Freitag, 2. April 2021

.. denn sie dachten, es passiere nur anderen.

 Mit etwas Schadenfreude lese ich durch die linksliberalen Feuilletons. Und entdecke, dass der Wokeness- und Vielfältigkeitsspass für viele jetzt aufhört, da er ihre eigenen Gartenzäune berührt.

Da empören sich Ruhrbarone und ihre Leser über David Precht's Vorschlag eines sozialen Jahrs für Rentner, um ihnen Gelegenheit zu geben, der Gesellschaft etwas zurückzugeben, in der sie viele Privilegien genossen hätten.

Da empören sich Tagesspiegelleser darüber, dass die neue Musikchefin von RBB Kulturradio erstmal ihre klassische Musik zurechtgestutzt hat, um "mehr Vielfalt" ins Programm zu nehmen. Botschaft: Kultur wurde  nicht nur von alten weißen Männern kreiert. 

Rund um den Kreuzberger Gleisdreieckpark empören sich gut situierte Grüne hinter ihren Community-Zäunen auf denen sie "No Racism" plakatieren, über den "Mob", der da vor ihren Balkonen ab dem frühen Nachmittag Bier trinkt und Lieder singt. Da versteht man im Home- bzw. Familyoffice ja sein eigenes Wort nicht mehr.

Berliner (grüne) Lehrer empörten sich gestern darüber, dass die Senatorinnen für Gesundheit und Bildung sie wegen der AstraZeneca Geschichte von der Priorisierungsliste gestrichen haben, aber bei der Anordnung des Wechselunterrichts nach Ostern geblieben seien. 

Ein früherer Freund sagte in solchen Situationen immer, er beobachte das "mit kalter Neugier". Die ökonomischste Form des Kampfes ist, wenn sie die eigenen Gegner gegenseitig bekämpfen.

Die Gründer der Grünen sind alt geworden und wollen ihre Ruhe. Ihre intellektuelle Überlegenheit spielen sie natürlich immer noch aus, indem sie uns von ihren Kanzeln Moral predigen. So wie die stellvertretende ZEIT Chefredakteurin, die ihre Leser in einem Artikel aufforderte, sich mit ankommenden Flüchtlingen anzufreunden. Und von der Gegenfrage, wie viele Freunde sie  denn schon gemacht habe, vollkommen überrascht war. Denn sie sah in ihrer Aufforderung an uns bereits die gute Tat.

Berliner Altgrüne und -linke beklagen sich über die langen Wartezeiten im Impftermin-Callcenter und über die Nichtzuständigkeiten, wenn sie dann doch mal jemanden ans Telefon bekämen. Sie erwarten jetzt bitte mehr "Performance" und Qualität. Begriffe, die sie vor 30 Jahren noch für spießig hielten.

Die Einschläge kommen für diese Leute jetzt näher. Und das ist gut so.

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