Montag, 28. Februar 2011

Warum das US-Patentrecht (endlich) modernisiert wird

Das US-Patentrecht ist stark modernisierungsbedürftig. Ein Anlass ist, dass das US-Patent seit Beginn des Internetzeitalters überlastet ist und inzwischen unter einem Backlog von 700.000 Anmeldungen zusammenbricht. Bis zur Erteilung vergehen inzwischen drei Jahre.

Aber auch im Hinblick auf den Patenterteilungsprozess und die Qualität der Patente gibt es Handlungsbedarf. Die Washington Post nennt folgende Mängel des alten Gesetzes:

- Das "First to invent" Prinzip für die Bewertung der Neuheit sollte abgeschafft werden. Es lässt Erfinder Jahre nachdem andere ihre Produkte auf dem Markt haben, erfolgreiche Erfindungen einfach claimen. Mit der ominösen Behauptung, sie hätten das Produkt schon früher erfunden. Wie beweist man das objektiv? Besser ist das "First to file", also: Wer zuerst anmeldet, bekommt das Patent. Das gilt schon lange im Rest der Welt.

- Amerikanische Patente sind oft weder neu noch erfinderisch. Es setzt damit Hersteller einem überproportionalen Risiko aus, für ungeahnte Patente belangt zu werden.

Am heutigen Montag befindet der Senat über den Patent Reform Act, der beide Mängel beseitigen soll. Zudem soll es an Universitäten nicht mehr neuheitsschädlich sein, wenn Akademiker ihre Erfindung in öffentlichen Seminaren zeigen. (Wobei ich dachte, das sei bereits heute der Fall?)

Zudem soll das US-Patentamt künftig freien (privaten) Erfindern und kleinen Unternehmen einen Nachlass bei den Anmeldegebühren einräumen dürfen.

Das ist schon mal ein guter Schritt. Vor allem was die erfinderische Höhe als Bedingung für die Patentierbarkeit angeht, hegen Ausländer große Hoffnungen.

Trotzdem wird der Gesetzentwurf von den Konservativen hart kritisiert, berichtet die New York Times. Sie und Ingenieursberufsverbände halten das "First to file" Neuheitsprinzip für einen Nachteil für kleine Unternehmen. Mir wird nur nicht klar, warum.

Übrigens ist das Recht auf ein Patent bereits in der Verfassung der USA veranktert: Artikel 1, Section 8, Clause 8 lautet:
To promote the Progress of Science and useful Arts, by securing for limited Times to Authors and Inventors the exclusive Right to their respective Writings and Discoveries;


Quellen:
Washington Post "Why the patent process should be overhauled"
New York Time: "Senators to debate patent reform"
US Senat: Patent Reform Act (Bill)
US Constitution

Mittwoch, 23. Februar 2011

Wie man mit Astroturfing im Web 2.0 Popularität vortäuscht

Facebook und Twitter gelten als Gradmesser für Volkes Meinung, oder wie man in den Mainstreammedien sagt: Für die "Internetgemeinde" (Im Gegenzug nennen wir die reinen Fernseher als Rundfunkgemeinde - der Unterschied ist, dass jene Gemeine nur hören, aber nicht sprechen darf..)

Gestern hieß es z. B. ehrfürchtig, dass eine Pro-Guttenberg Facebookseite mehr als 200.000 "Freunde" gefunden habe.

Doch Vorsicht. Solch Popularität kann man auch simulieren. In dem man Stimmen einkauft. Z.B. bei diesem Service hier:

http://usocial.net/facebook_marketing/



Bei Twitter dagegen finden sich schon lange sogenannte Astroturfer. Der Begriff ist ein Wortspiel aus dem Namen für einen amerikanischen Kunstrasen und einer Graswurzelbewegung. Hier wird simuliert, dass es plötzlich eine authentische Meinungswelle gegen einen veröffentlichten Mainstream gibt. Doch dahinter stehen PR-Agenturen. Im Dezember bezichtigten z.B. etliche Twitterer, dass der Vorstand der Deutschen Bahn gleich mehrere Astroturfer bei Twitter aktiviert habe.

Somit steht in Frage, wie echt der veröffentlichte Zuspruch für Minister Guttenberg ist. Das gilt auch für Telefonumfragen. Wer über die finanziellen Mittel verfügt, der kann sich simulierte Authentizität ganz einfach kaufen.

Freitag, 18. Februar 2011

Twitterverbot im Büro

Das "Soziale" an diesen Netzwerken verstehen diejenigen nicht, deren Stärke soziales Verhalten auch sonst nicht ist. Twitter ist längst zu einem Link-Verfolgungswerkzeug geworden. Es ist die effizienteste Möglichkeit, sich über aktuelle Entwicklungen in seinem Fach auf dem Laufenden zu halten und Kollegen und Freunde gezielt und schnell zu informieren.

Ich verfolge an meinem heimischen Rechner Twitteraccounts zu den Themen Auto, Energie, IT und Patentwesen. Deren Links ersparen mir zeitraubendes Googeln. Doch im Büro kann ich das nicht verwerten, weil Twitter grundsätzlich gesperrt ist. Von Verantwortlichen, die sich für diese Innovationen nicht interessieren oder sie nicht verstehen. Wenn sie es sperren, weil sie den Mitarbeitern Missbrauch unterstellen, projiziert mancher dabei nur seine eigene Anfälligkeit auf andere?

Übertrüge man diese Verbannung auch auf andere Werkzeuge, z. B. mechanische, bliebe fast nichts mehr übrig, was sich nicht auch zum Missbrauch eignen würde.

Es gäbe keine effizientere Methode, Kollegen über eigene Projektthemen und Reisen auf dem Laufenden zu halten, als ein Corporate Twitter.

Mittwoch, 16. Februar 2011

Wir Wolfsburgpendler



Die Berliner Zeitung hat uns Wolfsburgpendlern endlich ein Denkmal gesetzt (Link). Jetzt haben wir es auch schriftlich, dass es nur freundlicherweise geduldet wird, dass wir nicht in der erstaunlichsten Stadt des Universums wohnen, sondern in Berlin. Da es in der Zeitung steht, darf ich nun auch hier darüber schreiben, dass wir Pendler inzwischen einen Draht in die oberste Etage des Bahntowers haben. Und das ist gut so. Denn für uns kommt es schon im Frühjahr wieder ganz dicke. Dann saniert die Bahn die ICE Hochgeschwindigkeitsstrecke. Heisst: 1h täglich mehr im Zug. Heisst: Einspuriger Verkehr. Heisst: Weniger Sicherheit.

Wenn die Termine zu früh lagen, oder zu spät, dann habe ich in Wolfsburg auch schon mal übernachtet. Vor zwei Jahren galt das mal ein halbes Jahr lang. Und weil es in WOB zu wenige Hotels gibt für die vielen Berater, musste ich manchmal in Westhagen absteigen. Hochhaussiedlung, Overnight für Spediteure. Ich lag in meinem angemieteten Jugendzimmer und suchte Zuflucht in meinem iPod.

Als ich '97 nach Essen gezogen war, erzählte mir meine Nachbarin, sie sei auch erst neulich eingezogen. Sie komme aus der einsamsten Stadt, am Ende der Welt. Aus Wolfsburg. Hätte damals nie gedacht, wie gut ich es eines Tages kennenlernen würde.

Im Wolfsburger Werk trifft man keine Wolfsburger. Kaum jemand, der hier arbeitet, wohnt auch hier. Man wohnt entweder in Braunschweig und ist Fan von Hannover 96. Oder man hat sein Häusschen zwischen H und WOB.

Wer das Ruhrgebiet oder Berlin kennt und schätzt, der hatte noch nie was gegen Niedersachsen. Aber auch nicht viel dafür. Ich muss sagen: Die Leute hier sind sympathisch und meistens unkompliziert. Ich hatte vorher schon zwei Konzerne von innen kennengelernt. Doch dies ist der erste, in dem mir bis jetzt keine Allüren entgegengeschlagen sind. (Die schlägt mir eher bei seinen kleinen Tochterunternehmen entgegen.) Vielleicht liegt das daran, dass es bis heute von Ingenieuren dominiert ist. Mit einem Patriarchen an der Spitze.

Wenn wir ehrlich sind, schlägt uns in Berlin viel häufiger Provinzialismus entgegen. Das liegt natürlich an den vielen zu gereisten Provinzlern. Eines der größten Missverständnisse ist, dass es in Kreuzberg-Friedrichshain von unerschrockenen intellektuellen Revolutionären wimmelt. Mitnichten. Hier wird nur kollektiv das ausgelebt und kompensiert, was in Süddeutschland häufig genug in Amokläufen endet: Tief sitzende Ängste sich in Frage gestellt sehender Twentysomethings. In Berlin wertet man die persönliche Krise halt zu einer Angelegenheit der Allgemeinheit auf brabbelt etwas vom Privaten, das nun politisch ist. "Ich will hier wohnen, ich will hier nicht weg." diktiert der Internationalist dem Politblogger ins iPad. Und ansonsten stellt Berlin wenig Ansprüche an sich selbst.

Wer so ist, darf auf Wolfsburg nicht herabschauen. Hier gibt man sich Mühe, das Image der künstlich angelegten Stadt aufzubessern. Hier gibts die Autostadt zu besichtigen, wenn man seinen neuen Wagen abholt. Ansonsten siehts hier aus, wie in den meisten mittelgroßen Städten Deutschlands.

Eine Kombination aus beiden wäre nicht schlecht: Die Steuereinnahmen Wolfsburgs für Berlin. Angeblich -so erfuhr ich am Freitag gerüchtehalber- habe man aus Wolfsburg bzw. Salzburg in Berlin schon mal angeklopft gehabt. Der Senat habe aber desinteressiert abgewunken. Das würde zu dem Umgang passen, den man hier schon beim Thema Elektroautos gezeigt hat: Erst brüske Ablehnung, dann bürgermeisterliche Reklamierung des Themas für die "Hauptstadt", und dann wieder ablassen in die Senke.

Wenn der ICE am Hauptbahnhof Berlin einrollt, wissen die Wolfsburgpendler genau, wo es nicht reservierte Sitzplätze gibt: Im letzten Waggon. Kenner wissen auch, dass die Türen genau an der Fuge auf Höhe der Sitzbank zum Halten kommen. Hier wird gedrängelt, am hinderlichsten sind die Anzugträger mit Rolltasche, Handy und dem Kaffee in der Hand, der ihnen selbst private Gemütlichkeit im öffentlichen Raum und uns anderen urbane Weltgewandtheit suggerieren soll.

Es gibt natürlich nicht nur die, die tatsächlich pendeln. Es gibt auch die, davon leben, dass andere pendeln. Die finden das gar nicht so schlimm und strapaziös. Bzw. sie bieten den Pendlern schon mal großzügig an, doch nach WOB zu ziehen. Doch das will keiner. Dagegen fragt man sich wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass in Deutschland die interessantesten, also wertschöpfenden Jobs in den eher uninteressanten Städten platziert sind? Warum wimmelt es in Berlin von Blender- und Schaumschlägerposten und nur von wenigen Industriejobs?

Doch während ich mich das frage, lese ich in der Morgenpost, dass die Deutsche Telekom und Google in Berlin neue Denkfabriken errichten wollen. In Tegel soll es ein Zentrum für Elektroautos geben. Das sind erlösende Worte.

Während wir darüber diskutieren und mit 250km/h übers Gleis rasen fällt mir noch etwas anderes ein: Ist nicht die Tatsache, dass wir alle mit dem ICE nach WOB pendeln, und dafür auch Reisegenehmigungen bekommen und die Kalkulation ergibt, dass die Bahn wesentlich günstiger ist als die Fahrt mit dem Auto, nicht das stärkste Argument gegen das Produkt, das wir alle da drüben entwickeln - das Auto?

