Dienstag, 7. April 2020

Wie es weitergeht steht in Romanen, Bundesdrucksachen und Drehbüchern

Es ist schon verblüffend, wie gut einige den Verlauf einer Epidemie wie Covid-19 vorhersagen konnten.

Da wäre zum einen der Roman "Die Pest" von Albert Camus von 1947, zum anderen die Bundesdrucksache 17/12051 "Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012" (Link).

Wer lieber Filme sieht, dem empfehle ich "Contagion" von 2011 oder "Outbreak" von 1995.

Man muss das nicht alles gelesen und gesehen haben. Ich aber habe und kann die Grundmuster von Epidemien inzwischen runterbeten. Was in den Podcasts von Drosten, Streeck und Kukule Transport wird, sind keine neuartigen Erkenntnisse. Auch sie folgen diesem Grundmuster.

Es geht bei jeder Epidemie darum, die Unbekannten einer mathematischen Formel zu bestimmen, eine Kurvendiskussion zu fahren, und daraufhin mehr oder weniger schwerwiegende Maßnahmen zu ergreifen.

Dazu teilt man die Bevölkerung eines Landes erstmal in Infizierte (I), Noch Infizierbare (S) und Resistente (R) auf: N = S+I+R (SIR-Modell).

Dann bildet man zeitliche Ableitungen um die zeitliche "Dynamik" zu beschreiben:

dS/dt
dI/dt
dR/dt

Dies kann man zunächst mal messen: Die Infizierten über Blutuntersuchung oder Rachenabstrich. Die Resistenten über Antikörperuntersuchungen, ebenfalls im Blut. dI/dt ergibt sich aus den andern beiden.

Dann versucht man allmählich Wahrscheinlichkeiten abzulesen:
alpha = P(Heilung), beta = P(Infektion)
y = P(Sterblichkeit), mü = P(Geburtenrate)

Solange die Wahrscheinlichkeit eines Infizierten zu genesen höher ist als die Wahrscheinlichkeit sich zu infizieren, bricht die Epidemie nicht aus.
Diese Beziehung bildet die R0-Rate:
R0 = beta/alpha
Wenn R0>1 ist (als Starbedingung), bricht die Epidemie aus, dann läuft die Infizierung schneller als die Genesung (und Aufbau der Immunität).

Im weiteren Verlauf versucht man, Einfluss auf alpha und beta zu nehmen, so dass alpha größer beta wird, so dass dI/dt negativ wird.
Alpha lässt sich nur mit Medikamenten (Heilung) beeinflussen, beta hingegen mit den Verhaltensregeln und dem Impfstoff. Die Verhaltensregeln haben wir sofort, den Impfstoff erst nach einiger Zeit.

y und mü spielen noch im großen Kontext eine Rolle. Wenn bei einer großen Verbreitung des Virus die Geburtenrate höher als die Sterblichkeitsrate des Virus ist, dämpft das die Wirkung der Epidemie.

In der realen Welt gibt es eine Rückwirkung der publizierten Kurve (dem Erfolg der Verhaltensmaßnahme) auf das Verhalten selbst. Deshalb sind wir solange in der Gefahr, rückfällig zu werden und eine neue Welle zu starten, bis ein Medikament und/oder Impfstoff zur Verfügung steht.

In der Bundesdrucksache ist das auch so beschrieben. Und zum Zeitpunkt ihrer Erstellung ging man noch von drei Jahren für die Entwicklung eines Impfstoffes aus. Jetzt redet man schon von nur noch einem Jahr.

Für mich folgt daraus: Solange wir weder ein Medikament noch einen Impfstoff haben, bleiben wir in dem Alarmmodus. Wir können die Zügel nur für immune Bürger lockern, die weder krank werden noch andere anstecken können.

Allerdings entnehme ich insbesondere Camus' Roman, wie schwer es ist, diesen Modus über längere Zeit durchzuhalten. Uns reicht es ja schon nach zwei Wochen, weil wir uns noch nicht daran gewöhnt haben. Aber ich gehe davon aus, dass ich als mittelalter Bürger noch eine Weile zu Hause bleiben muss.

Der Film "Contagion" handelt vom Einfluss der großen Interessen auf die Politik der WHO (wo ist die eigentlich im Moment?). Outbreak handelt von den militärischen Interessen an biologischen Waffen und dem Kampf gegen die Entwicklung eines Medikaments.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen