Mein Projekt ist international besetzt und ich habe hier schon öfter beschrieben, dass die Zusammenarbeit auf Akademiker- und Ingenieursniveau im großen und ganzen sehr gut funktioniert - jedenfalls brauchen wir keine Moralprediger oder Integrationsprogramme dafür.
(Aber ich sage auch: Daraus folgt kein Schluss für Moabit oder Neukölln, für Marxloh oder den Dortmunder Norden.)
Trotzdem wird mir in diesen Tage ein Problem bewusst, das mich die ganze Zeit ein wenig behindert und auch verlangsamt: Die Projektsprache englisch.
Wir schreiben und sprechen auf Englisch. Nur wenn eine Gruppe mit gleicher Muttersprache unter sich ist, spricht sie diese.
Und wir alle merken: In der eigenen Sprache sind wir schneller und genauer. Wir werden uns der Macht eines reichen Wortschatzes bewusst und empfinden es fast als körperliche Behinderung, nicht sagen zu können, was wir meinen, weil wir wieder einmal eine englische Vokabel oder Redewendung nicht wissen. Beim Dokumentieren löst man das Problem, in dem man in einem eigenen Browserfenster dict.cc oder linguee.de öffnet. Es macht einen aber langsamer, wenn man immer wieder nachschlagen muss.
Im Gespräch allerdings nervt es, wenn man immer wieder fragen muss 'what is this in English"?
Unter den Kollegen sind etliche, die bereits deutsch können, weil sie "schon länger hier leben". Aber selbst mit ihnen rede ich langsamer und einfacher. Weil ich von meiner eigenen Dankbarkeit ausgehe, die ich jemandem gegenüber habe, wenn er loud and clear mit mir spricht.
Dies erzeugt eine "kognitive Last" wie es die Psychologen aus der Abteilung "Autonomes Fahren" nennen.
Aber in Berlin geht es damit nach Feierabend weiter. Auf dem Heimweg mal eben am Wittenbergplatz aussteigen und bei Kamps ein frisches Brot kaufen? Du kommst in den Kamps Laden und da sind drei neu eingereiste Araber. Die Schlange ist sehr lang, weil die Verkäufer immer wieder nachfragen müssen, was die Kunden meinen. Auch gibt es gar nicht mehr alle Sorten, die man früher gerne gekauft hat. Stattdessen versucht man mir jetzt ein Walnussbrot aufzuschwatzen. Ja, die Tagesbestellung war etwas zu klein gewesen ("Wissen wir doch nicht, was die Kunden so wünschen.").
Beim Zahnarzt das gleiche. In meiner Nähe gibt es gleich drei Stück: eine polnische Ärztin (Taff, gut, spricht aber nur polnisch und englisch mit polnischem Akzent). Dann einen kurdischen Nachwuchsarzt (gut, aber spricht kein englisch und nur gebrochen deutsch). Nur einer ist Deutscher. Und er fragte mich als erstes, warum ich denn für's Nachgucken den Arzt gewechselt hätte.. Schon habe ich das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen und in einem Verhör zu sein.
In der U-Bahn, im Bus überall hörst Du alle Sprachen - wie in Babylon.
Deutsch als Fremdsprache ist eine kognitive Dauerlast. Es strengt an und ich merke das nun am Jahresende. Ich meide Termine und Anrufe. Wenn ich an meinem Schreibtisch Features beschreibe, bin ich sehr vertieft in die Sache. Mein RAM ist zu 100% gefüllt.
Dann fliegt die Tür auf und ein Product Owner steht im Raum: "May I ask you a question?". In dem Moment verschwindet mein mühsam aufgebautes Konstrukt im RAM zu mindestens 50%. Schon bevor ich mich entschiede habe, ob ich auf den "Störer" eingehe. Da wir aber alle eine Kultur der helfenden Hand leben, damit keine Inseln oder Silos entstehen, höre ich zu und Räume Zeit ein. Damit vermeide ich es, den Kollegen zu blockieren, blockiere mich aber selbst. Und fange neu an, über das Feature nachzudenken.
Gerade deshalb wird Heimarbeit für mich immer wichtiger. Nur dann schaffe ich tatsächlich geistige Arbeit.
Und ich ziehe das Fazit: Die besten der Welt (hüstel..) zusammen zu rekrutieren und keine Limits für Fremdsprachenanteil zu setzen, erhöht die Dauerbelastung durch den Faktor Sprache. Für das Projekt erhöht sie das Risiko von Missverständnissen. Die einzige Maßnahme dagegen ist ein sehr guter fachlicher Wortschatz. Aber der wächst nur durch Übung. Die schwedischen Kollegen sind da z. B. schon sehr viel weiter. Was sie sprechen kann man immer getrost gleich so dokumentieren.
Es isoliert einen persönlich auch etwas. Das Gefühl, nicht verstanden zu werden, ist unter Muttersprachlern schon gegeben. In "Eine-Welt-Projekten" ist es noch viel höher. Da ist viel Propaganda und Fassade im Spiel..
Mittwoch, 19. Dezember 2018
Mittwoch, 12. Dezember 2018
Weihnachten über die Jahre...
"No one notices the customs slip away"Al Stewart, On The Border (1979)
Ich war um 1h das erste mal wach. Durch die offenen Türen konnte ich unsere Weihnachtsbaumbeleuchtung sehen. Das beruhigte mich sehr und ich hätte wieder einschlafen können. Aber ich fand den Anblick zu schön, um einfach wieder weg zu dämmern. Außerdem war es einer der ganz wenigen Momente in diesem Monat, in dem niemand etwas von mir wollte..
Also setzte ich die iPod Kopfhörer auf und klickte mich durch zum Podcast von SWR2 Wissen. Ein sehr interessanter Beitrag über Kurt Gödel. Den Mathematiker, der die mathematische Beweisführung in einen Algorithmus wandelte, ich glaube es war das, was mein Matheprofessor "induktive Beweisführung" nannte (und was ich mich stets weigerte als Beweisführung anzuerkennen - aber ich bin kein Mathematiker). Logische Schlüsse in eine "Sprache" zu wandeln, so dass sie berechenbar werden, das ist eine reife Denkleistung.
Der Moderator interviewte einige Mathematikprofessoren und eine Biographin. Einen der Profs imponierte am meisten, dass Gödel mit "gerade mal sieben Veröffentlichungen" in die Geschichte eingegangen sei. Tja, kann man da sagen, so ist das mit Substanz und Verdichtung. Ich entnahm dem "Feature", dass Gödel ein tiefer, intensiver, getriebener Denker gewesen sein muss, der einer Ahnung auf der Spur war. Manchmal hat man ja eine blitzartige Ahnung von etwas und sucht dann einen bewussten Weg dorthin. Vielleicht ging es ihm so. Jedenfalls habe ich erst heute Nacht verstanden, was uns unser Matheprof. damals beibringen wollte, als wir uns unterm Weihnachtsbaum mit Klaus Habethas Höherer Mathematik quälten. Auch Hilberträume fielen mir wieder ein, waren das nicht die unendlichen aber dennoch abzählbaren Zahlenmengen?
Gödels Biographin interessierte sich hingegen mehr für sein Essverhalten und seine "mysteriöse Beziehung" zu einer Tänzerin. Und dass er seinen ersten Kuss auf der Rückseite eines Ausleihscheins der Universitätsbibliothek vermerkte. (Ich kann da mithalten und bin damit vor 20 Jahren mal in ein Verhör geraten: Im Inlay einer R.E.M. CD schrieb ich mal die Emailadresse einer Softwareingenieurin im Dortmunder Technologiepark auf. Wir fuhren 3x die Woche im selben Bus. Aber was ich ihr damals beweisen wollte gelang mir weder induktiv noch deduktiv. Aber Ende gut, alles gut.. :-)
Bei der Schilderung der Spaziergänge Gödels mit Einstein in Princeton schlief ich wieder ein. "Die Heimwege zu Fuß mit Einstein sind das einzige, was mich noch morgens aufstehen lässt." soll er nach dem Tod seiner Frau mal notiert haben. Er litt unter der Einsamkeit und schätzte das gute Gespräch mit einem befreundeten ebenbürtigen Kollegen - wer kann das nicht verstehen?
Als ich wieder wach wurde war ich froh, dass ich mir den Arbeitstag für Heimarbeit "freigeschaufelt" hatte, denn ich wollte noch ein bisschen darüber sinnieren. Vordergründig musste ich ein paar Features runterschreiben. Aber was im Kopf schon parat liegt, kann man mit einer schmalen Partition der Gehirnressourcen erledigen. Auf der größeren sinnierte ich meinem ersten Weihnachten als Student nach. Im Nachhinein muten Zeiten bestandener Prüfungen immer nostalgisch an. 1989 war ein bewegter Herbst und ebenso die Weihnachtszeit. Die Rumänen machten mit den Ceaușescus kurzen Prozess. Und wir quälten uns durch die Klausuren in Mathe und Physik. Ohne ebendiese Leistungskurse im Abitur hätte ich das nicht geschafft.
Aber der Kontrast zwischen dem abstrakten Mathematikstoff und dem sehr konkreten Weihnachtsbaum, unter dem ich las, hatte etwas..
Ich bin noch nicht in dem Alter, in dem Freunde sterben. Aber was ich vorhin beim Einkaufen in der Mail erlebt habe, ist das Wegsterben alter Bräuche. Nein, keine Kinderchöre, die für Spenden singen. Oder dass Passanten in der Ubahn oder auf dem Bürgersteig etwas weniger asozial oder raumunfähig sind. Selbst wenn wir über kommerzielle Bräuche reden: sie sterben weg.
Es gab eine Zeit, da wurden Produkte und Lebensmittel weihnachtlich verpackt oder dekoriert. Da gab es die Sachen von Sturz, Riegelein und wie sie hießen und heißen. Heute gehen die Supermärkte auf Nummer sicher: Ein, zwei Aussteller von Lindt oder Ferrero und damit hat es sich. In der Menge so bemessen, dass restlos verkauft wird und nach Weihnachten nichts ausverkauft werden muss.
Auch war früher mehr geschmückt oder dekoriert. Oder bilde ich mir das ein? Mich mutet es an, als würden die Händler das Geschäft noch machen wollen, aber sich nicht mehr zum Anlass bekennen müssen. Früher warfen wir ihnen vor, Bräuche kommerziell auszunutzen. Coca Cola Trucks, was für ein Mist, heulten die Grünen. Heute beziehen sich Händler immer weniger auf diese Bräuche. Und warum wohl..?
Das ist traurig. Wenn die Bräuche schwinden, dann schwindet Identität. Dann schwindet die Gewissheit über das Selbstverständliche. Das ist an sich leider nicht mehr neu, aber mir scheint, es erwischt allmählich auch Weihnachten im Einzelhandel..
Montag, 10. Dezember 2018
Land der Karrenbauer
Deutschland wandelt sich: Vom Land der Autobauer zum Land der Karrenbauer.WELT-Leser
Wenn Du für mangelnde oder fehlerhafte Leistung kritisiert wirst, mache es wie die sog. Spitzenpolitiker und lenke diese Kritik auf die Opfer Deiner Mangelleistung. So wie Annekröt gestern Abend, als Gabor Steingart ihr ins Gesicht sagte, er könne in Saarbrücken keine Ergebnisse guter Politik sehen. Annekröt antwortete ihm ausweichend, das sei ja wohl etwas despektierlich den Saarländern gegenüber. Nicht wahr?
Willkommen im Land der schwarzgrünen Kindergartentanten und Karrenbauer. Wo Parteitage "spannend" sind (n-tv), also vor allem der Unterhaltung dienen. Wo man das Glossar des Abendlandes umschreibt und alle in einem "reichen Land" leben. Wo man deshalb Renten besteuert. Wo man Pendlern das Bahnfahren predigt und ihnen wochentags den Müll jahrzehntelanger Misswirtschaft von Mehrdorn über Hanisch bis Pofalla zumutet. Am Adventswochenende die Preise erhöht und montags den Betrieb einstellt.