Sonntag, 13. Februar 2011

Der 924S "Le Mans"

Unser Frontmotor Stammtisch Berlin/Brandenburg (Link) hat ein sehenswertes Mitglied mehr: Vor ein paar Wochen fragte mich ein Porsche 924S Interessent nach einer Kaufberatung. (Er hatte meinen Artikel auf SPIEGEL Online gelesen und irgendwie meine Emailadresse eruiert. ;-)

Vom ersten Angebot riet ich ihm ab. Doch schon das zweite klang richtig gut. Er bekam eine Gelegenheit und er ergriff sie. Ich erfuhr nebenbei, dass er in Berlin wohnt. Unweit von uns ;-) Und so trafen wir uns vorige Woche wegen schlechten Wetters nach Feierabend in einer Tiefgarage. Und ich staunte nicht schlecht: Hatte der gute Mann doch glatt einen der ganz seltenen Le Mans Sondermodelle erwischt. Zwei Stunden verbrachten wir mit gegenseitiger Bewunderung über unsere Schätzchen. Ich habe unseren inzwischen, nach fünf Jahren, ganz gut eingeritten. Es war reine Nervensache. Aber einen "Le Mans" würde ich auch nicht von der Garagenkante schubsen. Der Wagen meines neuen "Porschekollegen" sieht richtig gut aus.

Aber es ist so wie es früher mit neu gefangenen Wildpferden gewesen sein muss: Man ist stolz wie Oscar, aber auch etwas nervös. Der Wagen kann bei der Probefahrt einen noch so guten Eindruck hinterlassen haben. Man weiß nicht sicher, was man sich da eingefangen hat. Das Vertrauen muss erst wachsen. Man hat einen wirklich robusten Sportwagen ergattert und behandelt ihn in den ersten Wochen wie ein rohes Ei. Das gilt bei einem Sondermodell wahrscheinlich noch intensiver. Jedenfalls freue ich mich schon auf die Saisoneröffnung :-)

Früher nutzte Porsche Siege bei wichtigen Autorennen immer für Marketingaktionen in Form von Sondermodellen. So auch beim 924 (Link). Von der Zweilitervariante des 924 hatte es 1977 schon eine Martini und 1980 eine Le Mans Edition gegeben. Doch diese Editionen bekamen "nur" optische Aufwertungen wie Lackierung und Dekors innen und außen.

1988 kam dann eine technisch aufgewertete Exklusiv-Edition vom 924S, die nur inoffiziell Le Mans hieß. Neben den eigenwilligen Kontrastfarben (ockergelb bei der weißen Ausgabe, türkis beim schwarzen) bekam dieser auch ein Sportfahrwerk. Von diesen wurden weltweit weniger als 1.000 hergestellt. Einer von ihnen cruist nun durch Berlin :-) Auf Flickr gibt es ein ansprechendes Foto von der schwarzen Version: Link

Warum so viel Aufhebens um "Le Mans"? Weil der 924 in Le Mans gut abgeschnitten hat! Wahre Leckerbissen gibts da auf der Porsche Website zu sehen: Link

1981 testete Porsche den kommenden 944 in Le Mans, getarnt als 924 GTP Le Mans. Ein 2,5l Vierzylinder-Turbo mit Vierventiltechnik.

Zitat:
Wie ein Uhrwerk spulte die auf 410 PS getrimmte Rennversion unter Walter Röhrl/ Jürgen Barth die 24-Stunden-Distanz herunter. Nach 4.401 Kilometer und einem Schnitt von 184 km/h belegten sie einen hervorragenden siebten Rang im Gesamtklassement. Obendrein gewann das neue Auto den Preis für die kürzeste Boxenstandzeit.

Walter Röhrl fuhr "unseren" 924S/944 auf den siebten Rang! Ein bisschen davon spürt man immer noch, wenn man aus der Nordkurve auf die Startgerade der AVUS einfährt und Gas geben kann..

Samstag, 12. Februar 2011

Bumerang

Bumerang

War einmal ein Bumerang;
War ein Weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum - noch stundenlang -
Wartete auf Bumerang.

J. Ringelnatz

Sonntag, 6. Februar 2011

Kommentar zum Auftritt von Monica Lierhaus bei den Springers

Meine Vorbehalte gegen Monica Lierhaus sind seit gestern bestätigt.

Eine beliebte Sportjournalistin und Moderatorin wurde von einem Schicksalsschlag heimgesucht. So weit, so unglücklich und bedauernswert. Kein Zweifel. Die erste Maßnahme nach dem Blitzschlag aber war die Verhängung einer bis gestern andauernden Nachrichtensperre über das weitere Schicksal der Medienfrau. Eine wasserdichte Mediensperre über die Art, Hintergründe und Schwere ihrer Verletzung bzw. Krankheit. Sie, die von anderen immer alles wissen wollte, und die für und von ihre Öffentlichkeit lebt, verbietet anderen den Mund, über sie zu sprechen.

Gestern kehrte sie zurück. Auf eine -wie ich finde- unpassende Art. Unpassend aus mehrere Gründen: Sie und die Springermischpoke wussten um den Sensationsgehalt, der dem ersten Fernsehauftritt nach fast drei Jahren innewohnen würde. So inszenierten sie das Comeback gestern im Rahmen der turnusmäßigen Selbstbeweihräucherungssymbiose zwischen Springer und unseren Fernsehsternchen auf GEZ-Zahler Kosten: Der güldenen Kamera. Ich frage mich: Wenn die Zeit so schwer war, die Gesundheit oder vielleicht sogar das Leben auf dem Spiel stand, ist einem dann nicht nach einem bescheideneren, privateren Auftritt? Hätte es nicht besser gepasst, im Rahmen einer Sportschau aufzutreten? Das ist natürlich Geschmackssache und ich kann das nicht wirklich beurteilen, weil ich noch nie in dieser Situation war. Aber dass sie nun ausgerechnet ein Format wählt, dass ein wenig an den letzten Auftritt von Rudi Carrell erinerte, wirft für mich die Frage auf, wie groß ihre Sorge -oder die ihrer Berater- gewesen sein muss, dass einen die eigenen Fans vielleicht schon vergessen haben?

Friede Springer und Matthias Döpfner hatten sich einen Ehrenpreis für ihren Stargast ausgedacht. Als Laudator hatte sich die Ausgezeichnete Günter Netzer gewünscht. Der begann seine Rede, wissend, welch eigentlich anrührender Moment der Auftritt von Frau Lierhaus sein würde, mit dem Geständnis, dass er sich sehr unwohl fühle, und jetzt sogar lieber einen Elfmeter in der 90. Minute schiessen würde.. Das klang ehrlicher, als es den Veranstaltern lieb sein konnte.

Der Bühnenauftritt von Monica Lierhaus rührte dann auch jeden an, der menschlicher Regungen fähig ist. Vorsichtig, kleine Trippelschritte machend und am Mikro mit einer ziemlich veränderten Stimme. Die Kamera schwenkte auf Gäste, die sich sichtlich bewegt die Hände vor den Mund hielten.

Aber dann wurde es typisch Springer, typisch BILD, typisch niveauloser Kitsch. Monica Lierhaus bat am Ende ihrer Dankesrede ihren Lebensgefährten auf die Bühne und machte ihm einen Heiratsantrag. Dazu Fanfarenklänge aus dem Hause Springer.

Ich weiß nicht. Ich versuche es mir vorzustellen. Hätte meine bessere Hälfte monate- oder jahrelang Spitz auf Knopf, sehr ernst erkrankt, gelegen, hätte ich mir einen privateren Moment gewünscht, als solch einen Auftritt.

Monica Lierhaus hat es geschafft. Jeder, der sie gestern gesehen hat (oder das bei BILD hier noch tun will), ist erleichtert, sie wieder auf den Beinen zu sehen. Aber war sie es ihren Fans nicht auch ein bisschen "schuldig", sie wissen zu lassen, sobald es ihr besser geht?

Sie zeigt nicht nur, dass man es schaffen kann. Sie ist auch Botschafterin für alle vom Schicksal gesundheitlich hart geprüften Menschen (um das Wort "Behinderte", das ich irgendwie zu diskriminierend finde), die um ihre Rückkehr in den Beruf kämpfen. Dass sie solch einen pompösen, grenzwertigen Rahmen dafür gewählt hat, zeugt vom schlechten Geschmack der Veranstalter und von den Prioritäten der Monica Lierhaus.

Sage mir jetzt keiner, ich hätte ja wegschauen können. Nein, ich bin zwangsverpflichteter GEZ-Zahler und mische mich ein, wenn mit meinen Geldern PR Betrieben wird. Unterstelle mir auch niemand Herzlosigkeit oder fehlende Empathie. Im Gegenteil. Mich hat der Auftritt geschmerzt, weil ich glaube, dass man sich so nicht hergeben muss.

Friede Springer und Matthias Döpfner haben das untere Ende der Geschmacklosigkeitsskala wieder etwas tiefer gelegt.

Neue Erkenntnisse zum Tatmotiv des Managers

Vor einer Woche hatte ich hier am vermeintlichen Motiv des Managers Olaf H., der des Mordes an Mirco verdächtigt wird, gezweifelt und mich gewundert, warum der -eigentlich ja sehr erfolgreiche- SoKo-Leiter Thiel es so unreflektiert veröffentlicht hatte. H. hatte direkt nach seiner Festnahme angegeben, er sei am selben Tag von seinem Vorgesetzen am Telefon "zusammengefaltet worden" und habe sehr "unter Druck gestanden" und daraus sei spontan die Tat entstanden..

Ein paar Tage später berichtete BILD allerdings, dass Olaf H. einige Zeit nach dem angeblichen "Zusammengefaltet werden" von seinem Chef befördert worden war. Damit standen "Stress" und "Druck" als Tatmotiv in Frage.

Und jetzt kommt heraus, dass H. seinem Anwalt inzwischen gestanden habe, dieses auslösende Telefonat habe es nie gegeben. Aber er sei als Kind selbst sexuell missbraucht worden. Das erscheint viel plausibler. Der Fall hat somit nichts mehr mit der Telekom zu tun. Einerseits. Andererseits konnte jeder, der sich in ähnlichen Strukturen bewegt, erkennen, dass Motiv und Tat nicht zusammenpassten, wenn es sich bei H. um einen "normalen" Menschen handelt (also keinen Triebtäter).

Die SoKo ermittelt deshalb laut BILD weiter. Es haben sich inzwischen auch andere SoKos mit ungeklärten Fällen gemeldet.

Das interessante an diesem Fall ist für mich, dass er sich an der Grenze bewegt zwischen dem alltäglichen, vergleichsweise harmloseren aber trotzdem oft unfassbaren, Managerverhalten und einem Triebtäter.

Merkels Leben als Revolutionärin wird verfilmt

Mulholland Drive reloaded: Springers Hommage an Che Angela

Friede Springer und Matthias Döpfner haben ihre Eigen-PR-Veranstaltung auf Kosten der GEZ-Zahler (vulgo: Güldene Kamera) praktischerweise in die Woche vor der Berlinale gelegt. So gaben sich Medienfachleute, Politikberater und Filmemacher hier gestern die Klinke in die Hand. Angela Merkel fand nach ihrer Rückkehr von der Münchner "Sicherheitskonferenz" (einer Art Davos für Kriegstreiber) noch Gelegenheit, einer Einladung von Friede Springer zu folgen. Merkels Ehemann war ja erst neulich in das Kuratorium von Springers dritter Stiftung berufen worden. Aus Dank, dass er diesem Ruf gefolgt war, wollte sie mal sehen, ob sie etwas für Angela selbst tun könne.

Und siehe da: Es schickte sich, dass einer der jungen Hoffnungsträger in Hol(l!)ywood*, dem ein Ruf wie Donnershall vorausgeht, sich schon lange für die Chancelorrette mit der Erfahrung als Revolutionärin der DDR begeistert. Ein Wort gab das andere und am Ende stand die Idee für ein neues Drehbuch. Ken soll vor Neid geplatzt sein.

*PS: Englisch hat die junge Elfriede Riewerts in der Schule nicht gehabt.

Donnerstag, 3. Februar 2011

Zitat


If you are neutral in situations of injustice, you have chosen the side of the oppressor.
Desmond Tutu



Mittwoch, 2. Februar 2011

#Egypt: German Käseglocken-TV vs. Al Jazeera

Geht's Ihnen auch so? Von den meisten Artikeln kommerzieller Medien im Internet lese ich nur noch die Überschrift und den ersten Satz. Dann springe ich runter zu den Leserkommentaren. Da steht das eigentlich Originelle. Denn der Textkörper des langen Artikels entspringt meist einer vorgefertigten Pressemitteilung.

