Dienstag, 6. April 2021

Was die Schweinegegrippekampagne uns und Frau Merkel lehrte

Von der sog. Schweinegrippe (H1N1) 2009 hatte ich nur den Namen im Gedächtnis. Und dass die damalige Berliner Gesundheitssenatorin Lompscher auf einer Menge nicht verbrauchter Impfmittel sitzen geblieben war. Vorgelseuche, Schweinegrippe - in der Erinnerung mischen sich sogar Tierseuchen mit Pandemien. Aber was war da genau?

  • April 2009: Die WHO Leiterin Margaret Chan warnt vor dem Risiko einer Schweinegrippe Pandemie. Im gleichen Monat ruft sie kurz hintereinander die Stufen 3, 4 und 5 und dann 6 ihres Alampfplans aus und aktiviert damit eine Aktivierung von Pandemie-Notfallplänen in den Ländern.
  • In Mexiko grassiert das Virus besonders in Form von Lungenentzündungen bei Patienten zwischen 30 und 44 Jahren. Dort wird aus dem Quotient aus verstorbenen zu eingelieferten Patienten eine Mortalität von 27% errechnet und ein R-Faktor von 1,4 bis 1,6. 
  • Als man später alle positiv Getesteten mit in den Nenner schreibt, sinkt die Mortalität auf 1%.
  • Die WHO senkt die Bedingungen für die Auslösung ihres Pandemie-Stufenplanes mit Verweis auf die unterschätzte Spanische Grippe, die auch auf einem H1N1-Virustyp basierte.
  • August 2010: Die WHO erklärt die Pandemie für beendet. 
  • Eine erste Einschätzung nennt < 20.000 Todesopfer, eine spätere > 150.000 weltweit.
  • Im gleichen Maße ging die Zahl der Todesopfer der saisonalen Influenza dort erheblich zurück, wo zuvor die Schweinegrippe verbreitet gewesen war.
Soweit die Rahmenhandlung auf Basis von Wikipedia. Ich habe mal weitergesucht und gefunden.

Gesundheitswesen:
  • Die kurzfristige Ausrufung der Stufen 4 und 5 und dann 6 wurde ermöglicht bzw. bewirkt, weil die WHO kurz vorher die Kriterien verändert hatte. Und zwar so, dass nur noch das Ausmaß der Virusverbreitung (die Erfassung von WHO Weltregionen) zählte, aber nicht mehr dessen Gefahr für die Gesundheit.
  • Oktober 2009: In Deutschland beginnt die Impfkampagne. 50 Mio Impfdosen werden bestellt, 34 Mio geliefert, mehr sind in der Kürze der Zeit nicht lieferbar. 
  • Die STIKO empfiehlt deshalb nicht die Impfung für alle, sondern lediglich für Mitarbeiter im Gesundheitswesen, Altenheimen und für chronisch Kranke.
  • Die Hausärzte halten sich mit Impfungen ihrer Patienten zurück - und zwar mehr als für die Rationierung der knappen Impfdosen nötig wäre. Die Neue  Westfälische Zeitung schrieb damals, die Hausärzte hielten "den Ball flach".
  • Mai 2010: 28 Mio Impfdosen sind noch immer nicht verimpft. Die Bundesländer bleiben auf den Kosten von 239 Mio EUR sitzen.
Impfstoffe und Hersteller:
  • Pandemrix von GlaxoSmithKline
  • Focetria von Novartis
  • Celvapan von Baxter
  • Celtura von Novartis-Behring
  • Tamiflu von Roche
Der WHO-pharmazeutische Komplex:
  • Mai 2009: James Murdoch, Sohn des News Corporation Gründers Rupert, wird Direktor des Corporate Responsibility Committee von GlaxoSmithKline. Ernannt hat ihn GSK CEO Christopher Gent, der frühere Vodafone-Vorstand. Ein Mann mit besten Verbindungen. James Murdoch ist zu dem Zeitpunkt Manager bei BSkyB und der Firma seines Vaters. Ein Mann, der die Agenden von Nachrichtensendungen bestimmt. Das erweist sich in der laufenden Pandemie nicht als unpraktisch. 
  • März 2010: Ein Berater der britischen Regierung, Roy Anderson, steht auf dem Gehaltszettel von GlaxoSmithKline.
  • Juni 2010: Vorwürfe gegen GlaxoSmithKline und Roche. Sie haben Zahlungen geleistet an drei Richtlinienverantwortliche der WHO. Die WHO hat diese nicht transparent gemacht. Die WHO-Führung streitet eine Einflussnahme der Pharmaindustrie auf ihre Richtlinienüberarbeitung ab. Virologen und Mediziner, auch das Paul-Ehrlich-Institut stellen den WHO-Beratern Freibriefe auf: "Ich bin überzeugt, dass die Pharmaindustrie an Impfungen weniger verdient als als an nicht geimpften Menschen, die erkranken." sagt die PE-Sprecherin der Bild der Wissenschaft.
Tendenziöse Medienberichterstattung:
  • März 2021: Correctiv Autorin Sarah Thust verbreitet einen sog. "Faktencheck", der etwas richtig stellt, was gar nicht in Frage gestellt wurde: Eine vermeintliche Behauptung, dass die WHO seit ihrer Richtlinienüberarbeitung jedes Jahr den Stufenplan für Pandemien aktivieren könne. Was Correctiv verschweigt: Dass der Stufenplan der Auslöser für die Maßnahmen der Länder ist, wie z. B. Lockdown und Impfkampagnen. Was Correctiv betont: Dass die Krankheit hierfür neu sein muss - und deshalb nicht jede Influenza für den Ausruf einer Pandemie tauge. Correctiv liefert hier ein Beispiel, wie man mit Halbwahrheiten lügt: Man stellt Dinge "richtig"; die gar nicht behauptet wurden und geht dafür nicht auf die wesentlichen Fakten ein.
Interessant und bedeutsam für die derzeitige Corona-Pandemie und Impfkampagne in Deutschland finde ich folgendes:
Eine Ärzterunde in einem renommierten Podcast erhob diese Woche den Verdacht, dass die Bundesregierung für ihre Impfkampagne deshalb Impfzentren aufgebaut habe, um nicht zu abhängig von kritischen Hausärzten zu sein. Das sei eine Erkenntnis aus der Schweinegrippe Pandemie. Die Hausärzte hätten die ohnehin knappen Impfdosen nicht verimpft. Zum einen seien die Bundesländer auf den Impfstoffkosten sitzen geblieben. Zum anderen betrachte die Bundesregierung es wohl als Anmaßung wenn die Hausärzte, die ihre Patienten ja am besten kennen und die auch etwas von Krankheiten und Influenzawellen verstehen, Impfungen nur empfehlen, wenn sie dies für richtig und angebracht hielten.

Die Schweinegrippe hat gezeigt, dass die Hausärzte damit richtig lagen. Ein Risiko, dass die Bundesregierung nicht noch einmal eingehen will. Bundeskanzlerin war übrigens schon damals: Angela Merkel.

PS: Anekdote am Rande: Berliner Muslime hielten sich damals für immun gegen die Schweinegrippe - da sie ja kein Schweinefleisch essen. Aber der Tagesspiegel stellte das richtig..

1 Kommentar:

  1. Genau. Die Schweinegrippe war der Testlauf, und die Ergebnisse werden jetzt verwurstet. Und ein weiteres Schippchen kann man natürlich immer noch drauflegen.

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