Wo man die Probleme "der Menschen" (da draußen in DIESEM (nicht unserem) Land) in hübsche Hashtags verpackt und nach der Lieblingsfarbe für eine Schleife fragt (#FREIFAGULU)
In meiner Vorlesung "Prozessleittechnik" nannte ein Dozent den Alptraum aller Ingenieure, die komplexe Strukturen oder Prozesse umsetzen sollen: Widersprüchliche Zielvorgaben.
Die leistet sich der Bund nicht nur bei der Bahn. Sondern auch bei den Abgasregeln für PKW. In den 90ern wandelte der geregelte Fahrzeugkatalysator Kohlenwasserstoffe in CO2 und andere Stoffe um. Danach kam die Zielvorgabe, CO2 Emissionen zu reduzieren. Das bewirkte Entwicklungstrends in Richtung höherer und sauberer Verbrennung. Die deutschen Autobauer investierten stark in die Dieseltechnologie. Mit dem angenehmen Nebeneffekt, bei weniger Leistung mehr Drehmoment zu erzielen. Wo es immer mehr und wechselnde Tempolimits gibt, da will man wenigstens schnell überholen können.
Dann erkannten die Grünen die Nachteile niedriger CO2 Emissionen: Höhere NOX Emissionen. Aber auch hierfür entwickelten Chemiker eine Lösung: AdBlue für die Abgasnachbehandlung mittels SCR ("selektive katalytische Reduktion"). Das Versäumnis deutsche Autobauer war es, die Adblue Tanks ausreichend für vollständige Inspektionsintervalle zu bemessen und stattdessen zu Abschalteinrichtungen zu greifen. Aber an sich ist das Problem gelöst.
Wer partout bei Benzinmotoren bleiben will, der wird runtergestuft auf vier Zylinder. Aber als 924S Fahrer kann ich dazu nur sagen: So what?!
Bei den VerwaltungsmodernisiererInnen, die ihre Abschlüsse in Sozial-, Europa und Verwaltungs"Wissenschaften" machten, und die ich kennen lernen durfte, gilt der Dieselskandal als das Ende von "German Engineering". Überhaupt sind sie der Meinung, dass der technische Fortschritt dringend der Begleitung ("Bundesmittel") durch Humanisten bedarf. Denn, so deren Blick auf die Welt, IT-Architektur kann man sich am Wochenende selbst beibringen, Verwaltung und Humanismus aber zeichne die wahren Gelehrten aus...
Die Scrum Master und Entwickler in meinem Projekt sehen das ganz anders. Wer hier reinkommt und meint, ohne eigenen Entwicklungserfahrung anderen die Regeln beibringen zu können, steht bald im Abseits. Verwaltungswissenschaftler (oder, wie mein Ex-Kollege sagte: "mit Abschluss in Poesie") würden hier kein Bein an die Erde bringen. Aber in der Politik, da bringen nur sie Beine an die Erde. Siehe Frau Kemfert, Frau Annekröt, Frau Hendricks ("Purple Haze"), Herr Resch.
Die sind ernsthaft der Meinung, Berlin könne seinen Güterverkehrbedarf -also seine Versorgung- mit Bahn und Lastenfahrrädern abwickeln. Wie kommt man darauf? Antwort: Man verbringt seinen Tag in Hausschuhen. Man radelt vom Prenzlberg in die Invalidenstraße oder zum Roten Rathaus und veraktet dort die neuesten Fahrverbotszonen und Umwandlungen von Straßen in "Begegnungszonen". Deren Strom kommt aus der Steckdose und der Fairtrade Tea kommt mit dem Lastenfahrrad in die Stadt. Möbel kauft man ja eh nur gebraucht. Und die Frage nach Betonmischern beantworten sie mit Holz aus eigenem Anbau.
"Karrenbauer" - man kann den Anspruch an sich selbst nicht besser benennen. Land der Karrenbauer. Das Menetekel stand an der Twitterwall in Hamburg. Jetzt folgt der Rollout über das ganze Land.
Freitag, 16. November 2018
Zeit
Am schönsten Tag der Woche noch etwas schreiben? Der schönste Tag der Woche war eigentlich der Dienstag, als das U2 Konzert in der -Achtung- Mercedes Benz Arena nachgeholt wurde. Wenn du eine Band seit 35 Jahren hörst, dann wirft Dich so ein Konzert auch auf dich selbst zurück. Als ich sie 1987 zum ersten Mal sah, im Kölner Müngersdorfer Stadion, da war ich noch in der Oberstufe. Am Dienstag jedoch war ich auch meinem Platz auf der Tribüne umgeben von grauhaarigen Mittfünzigern. Oder sollte ich sagen: Mitfünfzigern,..?
Tja, "the song remains the same" sangen Led Zeppelin. Aber "the artists not" könnte ich einwenden. Denn inzwischen ist alles erreicht, was wir damals besangen: Weltfrieden, Umwelt gerettet. Soziale Gerechtigkeit. Na wenigstens hier. Ok, wenigstens jetzt. Ja ich weiß auch nicht, wie lange wir noch Frieden haben werden. Jedenfalls werden wir nicht durch eine Atombombe sterben, wie noch in "Unforgettable Fire" an die Wand gemalt. Sondern durch einen Messerstich oder einen Gewehrlauf von Kommunisten, wie man es derzeit auf Fotos des 20er Jahre im Museum für Fotografie besichtigen kann..
Nein, Sicherheit und Schafe im Trockenen sind keine gute Basis für gute Kunst. Ja, man darf stolz darauf sein, "es" geschafft zu haben. Es ist auch ok, sich in Erinnerungen über die innere Unsicherheit zu suhlen. Aber aus welchem Gefühl entsteh neue Kunst..?
Na klar: aus der Rückschau. Die Erfahrung der Unschuld. Wie viel mächtiger war die eigene Phantasie als man noch nicht alles wusste? Das tägliche Leben als der Griff ins Repository. Alles durch. Alles schon gesehen. In der Mittagspause beim Italiener in der Carnotstraße traf ich heute einen früheren Kollegen. Und auch er: alt geworden, Mann. "Und was macht der Porsche?" - "Ja dem gehts gut. Und der BMW?" - "Wieder gut. Habe einiges reinstecken müssen." Ab und weg.
Tja, hätte ich mir als Oberstufenschüler mal einen Ruck gegeben und etwas früher Schlagzeug gelernt. Oder wäre beim Programmieren von Homecomputern geblieben. Mein Problem ist, dass ich mich für vieles interessiere und nur gelegentlich eine Sache bis zum Exzess treibe. Aber dann, nur dann, wird es auch gut. Das gebe ich zu, das sehe ich ein. Musik ist eine Sache von Zehntel- wenn nicht Hundertstelsekunden. Aber auch von Jahrzehnten. Man hält das Älterwerden noch aus, solange manche noch älter sind. Bono verweist auf Mick Jagger. Ich verweise auf Bono.
In Grönland haben sie einen Meteoriteneinschlag entdeckt. Ein Meteorit von 1km länge. Vor 10.000 Jahren. Das ist nicht viel, kosmisch gerechnet. Ohne Kreislauf, bzw. Wiederholung wüssten wir gar nicht wie viel Zeit vergeht. Die Erde um die Sonne, der Zeiger um das Zifferblatt. Leben ist Wiederholung. Nur deshalb überhaupt können wir Zeit messen.
Alles schon bekannt. Nichts neues unter der Sonne. Nein, mir fällt heute nichts ein. Ich schalte jetzt mal WDR 5 ein. In "Radio Thilo" geht es heute um "Gute Arbeit". What the heck..?
Tja, "the song remains the same" sangen Led Zeppelin. Aber "the artists not" könnte ich einwenden. Denn inzwischen ist alles erreicht, was wir damals besangen: Weltfrieden, Umwelt gerettet. Soziale Gerechtigkeit. Na wenigstens hier. Ok, wenigstens jetzt. Ja ich weiß auch nicht, wie lange wir noch Frieden haben werden. Jedenfalls werden wir nicht durch eine Atombombe sterben, wie noch in "Unforgettable Fire" an die Wand gemalt. Sondern durch einen Messerstich oder einen Gewehrlauf von Kommunisten, wie man es derzeit auf Fotos des 20er Jahre im Museum für Fotografie besichtigen kann..
Nein, Sicherheit und Schafe im Trockenen sind keine gute Basis für gute Kunst. Ja, man darf stolz darauf sein, "es" geschafft zu haben. Es ist auch ok, sich in Erinnerungen über die innere Unsicherheit zu suhlen. Aber aus welchem Gefühl entsteh neue Kunst..?
Na klar: aus der Rückschau. Die Erfahrung der Unschuld. Wie viel mächtiger war die eigene Phantasie als man noch nicht alles wusste? Das tägliche Leben als der Griff ins Repository. Alles durch. Alles schon gesehen. In der Mittagspause beim Italiener in der Carnotstraße traf ich heute einen früheren Kollegen. Und auch er: alt geworden, Mann. "Und was macht der Porsche?" - "Ja dem gehts gut. Und der BMW?" - "Wieder gut. Habe einiges reinstecken müssen." Ab und weg.
Tja, hätte ich mir als Oberstufenschüler mal einen Ruck gegeben und etwas früher Schlagzeug gelernt. Oder wäre beim Programmieren von Homecomputern geblieben. Mein Problem ist, dass ich mich für vieles interessiere und nur gelegentlich eine Sache bis zum Exzess treibe. Aber dann, nur dann, wird es auch gut. Das gebe ich zu, das sehe ich ein. Musik ist eine Sache von Zehntel- wenn nicht Hundertstelsekunden. Aber auch von Jahrzehnten. Man hält das Älterwerden noch aus, solange manche noch älter sind. Bono verweist auf Mick Jagger. Ich verweise auf Bono.
In Grönland haben sie einen Meteoriteneinschlag entdeckt. Ein Meteorit von 1km länge. Vor 10.000 Jahren. Das ist nicht viel, kosmisch gerechnet. Ohne Kreislauf, bzw. Wiederholung wüssten wir gar nicht wie viel Zeit vergeht. Die Erde um die Sonne, der Zeiger um das Zifferblatt. Leben ist Wiederholung. Nur deshalb überhaupt können wir Zeit messen.
Alles schon bekannt. Nichts neues unter der Sonne. Nein, mir fällt heute nichts ein. Ich schalte jetzt mal WDR 5 ein. In "Radio Thilo" geht es heute um "Gute Arbeit". What the heck..?
Montag, 12. November 2018
Scaled (Fr)Agile
Mit einem Tropfen Öl kann man so und so viele Liter Trinkwasser vergiften. So ähnlich ist das mit dem "Firnis der Zivilisation", der ausgerechnet von Linken wie Wolfgang Schäuble betont wird, wenn man über Weltkriege spricht. Firnis ist der farblose Schutzanstrich, der den wahren Kern zwar zeigen aber auch schützen soll.
So ähnlich ist es aber auch mit agilen Methoden für die Softwareentwicklung. Es funktioniert nur, wenn alle eine positive, eigene Motivation haben.
Weder funktioniert es mit Leuten, denen man jeden Tat jede Woche sagen muss, was sie als nächstes tun sollen. Das müssen sie selbst erkennen. Sie müssen auch von sich selbst wissen, welche der Aufgaben im Arbeitsvorrat sie am besten umsetzen können. Wenn der Rhythmus aus Sprints und Meilensteine nicht anspringt und läuft wie ein 12 Zylinder sondern man in jedem Arbeitstakt auf die Einhaltung des Taktes achten muss, wird es nicht laufen.
Wenn Du 10 Product Owner mit Epics versorgst, und sie haben Rückfragen, die sie nie in der Gruppe sondern nur unter 4 Augen zu stellen wagen, ist Dein Zeitkontingent für die Woche schnell verfrühstückt.
Ja, man darf einwenden, dass es auch an mir liegen könnte. Dass ich die Episch nicht klar genug beschreibe. Die Trennlinie der Verantwortung liegt in der Tiefe: Ich beschreibe von allem den Umfang und das gewünschte Verhalten. Einzelheiten der Umsetzung müssen mit dem Architektenteam und/oder dem Technikteam auf Kundenseite besprochen werden.