Und die Zeitungen unterscheiden sich sehr in der Ausrichtung und Qualität ihrer Leserkommentare. Das hängt auch davon ab, ob die Kommentare "moderiert" werden. Bei der WAZ/DerWesten gab es z.B. bis vor kurzem gar kein Blatt vor dem Mund. Bei der ZEIT tummeln sich die Fachgelehrten. Bei der WELT die Verschwörungstheoretiker. Bei der BUNTEN die Gesellschaftsanalysten.

Und bei der FAZ tummeln sich: die Westerwelle- und Merkelhasser. Nicht etwa Linke und Extremisten in einem unfriendly takeover. Sondern bürgerliche FAZ-Leser, die mit Schwarzgelb fertig haben. EURO Rettungsschirme, HRE-Rettungsschirme, die Verkomplizierung von Reisekostenabrechnungen durch unterschiedliche Steuersätze, die fehlende persönliche Eignung Westerwelles und der Opportunismus von Merkel und Guttenberg haben sie alle vergrätzt. Das qualitativ interessante an Wut und Empörung sind ihre Ehrlichkeit.

Man ist entsetzt, dass Merkel, die doch den Mauerfall selbst erlebt hat (aber wie empfunden..?) gegenüber anderen freiheitsliebenden Völkern eine opportunistische Politik fährt. Von Westerwelle verstehen währenddessen immer mehr, dass er keine Reisewarnungen ausspricht sondern von Reisen "abrät", weil das seiner Reisebüroklientel viel Geld spart. Von beiden hören wir keine Freude über den Sturz langjähriger Despoten. Ganz Europa bleibt lieber stumm. So, als könne morgen von Wikileaks aufgedeckt werden, warum wir diese Typen jahrzehntelang unterstützt haben? Warum es offiziell Terrorfahndungen nach den Mördern von Lockerbie gab, aber die britische Regierung Gaddafis Leuten Ratschläge gab, wie man den angeblich krebskranken, lebenslang einsitzenden Terroristen freibekommt. Für ein Fass voll Öl. Was, so fragt man sich, gäbe es über Kohl, Genscher und ihre Nachfolger aufzudecken? Hier wäre mal Gelegenheit für ehrgeizige Journalisten, ein bisschen nachzuharken. (So wie die Ruhrbarone im Ruhrpott. Sowas fehlt uns hier übrigens in dem sumpfigen Berlin.)


Aber von den Journalisten bin ich enttäuscht.

Übrigens genauso wie von den Programmdirektoren unserer Fernsehsender. Was die sich am vergangenen Wochenende an hartnäckiger Ignoranz gegenüber den Entwicklungen im nahen Osten geleistet haben, das ging auf keine Kuhhaut. Das galt für die üppig subventionierten Sender und Zusatzsender von ARD und ZDF genauso wie für die sogenannten Nachrichtensender n-tv und n24. Die brachten den ganzen Tag ihre geplanten Konserven über U-Boote im 2. Weltkrieg usw.. Wenn wir draußen Schneefall haben, bekommen wir vier Brennpunkte parallel. Wenn sich die arabische Welt revolutioniert, kriegen wir nichts davon mit. Käseglocken-TV

Wenn es medial so schlimm ist, hilft nur noch Twitter. Da findet man schnell Alternativen wie z.B. Al Jazeera GB. Die berichten live aus Ägypten. Wer gegen die jetzt spontan den Verdacht hegt, womöglich politisch eingefäbt oder gar gesteuert zu sein, dem geht es wie George W. Bush, der beim Einmarsch in den nahen Osten Al Jazeeras Sendestation in Basra bombardieren ließ. Damals ging das Gerücht, es gebe einen Search&Destroy-Befehl gegen alles was mit "Al" anfängt.

Die Kommentatore von Al Jazeera nehmen alles auseinander. Für politisch Interessierte lohnt es sich wirklich, mal durch die Blogs zu stöbern: Link. Ziemlich beeindruckt hat mich z.B. dieser hier, der die Statements des US-Außenministeriums zu den Entwicklungen in Rumänien 1989, Iran und Ägypten verglichen hat: Link

Einen medialen Höhepunkt habe ich heute leider verpasst: Die EU-Außenbeauftrage hat heute vor dem EU-Parlament über Tunesien und Ägypten gesprochen. Danach wurde sie telefonisch -anscheinend ungewohnt hartnäckig- zu ihrer Haltung gegenüber der ägyptischen Freiheitsbewegung interviewt. Als die Frage kam, was die EU tun könnte, falls Mubarrak ihren Aufruf zur Mäßigung nicht befolge, brach die Telefonverbindung ab..


Aber auch CNN hatte einen Livestream zumindest im Web geschaltet. Die Amerikaner, so ausgebrannt sie im Moment auch wirken, wenn es um die Freiheit geht, dann wollen sie wohl live dabei sein. Genau wie wir Deutsche.

Heute, am Mittwoch, hat die ARD einen Brennpunkt angekündigt. Auslöser ist wohl dass das Hochhaus, in dem ihr Korrespondent einquartiert war, heute in Brand gesteckt wurde. Ist also eher eine Selbstmitleidgeschichte. Vielleicht wird die GEZ-finanzierte ARD auch noch einen Spendenaufruf bringen. Mal sehen.

Kommt jetzt doch ein EU-Patent "light"?

Zukünftig soll es ein EU-Patent mit Wirkung in mindestens 12 EU-Staaten geben. Die CDU im EU-Parlament hat dies auf dem juristischen Wege der "verstärkten Zusammenarbeit" angestoßen.

Das neue EU-Patent gäbe es nur noch auf englisch, französisch oder deutsch und würde in folgenden Ländern gelten:
Deutschland, Frankreich, Dänemark, Estland, Luxemburg, Polen, Slowenien, die Niederlande, Litauen, Finnland, Großbritannien und Schweden.

Das Plenum des Europäischen Parlamentes muss das Dossier voraussichtlich im Februar aber erst einmal verabschieden.

Quelle: Golem

Enercon India

Enercon hat 1994 in Indien ein Joint-Venture mit einem indischen Textilfabrikanten gegründet. Der hat sich mit der Enercon India immer mehr "verselbständigt" und stellt Enercon Deutschland inzwischen kalt: Keine Berichte, keine Dividenden. Dafür fordert er die freie Nutzung aller Patente, schreibt die FAZ. Nachdem ihm dies nicht eingeräumt wurde, hat er angefangen, Enercon Patente vor dem indischen Patentgericht nichtig zu klagen. Patente, die in anderen Ländern bereits erteilt sind. Den Klagen wurde stattgegeben. Enercon drohen damit Vermögensverluste und der Verlust des indischen Marktes. Umweltminister Röttgen kümmert sich bislang nicht darum. Übrigens wie auch seinerzeit Wirtschaftsminister Rexrodt: In den 90ern ließen sich Vertreter amerikanischer Elektrotechnikhersteller die Enercontechnik vorführen. Nur, um diese dann selbst in den USA zum Patent anzumelden. Dabei nutzten sie die Eigenart des US-Patentrechtes, dass eine angemeldete Erfindung nur in den USA neu sein muss. Was im Rest der Welt Stand der Technik ist, sehen die USA nicht...
SPD MdB Garrelt Duin hat nun eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, was sie zum Schutze deutscher Firmen in Indien zu tun gedenkt. Bin sehr auf die Antwort gespannt...

Quelle: FAZ

Samstag, 29. Januar 2011

Spatenstich am Leipziger Platz

Nach drei Jahren willkommener Vertögerung haben gestern die Bauarbeiten am Leipziger Platz begonnen:

Hier stand das berühmte Kaufhaus Wertheim mit seiner traurigen Geschichte von der Arisierung bis zum Rechtsstreit zwischen den Nachkommen der Familie Wertheim, dem Karstadtkonzern und dem Land Berlin.

Mittwoch, 26. Januar 2011

10 Jahre Umzug nach Berlin - 2001

Wir nähern uns unserem zehnjährigem Berlinjubiläum. Im Dezember 2000 hatte ich einen der vielen glücklichen Momente in jenem Jahr voller Visionen und Aufbruchsstimmung gehabt: Ich hatte im April den Job gewechselt und im Dezember musste ich als neuer Internetberater bei einer Angebotspräsentation einspringen. Es ging um ein Projekt bei einem Berliner Energieunternehmen. Und es ging um mein Kernthema. Ich war motiviert und gut drauf und bekam gutes Feedback. Wenig später erfuhren wir, dass wir den Zuschlag bekommen hatten. Hurra. Nach den Reisen nach Wien und immer wieder Hamburg war endlich Berlin dran. Da das Projekt lange dauern sollte, war da die Frage: Im Hotel wohnen, oder die Gelegenheit beim Schopfe packen und richtig umziehen? Die Wahl viel auf ein möblierte Zimmer in der zweitschönsten Straße Charlottenburgs: der Mommsenstrasse.

Das Projekt sollte im Februar beginnen. Glücklicherweise feierte ein Kollege von mir im Januar in der drittschönsten Straßen Charlottenburgs, der Schlüterstraße, Wohnungseinweihung. Am nächsten Tag schauten wir uns ein möbliertes Apartment um die Ecke an, Mommsen Ecke Leibnitz. Sah gut aus und passte. Die Entscheidung fiel schnell...

Wir planten einen Umzug in zwei Schritten. Ich machte die Vorhut. Ich werde die Fahrt im ICE durch das weiße, vereiste Flachland nie vergessen. Gedanken an all that you can't leave behind und an das, was vor uns liegen sollte. Ich stieg am Bahnhof Zoo aus und fuhr mit der S-Bahn zurück bis Savignyplatz. Damit sind auch schon zwei Dinge genannt, die es heute nicht mehr so gibt: ICE-Halte am Zoo und eine funktionierende S-Bahn.

Ich war mit der Vermieterin verabredet. Wir hatten telefonisch verabredet, dass wir erstmal den Mietvertrag unterschreiben und alles andere, wie z.B. die Kautionszahlung, später nachholen wollten. Ich wollte erstmal den Schlüssel, um unseren Brückenkopf beginnen zu können. Aber schon am ersten Tag lernte ich, dass man in Berlin alles schriftlich machen muss. Die Dame wollte Cash sehen. Also ging ich zum Kudamm, stieg in den Bus, um zur Dresdner Bank an der Gedächtniskirche zu fahren. Die Dame wusste keinen näheren Geldautomaten, sie kannte die Filialen am Olivaer Platz nicht..

Jedenfalls ging der Spaß im Bus gleich weiter. Eine Station weiter stieg ein aggressiver Besoffski ein und fing eine Schlägerei an. An der nächsten Haltestelle am Kudamm, flüchteten wir alle aus dem Bus. Ich werde auch dieses Gefühl der Unsicherheit nie vergessen: Eigentlich wäre es ein Leichtes gewesen, den Mann zu zweit unschädlich zu machen. Aber man weiß ja nicht, was der noch alles in seiner Manteltasche hat. Nur der Busfahrer bewies Mut und griff den Typen an. Ich rannte in den Porzellanladen an der Haltestelle und bat den Verkäufer, die Polizei zu rufen. Der ließ mich das jedoch lieber selbst machen. Als ich wieder raus kam, hatten Polizisten den Mann schon überwältigt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich fast vergessen, warum ich eigentlich unterwegs war...

Gut, irgendwann war alles geregelt. Ich bekam den Schlüssel für unsere erste Wohnung in Berlin. In der Mommsenstreet, wie wir sie bald nannten. Ich war zufrieden und voller Aufbruchstimmung. Einen Tag später machte ich mich mit dem Bus auf den Weg zum Projektstart und las im Tagesspiegel vom Berliner Bankenskandal. Einen Monat später, meine bessere Hälfte war inzwischen dabei, auch ihre Aktivitäten nach Berlin zu verlagern, hörten wir vom Zusammenstoß eines amerikanischen Spionageflugzeugs mit einem chinesischen Kampfjet im südchinesischen Meer und den äußerst aggressiven Reaktionen des neuen US-Präsidenten George W. Bush. Ich weiß noch, wie wir die Tagesthemen schauten. Ich schlief dabei ein. Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen war die Vision, dass wir diesen Bush bestimmt irgendwann in olivgrüner Uniform sehen würden.

Im Februar 2001 sah Berlin noch anders aus:
- Der Palast der DDR stand noch.
- Zoo war noch Fernbahnhof, Charlottenburg Regionalbahnhof.
- Tempelhof war noch Stadtflughafen.
- Das Schimmelpfeng-Haus am Breitscheidtplatz stand noch.
- Den Hauptbahnhof gab es noch nicht.
- Das Bundeskanzleramt war noch nicht eingeweiht.
- Die Loveparade fand jährlich auf der Straße des 17. Juni statt.
- Unternehmen wie Pixelpark und ID-Media prägten die Szene.

