Mein Kopf sagt, da ist kein Ich, da ist keine Seele, da ist kein Gott. Da ist ein Prinzip, da ist ein Modell von der Welt und darin kommt das Subjekt vor und das ist Bewusstsein.
Aber die Geschichten aus der Bibel faszinieren mich dennoch. Weil sie uns auch etwas sagen, wenn wir nicht an einen figürlichen Gott im "Himmel" glauben.
Und so passt die Geschichte vom Auszug aus Ägypten gut zu meinen Beobachtungen von neuen Rentnern und aufgestiegenen oder befreiten Zeitgenossen.
"Die Freiheit ist das schlimmste." sagte mir mal eine frisch gebackene Rentnerin aus dem Ruhrgebiet. Niemand gibt dir mehr eine Struktur vor, sagt was du tun sollst. Und du musst ja auch gar nichts mehr tun, denn deine Rente sichert dich ab.
Ein ins Management beförderter Kollege sagte mir: "Die ersten beiden Bonusjahre machten richtig Spaß. Mehr Geld als ich brauchte. Ich habe mir einen Porsche Boxster gekauft. Ich dachte ich hätte es geschafft. Aber man gewöhnt sich dran, schafft einen neuen Lebensstandard. Und bald lauert man auf den nächsten Karriersprung um den Rausch zu wiederholen."
Zehn Jahre nach dem Mauerfall stieg die Unzufriedenheit in Ostdeutschland, Osteuropa und den GUS-Staaten. Sogar die von der Apartheid befreiten Südafrikaner wurden unzufrieden.
Und schließlich: Über Lottomillionäre liest man, dass viele nach wenigen Jahren zurück auf Null sind. Und unglücklicher als vorher. Sie haben alles verprasst und es kommt nichts mehr nach.
Was diese Geschichten gemeinsam haben, ahnt man ja schon. Und daneben jetzt noch eine Zusammenfassung des Auszugs der Israeliten aus der babylonischen Gefangenschaft.
Sie wurden gehalten wie Sklaven. Dann kam Moses, der von Gott erwählte, ging zum Pharao und erkämpfte mit Gottes Hilfe (den sieben Plagen) die Freiheit seines Volkes.
Dem euphorisierten Volk erzählte Moses vom gelobten Land, aber der Weg dahin führe durch die Wüste. Sie brachen auf. Als sie ein paar Kilometer durch die Sinaniwüste gezogen waren, wurden die ersten unzufrieden. "In Ägypten wurde uns wenigstens ein Essen hingestellt. Hier drohen wir ja zu verdursten."
Irgendwann schickte Gott Manna vom Himmel, ein süß schmeckendes Brot. "Esst Euch satt, aber bewahrt nichts auf. Der morgige Tag wird für sich selber sorgen." Aber die meisten sammelten so viel sie nur konnten, um das Risiko sich selbst versorgen zu müssen möglichst gering bliebe. Aber das Brot wurde am nächsten Tag schon schlecht. Das Volk wurde unruhiger und zügelloser.
Deshalb rief Gott Moses auf den Sinai-Berg und diktierte ihm die 10 Gebote des Zusammenlebens.
Was lehrt uns das?
Die Nutzung der Freiheit zur Gestaltung des eigenen Lebens ist kein Schlaraffenland. Sie ist eine Gelegenheit für diejenigen, die gerne ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Und dabei auch mal etwas riskieren. Im sozialistischen Deutschland riskiert man mit Nichtstun eigentlich nichts, im Gegenteil.
Aber man muss eine Idee vom Leben haben. Sich selbst kennen lernen, d. h. die eigene Bedürfnis"Pyramide", und die eigenen Stärken mit denen man diese bedienen kann. Und da rede ich nicht nur von materiellen Gütern.
Lottogewinner und Rentner, denen nichts sinnvolles einfällt, haben meiner Meinung nach noch nie richtig gelebt. Ich kenne einen, der sagt das sogar selbst: "Bis jetzt habe ich vom Leben ja noch nichts gehabt." - "Ja, und wann willst du mal damit anfangen?" - "Ja, was denn?"
Ich kann an solchen Leuten verzweifeln. Sie haben geschuftet, sich abgesichert. Aber sie haben nie einen Schritt aus der Komfortzone gemacht. Ins Internet z. B. gingen manche 20 Jahre nach dem es sich wirklich unumgänglich etabliert hatte. Aber manche verweigern sich selbst jetzt noch.
Ich kenne Hobbyfotografen, die außer Blüten und Bienen noch nie etwas fotografiert haben, egal wo sie sind. Ihr Leben ist komplett umdokumentiert. Weil sie nicht wissen, dass sie gerade etwas erleben, was irgendwann nicht mehr ist. Weil sie blind für das Selbstverständliche sind.
Die noch nie einen Cent an der Börse angelegt haben, aber mich fragen, warum ich denn damals so blöd war aus Amazon Aktien auszusteigen?
Das sind die gleichen Leute, die Merkel gewählt haben. Die Mutti. Ich muss nicht nachdenken, die macht das schon. "Glaubst Du denn Du kannst es besser?"
Und umgekehrt genau so: Jetzt regen sich alle über das Regierungsversagen auf. "Aha, und wen wirst beim nächsten Mal wählen?" - "Ja meinst Du denn die anderen können es besser?"
Mit solch einem Land haben Despoten und Verführer ein leichtes Spiel. Die lassen sich einsperren, ins Bockshorn jagen. Die stellen nichts in Frage was von oben kommt, aber alles was von der Seite kommt.
Und wenn sie unzufrieden sind, nörgeln sie. Aber sie tun nichts. Die höchste Maßnahme, die sie kennen ist, "diesmal nicht wählen zu gehen".
Wären es Deutsche gewesen, die Moses aus Ägypten führte, sie wären nach 3 Kilometern Sinaiwüste zurück nach Ägypten gerannt und hätten ihre Handgelenke hingehalten.