Und wo wir gerade Missverständnisse aufklären: Der Sprint Review ist keine Verkaufsveranstaltung. Nein, sie ist nicht DIE Gelegenheit, sich von anderen Product Owner abzugrenzen. Sie ist der Ort an dem Du vor "Mächtigen" die Wahrheit sprichst -als Teil eines Teams.
Und hey, Kundenrepräsentanten: Sprint Review ist auch nicht der Ort, über Arbeitszeiten und Überstunden zu diskutieren.
Was sagst Du? Nein, mich interessiert nur, dass alles rechtzeitig fertig wird. Wann die Teams etwas beginnen, ist Prio 2.
Wenn Du dem Projekt signalisierst "Hey, ich lasse mich gerne als Hipster eines coolen Startups feiern und präsentiere gerne in Turnschuhen und T-Shirt, dann signalisierst Du den Entwicklern: Ich bin ein Teil von Euch. Vision und Ziel sind alles, Hierarchie und Druck ist etwas für Ewiggestrige."
Und wenn Du dann beim ersten Status "Nicht erreicht" sofort nervös wirst, weil Du nicht einschätzen kannst, wie kritisch das jetzt ist, dann solltest Du besser beim vertrauten Schmerz bleiben.
Denn was Du mal eben heraus posaunst das kannst Du nur schwer wieder zurücknehmen. Das bleibt dann uns überlassen. Die Sandwichposition gibt es auch in der agilen Welt.
So ähnlich ist es aber auch mit agilen Methoden für die Softwareentwicklung. Es funktioniert nur, wenn alle eine positive, eigene Motivation haben.
Weder funktioniert es mit Leuten, denen man jeden Tat jede Woche sagen muss, was sie als nächstes tun sollen. Das müssen sie selbst erkennen. Sie müssen auch von sich selbst wissen, welche der Aufgaben im Arbeitsvorrat sie am besten umsetzen können. Wenn der Rhythmus aus Sprints und Meilensteine nicht anspringt und läuft wie ein 12 Zylinder sondern man in jedem Arbeitstakt auf die Einhaltung des Taktes achten muss, wird es nicht laufen.
Wenn Du 10 Product Owner mit Epics versorgst, und sie haben Rückfragen, die sie nie in der Gruppe sondern nur unter 4 Augen zu stellen wagen, ist Dein Zeitkontingent für die Woche schnell verfrühstückt.
Ja, man darf einwenden, dass es auch an mir liegen könnte. Dass ich die Episch nicht klar genug beschreibe. Die Trennlinie der Verantwortung liegt in der Tiefe: Ich beschreibe von allem den Umfang und das gewünschte Verhalten. Einzelheiten der Umsetzung müssen mit dem Architektenteam und/oder dem Technikteam auf Kundenseite besprochen werden.
Und wo wir gerade Missverständnisse aufklären: Der Sprint Review ist keine Verkaufsveranstaltung. Nein, sie ist nicht DIE Gelegenheit, sich von anderen Product Owner abzugrenzen. Sie ist der Ort an dem Du vor "Mächtigen" die Wahrheit sprichst -als Teil eines Teams.
Und hey, Kundenrepräsentanten: Sprint Review ist auch nicht der Ort, über Arbeitszeiten und Überstunden zu diskutieren.
Was sagst Du? Nein, mich interessiert nur, dass alles rechtzeitig fertig wird. Wann die Teams etwas beginnen, ist Prio 2.
Wenn Du dem Projekt signalisierst "Hey, ich lasse mich gerne als Hipster eines coolen Startups feiern und präsentiere gerne in Turnschuhen und T-Shirt, dann signalisierst Du den Entwicklern: Ich bin ein Teil von Euch. Vision und Ziel sind alles, Hierarchie und Druck ist etwas für Ewiggestrige."
Und wenn Du dann beim ersten Status "Nicht erreicht" sofort nervös wirst, weil Du nicht einschätzen kannst, wie kritisch das jetzt ist, dann solltest Du besser beim vertrauten Schmerz bleiben.
Denn was Du mal eben heraus posaunst das kannst Du nur schwer wieder zurücknehmen. Das bleibt dann uns überlassen. Die Sandwichposition gibt es auch in der agilen Welt.
Montag, 5. November 2018
Novemberspaziergang
Der 9. November ist ja in unserer Geschichte mehrfach belegt. Etwas aus dem Blick geraten ist uns der Matrosenaufstand von 1918. Die Deutschen waren kriegsmüde und ihrer unfähig-großmäuligen Herrschaft überdrüssig bis zum Exzess (klingt vertraut?).
Die OHL hatte Kaiser und Volk lange hingehalten und die drohende Kriegsniederlage verheimlicht ("Wir schaffen das.").
Als sie es dann doch nicht schaffte, empfahl sie dem Kaiser, die Regierung dem Parlament zu übertragen. Aus dem "Wir schaffen das." wird schnell ein "Ihr schafft das." Ein "Wir haben jetzt keine Zeit für lange Debatten." denn "Sie sind jetzt nun mal hier.".
Ludendorff, der sich im Feld verzockt hatte, lenkte den Kanzler zu Friedensverhandlungen und distanzierte sich später von dessen Taten. Er wähnte sich vor anderen "im Felde unbesiegt" so wie Merkel heute nicht weiß "was ich ändern sollte".
So sind sie und so waren sie schon immer, die Staatsmänner und -frauen, die ihr Volk zu opfern bereit sind, um in die Geschichte einzugehen: Großmäulig, pflichtscheu und verräterisch.
Reichspräsident Ebert war übrigens aus dem gleichen Holz geschnitzt: Immer zum Verrat bereit, wenn es der Gunst durch die hohen Herren dienen könnte.
Zurück zum Matrosenaufstand: Der britische Philosoph Thomas Hobbes entwickelte die Theorie des "Naturrechts auf Selbsterhaltung". Ob sich die Kieler Matrosen und Arbeiter auf ihn beriefen, weiß ich nicht. Aber sie lebten seine Theorie.
Und wir könnten es heute auch, wenn ich mir Merkels Politik so anschaue.. Aber vielleicht müssen wir erst noch ein bisschen Material anlegen.
Die OHL hatte Kaiser und Volk lange hingehalten und die drohende Kriegsniederlage verheimlicht ("Wir schaffen das.").
So sind sie und so waren sie schon immer, die Staatsmänner und -frauen, die ihr Volk zu opfern bereit sind, um in die Geschichte einzugehen: Großmäulig, pflichtscheu und verräterisch.
Reichspräsident Ebert war übrigens aus dem gleichen Holz geschnitzt: Immer zum Verrat bereit, wenn es der Gunst durch die hohen Herren dienen könnte.
Und wir könnten es heute auch, wenn ich mir Merkels Politik so anschaue.. Aber vielleicht müssen wir erst noch ein bisschen Material anlegen.
Freitag, 2. November 2018
Sa sdarówje!
Freitag. Der schönste Tag der Woche (wie man am Rhein sagt :-) )!
Einerseits: Was, schon wieder eine Woche rum? Andererseits, puh.
Wir hatten in Schweden einen Workshop "unter uns". Sozusagen zur Begradigung all der Missverständnisse um unsere Plattform, um die Vorgehensweisen, um Rollenspiele. Früher hätte ich gesagt: "einheitliche Sicht" auf die "Prozesse" und "Aufgaben".
Vor allem aber: Besser kennen lernen. Endlich kennen sich alle ein bisschen besser und hören auf, einander beeindrucken und sich absichern zu wollen. Aber hey: Wir sind ja alle erst vor ein paar Monaten zusammen gekommen. Und haben schon etwas erreicht. Aber man muss bedenken, dass das Zusammenwachsen so vieler Leute aus fast allen Kontinenten Zeit braucht.
Interessant dann auch die Abendgespräche. WIe gut verstehen sich Russen mit Ukrainern wirklich? Inder mit Pakistani, Mexikaner mit US-Amerikanern? Gut, wir sind unter Entwicklern, Nerds. Und Du kannst alle sofort mit einer Spielkonsole mehr begeistertn als mit einem Themenabend über Politik.
Aber alle Verhalten sich eher so, wie es m. E. auch nur geht: An der Oberfläche bleiben. Hier und da eine Anspielung. Aber dann: Nasdarowje!
Ein ukrainischer Kollege ist in der Stadt aufgewachsen, die früher Trägerraketen und Flugzeugträger für die Sowjetarmee gebaut hat. Es sei eine Zeit gewesen, in der Forscher 10x so viel verdienten, wie Direktoren im Verwaltungsapparat. Deshalb habe auch er diese Richtung einschlagen wollen. Dann aber, nach der Auflösung der UdSSR seien alle Guten sofort abgehauen. Und die Firmen mussten wegen Fachkräftemangel schließen. Deshalb wurde das alles nach China verkauft…
Ich erzählte ihm vom Stahlguss an der Ruhr, der auch nach China verkauft wurde. Und er hob sein Glas und sagte "Sa sdarówje".
Tja, und auch bei Volvo kennt man den chinesischen Weg ja inzwischen besser als man je wollte.. Es ist kein Zufall, dass wir keine Chinesen in unserem Projekt haben.
An solche Abende werde ich mich später erinnern. Die Erlebnisse der Privatleute sind doch anders als die veröffentlichten Meinungen. Und wieder einmal denke ich an „DIe Welt von gestern“, die Weltbühne usw. Bevor alles zusammenbrach glaubten sie sich auf einem niemals endenden Fortschrittspfad.
Die Russen verstehen an Angela Merkel nicht, warum sie die Schleusen geöffnet hat. Sie kennen die tschetschenischen Terroristen. Eine russische Kollegin wollte sogar partout weg aus Dänemark, weil sie es dort nicht mehr ausgehalten habe, wie „die da“ die Stadt verwahrlosen.
Und während wir in einer Wikinger Kellerbar so sprechen predigt mein heimischer Präsident den Chemnitzern seine Moral. Und wie die tagesschau schreibt: Er winkte, aber keiner reagierte. Warum wohl..?
Warum fährt er nach Chemnitz und nicht nach Freiburg? Wo sich sogar die „linksautonoment Betreiber des Clubs White Rabbit“ über das aufdringliche Verhalten der Flüchtlinge beschwert haben“ (FAZ(. Ich frage mich: Beschwert? Bei wem denn (diese Nazis..)?
Diese Zeit bietet Stoff für etliche Essays, Romane, Blogposts. Man braucht nur einen Rückzugsort, an dem man zur Besinnung kommen kann.
Ich bin einen Tag eher als die Kollegen zurück gereist. Ich habe mir gedacht, den Freitag nutze ich. Alle außer Haus und ich kann in aller Ruhe meine Planung aktualisieren. Keiner, der zur Tür reinplatzt und eine tiefe Frage hat. Es könnte der schönste Tag der Woche werden :-)
Freitag, 26. Oktober 2018
Gedanken am schönsten Tag der Woche
Halloweenwoche. Herbststürme fegen das letzte gelbe Laub von den Bäumen. Der Weg am Landwehrkanal, auf dem entlang ich nach Feierabend zu Fuß Richtung U-Bahn laufen kann, ist leer. Keine Jogger und Hundebesitzer mehr. Der Regen fliegt waagerecht gegen meinen Schirm. Nach diesem trockenen Sommer genieße ich sogar den Regen. Den Geruch von Laub. Dass dass Wetter zur Jahreszeit passt.
Es war ein guter Freitag. Sprint Review Freitag. Und es war "das bis jetzt beste Review". Wir kriegen das Board gebootet und können jetzt die seit langem fertigen Komponenten darauf flashen und testen. Man freut sich wie ein Kind, wenn nach dem Boot unser Testbild auf dem Display erscheint. Wie damals, als wir im WDR Fernsehen Computerclub geguckt haben und danach unbedingt einen Akustikkoppler zum Laufen bringen wollten.
Eine Sache komplett zu beherrschen ist ein gutes Gefühl. Man fühlt sich fähig und weniger abhängig von anderen. Innere Sicherheit gibt Freiheit.
