Dienstag, 4. Mai 2010

Bürger kommt von Bürgen

Jetzt habe ich endlich verstanden, was CDU und FDP unter einer bürgerlichen Partei verstehen: Bei ihnen hat das Volk die Funktion eines Bürgen für die Spekulationsverluste der Oberschicht.

Der IWF ist zwar nur ein Co-Kreditgeber, er führt aber Regie beim Verfahren zur vermeintlichen Rettung Griechenlands. In Wahrheit rettet der IWF seine eigenen Interessen und die der Alt-Gläubiger, vorrangig griechischer und resteuropäischer Banken.

CDU-Kauder sagte heute im Deutschlandradio, es sei der IWF, der vor einem Forderungsverzicht der Banken "gewarnt" habe. Dieser hätte unabsehbare Folgen für Griechenland und den Euro. Es gebe, so Kauder, in Deutschland auch keine Rechtsgrundlage, die Banken über einen sog. Haircut zur Beteiligung an der Rettung Griechenlands heranzuziehen.

Kein Problem hat Herr Kauder allerdings damit, hektisch die ebenso fehlende Rechtsgrundlage zur Beteiligung des deutschen Steuerzahlers zu schaffen.

Ist doch klar: Der IWF will verhindern, dass Griechenland als schlechter Schuldner in die Geschichte eingeht. Denn schon 2014 läuft die Hilfe von IWF und KfW aus. Dann muss Griechenland zurückzahlen und am Finanzmarkt neue Anleihen begeben. Wenn Griechenland bis dahin einen Haircut in seinem Lebenslauf hätte, wären die Kreditbedingungen vielleicht so schlecht, dass Griechenland die IWF- und KfW-Kredite nicht zurückzahlen könnte.

Wenn das aber so ist, folgt daraus eine neue Frage: Wie begründen sich dann die höheren Zinsen, die Gläubiger bisher von Griechenland kassiert haben?

"Die Banken leisten einen freiwilligen Beitrag", hieß es heute. Unser Glaube daran, dass die Banken hier nicht ungeschoren davon kommen, liegt CDU und FDP sehr am Herzen. Weil am Wochenende Landtagswahlen sind. Doch die Darstellung ist irreführend. Der Beitrag liegt darin, die Anleihen, die die KfW für Griechenland ausgeben wird, zu zeichnen. Bei dieser Transaktion liegt das Risiko, und damit die Leistung, allerdings nicht bei den Banken, sondern bei der KfW, bzw. dem Steuerzahler, der hier als Bürge auftritt. Das ist eine ziemlich unverfrorene Verzerrung der Realität, die den Wähler täuschen soll.

Genauso irreführend ist übrigens die gestrige Meldung des Handelsblatt, man habe zur Wiederherstellung der guten Sitten zwischen deutschen und griechischen Medien für achttausend Euro Griechenlandanleihen gezeichnet. Das haben sie getan, nachdem die Bürgschaften feststanden. Davor wäre es eine Leistung gewesen, jetzt ist es das nicht mehr.

Auf den IWF verweist die CDU übrigens auch bei der Ablehnung der SPD-Forderung, die Tobinsteuer einzuführen. Frau Merkel reichte das Argument gestern an die Journalisten weiter. Mein Eindruck war: Ohne es selbst verstanden zu haben. Die Tobinsteuer für Börsentransaktionen würde die Realwirtschaft zu sehr belasten. Warum und auf welche Weise, konnte sie nicht erklären.

Würde man der Darstellung von Schäuble und Merkel folgen, nach der der Bundeshaushalt durch die KfW Kredite ja nicht belastet werden, gäbe es auch kein Argument gegen die von der FDP geforderten Steuersenkungen. Doch die schweigt. Noch.

Hier ist eine gigantische Umverteilung von Risiken und Reichtum im Gange. Doch diesmal sind nicht nur linke Wähler emport, sondern auch konservative. Das wird die CDU am Sonntag zu spüren kriegen.

Quer durch die politischen Lager sind sich alle großen Tageszeitungen heute einig: Sie sind verblüfft, für wie dumm uns Regierung und Deutsche Bank halten. Und wie schamlos Josef Ackermann seine Interessen gegen uns Steuerzahler durchdrückt.

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