Mittwoch, 29. April 2020

Der Projekttypus "Drosten"

Den Typus "Drosten" kennt man auch aus der Projektarbeit. Projektarbeit ist auch die Bekämpfung der Covid-19 Pandemie. Sie hat ein klares Ziel: Entschärfung des Risikos an Covid-19 zu sterben (Prio1) oder zu leiden. Die Randbedingung ist: möglichst niedrige volkswirtschaftliche Kosten und möglichst geringe (eigentlich: keine) Einschränkung unserer Grundrechte.

Wenn Merkel die Lenkungskreisvorsitzende ist, ist RKI Chef Wieder der Projekt- bzw. Programmleiter. Und Drosten ist der Fachexperte und Berater der die Merkmale des Problems, des Virus aufdeckt, Gegenmaßnahmen identifiziert und dem Programmleiter empfehlen sollte.

Das Problem mit Drosten ist: Er legt sich nie fest, zu nichts hat er ein Ergebnis, aber alles weiß er besser.

1. Vermeidung von Festlegungen
Bis zur Ermüdung hört man in dem NDR Podcast mit Drosten die Disclaimerfloskeln "das ist in der jetzigen Situation ganz schwierig zu sagen", "vielleicht", "ein bisschen" oder: "Das wissen wir nicht."

2. Keine Ergebnisse
Drosten thematisiert in jedem Podcast ein neues Bewertungs- oder Entscheidungskriterium. Wenn die  Redakteurin ihn dann nach seinen Antworten oder Empfehlungen fragt, antwortet er in der Regel: "Da sind wir dran. Dazu kann ich noch nichts sagen.". Oder: "Da habe ich gerade eine interessante Studie zu bekommen, die muss ich noch lesen." Oder: "Ich habe die Studie gelesen. Die Ergebnisse sind interessant, aber nicht 1:1 auf uns übertragbar."

3. Besserwisserei
Seine Kollegen, die er als Konkurrenten empfindet, wertet er in aller Öffentlichkeit ungeniert ab, wenn sie die gleichen Schwächen zeigen wie er selbst, bzw. es riskieren, Stellung zu beziehen, wenn die Projektleitung solche braucht.
Dem Zwischenbericht von Prof. Streeck kurz vor der Konferenz der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten unterstellte Drosten fehlende Wissenschaftlichkeit. Was hätte er selbst wohl in dieser Situation gesagt oder berichtet: "Wir wissen noch nichts."?

Solche Leute sind in einem Lenkungskreis der schlechtes mögliche Fall: Sie bremsen das Projekt, verhindern Entscheidungen und versauen die Stimmung durch Hetze gegen Kollegen. Aber andererseits scheint er dem Typ zu entsprechen, den die Kanzlerin am liebsten in ihrem Stab hat.

Bitte nicht verwechseln mit Agilität. In agilen Projekten hat man Projektziele und Erfolgskriterien, aber man ist sich über den optimalen Weg nicht sicher. Das entspricht eigentlich der jetzigen Pandemie. Aber die Unsicherheit führt in einem agilen Projekt nicht zu Intransparenz, Entscheidungsschwächen und schlechter Stimmung. Stattdessen hat man zu jeder Zeit Ziel, Richtung und Maßstäbe, ist aber bereit diese nach offener Diskussion zu verwerfen und zu ersetzen. Aber stets so, dass alle verstehen, warum und wozu. Und das ist es, was Merkel und Wieler uns schulden.

1 Kommentar:

  1. Natürlich sind die Protagonisten des Projekts "COVID-19" dabei, alles zu vergeigen. Und wie so oft in Projekten hapert es auch hier ganz gewaltig an der Kommunikation, der Ehrlichkeit und der Aufrichtigkeit. Außerdem gibt es "Nebenziele", die nicht explizit benannt werden, im Mittelpunkt stehen hier eigene Interessen oder ideologische Gründe. Wenn dann aufkommende Diskussionen etwa als "Orgien" bezeichnet werden, dann ist schon klar, was dahinter steckt: Unerwünschte Gedanken, frei Meinungen und bohrende Fragen - all das hat bei einer Gemengelage, bei der die FDJ-Sekretärin wie die Spinne im Netz sitzt, natürlich nichts verloren.

    Das Schöne für die Projektleitung ist, daß sie in jedem Fall gewinnt. Im Erfolgsfall kann man sich vehement auf die eigene Schulter klopfen, im Mißerfolgsfall waren es die anderen oder widrige, nicht vorhersehbare Umstände. Traumhaft. Jemand wie Drosten muß sich als Fachexperte natürlich nach der Decke strecken. Er sieht die Chance seines Lebens, und um diese wahrzunehmen, muß er mit den Projektwölfen heulen. Bloß keine Fehler machen, alles in der Waage halten, nichts Konkretes versprechen - das ist dann natürlich sein Weg. Und er weiß auch, daß er von jetzt auf gleich austauschbar ist. Da muß man schon sehr stark sein, um dem zu widerstehen.

    Was aber mein völliges Unverständnis hervorruft: Wie kann es sein, daß die "Stakeholders", also all die, die ein hohes Interesse an einem Erfolg haben (-> Gesundheit), dafür auch jede Menge Geld einsetzen (-> Steuern, Abgaben) und Rechte freiwillig zur Disposition stellen (-> Grundgesetz), angesichts der verfahrenen Projektlage die Projektleitung auch noch regelrecht feiern (-> breiteste Zustimmung zum Vorgehen). Hierzu fällt mir nur Huxley ein (1958):

    "Wer so tut, als bringe er die Menschen zum Nachdenken, den lieben sie. Wer sie wirklich zum Nachdenken bringt, den hassen sie."

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