- Apple und Google veröffentlichten Statements zur gemeinsamen Entwicklung eines Funktionsumfangs ihrer Betriebssysteme, der künftig die dezentrale, anonymisierten Sammlung von Kontakten ermöglicht und eine freiwillige (Opt-in) Bereitstellung dieser Kontakthistorie falls ein Smartphone Besitzer sich als infiziert profiliert.
- Die unkommentierte "Zur-Kenntnisnahme" dieser Statements durch die Mitglieder der Bundespressekonferenz am vorigen Freitag.
- Die Implosion des Projektes PEPP-PT, das maßgeblich von dem Unternehmer und Digitalratsmitglied Hans-Christian Boost gesteuert wird, durch den Abgang maßgeblicher Wissenschaftler, u. a. Marcel Salathe.
Streitpunkt ist, dass Boost die geplante Plattform in Richtung einer zentralen Architektur vorantreibe, d. h. mit weniger Freiwilligkeit und mehr Kontrolle des Staates. Salathe habe die Initiative PEPP-PT verlassen, nachdem Boost die dezentrale Alternative stillschweigend aus der Projektbeschreibung gestrichen hätte.
Mal abgesehen davon, dass die Sache damit den typischen Verlauf eines öffentlichen IT-Projektes zu nehmen scheint, nämlich zu scheitern, erfährt man nebenbei noch andere interessante Dinge:
Hans-Christian ("Chris") Boost ist Mitglied eines Digitalrates der Bundesregierung. Den Vorsitz dieses Rates hat -man glaubt es nicht -Katrin Suder. Weitere Mitglieder stammen von Fraunhofer FOKUS (die ich selbst schon als nicht so kompetent kennen gelernt habe) und Professoren namhafter US-Universitäten. Und auch eine Geisteswissenschaftlerin, die eine Softwareplattform für medizinische Anwendungen entwickelt, aber sie scheint nicht in die Kontaktverfolgungs App involviert zu sein. Etwas ironisch klingt das Merkelzitat in der Selbstbeschreibung des Digitalrates:
"Ein kleines, schlagkräftiges Gremium", wünscht sich Bundeskanzlerin Merkel. Mit Frauen und Männern aus der Praxis, "die uns antreiben, die uns unbequeme Fragen stellen".
Nicht aufgeführt, aber ebenfalls als Regierungsberater tätig ist ja Sandro Gaycken.
Gaycken sagte im Interview mit Robin Alexander, er könne sich einen Deal "Daten gegen Freizügigkeit" vorstellen (Schritt 1). Christian Drosten sagte in mehreren NDR-Podcasts, solch eine App könnte einen großen Nutzen für die Eindämmung der Epidemie beitragen (Schritt 2). Und danach ändert Chris Boost die Spezifikation des PEPP-PT Projektes einseitig in Richtung zentrale Architektur (Schritt 3).
Da klingeln doch gleich mehrere Alarmglocken:
- Wie kann es sein, dass Katrin Suder, die in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages auf der Zeugen-, wenn nicht Anklagebank sitzt, immer noch die Bundesregierung berät?
- Wird jetzt nicht deutlich, dass die Bundesregierung hier mehr Kontrolle über die Smartphones von Bundesbürgern plant, als es die angekündigten Betriebssystem-Updates von Apple und Google es notwendig machen?
- Und: Wird hier nicht wieder sinnlos Geld rausgeworfen, weil man schon bei der Definition der Anforderungen ungeschickt vorgeht?
Quellen:
FAZ: "Offener Streit"
Eines dürfte allen klar sein, die sich auch nur ein bißchen mit Politik beschäftigen: Das, was hier abläuft (ablaufen soll), ist das, was China auch macht und was einem dort "soziale Punkte" einbringt. Das chinesische System ist also viel "fortgeschrittener" und stand vor nicht allzu langer Zeit auch hierzulande sehr stark unter Beschuß. Stand.
AntwortenLöschenNatürlich gibt es in Deutschland viele, die das gut finden, die überhaupt kein Problem haben, sich "lebensnah" und in allen Details vom Staat überwachen zu lassen. Schon heute zieren Dinge wie Alexa etc. viele Wohnungen, mit denen man spricht und die einem Antworten geben. Das ist schon schlimm genug. Sich jetzt aber elektronisch an den Staat zu binden und diesem letztendlich alle Möglichkeiten der Überwachung (und Bestrafung oder auch Belohnung) zu geben, das ist eine ganz andere Nummer.
Ich gehe davon aus, daß die allgemeine Unfähigkeit der Regierung auch hier nichts zustande bringen wird. Das ist aber nur ein schwacher Trost. Allein das Ansinnen ist schändlich.
Daß hierbei "hochverdiente" Gestalten wie Frau Suder auftauchen wie Kai aus der Kiste, versteht sich von selbst. Das Parlament und damit der Untersuchungsausschuß ist ohnehin entmündigt - aber egal, ihr wird sowieso nichts passieren. Denn es gibt eine schützende Hand für sie.
Und ja, selbstverständlich wird hier Geld nicht nur hinausgeworfen, sondern hinausgeschippt. War das jemals anders? Die verbleibenden Steuerzahler wird's freuen.
Ich selbst habe ein ganz ordinäres, altes Nokia-Handy mit GSM. Ich habe nicht vor, mir ein Smartphone zu kaufen. Selbst wenn ich eines geschenkt erhielte, würde ich es aus den genannten Gründen nicht nutzen. Die Größe meines Mißtrauens gegenüber dem Staat, seinen Lakaien und seinen elenden Zumujtungen, seinen Lügen und Unverschämtheiten kann ich mit Worten mittlerweile nicht mehr beschreiben.