Auch die Welt war noch eine andere:
- Die WTC-Türme in New York standen noch. Wir hatten sie im Oktober 2000 besucht und hatten dasselbe für Oktober 2001 geplant.
- Das Internet eroberte die Wirtschaft.
- Die New Economy Blase war im Begriff zu platzen.Auf meinem Nachttisch lag ein Buch, dass ich aus den USA mitgebracht hatte: "The coming internet depression"

Montag, 24. Januar 2011

Wer sind die CO2-Sünder?

Ist es sinnvoll die CO2-Länder an deren schierer Emissionsmenge zu messen? Will sagen, ist es fair immer auf die größten Emittenten zu verweisen und dann zu sagen: Wenn USA und China voran gehen, weil die am meisten emittieren, dann machen wir mit?

Ich glaube nicht.

Ich finde, man sollte die "CO2-Intensität" auf die Bevölkerungszahl oder Fläche eines Staates beziehen. Man stelle sich vor, der gesamte amerikanische Kontinent sei ein einziger Staat mit den gleichen CO2-Emissionen wie heute. Dann wäre er der Menge nach der größte CO2-Emittent. Aber die Forderung an ihn, mit CO2-Senkungen voran zu gehen wäre von der Absicht her das gleiche, als würde man heute von allen Regierungen erwarten, dass sie sich erstmal einigen, ihr CO2 zu senken, bevor man selbst an Einsparungen denke.

Um ein CO2-Senkungspotenzial eines Kontinents zu realisieren, muss man entweder an eine große oder an viele kleine Staaten appellieren. Beides sollte gleichwertig sein.

Samstag, 22. Januar 2011

Die Psychopathencheckliste von Robert Hare

Habe lange nichts mehr über Führungsqualität geschrieben. Aufgrund der aktuellen Nachrichtenlage heute aber mal wieder ein Eintrag. Der kanadische Kriminalpsychologe Robert Hare hat sich mit den Erscheinungsformen und Ursachen der Psychopathie beschäftigt. Darunter versteht man die Unfähigkeit, sich in andere Menschen versetzen zu können oder auch Mitleid oder Mitgefühl empfinden zu können. Dieser Typus ist mit 6% dreimal so häufig unter Führungskräften und Investmentbankern zu finden, wie in der normalen Bevölkerung, hat Hare herausgefunden. Er führt sogar die unfassbaren Entscheidungen von Investmentbankern, Schrottpapiere zu verbriefen und weiterzuverkaufen, wohl wissend, was sie damit anrichten werden, auf Psychopathie zurück.

Hare hat folgende Psychopathy Checklist Revised entwickelt, mit der man Psychopathen erkennt. Die Liste findet man bei Wikipedia:

Faktor 1: Persönlichkeit "Aggressiver Narzissmus"
- Oberflächlicher Charme/guter Redner
- Überhöhtes Selbstbild
- krankhafter Lügner
- manipulativ
- Unfähigkeit Reue zu empfinden
- Unfähigkeit tiefer Gefühle
- Fehlende Empathie
- Unfähigkeit Verantwortung zu übernehmen

Faktor 2: Fallstudie "Sozial abweichender Lebensstil"
- schnell gelangweilt auf der Suche nach einem 'Kick'
- Lebt gern auf Kosten anderer Leute
- schlechte Selbstbeherrschung
- promiskes Sexualverhalten
- Fehlen realistischer langfristiger Ziele
- Impulsivität
- Verantwortungslosigkeit
-Jugendkriminalität
- Frühe Verhaltensprobleme
-Bewährungsversagen

Freitag, 21. Januar 2011

GRÜNE Bauingenieurskunst: Der neue Pankower Knoten

Die Kultur vieler IT-Projekte ist jetzt auch bei den Berliner Bauingenieuren angekommen: Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG haben in Pankow die Straßenbahnoberleitungen tiefer gehängt, um sie an Normen anzupassen. Gleichzeitig verabreichte das Tiefbauamt der Straße unter einer S-Bahnbrücke einen neuen, dickeren Straßenbelag, weil unter ihr neue Leitungen verlaufen. Das Baustellengetöse quälte die Anwohner des Pankower Bahnhofs anderthalb Jahre lang. Jetzt ist die Baustelle fertig.

Ergebnis: Die BVG Doppeldeckerbusse passen nicht mehr unter der Brücke durch. Sollte das ein Busfahrer vergessen, wird er nicht an der Brückenkante hängen bleiben, sondern mit seiner Antenne in der Oberleitung.

Verantwortlich für das Tiefbauamt und die Koordination der Baumaßnahmen, die dem ÖPNV dienen sollten, ist Jens-Holger Kirchner, Mitglied der GRÜNEN. Auf das Malheur vom Tagesspiegel angesprochen antwortete er: Ach wissen Sie, auf dieser Brücke lastet schon immer ein Fluch..

Donnerstag, 20. Januar 2011

Phantomvibrieren und das digitale Leben

Wieso hatte ich damals so hohe Telefon- und Handyrechnungen? 1997 zog ich nach Essen und um mit meinen Freunden aus Dortmund in Kontakt zu bleiben, telefonierte ich viel. Call-by-call war in und Dank Arcor sparte ich im Regio50 Tarif so viel, dass ich mir zusätzlich ein Handy leisten konnte. Das Siemens S4 mit einem Vertrag bei Talkline.

Inzwischen brauche ich kein Handy mehr, außer wenn ich verabredet bin und sicher gehen will, dass Tom nicht am falschen U-Bahn Ausgang wartet. Aber ansonsten telefoniere ich überhaupt nicht gerne. Weder beruflich noch privat. Es fängt damit an, dass der Anrufer den Zeitpunkt für den Angerufenen aus Unwissenheit fast immer unglücklich wählt. Als Anrufer weiß ich das und der erste Satz dreht sich immer darum, ob es dem anderen gerade passt. Ich versuchte früher auch, den Zeitpunkt abhängig davon zu wählen, wie lange das Gespräch wohl dauern würde. Alte Freunde aus dem Pott oder Hamburg rufe ich nicht kurz vor der Mittagspause an. Und wenn ich abends anrufe, sind sie doch gerade im Auto auf dem Heimweg und können nicht gut sprechen.

Ich nutze auch Zugfahrten nicht zum Telefonieren. Nicht nur, weil die Verbindung in der niedersächsischen Steppe so schlecht ist. Es gibt auch so gut wie kein Gesprächsthema, dass ich nicht lieber führen würde, wenn ich allein im Raum bin. Geschäftlich, wie privat.

Umgekehrt: Wenn ich im Büro angerufen werde, werde ich immer aus einer gedanklichen Konzentration gerissen. Aufgabenwechsel kosten immer Zeit. Es kann auch sein, dass ich nicht im Büro bin, sondern im Zug oder in Wolfsburg. Viele Fragen müssen nicht hier und sofort gelöst werden. Das will höchstens der Anrufer. Die einzige angenehme Kommunikation vie Handy ist die SMS.

Das alles geht doch schriftlich viel angenehmer. Früher war schriftlich blöd, weil langsam. Dann kam Fax, und die Zeit, wo man vor dem Gerät im Büro Schlange stand. Dann kam Email, der Segen.

Wenn es um mehr geht als "Ich bin hier, und Ihr so?" dann ist die zeitversetzte, schriftliche Kommunikation die produktivste. Jedenfalls für mich. Ein iPhone ohne Phone aber mit Datenkommunikation wäre für mich das Ideale.

Andererseits: Konzentrierte Arbeitstage am vernetzten Schreibtisch, in Zeiten lange vor dem Abgabetermin, müssen auch nicht unbedingt konzentriert sein. Das Netz kann ein Fluch sein, und immer wieder zur Ablenkung verführen.

Von einem Zeitungsredakteuer hörte ich auf Bayern 2, er schaffe es höchstens einen Absatz zu schreiben, bevor er wieder den Drang verspürt, Emails zu checken oder auf SPIEGEL Online nachzugucken.

Dass Zeit vergangen ist, erkennt man daran, dass es auf unseren Favoritenseiten eine neue Überschrift gibt, dass sich die Börsenkurse bewegt haben oder die Gebote in der Auktion, die wir verfolgen. Das vermisse ich aber nicht, wenn ich dann wieder offline bin. Zu viele Bürotage am Stück machen unruhig. Es tut dann gut, zu Terminen zu reisen.

Doch unterwegs erlebe ich immer öfter ein neues Phänomen, von dem ich bis gestern glaubte, dass es nur mich betrifft:

Das Phantomvibrieren.

Ich habe mein Handy in der Manteltasche. Es ist für eintreffende Anrufe und SMSen auf Vibration eingestellt. Einmal am Tag spüre ich es vibrieren. Ich schaue nach, aber da ist nichts. Keine neue SMS. Manchmal sogar gar kein Handy! Neulich hatte ich es zum ersten mal am Schreibtisch. Mein Handy lag da und auf einmal hörte ich es vibrieren - aber es war Einbildung.

Ich traue mich nur aus einem Grund, dass hier online zu schreiben: Der Redakteur, der in dem Podcast interviewt wurde, hatte davon erzählt. Da waren wir schon zwei. Und dann erzählte er, er habe zum Thema Onlinesucht Schulklassen befragt, und da gingen beim Thema Phantomvibrieren etliche Hände hoch. Bei Jugendlichen ist das bekannt!

Naja, Onlinesucht. Man könnte es auch Akzeptanz nennen. Schreibt, liest und kommentiert man regelmäßig Blogs und Twitter entstehen mit der Zeit neue Bekannte, die man eigentlich nur online kennt. Und später irgendwann auch real kennen lernt. Aber auch umgekehrt: Mit vielen Exkollegen und Freunden maile ich eigentlich seit Jahren nur noch. Ich empfinde das nicht als zweitklassig. Man kann sich schriftlich genau so viel Mühe geben, wie im Gespräch.

Ein Höhepunkt aber ist zur Zeit die sonntägliche Twitterei wenn #Tatort läuft. Da hauen Tatortfans, Nachwuchsschauspieler, Filmstudenten, Hobbydrehbuchautoren usw. ihre Kommentare in den Raum. Auch verfolgen die Zuschauer des Livestreams und der Ausstrahlung in Österreich und Schweiz den Tatort mit einem Zeitvorsprung. Da wirds richtig lustig :-) Das ganze wirkt anziehend, weil es echt ist und live. Gerade, dass man einander nicht sieht, sondern nur liest, sorgt hier für Spannung. Das ist eine Wiedergeburt des Schriftlichen. In meinen Augen ist das Kultur.

Samstag, 15. Januar 2011

Die gravierendsten Fehler bei Patentrecherchen

Die gravierendsten Fehler bei der Patentrecherche:

1. Prioritätsdaten prüfen
Bevor recherchierte Patente tiefer überprüft werden, immer deren (und das der zugehörigen Patentfamilie) Prioritätsdatum auf Relevanz checken.

2. Rechtschreibfehler (und Kopierfehler) bzw. Schreibweisen
Rechtschreibfehler im Namen des Patentanmelders oder Erfinders passieren schnell. Das kann übrigens auch dem Anmelder selbst unterlaufen! Häufig vorkommende Firmennamen oder -teile führen dazu, dass man die volle Schreibweise inkl. der Gesellschaftsform benötigt. Dann kommt es darauf an, korrekt darzustellen, dass man die "Müller Saft GmbH" sucht. Schon hier braucht man tiefere Kenntnisse über die Formulierung der Datenbankabfrage. Schreibt man den Namen einfach so ins das Suchfeld der Einsteigerabfrage, werden die drei Begriffe als ver-ODER-t interpretiert. Da es sehr viele GmbH's unter den Patentanmeldern gibt, fällt es einem u.U. nicht auf, dass das wichtigste Unternehmen, der gesuchte Anmelder, sich gar nicht in der Trefferliste befindet. Auch in Patentaktenzeichen sind Vertipper fatal.

3. Das genaue Verständnis des Kundenwunsches
Patentrecherchen benötigen sehr unterschiedliche Strategien, wenn es um die Neuheitsrecherche für eine Erfindung geht oder um die Identifizierung von möglicherweise relevanten Schutzrechten in einem Technikfeld. Für erstere genügen wenige Treffer, um die Annahme zu Fall zu bringen, eine Erfindung sei neu. Im zweiten Fall kommt es darauf an, möglichst alle relevanten Schriften zu finden. Achtung, es könnte auch um nur bestimmte Märkte, also Länder, gehen,

4. Die richtigen Quellen durchsuchen
Keine Patentdatenbank weiß alles. DEPATISNET vom deutschen Patentamt ist ziemlich gut, aber weiß auch nicht alles. Bei internationalen Recherchen, die alle wichtigen Märkte (Europa, USA, Japan, China, Korea, Südamerika) abdecken sollen, sollte man verschiedene Datenbanken befragen. Und Achtung: Sollte der Klient ein eigenes Patentinformationssystem im Hause benutzen, wird auch dieses für bestimmte Zwecke konfiguriert sein. Man sollte um dessen blinde Flecken wissen. Auch wenn es um die Recherche von Rechtsständen ganz bestimmter Patente in bestimmten Ländern geht, sollte man in der Quelle des Landes suchen, um das es geht.

5. Zeitläufe
Natürlich haben auch Patentrechercheprojekte Abgabetermine, die man einhalten sollte. Das ist das eine. Das andere ist: Wenn zwischen dem Ende der Recherche und dem Präsentationstermin mehrere Monate liegen, kann es neue Offenlegungen geben, die man dann nicht mit drin hat. Das kann leicht passieren, wenn z.B. Sie die Recherche machen, aber andere die Bewertung der Treffer (Reviews), was sich empfiehlt. Um sicher zu gehen, sollte man das seinem Klienten vorher sagen und man sollte Termine festlegen.

Quelle: Intellogist
Gefunden bei: LinkedIn.com

Tip für Auto- und Wohnungsbesichtigungen

Vorsicht, wenn der Verkäufer oder Makler Sie nach Ihrer Handynummer fragt. Das sind die unorganisierten oder undisziplinierten Typen. Zumindest in Berlin.

Die nehmen sich das Recht raus, Ihnen 10 Minuten vor dem Termin noch abzusagen, weil sie den Wohnungsschlüssel nicht ausfindig machen können, der gegenwärtige Besitzer noch mit dem Auto herumfährt oder plötzlich noch seine Tante in Süddeutschland besuchen muss oder der Verkäufer sich offen halten will, ob er am Samstagmorgen Lust auf den Termin hat.

Geben Sie also nur Ihre Festnetznummer an. Wenn der Verkäufer dann drängelt, auch Ihre Mobilfunknummer haben zu wollen, vergessen Sie den Termin am besten ganz.

Die fünf häufigsten Fehler bei Patenrecherchen

Die gravierendsten Fehler bei der Patentrecherche:

1. Prioritätsdaten prüfen
Bevor recherchierte Patente tiefer überprüft werden, immer deren (und das der zugehörigen Patentfamilie) Prioritätsdatum auf Relevanz checken.

2. Rechtschreibfehler (und Kopierfehler) bzw. Schreibweisen
Rechtschreibfehler im Namen des Patentanmelders oder Erfinders passieren schnell. Das kann übrigens auch dem Anmelder selbst unterlaufen! Häufig vorkommende Firmennamen oder -teile führen dazu, dass man die volle Schreibweise inkl. der Gesellschaftsform benötigt. Dann kommt es darauf an, korrekt darzustellen, dass man die "Müller Saft GmbH" sucht. Schon hier braucht man tiefere Kenntnisse über die Formulierung der Datenbankabfrage. Schreibt man den Namen einfach so ins das Suchfeld der Einsteigerabfrage, werden die drei Begriffe als ver-ODER-t interpretiert. Da es sehr viele GmbH's unter den Patentanmeldern gibt, fällt es einem u.U. nicht auf, dass das wichtigste Unternehmen, der gesuchte Anmelder, sich gar nicht in der Trefferliste befindet. Auch in Patentaktenzeichen sind Vertipper fatal.

3. Das genaue Verständnis des Kundenwunsches
Patentrecherchen benötigen sehr unterschiedliche Strategien, wenn es um die Neuheitsrecherche für eine Erfindung geht oder um die Identifizierung von möglicherweise relevanten Schutzrechten in einem Technikfeld. Für erstere genügen wenige Treffer, um die Annahme zu Fall zu bringen, eine Erfindung sei neu. Im zweiten Fall kommt es darauf an, möglichst alle relevanten Schriften zu finden. Achtung, es könnte auch um nur bestimmte Märkte, also Länder, gehen,

4. Die richtigen Quellen durchsuchen
Keine Patentdatenbank weiß alles. DEPATISNET vom deutschen Patentamt ist ziemlich gut, aber weiß auch nicht alles. Bei internationalen Recherchen, die alle wichtigen Märkte (Europa, USA, Japan, China, Korea, Südamerika) abdecken sollen, sollte man verschiedene Datenbanken befragen. Und Achtung: Sollte der Klient ein eigenes Patentinformationssystem im Hause benutzen, wird auch dieses für bestimmte Zwecke konfiguriert sein. Man sollte um dessen blinde Flecken wissen. Auch wenn es um die Recherche von Rechtsständen ganz bestimmter Patente in bestimmten Ländern geht, sollte man in der Quelle des Landes suchen, um das es geht.

5. Zeitläufe
Natürlich haben auch Patentrechercheprojekte Abgabetermine, die man einhalten sollte. Das ist das eine. Das andere ist: Wenn zwischen dem Ende der Recherche und dem Präsentationstermin mehrere Monate liegen, kann es neue Offenlegungen geben, die man dann nicht mit drin hat. Das kann leicht passieren, wenn z.B. Sie die Recherche machen, aber andere die Bewertung der Treffer (Reviews), was sich empfiehlt. Um sicher zu gehen, sollte man das seinem Klienten vorher sagen und man sollte Termine festlegen.

Quelle: Intellogist
Gefunden bei: LinkedIn.com

Donnerstag, 13. Januar 2011

Der einzig "linke" Porsche

Da sind wir wieder. Das ganze pseusoprogressive, weibische Getue um sanfte Elektroautos ist passé. Wir sind aus Detroit zurück und wissen, dass alle Autos, die wir lieben, schon lange gebaut sind und kloppen uns wieder um die letzten und wichtigsten Fragen in Deutschland: Darf ein Linker Porsche fahren?

Ich sage: Natürlich. Aber nicht jeden. Da ist das ganz feine Gefühl für die Unterschiede gefragt. Gleichmacherei sorgt hier nur für Fehlzündungen. Der Elfer der 70er z.B. war was für Fussballspieler. Der Elfer seit 2000, also seit Wiedeking, nur noch was für bürorockende Rechtsanwälte. Dazwischen war aber noch was. War die Zeit - genau wie heute- wo der Mittelstand den ganzen Laden retten musste: Der 924er. Als Porsche am Boden lag, nach der Ölkrise, da musste was Zeitgemäßes her: Ein sparsamer Porsche. Also ein 4 Zylinder. Ein ausgeglichener Typ, den keine Krise aus der Ruhe bringt. Also mit exakter Gleichverteilung des Gewichts auf Vorder- und Hinterachse. Also ein Frontmotor - Heckgetriebler, ein Transaxle.


Achtung Baby, Rot heißt hier: Leistungsgesellschaft

Ein Porsche, den man bezahlen kann. Und benutzen, d.h. mit Kofferraum, wenn die Familie mal in Urlaub will.

Warum weiß Klaus Ernst das alles nicht? Warum weiß er nicht, dass der einzige Porsche für den Vorstand der Linkspartei ein abgerockter 924 wäre? Ein Porsche, der vom Establishment verpönt, weil nicht verstanden wurde? Einer, der im vorigen Jahr seinen Wert fast verdreifacht hat? Der in der Krise an Nachfrage gewinnt, weil alle kapieren: "Mensch, die intelligenz liegt in der Performance, nicht in der Power." Wehe, ich hör' jetzt einen sagen: "Frauenauto, den soll die Lötzsch fahren!" Der hat wieder nix kapiert.

Der 924 ist das Auto für über Land, vor allem für die Rally Havelland, wo magnetische Straßenlage, auch bei plötzlichen Unebenheiten oder Wildschweinhindernissen Überleben bedeutet.



Das wichtigste aber -gerade doch für einen Linken - ist: Dass der Benz des Maklernachbarn einen mit dem Arsch nicht anguckt - oder wir ihn:


Also:
Reih' Dich ein in die Arbeitereinheitsfront
Weil Du auch ein Arbeiter bist..





OK? Wichtig ist noch ein kleines Detail: Der 2,0 Liter ist das Modell für Linke. Für sozialliberale SPDler kommt natürlich nur der modellgepflegte, ausgereifte 924S in Frage. Also, der bei dem Porsche nicht nur das Grundprinzip ist, nicht nur das Fahrwerk, sondern auch die Quelle der Wertschöpfung: Der Motor! 2,5 Liter sind hier angesagt.


Ist das jetzt allen klar? Wenn der Klaus das jetzt auch verstanden hat, dann lade ich ihn gerne mal auf eine Probefahrt ein. Er darf fahren.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Wenn Du zur Arbeit gehst, am frühen Morgen..



Wenn ich morgens auf dem Weg ins Berliner Büro oder nach Wolfsburg meine Podcasts abhöre, bringt mir das oft etliche Themen ins Bewusstsein, über die ich schon längst mal geschrieben haben wollte. Wenn ich aber dann abends den Browser starte und die Apple News sehe oder nur mal kurz auf Twitter gehe, dann habe ich vergessen, warum ich eigentlich den Browser gestartet habe.

Ähnlich gehts mir mit Musik und Büchern und Filmen. Wenn ich mir keinen Zettel mache, dann bringt mich die reale Angebotsflut davon ab, was ich mal wollte.

Heute morgen habe ich dann aber endlich verstanden bekommen (sic!), warum das so ist. Erklärt wurde das von einem Berliner Philosophieprofessor (seinen Namen habe ich vergessen..), der von Jürgen Wiebeke auf WDR 5 in einem Sitzungssaal der Sparkasse Detmold interviewt wurde. Da ging es um Gefühle und Verstand. Und warum man sich nicht selbst analysieren kann. Weil alles was wir denken, tun und aufschreiben ein Kind der momentanen Verfassung ist. Morgen kann das schon irrelevant und überholt sein. Wir ändern permanent unsere Stimmung und Prioritäten. Mit und ohne Einfluss von außen.

Aber wäre es der Gedanke nicht trotzdem wert gewesen, aufgeschrieben zu werden? Über die verblüffenden Ähnlichkeiten zwischen heute und.. nein, nicht Weimar, sondern der Zeit vor dem 1. Weltkrieg, die Stefan Zweig so anschaulich beschrieben hat? Darüber, dass der Fall der Eliten vom hohen Ross unmittelbar bevorstehen muss? Dass wir die Moral nicht den Konservativen überlassen dürfen, sondern dies eine zutiefst soziale Kategorie ist? Über den BMW X6, der mir immer besser gefällt, weil er die Verkörperung der richtigen Antwort auf den Affront der zumutenden Großstadt ist. Über den hohen Anteil der Psychopathen im Management, über Psychopathie als Bedingung zur Zugehörigkeit zum Management überhaupt? Über die Erkenntnis, dass hinter jedem großen Reichtum ein Verbrechen stecken MUSS (an Menschen oder Tieren)? Dass wir kein anderes System brauchen, sondern andere Leute an der Spitze? Dass Prozesse der erfolglose Versuch waren, die Qualität des Arbeitsergebnis von der Qualität der Akteure zu entkoppeln und dass man das hätte ganz oben und nicht im Callcenter anfangen müssen? Über die Wohltat des normalen Lebens in der Kraft der Ruhe, nach der Verabschiedung aller fremden Zielvorgaben? Darüber, dass ich mich über Menschen freue, die mir sofort auf meine Email antworten (so, wie ich das nach Möglichkeit auch tue..)? Und noch mehr über Emails zum Porsche 924S? Dass ich nicht mehr die WAZ lese, sondern nur noch die Barone?
Und so weiter.