Ich biege ab in die Marchstraße, Richtung Ernst-Reuter-Platz. Und komme vorbei an einem Start-up Event. Sektglasempfang. Das kann kein "richtiger" Startup-Empfang sein. Es sieht mehr nach Verwaltung aus, die Startup spielt. Der ausgehängten Agenda entnehme ich, hier geht es um "Coaching- und Förderangebote des Senats für junge Gründer". Ach so. Das einen Tag nachdem der grüne Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt mit Siegfriedstolz verkündete, Google aus Kreuzberg vertrieben zu haben.
Ich fühle den Abstand zu den Achtzigern. Ich bin auf dem Weg ein alter, weiser Mann zu werden. Helmut Kohl rief einem linken Störer mal zu: "Ja, sie bestreiten das. Sie bestreiten ja alles. Nur nicht ihren Lebensunterhalt." Heute spricht er mir damit aus der Seele. Diese Linken und Grünen kennen das Gefühl nicht, ein Board zum Booten zu bringen. Etwas aus eigener Kraft zum Laufen zu bringen. Etwas zu schaffen, was von Wert ist, weil andere bereit sind dafür Geld auszugeben.
Ich gehe weiter und überlege, was die Mitarbeiter der PTB-Außenstelle in ihrer schönen Villa auf ummauerten Grundstück hier wohl erleben? In dieser Ecke von Charlottenburg. Mit der TU Berlin, dem Heinrich-Hertz-Institut und anderen Instituten war mal eine Hochburg von Forschung und Entwicklung. Hier wurde Spitzentechnik geschaffen. Der Senat ließ sich vor zehn Jahren von einer Mc Kinsey Beraterin namens Kathrin Ruder erklären, dass Berlin mal Gründerstadt war und es wieder werden könnte. Die SPD hat seitdem etwas weniger verhindert, dass Leute hier Unternehmen gründen. Michael Müller, regierender Bürgermeister, ist sogar Sohn eines Druckereiunternehmers. Aber er hat nichts davon abbekommen. Aber in den Bezirken wo die Grünen regieren, wie Monika Herrmann in Kreuzberg, da laufen sie jedesmal Sturm gegen neue Unternehmen und neue Wohnungen.
Der Gehweg wird schmaler. Wir müssen uns die 2,50m mit rasenden Radfahrern teilen. Irre. Warum fahren die nicht auf der Straße?
Am TU-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz dann herrscht Wochenendstimmung. Wenige Studenten sind noch hier um diese Zeit, aber die Verwaltungsangestellten machen Feierabend. Ich stelle mir vor, wie es wohl gewesen wäre, wenn ich im Herbs 1989 tatsächlich hier angefangen hätte zu studieren. Ich war zu bequem, um es gegen die Gegenredner durchzuziehen. Ich will über die heutigen Studenten nicht schärfer richten, als ich damals selbst bereit war, Entscheidungen zu treffen. Ich muss aber mal meine Kamera mitnehmen um vom obersten Stockwerk des Hochhauses ein paar Fotos aufzunehmen...
Tja, der Board-Bringup. So einfach und doch so kompliziert. Alle Treiber müssen passen, alles muss zu allem passen. Unser Architekt nennt das "hardware-agnostisch". Ja klar :-)
Meine Aufgabe ist es ja eher, die 300 Features und Enablers zusammen zu halten, damit wir die Entwicklungsarbeit der elf Teams sinnvoll planen und niemand wegen einer nicht erfüllten Abhängigkeit blockiert ist. Wenn die Product Owner etwas nicht verstehen, z. B. weil sie neu sind in der Eingebetteten Welt, kommen sie zu mir und fragen nach Details, nach den Geheimnissen der "Verticals". Guter Witz. Ich kann auch nur beschreiben, wozu das System anschließend in der Lage sein soll. Aber mit den Einzelheiten von Komponenten kenne ich mich nicht aus. In den Kommentaren von Jira und Confluence führe ich gefühlt endlose Debatten. Darüber, dass Entwicklungsarbeit nicht nur aus Programmierung besteht, sondern auch der Planung. Wenn Ihr etwas nicht wisst, dann besteht der erste Sprint darin, es zu eruieren und dann zu planen. Man muss von sich selbst abstrahieren können, die eigene Gruppe aus der Metaebene betrachten können. Und aus dem Nichts eine Planung und dann Implementierung schaffen. Ist das nicht das Wesen eines Startups?
Mich halten diese Fragen nach den Details von meiner eigentlich Arbeit ab. Von der Vorausplanung, der Anregung von Innovationsworkshops. Wozu wollen wir übermorgen in der Lage sein? Eine Plattform zu planen ist nicht dasselbe, wie sich neue Apps auszudenken, die von den Features einer Plattform Gebrauch macht. Ich verstehe inzwischen besser, worin die Leistung eines iOS besteht. Wie Du aus den Ankündigungen der Hardwarehersteller Potenziale für die eigene Plattform ableiten musst. Du stellst Dir die Endbenutzer vor. Szenarien, Use Cases. Probleme, mit denen die Anwender zu lernen gelernt haben, aber die morgen lösbar werden.
Und wenn wir einem Feature zustimmen, was müssen wir Appentwicklern bereitstellen, um sie zur bestmöglichen Endnutzererfahrung zu befähigen?
Diese wichtigen Ideen, Geistesblitze, Dialoge, innere Monologe, Diskussionen mit Architekten. Die entstehen immer nur zwischendurch. Zwischen zwei anderen eng geplanten Meetings. Manchmal entstehen sie auch zu Hause, unter der Dusche oder beim Rasieren.
Innerlich sträube ich mich dagegen, mit soziologischen Debatten und Befindlichkeiten von Entwicklern ("ich will was anderes machen!") befasst zu sein. Warum spüren sie nicht selbst die Sehnsucht nach der Weite der Meere und wissen, was zu tun ist?
Mir dauert das immer zu lange und ich fühle mich nur aufgehalten. Genau so wie von unserer immer noch nicht flutschenden IT-Infrastruktur. Ich rase innerlich, wenn während einer Videokonferenz unser WLAN zusammenbricht oder der Confluence Server für die Erfassung des Protokolls streikt. Diese tausende "Can you hear us?", die Dich völlig aus Deiner Konzentration bringen. Die den Gedankenfluss abreißen lassen und Du findest nie wieder zurück zu was zum Greifen nah war. "I think we are running out of time." sagt der Projektmanager dann und wieder ist eine Gelegenheit, unsere geballte Kompetenz für eine gute Idee zu nutzen, vergeben.
Ich habe es über die Bismarckstraße geschafft. Diese Baustelle hier mit den hässlichen Absperrungen nimmt auch kein Ende. Wann sieht Berlin endlich mal so aus, wie es sich alle wünschen - ohne Baustellen. Es ist dunkel geworden, wir schreiten zur U-Bahn. Die Treppe ist voller rutschigem Laub. Das ist der Herbst. Das Dröhnen der einfahrenden U2 wird lauter. Wir müssen sprinten. Aber wir schaffen es. Wochenende!
Es war ein guter Freitag. Sprint Review Freitag. Und es war "das bis jetzt beste Review". Wir kriegen das Board gebootet und können jetzt die seit langem fertigen Komponenten darauf flashen und testen. Man freut sich wie ein Kind, wenn nach dem Boot unser Testbild auf dem Display erscheint. Wie damals, als wir im WDR Fernsehen Computerclub geguckt haben und danach unbedingt einen Akustikkoppler zum Laufen bringen wollten.
Eine Sache komplett zu beherrschen ist ein gutes Gefühl. Man fühlt sich fähig und weniger abhängig von anderen. Innere Sicherheit gibt Freiheit.
Ich biege ab in die Marchstraße, Richtung Ernst-Reuter-Platz. Und komme vorbei an einem Start-up Event. Sektglasempfang. Das kann kein "richtiger" Startup-Empfang sein. Es sieht mehr nach Verwaltung aus, die Startup spielt. Der ausgehängten Agenda entnehme ich, hier geht es um "Coaching- und Förderangebote des Senats für junge Gründer". Ach so. Das einen Tag nachdem der grüne Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt mit Siegfriedstolz verkündete, Google aus Kreuzberg vertrieben zu haben.
Ich fühle den Abstand zu den Achtzigern. Ich bin auf dem Weg ein alter, weiser Mann zu werden. Helmut Kohl rief einem linken Störer mal zu: "Ja, sie bestreiten das. Sie bestreiten ja alles. Nur nicht ihren Lebensunterhalt." Heute spricht er mir damit aus der Seele. Diese Linken und Grünen kennen das Gefühl nicht, ein Board zum Booten zu bringen. Etwas aus eigener Kraft zum Laufen zu bringen. Etwas zu schaffen, was von Wert ist, weil andere bereit sind dafür Geld auszugeben.
Ich gehe weiter und überlege, was die Mitarbeiter der PTB-Außenstelle in ihrer schönen Villa auf ummauerten Grundstück hier wohl erleben? In dieser Ecke von Charlottenburg. Mit der TU Berlin, dem Heinrich-Hertz-Institut und anderen Instituten war mal eine Hochburg von Forschung und Entwicklung. Hier wurde Spitzentechnik geschaffen. Der Senat ließ sich vor zehn Jahren von einer Mc Kinsey Beraterin namens Kathrin Ruder erklären, dass Berlin mal Gründerstadt war und es wieder werden könnte. Die SPD hat seitdem etwas weniger verhindert, dass Leute hier Unternehmen gründen. Michael Müller, regierender Bürgermeister, ist sogar Sohn eines Druckereiunternehmers. Aber er hat nichts davon abbekommen. Aber in den Bezirken wo die Grünen regieren, wie Monika Herrmann in Kreuzberg, da laufen sie jedesmal Sturm gegen neue Unternehmen und neue Wohnungen.
Der Gehweg wird schmaler. Wir müssen uns die 2,50m mit rasenden Radfahrern teilen. Irre. Warum fahren die nicht auf der Straße?
Am TU-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz dann herrscht Wochenendstimmung. Wenige Studenten sind noch hier um diese Zeit, aber die Verwaltungsangestellten machen Feierabend. Ich stelle mir vor, wie es wohl gewesen wäre, wenn ich im Herbs 1989 tatsächlich hier angefangen hätte zu studieren. Ich war zu bequem, um es gegen die Gegenredner durchzuziehen. Ich will über die heutigen Studenten nicht schärfer richten, als ich damals selbst bereit war, Entscheidungen zu treffen. Ich muss aber mal meine Kamera mitnehmen um vom obersten Stockwerk des Hochhauses ein paar Fotos aufzunehmen...
Tja, der Board-Bringup. So einfach und doch so kompliziert. Alle Treiber müssen passen, alles muss zu allem passen. Unser Architekt nennt das "hardware-agnostisch". Ja klar :-)
Meine Aufgabe ist es ja eher, die 300 Features und Enablers zusammen zu halten, damit wir die Entwicklungsarbeit der elf Teams sinnvoll planen und niemand wegen einer nicht erfüllten Abhängigkeit blockiert ist. Wenn die Product Owner etwas nicht verstehen, z. B. weil sie neu sind in der Eingebetteten Welt, kommen sie zu mir und fragen nach Details, nach den Geheimnissen der "Verticals". Guter Witz. Ich kann auch nur beschreiben, wozu das System anschließend in der Lage sein soll. Aber mit den Einzelheiten von Komponenten kenne ich mich nicht aus. In den Kommentaren von Jira und Confluence führe ich gefühlt endlose Debatten. Darüber, dass Entwicklungsarbeit nicht nur aus Programmierung besteht, sondern auch der Planung. Wenn Ihr etwas nicht wisst, dann besteht der erste Sprint darin, es zu eruieren und dann zu planen. Man muss von sich selbst abstrahieren können, die eigene Gruppe aus der Metaebene betrachten können. Und aus dem Nichts eine Planung und dann Implementierung schaffen. Ist das nicht das Wesen eines Startups?
Mich halten diese Fragen nach den Details von meiner eigentlich Arbeit ab. Von der Vorausplanung, der Anregung von Innovationsworkshops. Wozu wollen wir übermorgen in der Lage sein? Eine Plattform zu planen ist nicht dasselbe, wie sich neue Apps auszudenken, die von den Features einer Plattform Gebrauch macht. Ich verstehe inzwischen besser, worin die Leistung eines iOS besteht. Wie Du aus den Ankündigungen der Hardwarehersteller Potenziale für die eigene Plattform ableiten musst. Du stellst Dir die Endbenutzer vor. Szenarien, Use Cases. Probleme, mit denen die Anwender zu lernen gelernt haben, aber die morgen lösbar werden.
