unschädlich zu machen. In Berlin startet die Fahndung nach einem Gutachter, der uns von der Idee abhalten soll, unruhig zu werden. So ein Gutachter findet sich hier schnell. Von der Schwere und dem Stil des Täters schloss Orhans Gutachter auf dessen Schuldunfähigkeit. Ein Lock-in an dessen Ende die Ergebung in den Wahnsinn steht: Je brutaler der Angriff, desto geringer also der Anlass, sich aufzurappeln und zu wehren.

Die Leserschaft des Tagesspiegel nahm es beruhigt zur Kenntnis.

Freitag, 17. Mai 2013

Grüße vom Obersalzberg

Angenommen, ein NPD-Funktionär erklärte öffentlich, dass er gedeckten Apfelkuchen mag. Wäre das ein Grund, auf den Genuss von gedecktem Apfelkuchen zu verzichten, um nicht in den Verdacht zu geraten, irgendetwas mit einem NPD-Mann gemeinsam zu haben? Natürlich nicht.
Henryk M. Broder in der WELT

So ist es. Deshalb hatten auch wir keine Gewissensbisse in Berchtesgaden auf den Obersalzberg zu fahren. Man muss die von den Nazis entführten Wahrheiten zurück stehlen. Andernfalls wäre bald mehr tabu, als man ahnt. Nicht nur die Autobahn und Volkes Wagen, der arbeitsfreie 1. Mai. Nicht nur Public Relations, Starkult und etliche Politikerredewendungen ("Sozial ist, was Arbeit schafft.", "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber."), sondern auch der Obersalzberg, womöglich die Alpen an sich. 


Leider sind aber auch so schöne Wortkombinationen wie die aus Kraft und Freude tabuisiert. Dabei gibt es diesen Zusammenhang doch. Wir hätten womöglich weniger Burn-out, wenn es mehr Kraft durch Freude im Wortsinn gäbe. Darf man das sagen? Immerhin, "Freude am Fahren" darf man sagen. 


Und Kraft braucht es, wenn man durch die Alpen tourt.


Aber geh, ich komm nur von der Fahrbahn ab, wenn ich versuche zu erklären, was ich eigentlich meine.


Großstädter, Berliner vor allem, fühlen sich Leuten vom Lande gern überlegen. Der fehlende Umgang mit Menschengruppen, so die Theorie, verhindert die Sozialisierung des Landmannes. Deshalb müsse man im Umgang mit ihm vorsichtig sein. Und nachsichtig. 


Selten so gelacht. Zwar gibt sich der überlegene Großstadtneurotiker gerne "grün", das meint er aber mehr kurativ und anklagend. Oft genug besprochen, ich muss nicht ausholen. Führt unterm Strich dazu, dass man in den Bergen Gott sei Dank nur wenige Grüne findet. 


Der Grüne weiß nichts vom heilenden Anblick der Natur und ihrer Erhabenheit, ihrer Freude am Wachstum. Der Blick von oben entrückt ihn nicht. Zu viel Trenker. Und Alpmassiv, Bergsteiger, Nazi ziehen als Begriffskette entlang seines  Horizontes. Wäre der Grüne ein Naturfreund, er würde zu allererst seine eigene Natur akzeptieren, die ihm die Kultur eigentlich erst zugänglich macht. Der Grüne sagt: Lebensentwurf, Sozialkonstrukt, Umwelt, Grenze des Wachstums. Der seelisch Gesunde sagt: Liebe, Identität, Natur, Wille zum Leben und Wachsen. 


Der Königssee ist umrahmt von Gebirge, nicht mal einen umlaufenden Uferweg gibt es. Man erreicht die Halbinsel Hirschau mit der Kapelle St. Bartholomä nur per Schiff, Fahrtrichtung auf dem Foto von rechts nach links. Übrigens: Elektroantrieb, 4t Batterie! Das Foto vom Königssee ist vom Gipfel des Jenner fotografiert.

Er lehrte uns nicht nur die Schönheit des Frühlings in den Bergen.


Sondern auch, dass der Abstieg schmerzhafter ist, als der Aufstieg. Gut, wir Städter und Angestellten  wissen das. Was den Abstieg so schmerzhaft und zehrend macht, ist das permanente Abbremsen der eigenen potenziellen Energie. 