Es ist eine Folge der Medialisierung unserer Zeit, dass wir nicht mehr ausführen oder zu Ende denken, was wir angefangen hatten, zu denken sondern sogleich abgelenkt werden, wenn wir ins Handeln kommen. Die Startseite im Browser ist die Wurzel dieses Übels. Und die Favoritenliste gehört dazu.

Dienstag, 11. Januar 2011

Umweltpolitik a la Röttgen

Im Benzin haben wir den doppelten Anteil von Bioethanol. Und im Fleisch haben wir dioxinhaltiges Maschinenöl. Umgekehrt wäre es gesünder.

Montag, 10. Januar 2011

Und hier das US Patentranking

IBM hat einen neuen Anmelderekord aufgestellt: 2010 wurden beim US Patentamt knapp 6.000 Patente angemeldet und damit lag IBM wieder auf Platz 1. Unter den Patentanmeldungen diesmal: Ein elektronischer Patentanmeldeprozess selbst. Würde dieses Patent erteilt, würde IBM künftig bei Patentanmeldungen mitverdienen. Das kann eigentlich nur ein Scherz sein oder eine Fehlinterpretation der eingereichten Patentansprüche (eine Quelle). Golem berichtet außerdem, IBM schlage außerdem vor, die Erschütterungssensoren die in Laptops zum Schutz der Festeinplatten eingebaut sind, für Erdbebenwarnungen zu nutzen.

Das US-Ranking:

1. IBM, 5.896 Patente
2. Samsung, 4.551
3. Microsoft, 3.094
4. Canon, 2.552

Donnerstag, 6. Januar 2011

Plötzliches Massensterben von Tieren



Das ist die Google Weltkarte (Link) mit Fundorten, an denen massenweise tote Tiere (Vögel, Fische, Pinguine) gefunden wurden. Nicht über Jahrzehnte gesammelt, sondern ziemlich aktuell.

Ist das nun ein Wahrnehmungseffekt oder steckt etwas dahinter? Der Effekt ist nicht zum ersten in der Geschichte aufgetreten, man findet bei Google auch Meldungen aus 2007. Es geht um verschiedene Tierarten und verschiedene Länder auf verschiedenen Kontinenten.

Ich werd hier nicht alle Spekulationen wiedergeben und auch nicht selbst schlaumeiern. Aber ich bin sehr gespannt, ob wir demnächst Erklärungen bekommen.

Dienstag, 4. Januar 2011

Berlin, Potsdamer Platz



Anfang Januar am Potsdamer Platz. Nur leicht bewölkter Himmel über Berlin. Es ist halb fünf aber noch hell. Das fällt mir sofort auf, als ich aus den Einkaufsarkaden komme. Auf den Gesichtern der Passanten Entspannung. Darüber, dass die Festivitäten nun alle vorbei sind und man wieder dem normalen Alltag nachgehen kann. Dass alle sozialen Pflichten erledigt sind, und die Geschäfte wieder geöffnet. Der Dezember ist immer eine Abfahrt auf dem Rodelhang Richtung Ziel bei dem man unterwegs andauernd zu einem "besinnlichen" Beisammensein eingeladen wird. Die Art von Beisammensein, wo man zwar zusammensitzt, aber in Gedanken daran, an was man noch denken muss. Mit zwischendurch verstohlen Blicken aufs iPhone, ob es von irgendwem irgendetwas neues gibt.. Die Feste geben diesem dunklen Monat wenigstens einen Sinn und ein schönes Licht. Wer Glück hat, kommt dazu, etwas zu lesen oder zu hören. Alle geistreichen Deutschen aus unserer Geschichte haben irgendwann etwas zu Weihnachten oder Silvester oder die Zeit "zwischen den Jahren" (die formloseste aller Zeiten) aufgeschrieben. Da kann man mal sehen, wie wenig sich doch in den letzten hundert Jahren in Berlin verändert hat. Zwischendurch war es mal komplett anders. Aber jetzt ist es eigentlich fast wieder so, wie es bei Tucho steht.

Und dann kommt der Januar. Alle Erwartungshaltung fällt von einem ab. Eine Zeit im hier und jetzt. Es liegt Schnee und man freut sich schon, wenn es mal nicht minus zehn Grad hat sondern nur null. Und wenn die Wege geräumt sind. Am Potsdamer Platz räumen Arbeiter die letzten Gestelle der Rodelbahn ab. Ein Tieflader steht quer über dem Platz. An den Straßenrändern hohe Berge von dreckigem Schnee. Das letzte Jahr war gar nicht schlecht, wenn man mal ehrlich ist. War seit langem das erste ohne größere Befürchtungen, Ärger und Stress. Und für das neue ist man noch ein bisschen optimistischer. Sagen auch andere. Traut man sich als Deutscher fast gar nicht mehr. Sind jahrelang nur von Ängsten getrieben worden. Doch jetzt zum ersten mal das bewusste Gefühl, das vielleicht erstmal abgeschüttelt zu haben. Ein Gefühl der Aufgeräumtheit, Souveränität und Erwachsenheit. Wie kann es nur so sein, dass unsere Eltern auf alten Fotos schon im Alter von fünfzehn so ernst und erwachsen aussehen und die meisten Typen in der Berliner S-Bahn so um ende dreißig immer noch infantil wirken? Machte Angst früher erwachsen und heute unmündig? Ich kann es mir nicht erklären.

Es dauert immer eine Zeit, bis man den Potsdamer Platz komplett überquert hat. Die Ampelschaltungen in Berlin sind so, dass man als Fussgänger nicht beide Fahrbahnen in einer Ampelphase schafft. Außerdem muss man höllisch aufpassen. Man kann es sich hier überhaupt nicht leisten, den Verkehr aus den Augen zu lassen. Autofahren oder zu Fuss unterwegs sein und in Gedanken woanders, das sollte man sich in Berlin abgewöhnen. Die Sitten sind hier inzwischen so verroht, dass einem nicht nur was passieren kann, aus Unachtsamtkeit der anderen. Nein, immer mehr legen es darauf bewusst an, die Kreuzung zu beherrschen. Wer ihnen nicht ausweicht, wird angefahren. Und dann wird weitergefahren. Und wenn der Typ doch erwischt wird, kriegt er Rückendeckung von irgendeiner deutschen Gesetzeslücke. Da kommt dann von irgendwo ein Zwillungsbruder daher und erklärt die Vereinbarkeit von Maserati und Hartz IV.

Womit wie beim peinlichsten Berliner des Jahres 2010 sind: Harald Ehlert, der Erfinder des Unwort "Social Profit". Der ein Unternehmen darauf gegründet hat, öffentliche Fördermittel aus dem Sozialhaushalt Berlins auf sich zu lenken, zu verteilen und sich selbst einen großzügigen Obulus einzustecken. Er hatte verstanden, was es mit der normativen Kraft des Faktischen auf sich hat. "Social Profit" - gib dem Kind einen Namen, dann klingt das so, wie etwas selbstverständliches und modernes. Es ist und bleibt aber Abzocke öffentlicher MIttel. (Ehlert steht damit aber in einer Reihe mit den Vorständen einer Hypr Real Estate, Depfa oder Deutsche Bahn.)

Irgendwann ist man dann endlich drüben. Hier, am Leipziger Platz, der sich in östlicher Richtung entlang der Leipziger Straße unmittelbar an den Potsdamer Platz anschließt, war während der DDR nüschte. Nur das Sechseck blieb immer erkennbar. Heute stehen hier wieder ein paar Bürohäuser. Die Baulücken waren lange Zeit mit Attrappen gefüllt. Die sind jetzt entfernt worden. Denn es soll dieses Jahr ernst werden mit dem Wiederaufbau des Kaufhaus Wertheim. Davon ist schon seit drei Jahren die Rede, aber dann kam die Finanzkrise dazwischen. Da bin ich mal gespannt.

Sonntag, 2. Januar 2011

Porsche 959 auf der Paris - Dakar 1986

Gestern ist die DAKAR Rally gestartet. In Buenos Aires, weil sie inzwischen nach Südamerika verlegt wurde. Aus Sicherheitsgründen. Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht an stundenlange, sandbraune Fernsehbilder von ZDF sport extra aus der westafrikanischen Wüste? Die Strecke führte damals von Paris über Algier nach Dakar (Senegal).

Blicken wir zurück nach 1986. Ein tragisches Jahr für die Dakar, denn ihr Erfinder Thierry Sabine verunglückte während ihr mit einem Hubschrauber in einem Sandsturm. Die Dakar Rally galt und gilt als eine der härtesten. Zum einen wegen der Gesamtlänge ihrer Wertungsstrecken zwischen 6.000 und 13.000 km (schwankte jedes Jahr stark mit der Streckenführung). Zum anderen wegen der vielen Unfälle und Todesfälle, sowohl unter den Fahrern als auch Zuschauern als auch Organisatoren.

Porsche hat diese Rally 1984 und 1986 gewonnen. 1986 ging man mit drei Rallyversionen des 959 an den Start, dessen Markteinführung für das selbe Jahr anstand. Einer der Fahrer war der legendäre Belgier Jacky Ickx. Ein paar technische Daten:

- Motor: 2,85 Liter mit Doppelturbolader, wassergekühlten Zylinderköpfen und luftgekühltem Motorblock.
- Leistung auf 400 PS gedrosselt, um mit Normalbenzin auszukommen.
- Das Sechsgang-Getriebe mit elektronisch gesteuertem Vierradantrieb (automatische Drehmomentverteilung an Vorder- und Hinterachse)
- 330-Liter-Treibstofftank.

Der 959 war übrigens nicht als Rally-affiner Wagen erdacht. Sondern als der zu der Zeit schnellste straßenzugelassene Sportwagen mit etlichen Neuerungen. SUVs wurden damals erst erfunden, der erste Dakar Sieger fuhr einen Range Rover. Heute starten Porsche Rallyfahrer mit einem Cayenne, von dem es eine Sonderausführung "Transsyberia" nach der gleichnamigen Rally gibt.

Porsche tritt seit langem nicht mehr mit Werksfahrern bei Rallys an. Volkswagen unternimmt das mit seinen Race Touaregs. Sie haben voriges Jahr die Dakar gewonnen. Als härtester Konkurrent in diesem Jahr gilt der BMW X3.

Ich habe zwei Videos von der Dakar herausgesucht:





Quellen: Wikipedia, Porsche.com und YouTube

Samstag, 1. Januar 2011

Das Handicap der Elektromobilität

Bis heute sind die allermeisten Erfindungen rund ums Auto zuerst in LKWs und Bussen eingesetzt worden. Bevor es Serien-PKW gab, gab es LKW und Busse. PKW waren reine Luxusgegenstände. Die allermeisten Komfortfunktionen wie Servolenkung und Bremskraftverstärker wurden zunächst für diese Nutzfahrzeuge entwickelt. Da diese höhere Stückpreise haben, durfte die Einführung solcher Techniken -zumindest was die Teilepreise anging- zu Beginn auch teurer sein als es der Wirtschaftlichkeit eines PKW entsprochen hätte.

Elektro- und Hybridantrieb wurden derzeit jedoch ZUERST für den Einsatz im PKW entwickelt und DANACH ging man an einen Einsatz in Nutzfahrzeugen. Die Faktoren, die eine Erfindung möglichst schnell rentabel machen, sind bei Nutzfahrzeugen normalerweise günstiger, denn diese haben eine viel höhere Jahreskilometerleistung. Die einzigen PKW, die da mithalten können, sind die Modelle, die auch als Taxis genutzt werden. (Auch deshalb ist es für einen PKW-Hersteller vorteilhaft, wenn er es schafft, mindestens ein Modell als Taxi zu etablieren.) Hat sich da nun ein Paradigma ins Gegenteil verkehrt?

Schauen wir mal:

Beispiel Start-Stop -Automatik: Lieferwagen von Paketzustellern verbringen die gesamte Schicht im Stop and Go. Das gilt für den Innenstadtverkehr und zusätzlich für das Anhalten, Aussteigen, Paket raussuchen und zum Empfänger bringen. Also ideal für eine StartStop Automatik? Nicht so sehr, wie es scheint. Denn sobald der Fahrer das Fahrzeug verlässt, muss es in einem sicheren Zustand sein. Es darf nicht versehentlich anspringen, während der Fahrer gerade im Haus ist. Aber es verbleiben genügend Kiometer Stadtverkehr, die StartStop für Lieferwagen interessant machen. Ähnliche, wenn nicht bessere Bedingungen gelten für Stadtbusse, die Haltestellen anfahren. StartStop für Nutzfahrzeuge ist inzwischen auf dem Weg, startete aber NACH den PKW. Allerdings sind Nutzfahrzeuge grundsätzlich mit Dieselmotoren angetrieben. Diese haben größere Hubräume für gleiche Leistung und brauchen eine wesentlich höhere Verdichtung, was den Leistungsbedarf des Anlassers erhöht. Deshalb wurden Dieselhybride erst später entwickelt. Mit Auswirkungen auf die Nutzfahrzeuge.

