"Tatsächlich" ist ein neues Modewort unter Gutmenschen geworden. Zuerst fiel es mir bei unseren Nachbarn aus der Bundesverwaltung auf. Dann hörte ich es immer häufiger als Floskel im Radio.
"Tatsächlich ist es so, das.."
Welchen Zweck hat diese Floskel? Zuerst dachte ich, es solle künstlich Spannung erzeugen. In der Art "Achtung, jetzt kommt eine Überraschung." Inzwischen halte ich es für eine bewusst gesetzte Antithese gegen Regierungskritiker. Denn die verbreiten ja "Fakenews". Im Gegensatz dazu verbreiten die Linientreuen eben "Tatsachen".
Bei Journalisten soll die Floskel auch so etwas wie Investigation suggerieren: "Ich aber habe herausgefunden, was TATSÄCHLICH der Fall ist."
Jeder kleine grüne Spießer kann jetzt etwas zur Aufklärung beitragen, in dem er z. B. erklärt, dass er nun "tatsächlich" zu Hause arbeitet. Abgesichert durch Steuergelder. Steuergelder, die den Unterschied machen zu denen, denen die Regierung seit fast einem Jahr Berufsverbote erteilt hat. Und die deshalb auf die Straße gehen.
Diese Gutmenschen verwenden die Floskel inzwischen unbewusst. Sie haben sie voll integriert. Sogar bei Selbstbezichtigungsschreiben wie im Falle unserer Nachbarin aus dem Nachbarhaus. Sie gab in einem Flurbrief zu, dass sie "tatsächlich" aber "in Absprache" den Trockenkeller mit der Skiausrüstung belegt hatte. "In Absprache"? - mit wem? "Tatsächlich mit dem Beirat."
Die Kunst der Doppelmoral beinhaltet auch, ein Geständnis mit "tatsächlich" einzuleiten, um zum Ausdruck zu bringen, dass man -sozusagen investigativ- an der Aufklärung des Falles mitgearbeitet habe und das Geständnis nun eine Gegenthese zum Vorwurf oder zum Verdacht sei.
Ja, das kommt von denen, die glauben, die wahre Wahrheit zu kennen. Wenn jemand mit "tatsächlich" anfängt, dann ist er eben nicht mehr angreifbar, alles andere prallt an ihm ab.
AntwortenLöschenWie armselig, welcher Kommunikationskiller!