Womit wir beinahe wieder in den Niederungen der Politik angekommen wären, aber wir biegen rechtzeitig ab. 

Für meinen Geschmack gibt es drei magische Farben: Das Türkis der Cote d' Azur, das Gelb der Forsythien und das helle Grün der Bäume im Frühling. Voila!


Was auch immer wieder beeindruckt: Wie aus einem kleinen Bach bergab ein Strom wird, dem man ab einer bestimmten Strecke nicht mehr widerstehen kann. Und wie gut das Wasser über der Siedlungsgrenze schmeckte. Hier oben trafen wir zig Gleichgesinnte, die nichts sehnlicher wollten, als den Realsatiren der Urbanen zu entkommen.

Freitag, 10. Mai 2013

Ab auf die Couch

Weil es die früheren Klassenverbände (Gewerkschaften, Kirchen, Sportvereine) nicht mehr in dem Maße gibt wie früher, muss jedes Individiuum seine eigene Strategien gegen Überforderung, Überlastung und Ausbeutung finden. Viele landen dann in einer Verweigerungsstrategie ausgelöst durch ihren Körper. Wir nennen das neuerdings Burn Out.
Michael Mary, Autor von "Ab auf die Couch - Wie Psychologen immer neue Krankheiten erfinden" in Fragen an den Autor, SR2

Ein paar Beispiele aus dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5), für die man künftig für krank erklärt wird (Burn out allerdings bleibt keine Krankheit, weil sie beruflich bedingt wäre?):
  • Nomophobie - Angst, ohne Handy unterwegs zu sein.
  • Dysruptive Launenregulationsstörung (erklärt sich selbst)
  • Trauerregulationsstörung - Wer länger als zwei Wochen um einen Verstorbenen trauert, gilt als krank
  • Pathologisches Glücksspiel (Achtung Uli)
  • Die bipolare Störung wird jetzt auch bei Kindern (ab 2 Jahren!) diagnostiziert. Und medikamentös behandelt. 
Wahnsinn!

Trotzdem: Ich vermisse mein "Handy Phantombrummen" - die Angst in der Jackentasche einen Anruf zu verpassen.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Automarktstatistik 2012 (ADAC)

Der ADAC hat in seiner neuesten Ausgabe der "motorwelt" folgende Marktzahlen für PKW (weltweit) veröffentlicht. Er stützt sich auf Zahlen von Wikipedia und Kraftfahrtbundesamt.

Optische Weltmeister ist der Ford Focus mit 1 Mio Stück. Da es den Focus aber in vier Karosserieformen gibt, die bei anderen Herstellern verschiedene Namen haben, ist eigentlich der VW Golf/Jetta der Sieger. Zusammen kommen sie auf über 1,5 Mio. Interessant: es werden mehr Jettas als Golfe verkauft.

PKW Weltrangliste 2012
1. Ford Focus 1 Mio
2. Toyota Corolla 966 tsd
3. VW Jetta 822 tsd
4. Hyundai Elentra 777 tsd
5. Ford Fiesta 728 tsd
6. VW Golf 726 tsd
7. Toyota Camry 705 tsd
8. VW Polo 704 tsd

Das Handelsblatt veröffentlicht heute die Markenzahlen.

Markenweltrangliste nach Quartalsgewinn Q1 2013
1. Toyota 2,4 Mrd €
2. Volkswagen 1,95 Mrd
3. GM 900 Mio

Beliebteste Autos in Deutschland
1. VW Golf + Jetta 241 tsd (davon 68% gewerblich)
2. VW Passat 89 tsd (90% gew.)
3. VW Polo 77 tsd
4. Mercedes C Klasse 69 tsd
5. Opel Astra 67 tsd
6. BMW 3er 63 tsd
7. Mercedes B Klasse 59 tsd
8. BMW 1er 59 tsd
9.  Audi A4 57 tsd (84% gew.)
10. Opel Corsa 55 tsd (72% gew.)

Ich habe nur die höchsten Zahlen rausgeschrieben. Es fällt aber auf, dass Neuwagenkunden zu mehr als der Hälfte gewerblich sind. Die Autonation Deutschland leistet sich kaum noch Neuwagen.