Beispiel Nutzbremsung. Sobald man eine größere elektrische Maschine an Bord hat, kann man Bremsleistungen für das Aufladen der Batterie nutzen. Also, auch wenn nicht vorgesehen ist, auch elektrisch fahren zu können, haben einige Fahrzeugtypen eine größere E-Maschine, nämlich nur um beim Bremsen sozusagen den Dynamo auf die Räder zu schalten. Je höher aber die Bremsleistung, desto höher der Nutzeffekt. Die Bremsleistung steigt mit der Geschwindigkeit von der gebremst wird und mit der Masse, die gebremst wird. Bergab steigt die benötigte Bremsleistung zusätzlich. Das ist auch für LKW interessant. Sogar doppelt, weil die Bremsbeläge in dem Maße entlastet werden, wie der Dynamo mitarbeitet. Das verlängert die Lebensdauer der Bremsbeläge.

So, bis hier hin haben wir über viel Leistungselektronik gesprochen, ohne einen Meter elektrisch gefahren zu sein. Deshalb nennt man diese Funktionen auch "Mikrohybrid". Ein Mikrohybrid sollte sich auch für kleine und große Nutzfahrzeuge rechnen, die hauptsächlich im Stadtverkehr eingesetzt werden. Für Sprinter auf der Autobahn rechnet es sich bei weitem weniger.

Ob sich auch die "normalen" Hybridvarianten für Nutzfahrzeuge rechnen, hängt natürlich auch von deren geplantem Einsatz ab. Sprinter und LKW bewegen sich meistens zwischen weit entfernten Gewerbegebieten und stehen auf dem Weg häufig im Stau. Lohnt sich dafür die Verfügbarkeit eines reinen Elektroantriebs? Für die meisten nicht. Das gilt erst recht für reine Elektro-LKW.

Deshalb muss sich die Elektromobilität anders als viele andere Techniken direkt über den PKW am Markt durchsetzen. Damit hat sie es aus Kostensicht vergleichsweise schwer. Und das könnte die Zeit bis zur endgültigen Etablierung deutlich verlängern.

Der Spot des Jahres: Die Sonntagsfahrer von Daimler

Happy New Year 2011

Berlin hat das alte Jahr ganz entspannt verabschiedet. Das Regierungsviertel wurde wie gewohnt unter Beschuss genommen. Aber weniger als sonst. Das passte zum zu Ende gegangenen Jahr. Es war irgendwie freundlich und entspannt.

Gut, dann mal auf ein neues. Die ungeraden sind die besten, sagen die Chinesen. Frohes neues Jahr Euch allen!






Donnerstag, 30. Dezember 2010

Das Patentranking 2010

Die weltweiten Spitzenreiter bei der Anmeldung von Patenten bei der WIPO (sozusagen dem "Weltpatentamt") 2010:

Unternehmen, Herkunftsland, Anzahl WIPO Anmeldungen, FuE-Etat
1. Panasonic, Japan; 1891, 537 Mio EUR
2. Huawei, China; 1847, 1,49 Mrd EUR
3. Bosch, Deutschland, 1587, 3,5 Mrd EUR

Die Spitzenreiter bei Patentanmeldungen in Deutschland:
1. Bosch, 3213, 3,5 Mrd EUR
2. Daimler, 1756, 3,75 Mrd EUR
3. Siemens, 1750, 3,8 Mrd EUR
4. General Motors, 1347,
5. Volkswagen, 891, 5,8 Mrd EUR
6. Schaeffler, 747
7. BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, 701, 267 Mio EUR
8. ZF Friedrichshafen AG, 689, 137 Mio. Euro
9. Continental. 671, 1,36 Mrd EUR
10. BMW, 650, 2,5 Mrd EUR
11. Denso, 636
12. Infineon, 480, 468 Mio EUR
13. Fraunhofer, 403, 1,5 Mrd EUR
13. VOITH, 403, 254 Mio EUR
15. LuK Lamellen und Kupplungsbau, 399
16. Porsche, 394
17. General Electric, 387
18. Audi, 365
19. Henkel, 306
20. OSRAM, 252

Alle deutschen Hochschulen addiert haben 672 Patente angemeldet. (Das reicht eigentlich für Platz 9, also einen Platz in den Top 10.) Das ist ein Anstieg um 12%.

Quelle: Jahresbericht 2009, Deutsches Patent- und Markenamt DPMA und Handelsblatt

Die Zahl der Anmeldungen beim Deutschen Patentamt ist zurückgegangen um 4,5%. Die Zahl der erteilten Patente ging sogar um 17,9% zurück. Deutsche Firmen und Erfinder meldeten rd. 47.000 Erfindungen an. Das sind 80% aller Anmeldungen. Mehr als die Hälfte der deutschen Erfindungen haben ihren Anmelder in Baden-Württemberg oder Bayern. NRW meldet gemessen an seiner Bevölkerung erstaunlich wenig an. Berlin liegt mit seiner Hochschul- und Forschungslandschaft knapp vor Hamburg: 965 zu 947.


Diskussion:
Mehr als 10% (5343) aller Anmeldungen beim Deutschen Patentamt stammen aus dem Bereich "Fahrzeuge" (IPC B60). Danach folgt der Maschinenbau (F16, 4692) und grundlegende elektrische Bauteile (H01, 3681). Um 12% abgenommen hat die elektrische Nachrichtentechnik. Stark zugenommen (um ca. 80%) haben die Anmeldungen für Solar- und Windkrafttechniken.

Die Erfinderaktivitäten in der Automobilindustrie verlagern ihren Schwerpunkt in Richtung Elektromobilität (1295 Anmeldungen), d.h. Hybrid- und Elektroantriebe und -von ständig verschärften Gesetzen getrieben- Abgastechnik (1540). Deutlich nachgelassen haben die Anmeldungen für das Infotainment wie z.B. Navigation. Volkswagen hat den größten FuE Etat, meldet daraus aber nur einen Bruchteil der Patente anderer Technologiekonzerne an und auch deutlich weniger als GM. Daimler meldet mit deutlich weniger FuE Budget fast doppelt so viele Patente an wie Volkswagen. Das erklärt sich und relativiert sich allerdings, wenn man Audi und Porsche zu Volkswagen addiert und die Anzahl der Patentanmeldungen so fast verdoppelt. Schließlich profitieren beide immer mehr von den Baukastensystemen des Konzerns.

Abb.: DPMA

Fraunhofer schöpft aus 1,5 Mrd Budget nur 403 Patentanmeldungen. Das kann daran liegen, dass Fraunhofer heutzutage sein Geld mit FuE-Dienstleistungen für die Industrie verdient und die Anmelderechte seinen Auftraggebern überlässt. Die Fraunhofer Erfinder tauchen darin noch auf, aber Fraunhofer als Ideengeber nicht.

Überrascht hat mich das weltweite Standing von Huawei. Ein Konzern, der für meine Begriffe groß geworden ist durch Zugucken und Nachmachen meldet inzwischen selbst reichlich an.

Bosch ist unser Patentaushängeschild. Hier gehört das Anmelden von Patenten noch zur Firmenphilosophie. Und jede zweite Patentanmeldung wird sogar internationalisiert. In anderen Unternehmen scheinen die Patentabteilungen jedoch vor allem zu verwalten. Zu prüfen, ob eine Erfindungsmeldung wirklich neu ist. Und wenn ja, wird noch die Sinnhaftigkeit geprüft und dann angemeldet. Das reicht aber nicht, um sein Unternehmen zu pushen. Und das fängt bei der Stimulierung des Erfindergeistes und -aktivität an.

Das Patentranking 2010

Die weltweiten Spitzenreiter bei der Anmeldung von Patenten bei der WIPO (sozusagen dem "Weltpatentamt") 2010:

Unternehmen, Herkunftsland, Anzahl WIPO Anmeldungen, FuE-Etat
1. Panasonic, Japan; 1891, 537 Mio EUR
2. Huawei, China; 1847, 1,49 Mrd EUR
3. Bosch, Deutschland, 1587, 3,5 Mrd EUR

Die Spitzenreiter bei Patentanmeldungen in Deutschland:
1. Bosch, 3213, 3,5 Mrd EUR
2. Daimler, 1756, 3,75 Mrd EUR
3. Siemens, 1750, 3,8 Mrd EUR
4. General Motors, 1347,
5. Volkswagen, 891, 5,8 Mrd EUR
6. Schaeffler, 747
7. BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, 701, 267 Mio EUR
8. ZF Friedrichshafen AG, 689, 137 Mio. Euro
9. Continental. 671, 1,36 Mrd EUR
10. BMW, 650, 2,5 Mrd EUR
11. Denso, 636
12. Infineon, 480, 468 Mio EUR
13. Fraunhofer, 403, 1,5 Mrd EUR
13. VOITH, 403, 254 Mio EUR
15. LuK Lamellen und Kupplungsbau, 399
16. Porsche, 394
17. General Electric, 387
18. Audi, 365
19. Henkel, 306
20. OSRAM, 252

Alle deutschen Hochschulen addiert haben 672 Patente angemeldet. (Das reicht eigentlich für Platz 9, also einen Platz in den Top 10.) Das ist ein Anstieg um 12%.

Quelle: Jahresbericht 2009, Deutsches Patent- und Markenamt DPMA und Handelsblatt

Die Zahl der Anmeldungen beim Deutschen Patentamt ist zurückgegangen um 4,5%. Die Zahl der erteilten Patente ging sogar um 17,9% zurück. Deutsche Firmen und Erfinder meldeten rd. 47.000 Erfindungen an. Das sind 80% aller Anmeldungen. Mehr als die Hälfte der deutschen Erfindungen haben ihren Anmelder in Baden-Württemberg oder Bayern. NRW meldet gemessen an seiner Bevölkerung erstaunlich wenig an. Berlin liegt mit seiner Hochschul- und Forschungslandschaft knapp vor Hamburg: 965 zu 947.


Diskussion:
Mehr als 10% (5343) aller Anmeldungen beim Deutschen Patentamt stammen aus dem Bereich "Fahrzeuge" (IPC B60). Danach folgt der Maschinenbau (F16, 4692) und grundlegende elektrische Bauteile (H01, 3681). Um 12% abgenommen hat die elektrische Nachrichtentechnik. Stark zugenommen (um ca. 80%) haben die Anmeldungen für Solar- und Windkrafttechniken.

Die Erfinderaktivitäten in der Automobilindustrie verlagern ihren Schwerpunkt in Richtung Elektromobilität (1295 Anmeldungen), d.h. Hybrid- und Elektroantriebe und -von ständig verschärften Gesetzen getrieben- Abgastechnik (1540). Deutlich nachgelassen haben die Anmeldungen für das Infotainment wie z.B. Navigation. Volkswagen hat den größten FuE Etat, meldet daraus aber nur einen Bruchteil der Patente anderer Technologiekonzerne an und auch deutlich weniger als GM. Daimler meldet mit deutlich weniger FuE Budget fast doppelt so viele Patente an wie Volkswagen. Das erklärt sich und relativiert sich allerdings, wenn man Audi und Porsche zu Volkswagen addiert und die Anzahl der Patentanmeldungen so fast verdoppelt. Schließlich profitieren beide immer mehr von den Baukastensystemen des Konzerns.

Abb.: DPMA

Fraunhofer schöpft aus 1,5 Mrd Budget nur 403 Patentanmeldungen. Das kann daran liegen, dass Fraunhofer heutzutage sein Geld mit FuE-Dienstleistungen für die Industrie verdient und die Anmelderechte seinen Auftraggebern überlässt. Die Fraunhofer Erfinder tauchen darin noch auf, aber Fraunhofer als Ideengeber nicht.

Überrascht hat mich das weltweite Standing von Huawei. Ein Konzern, der für meine Begriffe groß geworden ist durch Zugucken und Nachmachen meldet inzwischen selbst reichlich an.