Und wenn wir einem Feature zustimmen, was müssen wir Appentwicklern bereitstellen, um sie zur bestmöglichen Endnutzererfahrung zu befähigen?
Diese wichtigen Ideen, Geistesblitze, Dialoge, innere Monologe, Diskussionen mit Architekten. Die entstehen immer nur zwischendurch. Zwischen zwei anderen eng geplanten Meetings. Manchmal entstehen sie auch zu Hause, unter der Dusche oder beim Rasieren.
Innerlich sträube ich mich dagegen, mit soziologischen Debatten und Befindlichkeiten von Entwicklern ("ich will was anderes machen!") befasst zu sein. Warum spüren sie nicht selbst die Sehnsucht nach der Weite der Meere und wissen, was zu tun ist?
Mir dauert das immer zu lange und ich fühle mich nur aufgehalten. Genau so wie von unserer immer noch nicht flutschenden IT-Infrastruktur. Ich rase innerlich, wenn während einer Videokonferenz unser WLAN zusammenbricht oder der Confluence Server für die Erfassung des Protokolls streikt. Diese tausende "Can you hear us?", die Dich völlig aus Deiner Konzentration bringen. Die den Gedankenfluss abreißen lassen und Du findest nie wieder zurück zu was zum Greifen nah war. "I think we are running out of time." sagt der Projektmanager dann und wieder ist eine Gelegenheit, unsere geballte Kompetenz für eine gute Idee zu nutzen, vergeben.
Ich habe es über die Bismarckstraße geschafft. Diese Baustelle hier mit den hässlichen Absperrungen nimmt auch kein Ende. Wann sieht Berlin endlich mal so aus, wie es sich alle wünschen - ohne Baustellen. Es ist dunkel geworden, wir schreiten zur U-Bahn. Die Treppe ist voller rutschigem Laub. Das ist der Herbst. Das Dröhnen der einfahrenden U2 wird lauter. Wir müssen sprinten. Aber wir schaffen es. Wochenende!
Montag, 1. Oktober 2018
Komplett vertikal!
Agile Vorgehensweisen für große Softwareprojekte nennt man auch "Scaled Agile". Es drückt die Hoffnung aus, das was im kleinen Projekt gut funktioniert, "skalieren" zu können.
Eine besondere Spezialität entsteht, wenn man "skaliert agil" Software für eingebettete Systeme entwickeln will. D. h. wenn man sich auch um die Hardware kümmern muss. Prozessoren, Speicher, Board Support Package etc. müssen entweder spezifiziert werden oder bei einem Zulieferer angefordert werden.
Und weil das immer noch zu einfach ist, darf die Hardware nicht "zu früh" verfügbar sein. So dass man sich mit Ersatzhardware begnügen muss..
Gut, denkt der Product Owner. Dann müssen wir eben einplanen, dass wir nicht alles immer sofort komplett testen können. Wohl aber entwickeln wir trotzdem"complete vertical". Und "hardware agnostic".
"Sounds good, doesn't work."
Donald Trump
Donald Trump
Moment, sagt der Zulieferer: Einen festen Termin für die Hardwarelieferung geben wir Dir aber nicht. Wir sind ja auch auf Zulieferungen angewiesen. Und der von Euch benannte Lieferant hat Produktionsschwierigkeiten.
Wenn das so ist, sagt dann der Endkunde, dann überlege ich mir noch mal, welche Hardware ich von wem brauche. Und wenn wir schon sprechen, können wir ja auch den Releaseplan noch mal besprechen.
Fragt der Product Owner: Wogegen soll ich planen, wenn Ihr sogar die Termine beweglich haltet, zu denen wir die Zielhardware bekommen sollen?
Antwort: Seit doch froh, wenn Ihr mehr Zeit bekommt.
Ja schon. Aber drei mal drei Monate dazu zu bekommen ist nicht das gleiche wie von Anfang an 9 Monate zu haben. Wir laufen drei mal Spurt statt einmal Marathon.
Komplett vertikal verstehe ich inzwischen so: Mit den Füßen stehen wir in der Hölle und spüren die Hitze. Mit dem Kopf sind wir über den Wolken und mit den Händen greifen wir nach den Sternen.
Aber noch ist alles möglich...
Freitag, 21. September 2018
Herbsttag
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.Rilke
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
...
Heute soll der Sommer endgültig enden. Pünktlich, bevor das Wochenende beginnt. Begonnen hat er ja um Ostern herum. Der "große Sommer". Der vor allem trocken war und jetzt von grünen Agitatoren im Bundestag als Kronzeuge für ihren Gründungsmythos missbraucht wird.
Ich habe heute Morgen das Video einer Bundestagsrede von Katrin Göring-Eckardt über mich ergehen lassen. Sie ist eine Frau, die sich wie eine gereifte Grundschullehrerin kleidet, als erste Barriere für Gegenredner. Die dann aber um sich schlägt wie ein hysterisches Weib, dass seinen aufgestauten Frust entladen muss. In einer Tonlage, die schwer erträglich ist. Und die uns nicht verschont mit ihrer evangelischen Doppelmoral, in der die Schwerverbrecher aus dem Hambacher Forst "Aktivisten" sind, und die aufgebrachten Regierungsgegner in Sachsen "Arschlöcher". Später entschuldigt sie sich für ihre Flegelei und vollendet ihre Pose der unangreifbaren Religionslehrerin, der eben auch mal die Gäule durchgehen. Bei sich selbst bezeichnet sie das als "Leidenschaft", bei Andersdenkenden als "Extremismus".
Sie verknüpft Themen, die nichts miteinander zu tun haben:
- Die Dürre bezeichnet sie als Erwärmung.
- Die Dieselfahrverbote verbindet sie mit dem Dieselskandal. Dabei sind es nicht die neuen Diesel, die die NOx Werte hochtreiben, sondern die alten.
- Die Flüchtlingswelle hingegen, das einzige Problem, das wirklich von Menschen, genauer: von der Regierung, ausgelöst wurde, bezeichnet sie als "gegeben".
- Den noch amtierenden Verfassungsschutzpräsidenten bezeichnet sie als Coach für Rechtsextremisten. Dabei berät sich der Präsident nachgewiesenermaßen mit allen BT-Fraktionen.
Diese Frau verkörpert alles, was einem den Appetit auf politischen Diskurs auf hohem Niveau vermiesen kann: Verlogenheit, Demagogie, Aggression, Unkenntnis in der Sache.
Rilke sehnt sich nach den losgelassenen Winden. Im Reichstagswahlkampf 1932 versprach Hitler seinen Anhängern, die anderen Parteien "hinauszufegen".
Wer sich nach Winden oder Stürmen sehnt, hat genug. Will reinen Tisch machen. Wer zu solchen Leuten spricht, muss nur diese Bilder aktivieren. Ich verstehe immer besser, wie sich es sich anfühlt, wenn sich Verdruss über die Verhältnisse anstaut. Das passiert über Jahre. Und immer weniger ist man bereit, erneut zu diskutieren, zuzuhören, zu argumentieren. Man hat das alles schon x-mal gehört, und nie hat sich etwas gebessert. Talkshows z. B. habe ich satt bis zum Überdruss.
Wenn sich die politische Sättigung auch noch mit Hunger im Bauch verbindet, dann wird es gefährlich. Deutschland und EU tun derzeit alles dafür, uns mit Politikverdruss zu sättigen so dass wir, wenn der Abschwung kommt, augenblicklich in bürgerkriegsähnliche Zustände fallen können.
Erst dann werden auch die letzen, die die Augen gerne verschließen und nachplappern, was sie in tagesschau und heute hören, merken, was Merkel verbrochen hat.
Dann beginnt der deutsche Herbst.
Mittwoch, 2. Mai 2018
German Engineering
German Engineering - es kämpft immer noch mit den "Geheimnissen" der Softwarewelt und der Benutzerfreundlichkeit.
Dialog mit einem Altsystembetreuer:
Ich: "Haben Sie eine aktuelle Anforderungsbeschreibung mit Geschäftsprozess und Anwendungsfällen?"
Er: "Nein. Wozu?"
Ich: "Na, damit wir nicht blind nachbauen, was sie heute haben sondern Prozesswissen und Anwenderpräferenzen mit reinnehmen."
Er: "Das ist in diesem Fall unnötig, denn wie der Prozess läuft, ergibt sich ja aus meinem System. Woher sollen die Anwender etwas über den Geschäftsprozess wissen?"
So läuft es in vielen hierarchischen Organisationen - von der Verwaltung bis zur Automobilindustrie. German Engineering weiß alles und was es nicht weiß, das überlegt es sich.
Über Technik weiß German Engineering auch alles. Aber speziell bei Software ist das Problem, dass man sich über Inhalte abstimmen muss, mit sehr verschiedenen Gruppen. Und anders als im Maschinenbau oder einer Platine sieht man Software erst beim Ablauf -also hinterher- an, was sie tut. Und wie gut ihre innere Struktur ist, weiß man wenn man das Produkt weiter entwickeln muss.
Obwohl so viel über Anforderungs- und Architekturmanagement, über Projektmanagement und agile Entwicklung geschrieben wurde, bis heute ist das in Deutschland nur wenig verstanden. Es gibt auf der einen Seite die bereits Überzeugten. Mit denen ist sofort alles klar. Und mit den anderen kann man reden "bis die Kühe zurückkommen" - es nützt nichts. Diese in der Hierarchie und im Konformismus verstrickten -oft auch klassisch ambitionierten- Projektkollegen hören im guten Falle zwar noch zu. Aber es genügt eine Email vom Management und sie schmeißen alles über den Haufen und fragen nach dem Jetzt-mal-ernsthaft-Projektplan.
Es fehlt der Mut an die eigene Fähigkeit, es überwiegt die Sehnsucht nach Ansage von oben und Planerfüllung.
In der Projektanfangsphase sind diese vergraben in ihren neuen Stoff - nicht ansprechbar, nicht kommunikativ, nicht kooperationsfähig. Wenn sie dann etwas verstanden haben und dem Management vermitteln können, sie wüßten nun, wie es geht, beginnen sie den Konkurrenzkampf. Und dann ist es aus mit agiler Arbeitskultur.
Deutsche Manager und auch Staatssekretäre erzählen gerne und viel vom Silicon Valles, wenn der Tag lang ist. Aber sie sind in ihre Positionen in Deutschland nur gelangt, weil sie NICHT so sind wie die Leute im Silicon Valley.
Dialog mit einem Altsystembetreuer:
Ich: "Haben Sie eine aktuelle Anforderungsbeschreibung mit Geschäftsprozess und Anwendungsfällen?"
Er: "Nein. Wozu?"
Ich: "Na, damit wir nicht blind nachbauen, was sie heute haben sondern Prozesswissen und Anwenderpräferenzen mit reinnehmen."
Er: "Das ist in diesem Fall unnötig, denn wie der Prozess läuft, ergibt sich ja aus meinem System. Woher sollen die Anwender etwas über den Geschäftsprozess wissen?"
So läuft es in vielen hierarchischen Organisationen - von der Verwaltung bis zur Automobilindustrie. German Engineering weiß alles und was es nicht weiß, das überlegt es sich.
Über Technik weiß German Engineering auch alles. Aber speziell bei Software ist das Problem, dass man sich über Inhalte abstimmen muss, mit sehr verschiedenen Gruppen. Und anders als im Maschinenbau oder einer Platine sieht man Software erst beim Ablauf -also hinterher- an, was sie tut. Und wie gut ihre innere Struktur ist, weiß man wenn man das Produkt weiter entwickeln muss.