Weltweiter Absatzmarkt
1. China 14 Mio
2. USA 6 Mio
3. Japan 3,5 Mio
4. Deutschland 3,2 Mio
5. Russland 2,7 Mio
6. Brasilien 2,6 Mio
7. Indien 2,5 Mio
8. Frankreich 2,2 Mio
9. Italien 1,9 Mio
10. England 1,9 Mio
11. Iran 1,4 Mio
12. Südkorea 1,2 Mio

Mittwoch, 8. Mai 2013

Falsche Anforderungen der Bahn verantwortlich für ICE Lieferprobleme


Im Berliner Hauptbahnhof Tief kommt ein Schlafwagen aus Moskau an. Russische Waggons, vor die eine E-Lok deutscher Bauart gespannt ist. Diese russischen Waggons müssen nichts über deutsche Bahntechnik wissen, sie rollen einfach hinter der Lok her. So funktioniert das seit Jahrzehnten. Das Erfolgsgeheimnis ist, dass alle nationalen Bahntechnikspezifika in der Lok ausgeprägt sind. Wechselt man hinter der Grenze die Lok, hat sich der gesamte Zug an die nationalen Besonderheiten angepasst.

Eurotunnel
Im deregulierten Bahnnetz der EU geht das angeblich nicht mehr. Siemens ist mit der Lieferung eines transnationalen ICE für den Eurotunnel an die Deutsche Bahn in Verzug. Die Anforderung ist wohl, ein Gespann zu entwickeln, dass alle Bahnsysteme zwischen Startbahnhof und Großbritannien bedienen kann. Komplettgespanne wie ein ICE sind Mode und gut für’s Marketing des Zugbetreibers. Nur so fahren die gleichen Triebwagen mit den gleichen DB Schriftzügen durch halb Europa. Eine Wagenreihung mit Lokwechsel an den Grenzen ist den Managern im Bahntower am Potsdamer Platz zu bieder. Technisch allerdings gibt es keine Argumente für die Denke der Deutschen Bahn.

Inland
Auch der Nimbus eines Hochgeschwindigkeitszuges liefert kein Argument. Denn nicht die Höchst- sondern die tatsächlich erzielbare Durchschnittsgeschwindigkeit ist für die Kunden wichtig. Die Bahn sperrt immer irgendwelche Strecken seit der Ausdünnung ihres Netzes und den Billigbauzeiten eines Hartmut Mehdorn. Pendler zwischen Berlin und Wolfsburg wissen, das selbst auf der sturgeraden Höchstgeschwindigkeitsstrecke mit bis zu 250km/h der ICE gegenüber dem IC keinen Zeitvorteil bringt. Die beiden Züge sind schlicht gleich schnell am Ziel.

Auch technische Störungen an Triebwagen lassen sich flexibler handhaben, wenn man eine universell einsetzbare Lokomotive vorspannen kann. Ein ICE jedoch wird in einer festen Konfiguration genehmigt.

Unnützer, komplizierter Gespannbetrieb
Der Lieferverzug der neuen Siemens ICEs ist wohl auf Softwareprobleme beim Betrieb als Gespann zurückzuführen. Der Gespannbetrieb diente ursprünglich der Effizienzsteigerung. Wenn zwei Züge einen Großteil ihrer Gesamtstrecke gemeinsam haben, sollten sie nicht mit langem Sicherheitsabstand hintereinander herfahren sollen. Man spannt sie einfach zusammen und dort, wo sich ihre Wege teilen, auseinander. Die Strecke Berlin - Düsseldorf/Köln wird so betrieben. Allerdings nutzt die Bahn dieses Gespann nicht, um mehr Züge auf einer stark nachgefragten Strecke zu fahren. Sondern um den Fahrplan weiter auszudünnen. Die genannte Strecke ist regelmäßig, also planmäßig überfüllt. Der Gespannbetrieb nutzt den Reisenden also nichts. Deshalb könnte die Bahn das Konzept auch aufgeben. Sie könnte zwei Triebwagen durch Waggons ersetzen und so mehr Kapazität schaffen.

Zurück zur E-Lok
Als Problemlösung wäre es also das Einfachste, wenn die Bahn zu bewährten Antriebskonzepten zurückkehren würde. Es würde billiger und schneller verfügbar. Zum Wohle aller Bahnbenutzer.