Bosch ist unser Patentaushängeschild. Hier gehört das Anmelden von Patenten noch zur Firmenphilosophie. Und jede zweite Patentanmeldung wird sogar internationalisiert. In anderen Unternehmen scheinen die Patentabteilungen jedoch vor allem zu verwalten. Zu prüfen, ob eine Erfindungsmeldung wirklich neu ist. Und wenn ja, wird noch die Sinnhaftigkeit geprüft und dann angemeldet. Das reicht aber nicht, um sein Unternehmen zu pushen. Und das fängt bei der Stimulierung des Erfindergeistes und -aktivität an.

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Wie das Wetter zum Infotainmentbusiness wurde


Demnächst nur noch von Wüstenstürmen heimgesucht: Berlin

“Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben.”
Prof. Dr. Mojib Latif, 2000
(Quelle: Readers Edition)


Ist es nicht erstaunlich, wie die westliche Welt Wetter und Klima binnen zehn Jahren zu einer gigantischen Infotainmentindustrie aufgebaut hat? Aus einem Randnotizthema, das früher zehn Quadratzentimeter im Kopf einer Tageszeitung verbrauchte, ist ein Business geworden, dessen Dimensionen sich von 24/7 bis zu hundert Jahren spannen.

Wo Inge Niedeck früher per Knopfdruck die dreiteilige ZDF-Wetterwandkarte umschaltete, nämlich von "Lage" auf "Niederschläge/Winde" und schließlich auf "Temperaturen" und dann noch in Worten etwas zu den Aussichten sagte, da haben wir heute Performer, mit einer Gestik wie Unternehmensberater und einem Ausdruck wie Verkaufsberater. Und einem Selbstbewusstsein, als würden sie das Wetter machen.

Wetter war früher eine seriöse Angelegenheit. Sie musste stimmen und hatte einen amtlichen Charakter. Aber wie so vieles, was wir der Privatisierung preis gegeben haben, besteht das Wetter heute hauptsächlich aus heißer Luft. Kachelmann war hier wohl einer wichtigsten Treiber, wie man in diesem Jahr lesen konnte. Wer das Wetter bringt, der macht dann auch Werbung für Hustenbonbons. Und fordert immer mehr Sendeminuten in den Tagesthemen ein. Und wenn es im Dezember mal schneit, gleich 'ne Liveschaltung.

Neulich twitterte jemand: "Als sie uns bei Stuttgart21 die Köpfe einschlugen, brachte der SWF ein Kochprogramm über Kandierte Früchte. Jetzt wo es schneit, gibts ne Sondersendung." Oder einen Brennpunkt. Und wenn wir Glatteis haben in Berlin, dann ist das dem Deutschen Wetterdienst eine Unwetterwarnung wert. Mit roter Zone.

Warum ist Wetter so populär? Weil es in dem modern gewordenen Dorfsaujournalismus als einziges Thema übrig geblieben ist, das die Menschen wirklich betrifft. Alles andere, was sie wirklich betrifft, fällt leider durch den Filter der politischen Korrektheit. Dadurch entsteht eine Fallhöhe, wenn das Wetter kommt, dann wird der Ton aufgedreht, und dann wird aus dem modernen Lagerfeuer wieder ein Fernsehen.

Aber nicht nur der Wetterbericht betrifft uns. Auch das Klima. Ja, wer sich so für's Wetter interessiert, der muss sich doch auch dafür interessieren, wie es entsteht? Und was wir an ihm verbrechen? Indem wir -entschuldigung- noch Auto fahren.

Das tolle am Klima ist nun für die Intotainmentindustrie, dass es keine Sau versteht. Durch die Verfügbarkeit von Superrechnern sind aber für viele Forscher tolle Alibis entstanden, mal ein bisschen damit herumzuprobieren, und dolle, mordskomplizierte Klimamodelle zu erfinden, über die sich nur noch die Experten selbst verständigen können. Und wie bei allen Vorhersagetechniken, die wir schon aus der Geschichte kennen - wie z.B. die Astrologie- sind ihre Autoren nie zu fassen.

Obiges Beispiel von Latif ist nur das schönste, das ich gefunden habe. Ich erinnere mich jedoch auch an Nachrichten über "beunruhigende Wetterkonstellationen" wie z.B. Tornados und andere Wirbelstürme, die Deutschland mehr oder weniger in Schutt und Asche legen sollten. Ich erinnere mich daran, wie ich mein Auto am Kyrill-Tag extra in der Tiefgarage unter meinem Büro stehen ließ, um mit Bus und Bahn nach Hause zu fahren. Für Berlin war der Weltuntergang vorhergesagt worden. Als ich abends die RBB Abendschau einschaltete, hieß es dort aber: "Der Sturm entpuppte sich als weitaus schwächer, als vorhergesagt. Dafür waren die Niederschläge weitaus ergiebiger als erwartet." Ich dachte: Säuft jetzt mein Auto etwa in der Tiefgarage ab, weil ich auf die Hornochsen gehört habe?

Aber eben auch, wenn sich solche Unwetterwarnungen nicht erfüllen, finden das irgendwelche Klimaforscher wieder "beunruhigend", weil es ihre Modelle widerlegt hat. Bzw. einen Anpassungsbedarf offen gelegt hat- und somit Forschungsbedarf - und somit einen Anlass, von Frau Schavan neue Fördermittel zu beantragen.

Nee. Nennen Sie mich einen "Klimaleugner" (infamer Begriff, weil mit dem Holocaustleugner verwandt), Ich wechsle wieder auf die Seite der Leute, die die Welt nicht spurlos verlassen wollen, sondern etwas aus ihr machen wollen. Der Besuch im Neuen Museum hat mich hier neue Bescheidenheit gelehrt. Und das Interview mit der Philosophin der moralischen Klarheit hat mich weiter darin bestätigt: Beim Wetter können wir alle mitreden. Aber wie beeinflussen es nicht. Jedenfalls nicht entscheidend. Es verändert sich eh andauernd. Wir sind zu unbedeutend, um es zu kontrollieren. So wie wir das unserer Umweltsenatorin mit ihrer Umweltzone jetzt auch bescheinigen konnten: Wir sind nicht der größte Faktor. Und jetzt haben wir wieder Winter, wie ich ihn nur von den Kindheitserzählungen meiner Eltern kannte. Aber auch darin sieht jetzt z.B. Günter Tiersch in einem Interview mit dem Deutschlandfunk nur wieder eine Besonderheit, die die große Lehre nicht widerlegt: "Das Jahr 2010 war das drittwärmste seit der Aufzeichnung. Neu ist, dass wir im Winter keinen Westwind mehr haben, sondern Nordwind. Und das hängt wieder mit dem Klimawandel zusammen."

Klar, irgendwie verändert sich dauernd alles und hängt alles mit allem zusammen.

+++ EIL ++++
In der vergangen Nacht ist mehr Schnee gefallen, als bislang bekannt!. Wie der deutsche Wetterdienst in einer Unwetterwarnung verkündete....

Dienstag, 28. Dezember 2010

"Moralische Klarheit" (Susan Neimann)



Wer die Moral den Konservativen und religiösen Extremisten wie Al Quaida und Folterern wie George W. Bush überlässt, verrät das Projekt der Aufklärung. Sagt die Direktorin des Potsdamer Einsteinforums Susan Neimann.

"Moralische Klarheit" ist ein Kampfbegriff der Rechten, sagt sie.

Neimann klärt -für "erwachsene Idealisten"- einige wichtige populäre Irrtümer auf, die der politischen Rechten bis jetzt faktisch das Privileg auf die Moral zusicherten. Einer politischen Rechten, zu der auch Präsident Bush gehörte, der im Namen der "moralischen Klarheit" Menschen foltern ließ. Moral als Kategorie und Argument ist deshalb in Misskredit geraten. Neimann will das ändern. Sie war Gast im philosophischen Radio von WDR5. Unter dem Begriff hat sie auch ein Buch veröffentlicht. Ich gebe hier kurz das wichtigste wieder, von dem was ich verstanden habe und für wichtig halte:

1. Populärer Irrtum:
Wir bekamen die Moral von Gott, weil der Mensch ausschließlich vom Eigennutz geleitet ist.

Gegendarstellung: Die Widerlegung führt sie sowohl anhand aktueller Erkenntnisse von Ökonomen, Tierversuchen mit Ratten und auch über die Bibel, sogar das Alte Testament: Abraham handelte Gott eine Bedingung ab, unter er Sodom und Gomorrah verschonen würde: Wenn Abraham 10 Gerechte aus Sodom finden würde.
Abraham wollte damit verhindern, dass mit den Schuldigen auch Unschuldige bestraft würden. Er führte damit gegenüber Gott eigene moralische Maßstäbe ein - der Beweis, dass der Mensch eine eigene Moral entwickeln kann.
Übrigens hier bei einem Dilemma, das wir noch heute aus der Innenpolitik kennen: Konservative nehmen unschuldige Gefangene in Kauf, wenn nur der Schuldige unter ihnen ist. Liberale tun das nicht, für sie hat Priorität, dass kein Unschuldiger verurteilt wird, nur um einen wahren Schuldigen zu fassen. (Für die Konservativen zählt die Rache, für die Liberalen die Freiheit.) Bei Ratten konnte nachgewiesen werden, dass sie auf eine Nahrung verzichten, wenn der Preis für die Nahrung wäre, dass einer ihrer Artgenossen dafür einen Schmerz erleiden müsste. Und die These, dass der Mensch auf dem Markt ein rein egoistisches Wesen sei, stimmte von je eher nur in den Gebäuden von Investmentbanken und anderen Managementetagen.

2. Populärer Irrtum:
Moralisches Verhalten ist angeboren. Wir wissen instinktiv, was moralisch ist und was nicht.

Gegendarstellung: Unsere moralische Beurteilung ist abhängig vom Kenntnisstand über die Situation. Aber gerade die, die die (göttliche) Moral im Munde führen, sind häufig die, die nicht alles über einen Fall wissen wollen. Sie bringen dann höhere "Argumente" ins Spiel. So habe sich beispielsweise George W. Bush (und das wusste ich noch nicht) auf einen Sendebefehl von Gott berufen, den Irak anzugreifen, nachdem er der Lüge in Sachen irakischer Massenvernichtungswaffen überführt worden war.

Die Bibel enthält aus moralischer Sicht jedoch viele gegensätzliche Geschichten. Dies erklärt nach Neimann die sehr unterschiedlich ausgerichteten Religionen, die aus ihr abgeleitet wurden. In jedem Fall sei -wie bei Gesetzen, die immer zwischen Abstraktheit und Konkretheit abgewogen werden müssen- eine Interpretation nötig. Niemand könne sich mit seiner Moral aber deshalb unmittelbar auf die Bibel berufen. Das tun nur religiöse Extremisten wie eben die Taliban oder die frühere Bush-Regierung.

Diese plumpe Form der Moral geht stets einher mit ihrer ebenso plumpen Instrumentalisierung: "Wenn Du der Anweisung Gottes nicht folgst, wird er Dich bestrafen. (Oder ich an seiner Stelle)" Diese Moral, die nicht auf Erkenntnis und Einsicht setzt, sondern auf Angst und Strafvermeidung, ist eine "infantile Moral", sagt Neimann, keine Moral für Erwachsene.

Dann ein Sprung ins Thema Helden und Vorbilder. Der (literarische) Held, der am Ende immer sterben musste bei der mutigen Erfüllung seiner moralischen Pflicht ist im Laufe der Geschichte dem (soziologischen) Vorbild gewichen. Immanuel Kant habe entscheidend dazu beigetragen. Das Problem: Das Vorbild emotionalisiert nicht mehr so, wie der Held. Damit sind beide schwächer geworden. Heute beschäftigen wir uns weder mit den einen noch den anderen. Nicht nur in Deutschland- stattdessen beschäftigen wir uns mit den "Betroffenen". Objekt im Fokus ist nicht mehr der, der etwas geleistet hat, sondern der, der etwas gelitten hat.

Man werde - und dass fasst unser Zeitalter meiner Meinung nach sehr gut zusammen: - heute nicht mehr danach beurteilt, was man in der Welt getan hat (kreativ, heilend, verbessernd, gestaltend), sondern danach, was sie einem angetan hat.

Quelle: WDR5 Philosophisches Radio (Link)