Obwohl so viel über Anforderungs- und Architekturmanagement, über Projektmanagement und agile Entwicklung geschrieben wurde, bis heute ist das in Deutschland nur wenig verstanden. Es gibt auf der einen Seite die bereits Überzeugten. Mit denen ist sofort alles klar. Und mit den anderen kann man reden "bis die Kühe zurückkommen" - es nützt nichts. Diese in der Hierarchie und im Konformismus verstrickten -oft auch klassisch ambitionierten- Projektkollegen hören im guten Falle zwar noch zu. Aber es genügt eine Email vom Management und sie schmeißen alles über den Haufen und fragen nach dem Jetzt-mal-ernsthaft-Projektplan.
Es fehlt der Mut an die eigene Fähigkeit, es überwiegt die Sehnsucht nach Ansage von oben und Planerfüllung.
In der Projektanfangsphase sind diese vergraben in ihren neuen Stoff - nicht ansprechbar, nicht kommunikativ, nicht kooperationsfähig. Wenn sie dann etwas verstanden haben und dem Management vermitteln können, sie wüßten nun, wie es geht, beginnen sie den Konkurrenzkampf. Und dann ist es aus mit agiler Arbeitskultur.
Deutsche Manager und auch Staatssekretäre erzählen gerne und viel vom Silicon Valles, wenn der Tag lang ist. Aber sie sind in ihre Positionen in Deutschland nur gelangt, weil sie NICHT so sind wie die Leute im Silicon Valley.
Dienstag, 10. April 2018
Osterwetter
Ostern lag dieses Jahr auf dem 1. April. Und wir hatten ein Wechselbad. Karfreitag war sonnig mit 17 Grad, Samstag und Ostersonntag um die 2 Grad mit Schneeregen. Ostermontag wurde es besser. Dienstags, als wir alle wieder arbeiten mussten, kam der Frühling mit Plusgraden. Die Temperaturen stiegen auf 15 Grad und wir waren happy damit. Am Wochenende 7./8. April kletterten sie auf 20 und mehr. Bis Mittwoch, 11.4. soll es auf bis zu 25 Grad gehen.
Also von Winter direkt auf Sommer geschaltet. Das ist in Berlin / Brandenburg schon seit Jahren so. Eine Frühling, der allmählich aber nachhaltig auf 15 Grad steigt -mit Ausreißern auf 20- haben wir hier in siebzehn Jahren selten erlebt.
Also von Winter direkt auf Sommer geschaltet. Das ist in Berlin / Brandenburg schon seit Jahren so. Eine Frühling, der allmählich aber nachhaltig auf 15 Grad steigt -mit Ausreißern auf 20- haben wir hier in siebzehn Jahren selten erlebt.
Freitag, 6. April 2018
Digital Labs in Berlin
Ein alter Traum wird jetzt wahr: Berlin wird Sammelbecken digitaler Projekte. Immer mehr Konzerne gründen Digitallabore, Softwarehäuser, Tochterunternehmen. Warum in Berlin? Weil die anderen auch schon hier sind, ist die plausibelste Erklärung. Vor 10 Jahren hieß es: Weil man Informatikabsolventen am einfachsten nach Berlin locken kann - falls sie nicht eh schon hier studiert haben.
Und so kommt es, dass Berliner immer seltener in die Umgebung pendeln müssen, sondern die Arbeit zu ihnen kommt. Da die Wohnungen aber knapp sind, ziehen immer mehr in die Randbezirke oder Brandenburger Städte wie Teltow und pendeln dann nach Mitte.
Was interessant ist: Diese Projekte und Labore werden international besetzt. Nicht selten ist die Projektsprache englisch und die Projekte rekrutieren sich international. Man kann derzeit "Auslandserfahrung" mitten in Berlin sammeln.
Wer sich vor zwei Jahren als Product Owner auf dem Berliner Arbeitsmarkt anbot, fand schlicht nichts. Inzwischen trudeln die Benachrichtigungen über offene Stellen mehrmals pro Woche ein. Selbst wenn man den Kreis sehr eng um die eigene PLZ zieht.
Und natürlich ist es so, dass die Konzern- aber auch die Verwaltungstöchter Spezialisten in neuesten Technologien suchen, vorzugsweise mit reichlich Erfahrung. Und so trifft man viele alte Bekannte wieder, was schön ist. Es ist eine wirtschaftlich gute Zeit für Informatiker und Ingenieure. Und zwar nicht, weil wir eine gute Wirtschaftspolitik haben. Die haben wir weder im Bund noch im Land. Angetrieben wir das ganze vor allem aus einer diffusen Mischung aus Verlustängsten. Angst, Boden an das Silicon Valley zu verlieren. Aber auch das Zinsdoping treibt diese Entwicklung. Und zwar noch mehr als Ende der 90er Jahre.
Die Arbeit in diesen neuen Arenen macht Spaß. Dennoch gibt es nirgendwo eine kontaktlose Veränderung in den alten Strukturen. Man hat die Besitzstandswahrer in jedem Fall auf der Bühne. Die Frage ist nur, ob als Kunden oder Kollegen. Und so manches Modernisierungsprojekt wird als "agil" deklariert, losgetreten und dann sofort wieder ausgebremst. Gas und Bremse gleichzeitig. Man ist so lange nicht agil, wie man einem Modernisierungsverweigerer mit Macht ausstattet.
Diese Verweigerer können auch in den eigenen Reihen schlummern. Immer noch glauben viele Ex-Manager aus großen IT-Häusern, dass es genügt sich eine Kompetenz bei Wikipedia anzulesen. Die sagen ihren jungen Beratern ins Gesicht: Geh mal dahin, aber positioniere dich nicht. Und lass dir keine Angst oder Unsicherheit anmerken.
So geht es nicht. Mag sein, dass IBM und Siemens jahrelang so gemanagt wurden. Aber so macht man heute keine Projekte mehr. Und deshalb wird so manches Digitallabor nicht überleben, wenn es nicht rechtzeitig entrümpelt wird.
Aber auch das Gegenteil gibt es: Kindergeburtstage, in denen viel geredet und posiert wird, aber nichts bewertet, nichts entschieden und nichts umgesetzt wird. Wo man einen Dummen sucht, der kurz vor Terminen schnell etwas aus dem Ärmel schüttelt.
Es dauert halt lang, bis eine tief sitzende Mentalität überwunden wird.
Und so kommt es, dass Berliner immer seltener in die Umgebung pendeln müssen, sondern die Arbeit zu ihnen kommt. Da die Wohnungen aber knapp sind, ziehen immer mehr in die Randbezirke oder Brandenburger Städte wie Teltow und pendeln dann nach Mitte.
Was interessant ist: Diese Projekte und Labore werden international besetzt. Nicht selten ist die Projektsprache englisch und die Projekte rekrutieren sich international. Man kann derzeit "Auslandserfahrung" mitten in Berlin sammeln.
Wer sich vor zwei Jahren als Product Owner auf dem Berliner Arbeitsmarkt anbot, fand schlicht nichts. Inzwischen trudeln die Benachrichtigungen über offene Stellen mehrmals pro Woche ein. Selbst wenn man den Kreis sehr eng um die eigene PLZ zieht.
Und natürlich ist es so, dass die Konzern- aber auch die Verwaltungstöchter Spezialisten in neuesten Technologien suchen, vorzugsweise mit reichlich Erfahrung. Und so trifft man viele alte Bekannte wieder, was schön ist. Es ist eine wirtschaftlich gute Zeit für Informatiker und Ingenieure. Und zwar nicht, weil wir eine gute Wirtschaftspolitik haben. Die haben wir weder im Bund noch im Land. Angetrieben wir das ganze vor allem aus einer diffusen Mischung aus Verlustängsten. Angst, Boden an das Silicon Valley zu verlieren. Aber auch das Zinsdoping treibt diese Entwicklung. Und zwar noch mehr als Ende der 90er Jahre.
Die Arbeit in diesen neuen Arenen macht Spaß. Dennoch gibt es nirgendwo eine kontaktlose Veränderung in den alten Strukturen. Man hat die Besitzstandswahrer in jedem Fall auf der Bühne. Die Frage ist nur, ob als Kunden oder Kollegen. Und so manches Modernisierungsprojekt wird als "agil" deklariert, losgetreten und dann sofort wieder ausgebremst. Gas und Bremse gleichzeitig. Man ist so lange nicht agil, wie man einem Modernisierungsverweigerer mit Macht ausstattet.
Diese Verweigerer können auch in den eigenen Reihen schlummern. Immer noch glauben viele Ex-Manager aus großen IT-Häusern, dass es genügt sich eine Kompetenz bei Wikipedia anzulesen. Die sagen ihren jungen Beratern ins Gesicht: Geh mal dahin, aber positioniere dich nicht. Und lass dir keine Angst oder Unsicherheit anmerken.
So geht es nicht. Mag sein, dass IBM und Siemens jahrelang so gemanagt wurden. Aber so macht man heute keine Projekte mehr. Und deshalb wird so manches Digitallabor nicht überleben, wenn es nicht rechtzeitig entrümpelt wird.
Aber auch das Gegenteil gibt es: Kindergeburtstage, in denen viel geredet und posiert wird, aber nichts bewertet, nichts entschieden und nichts umgesetzt wird. Wo man einen Dummen sucht, der kurz vor Terminen schnell etwas aus dem Ärmel schüttelt.
Es dauert halt lang, bis eine tief sitzende Mentalität überwunden wird.
Dienstag, 27. März 2018
Grüne Woche...
Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins hat auf Twitter ein paar gute Frage gestellt:
Do dogs go to Heaven?— Richard Dawkins (@RichardDawkins) 26. März 2018
Only pets, not wild animals?
If only humans go to Heaven, how far back? Homo erectus? Australopithecus?
Only people who lived after Jesus? Not Abraham, Moses or Elijah, then.
Which “you” will be in Heaven? Senile you with dementia? Midlife-crisis you?
Derzeit kompensieren sehr viele ungebildete, aber dennoch ambitionierte, Menschen ihre mangelnden Fähigkeiten mit Moral und bezichtigen jeden Meinungsabweichler als verkappten Rassisten. "Rassismus" ist sozusagen der Orkus, auf den sie jede Diskussion hinlenken: Der Grund für Deine abweichende Meinung ist am Ende, dass Du ein Rassist bist.
Die Welt in Rassen zu denken, wie es sog. Antirassisten tun, ist an sich bereits Rassismus. Denn wir sind alle von der Gattung Homo Sapiens. Eher schon ist es Rassismus, Tiere auszurotten. Oder was unsere Urahnen taten, als sie den Neandertaler ausrotteten.
Wir müssen nicht über unseren Umgang mit Außerirdischen phantasieren um das erregende Gefühl einer Begegnung der "dritten Art" zu bekommen. Es genügt eigentlich schon die Vorstellung, ein Neandertaler würde an unsere Tür klopfen und Einlass begehren.
Was hätte Jesus mit ihm gemacht? Hätte er auch ihm gepredigt? Wie hätte er ihm Gottes Liebe zum Menschen erklärt? Oder hätte er ihn einbezogen ins Mensch sein?
Dawkins Frage finde ich sehr gut, weil sie eine der vielen Annahmen von Religionen sichtbar macht: Dass nur der Mensch eine Seele habe. Oder noch tiefer: Dass es überhaupt so etwas wie Seele gebe und ein Privileg des Menschen sei.
Schon wenn wir diese Frage nicht beantworten können, steht für mich ein Grundpfeiler jeder Religion in Frage.
Am anderen Ende des Spektrums einer solchen Diskussion (hat der Mensch eine Seele?) steht der Zuspruch, dass auch Tiere eine Seele und ein "Wesen" haben. Diese Position beinhaltet zumindest den Erkenntnisfortschritt, dass Tiere auch ein Empfinden haben, z. B. für Schmerz.
Da wir ja auf Ostern zulaufen, würde ich das mal so zusammenfassen und reimen: Die Wiederauferstehung können wir alle auf jeden Fall feiern. Denn die Natur da draußen ersteht in jedem Fall wieder auf. Und das mutet zumindest mich jedes Jahr mehr an wie ein Wunder. Der Mensch lebt auch nach seinem Tode (seinem Winter) weiter, wenn er für Nachwuchs gesorgt hat. Denn beim ewigen Leben geht es ja nicht um "uns" sondern unsere Gene - diesen Nachweis hat jedenfalls Richard Dawkins zu führen versucht. Und jetzt schließt sich der Kreis: Wie leben in unseren Kindern weiter (if any..) und wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet Ihr niemals.... und so weiter.
Diese Vorstellung von Ostern, das die Überwindung des Winters feiert ist übrigens an die Jahreszeiten geknüpft. Würde die Erde exakt "gerade" rotieren, gäbe es diese nicht. Wäre sie zu sehr geneigt, würde evtl. kein Lebewesen den polaren Winter überleben. Bzw. nicht über das Stadium von Amöben hinauswachsen können.
Das einfachste ist es, sich Ostern einfach am Anblick der erwachenden Natur zu erfreuen. Und statt Hawkins wieder mal Hesse oder Goethe zu lesen.
Montag, 19. März 2018
Infotainment im Auto
Unser Auto hat ein Infotainmentsystem, das aus Radio, Navigation, Touchscreen, Spracherkennung (Aktivierung per Taster und dann Menüpunkteanzeige), Festplatte, CD und Geräteanbindung über Bluetooth verfügt.
Es funktioniert soweit ganz gut, in dem Sinne dass es tut was es soll - also zuverlässig.
Dinge, die ich für verbesserungswürdig halte sind:
- Einblendung der Playlist vom Smartphone auf dem Touchsreen - derzeit kann ich Titel nur auf dem Smartphone selbst auswählen. Diese Einschränkung resultiert vermutlich aus der Verbindungsart Bluetooth.
- Direktere Ansteuerbarkeit von Menüpunkten. Ich kann den Blick immer nur für 1 Sekunde von der Fahrbahn ablenken. Ich will auf dem Touchsreen möglichst wenig irrelevante Information sehen - z. B. Sender die ich noch nie benutzt habe.
- Einfachere, schnellere Smartphoneanmeldung. Derzeit muss ich das "Pairing" an beiden Seiten aktivieren: An der "Head-Unit" im Auto und am iPhone selbst.
Kurz und gut: Eine Bedienbarkeit mit möglichst wenig Gucken und Tasten wäre gut. Sprache scheint mir hierzu das geeignete Medium. Gesten wie Wischen brauche ich im Auto eher nicht. Ich will auch nicht die Menüphilosophie erforschen müssen, sondern intuitiv nutzen können.
Ich habe zum Beispiel erst nach Monaten angefangen, unseren Spracherkennung zu nutzen. Denn der Verkäufer hatte uns erklärt, es würde sich lohnen, sich die Zeit zu nehmen, die Spracherkennung anzulernen... Diese Zeit hatte ich mir nie genommen. Siri verlangt das ja auch nicht von mir. Und als ich es spontan einfach mal ausprobierte, da funktionierte es auf Anhieb.
Da frage ich mich, wie viele anderen Kunden es wohl genauso geht, dass sie für Geld eine tolle Funktionalität kaufen und sie dann nie benutzen.
Wenn ich dann aber Videos von Messen sehe -und die nächste Cebit kommt bestimmt, ebenso die IAA- dann hält da die schöne neue, noch komplexere Welt Einzug in die Cockpits. Noch größere Displays, noch mehr Animation und noch mehr Konnektivität - zur Cloud, zur Ampel, zu anderen Autos, zu künftig jedem Smartphone im Auto. So dass sich jeder Mitfahrer mit etwas anderem als seinen Mitfahrern beschäftigen kann. Alle haben Kopfhörer auf, und alle schauen auf ein Display.
Ja, die automatische Anmeldung meines Smartphones im Auto will ich auch. Es hilft auch, dass mir das Cockpit (sorry, die Head-Unit) Emails vorliest, wenn ich das will.
Aber werde ich das Auto so benutzen wie einen Zug, den ich mir mit Fremden teile? Viele sagen ja: das autonome Auto bewegt sich wie ein Sammeltaxi von A nach B und nimmt mit, wer noch reinpasst. An Bord geben wir uns hipster und sind ernsthaft mit der Titelauswahl für die 10 Minuten unterm Kopfhörer beschäftigt?
Ich argumentiere nicht gegen technischen Fortschritt. Aber ich will nicht mehr Komplexität, deren Bedienung ich erst anlesen muss. Auch Trainingvideos machen das nicht sympathischer. Ich will Übersichtlichkeit, Relevanz und Einfachheit. Und ich glaube, dazu müsste man die Softwarewelt mal kräftig entrümpeln. Es läuft nämlich immer so, dass man erst nach dem ersten Produktrelease weiß, wie man es eigentlich hätte angehen müssen. Aber beim zweiten Anlauf, gibt es schon wieder ein Update der Softwarearchitekturen und -repositories und Standards. Und es sind neue Leute im Projekt, die von Autosar, Genivi etc. noch nie etwas gehört haben...
Aber eigentlich will ich eher eine Andockstelle für das Smartphone oder Tablet, das ich eh bei mir habe. Wozu alles im Auto noch einmal nachbilden?
Ok, Fahrzeugdaten -wie Reichweite- mit Navigation zu verknüpfen ist sinnvoll. Aber vielleicht reicht es, den umgekehrten Weg einzuschlagen: Fahrzeugdaten ins Smartphone zu übertragen...?
Es funktioniert soweit ganz gut, in dem Sinne dass es tut was es soll - also zuverlässig.
Dinge, die ich für verbesserungswürdig halte sind:
- Einblendung der Playlist vom Smartphone auf dem Touchsreen - derzeit kann ich Titel nur auf dem Smartphone selbst auswählen. Diese Einschränkung resultiert vermutlich aus der Verbindungsart Bluetooth.
- Direktere Ansteuerbarkeit von Menüpunkten. Ich kann den Blick immer nur für 1 Sekunde von der Fahrbahn ablenken. Ich will auf dem Touchsreen möglichst wenig irrelevante Information sehen - z. B. Sender die ich noch nie benutzt habe.
- Einfachere, schnellere Smartphoneanmeldung. Derzeit muss ich das "Pairing" an beiden Seiten aktivieren: An der "Head-Unit" im Auto und am iPhone selbst.
Kurz und gut: Eine Bedienbarkeit mit möglichst wenig Gucken und Tasten wäre gut. Sprache scheint mir hierzu das geeignete Medium. Gesten wie Wischen brauche ich im Auto eher nicht. Ich will auch nicht die Menüphilosophie erforschen müssen, sondern intuitiv nutzen können.
Ich habe zum Beispiel erst nach Monaten angefangen, unseren Spracherkennung zu nutzen. Denn der Verkäufer hatte uns erklärt, es würde sich lohnen, sich die Zeit zu nehmen, die Spracherkennung anzulernen... Diese Zeit hatte ich mir nie genommen. Siri verlangt das ja auch nicht von mir. Und als ich es spontan einfach mal ausprobierte, da funktionierte es auf Anhieb.
Da frage ich mich, wie viele anderen Kunden es wohl genauso geht, dass sie für Geld eine tolle Funktionalität kaufen und sie dann nie benutzen.
Wenn ich dann aber Videos von Messen sehe -und die nächste Cebit kommt bestimmt, ebenso die IAA- dann hält da die schöne neue, noch komplexere Welt Einzug in die Cockpits. Noch größere Displays, noch mehr Animation und noch mehr Konnektivität - zur Cloud, zur Ampel, zu anderen Autos, zu künftig jedem Smartphone im Auto. So dass sich jeder Mitfahrer mit etwas anderem als seinen Mitfahrern beschäftigen kann. Alle haben Kopfhörer auf, und alle schauen auf ein Display.
Ja, die automatische Anmeldung meines Smartphones im Auto will ich auch. Es hilft auch, dass mir das Cockpit (sorry, die Head-Unit) Emails vorliest, wenn ich das will.
Aber werde ich das Auto so benutzen wie einen Zug, den ich mir mit Fremden teile? Viele sagen ja: das autonome Auto bewegt sich wie ein Sammeltaxi von A nach B und nimmt mit, wer noch reinpasst. An Bord geben wir uns hipster und sind ernsthaft mit der Titelauswahl für die 10 Minuten unterm Kopfhörer beschäftigt?
Ich argumentiere nicht gegen technischen Fortschritt. Aber ich will nicht mehr Komplexität, deren Bedienung ich erst anlesen muss. Auch Trainingvideos machen das nicht sympathischer. Ich will Übersichtlichkeit, Relevanz und Einfachheit. Und ich glaube, dazu müsste man die Softwarewelt mal kräftig entrümpeln. Es läuft nämlich immer so, dass man erst nach dem ersten Produktrelease weiß, wie man es eigentlich hätte angehen müssen. Aber beim zweiten Anlauf, gibt es schon wieder ein Update der Softwarearchitekturen und -repositories und Standards. Und es sind neue Leute im Projekt, die von Autosar, Genivi etc. noch nie etwas gehört haben...
Aber eigentlich will ich eher eine Andockstelle für das Smartphone oder Tablet, das ich eh bei mir habe. Wozu alles im Auto noch einmal nachbilden?
Ok, Fahrzeugdaten -wie Reichweite- mit Navigation zu verknüpfen ist sinnvoll. Aber vielleicht reicht es, den umgekehrten Weg einzuschlagen: Fahrzeugdaten ins Smartphone zu übertragen...?
Donnerstag, 15. März 2018
Nervengift Nowitschok
Nowitschok (russisch: Novichok, "Neuling") ist die Bezeichnung des Nervengiftes mit dem der Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter Julia im englischen Salisbury getötet wurden.
Wirkungsweise:
Das Gift stört die Steuerung der Muskeln durch den Neurotransmitter Acetylcholin. Genauer: es verhindert die Entspannung eines Muskels. Regelmäßige Anspannungs-Entspannungsbewegungen von Muskeln wie insbesondere von Lunge und Herz werden damit zum Stillstand gebracht, weil die Muskel zwar noch angespannt werden, aber nicht mehr entspannt.
Unsere Muskeln sind also nicht in einer always-off Stellung, sondern über Enzyme wird genau gesteuert, in welchem Zustand sie sein sollen. Und das Nervengift Nowitschow blockiert also den Botenstoff, der zur Muskelentspannung führt.
Somit wirkt das Gift etwa wie ein Krampf aller Muskeln. Als Wehrpflichtige lernten wir, dass man Krämpfe mit einer Spritze Atropin entkrampfen kann. Jedenfalls ein wenig. Und es muss rechtzeitig gespritzt werden.
Was hat das mit den Russen zu tun?
Die damalige Führung der Sowjetunion beschloss 1971 die Entwicklung neuer chemischer Kampfstoffe unter strenger Geheimhaltung, Nowitschok wurde bereits 1973 entwickelt. In den 80er Jahren wurde Nowitschok zu einem binären Kampfstoff weiterentwickelt. Dies hat zum Ziel, den Transport zum Einsatzort einfacher und sicherer zu machen, indem die beiden Komponenten weniger giftig designt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass ungefährliche Komponenten keiner Chemiewaffenkonvention unterliegen. In diesem Sinne sagte Gorbatschow auch nicht direkt die Unwahrheit als er 1987 ankündigte, die Sowjetunion werde die Produktion chemischer Waffen einstellen. Für die Komponenten binärer Waffen galt das aber offensichtlich nicht...
Für die Säuren, aus denen Nowitschok gewonnen wird, benötigt man Stoffe, die auch für die Landwirtschaft benötigt werden: Kohlenstoff und Phosphor. Das macht die Aufklärung nicht einfacher.
Es existieren mehrere Varianten von Nowitschok, die entweder injektiert, inhaliert oder durch Hautkontakt übertragen werden. Die Substanzen durchdringen die Blut-Hirn-Schranke und gelangen so ins zentrale Nervensystem. Erste Anzeichen sind Schwindel, Ohrensausen, Hautausschläge und Halluzinationen. Danach setzt die Hemmung der Muskelentspannung ein.
Sergei Skripal ist ein ehemaliger Oberst des sowjetischen/russischen Militärnachrichtendienstes GRU, der später zum MI6 überlief.
2006 verurteilte ihn ein Moskauer Militärgericht wegen Hochverrats, weil er angeblich Identitäten russischer Spione an den MI6 verraten habe. Skripal trat seine Strafe im Arbeitslager an, wurde 2010 aber begnadigt und im Rahmen eines Agentenaustauschs freigelassen. Danach ging er nach Salisbury.
Auffällig in Skripals Leben seit seiner Freilassung: In kurzen Abständen starben seine Ehefrau (2012), sein Bruder (2016) und sein Sohn (2017).
Sergei und seine Tochter Julia wurden am 7. März tot aufgefunden. Die Diagnose erfolgte auf Nervenkampfstoff. Dies verweis auf die Herkunft aus einem Militärlager. Die britische Antiterroreinheit CTC wies den Kampfstoff noch in einem Restaurant und in einem Pub nach, in dem die Opfer sich vor ihrem Tod aufgehalten hatten.
Da es von Nowitschok mehrere Varianten gibt, kann man aus einer genauen Diagnose im Prinzip eine Signatur des Kampfstoffes ableiten, zumindest wo er hergestellt worden sein müsste. Aber durch wessen Hände diese Stoffe über Jahrzehnte wandern, nicht so genau.
Die britische Regierung ist wohl deshalb so erregt, weil dies nicht der erste Fall dieser Art ist. Und weil es wieder auf britischem Boden stattfand. Die russische Regierung forderte mehr Informationen und insbesondere Proben des gefundenen Kampfstoffes ein.
Persönliche Wertung:
Ich finde die Erregung und das kurze Ultimatum der britischen Regierung überzogen. Eine Regierung ist kein Gericht. Erst auf Basis eines Gerichtsurteils könnte man sich so verhalten.
Ich -als Laie- finde bemerkenswert, dass inzwischen die ganze Familie Skripniks ausgelöscht ist. Wenn auch auf unterschiedliche Weisen (Krebs, Unfall), aber doch auffallend in kurzer Zeit seit seiner Freilassung. Ein Rational könnte sein, dass man Skripal doch noch bestrafen will, und zwar sehr hart, auch wenn er offiziell freigelassen wurde. Verrat ist ein schweres Vergehen in Militärkreisen und wenn die Vorwürfe stimmen und womöglich persönliche Motive im Spiel sind, dann könnte Rache ein Motiv sein.
Allerdings wird die Angelegenheit derzeit so hoch gespielt, dass sich die Eskalation auf die NATO und also auch uns ausbreitet.
Wirkungsweise:
Das Gift stört die Steuerung der Muskeln durch den Neurotransmitter Acetylcholin. Genauer: es verhindert die Entspannung eines Muskels. Regelmäßige Anspannungs-Entspannungsbewegungen von Muskeln wie insbesondere von Lunge und Herz werden damit zum Stillstand gebracht, weil die Muskel zwar noch angespannt werden, aber nicht mehr entspannt.
Unsere Muskeln sind also nicht in einer always-off Stellung, sondern über Enzyme wird genau gesteuert, in welchem Zustand sie sein sollen. Und das Nervengift Nowitschow blockiert also den Botenstoff, der zur Muskelentspannung führt.
Somit wirkt das Gift etwa wie ein Krampf aller Muskeln. Als Wehrpflichtige lernten wir, dass man Krämpfe mit einer Spritze Atropin entkrampfen kann. Jedenfalls ein wenig. Und es muss rechtzeitig gespritzt werden.
Was hat das mit den Russen zu tun?
Die damalige Führung der Sowjetunion beschloss 1971 die Entwicklung neuer chemischer Kampfstoffe unter strenger Geheimhaltung, Nowitschok wurde bereits 1973 entwickelt. In den 80er Jahren wurde Nowitschok zu einem binären Kampfstoff weiterentwickelt. Dies hat zum Ziel, den Transport zum Einsatzort einfacher und sicherer zu machen, indem die beiden Komponenten weniger giftig designt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass ungefährliche Komponenten keiner Chemiewaffenkonvention unterliegen. In diesem Sinne sagte Gorbatschow auch nicht direkt die Unwahrheit als er 1987 ankündigte, die Sowjetunion werde die Produktion chemischer Waffen einstellen. Für die Komponenten binärer Waffen galt das aber offensichtlich nicht...
Für die Säuren, aus denen Nowitschok gewonnen wird, benötigt man Stoffe, die auch für die Landwirtschaft benötigt werden: Kohlenstoff und Phosphor. Das macht die Aufklärung nicht einfacher.
Es existieren mehrere Varianten von Nowitschok, die entweder injektiert, inhaliert oder durch Hautkontakt übertragen werden. Die Substanzen durchdringen die Blut-Hirn-Schranke und gelangen so ins zentrale Nervensystem. Erste Anzeichen sind Schwindel, Ohrensausen, Hautausschläge und Halluzinationen. Danach setzt die Hemmung der Muskelentspannung ein.
Sergei Skripal ist ein ehemaliger Oberst des sowjetischen/russischen Militärnachrichtendienstes GRU, der später zum MI6 überlief.
2006 verurteilte ihn ein Moskauer Militärgericht wegen Hochverrats, weil er angeblich Identitäten russischer Spione an den MI6 verraten habe. Skripal trat seine Strafe im Arbeitslager an, wurde 2010 aber begnadigt und im Rahmen eines Agentenaustauschs freigelassen. Danach ging er nach Salisbury.
Auffällig in Skripals Leben seit seiner Freilassung: In kurzen Abständen starben seine Ehefrau (2012), sein Bruder (2016) und sein Sohn (2017).
Sergei und seine Tochter Julia wurden am 7. März tot aufgefunden. Die Diagnose erfolgte auf Nervenkampfstoff. Dies verweis auf die Herkunft aus einem Militärlager. Die britische Antiterroreinheit CTC wies den Kampfstoff noch in einem Restaurant und in einem Pub nach, in dem die Opfer sich vor ihrem Tod aufgehalten hatten.
Da es von Nowitschok mehrere Varianten gibt, kann man aus einer genauen Diagnose im Prinzip eine Signatur des Kampfstoffes ableiten, zumindest wo er hergestellt worden sein müsste. Aber durch wessen Hände diese Stoffe über Jahrzehnte wandern, nicht so genau.
Die britische Regierung ist wohl deshalb so erregt, weil dies nicht der erste Fall dieser Art ist. Und weil es wieder auf britischem Boden stattfand. Die russische Regierung forderte mehr Informationen und insbesondere Proben des gefundenen Kampfstoffes ein.
Persönliche Wertung:
Ich finde die Erregung und das kurze Ultimatum der britischen Regierung überzogen. Eine Regierung ist kein Gericht. Erst auf Basis eines Gerichtsurteils könnte man sich so verhalten.
Ich -als Laie- finde bemerkenswert, dass inzwischen die ganze Familie Skripniks ausgelöscht ist. Wenn auch auf unterschiedliche Weisen (Krebs, Unfall), aber doch auffallend in kurzer Zeit seit seiner Freilassung. Ein Rational könnte sein, dass man Skripal doch noch bestrafen will, und zwar sehr hart, auch wenn er offiziell freigelassen wurde. Verrat ist ein schweres Vergehen in Militärkreisen und wenn die Vorwürfe stimmen und womöglich persönliche Motive im Spiel sind, dann könnte Rache ein Motiv sein.
Allerdings wird die Angelegenheit derzeit so hoch gespielt, dass sich die Eskalation auf die NATO und also auch uns ausbreitet.
Mittwoch, 14. März 2018
Alte Videos aus Dortmund
Großen Dank an David, an den findigen RWEer und die Stadt Dortmund, die diesen Werbefilm von 1964 gefunden und bereitgestellt haben.
Eine frisch wieder aufgebaute und im Saft stehende Stadt. Meine Stadt.
Ich weiß gar nicht, womit ich anfangen soll. Stadtszenen, die ich kannte als sie schon ein bisschen abgenutzt waren, erstrahlen hier neu. Stadtmitte, Stadthaus, Alter Markt, Westenhellweg, Straßenbahnen, LKWs, PKWs. Fließender Verkehr, Bürger in Kostüm und Anzug. Schulen, Kliniken, Ämter, Hauptbahnhof mit Dampfzügen. Und ein Bürgermeister, der mit der Entwicklung "seiner Stadt" beschäftigt ist, und von Gender und Social Justice noch nix ahnt.
Bastelnde Schulkinder, mit Etuis auf Holztischen. Fluren und Gänge in dem einst auch mir vertrauten Klinker. Nüchtern, streng, zweckmäßig - aber in Schuss. Kinder mit Respekt vor den Lehrern, aber auch der Freiheit zur Kreativität. Weder tropft es durch die Decke ins Klassenzimmer, noch müssen sich Lehrer um Messerstecher und angehende Rapper kümmern und das Niveau ihres Unterrichts absenken. Aber einige dieser Kinder haben später den Untergang ihrer eigenen "Welt von gestern" vorbereitet und führen ihn jetzt gerade durch.
Und wie das bei YouTube so ist, gibt ein Video das nächste. Zum Beispiel dieses hier: Hoesch Westfalenhütte, Warmwalzwerk 1995. Eine Videodokumentation des Walzvorgangs einer Bramme.
Etwa genau zu der Zeit war ich genau an dem Ort, weil mein damaliger Schwager in spe, der als Elektroingenieur bei Siemens an der Steuerung des Warmwalzwerkes arbeitete, mal für ein paar Tage in den Semester"ferien" mitgenommen hatte. Es ist berührend, das einmal genau so wieder zu sehen. Denn das ganze Werk gibt es heute nicht mehr. Auch nicht die Fabrik MfD, die den Brückenkran für die Umsetzung der Brammen baute, gibt es nicht mehr. Auch diese Fabrik hatte ich kurz vor ihrem Exitus als Praktikant noch einmal besucht. Mein Vater hatte dort seine Lehre gemacht und später angefangen. Er sprang aber auch rechtzeitig wieder ab.
Ich erinnere mich, wie ich mit meinem Schwippschwager darüber philosophierte, ob man die Kranfahrten mit einem Schwingungsdämpfer beschleunigen könnte. Damals war Fuzzylogik gerade "in" und ich suchte nach Anwendungsmöglichkeiten ;-). Aber er sagte nur, im Walzwerk herrsche eine ganz einfache Logik: Bramme kommt, oder kommt nicht.
Vielleicht spiegelte sich darin die damalige Mentalität der "Belegschaft", die der bis dato Erfolg so sicher gemacht hatte, dass man sich weder im Betrieb noch in der Weiterentwicklung überschlagen müsse. Trotzdem bin ich voller Sympathie für die Gesichter, die ich in dem Video sehe. Ich war im Glauben, dass etwa so mal mein späterer Arbeitsplatz aussehen müsse: Spektakulär mit sprühenden Funken und Höllenlärm. Dazwischen ich, mit den Händen an einer Tastatur ;-)
Stahl oder Kraftwerk, dachte ich. Und nahm wenig später ein Angebot von RWE an..
Heute beschäftige ich mich mit agiler Softwareentwicklung in allen möglichen Organisationen. Ich habe in der Automobilentwicklung gearbeitet und kenne inzwischen sogar die Bundesverwaltung. Irgendwann hat man als Jugendlicher ja plötzlich eine Intuition und greift nach etwas, was man sein Leben lang nicht mehr loslassen wird. Weil es einen fasziniert. "Alles!" war 1982 meine Antwort, als meine Eltern mich fragten, was man denn mit einem "Homecomputer" machen könne.
Ich komme ins Sinnieren. Wie oft ich meine berufliche Wirkungsstätte schon gewechselt habe, obwohl ich abstrakt einem roten Faden folgte. Ich traue keinem Frieden, auch wenn es mal gut läuft. Der Ingenieursberuf bewirkt und unterliegt Veränderungen. Es hält mich aber nich davon ab, Gelegenheiten zu nutzen. Zum Beispiel für einen Umzug nach Berlin. Das war seit 1987 mein Traum.
Vielleicht berührt mich der Anblick meiner Vergangenheit auch gerade deshalb. In der Gegenwart ist man immer gerade dabei, sich etwas zu erkämpfen. Mit Anstrengung und Unsicherheit. Dann wieder mit Momenten der Bestätigung und der Sinngebung und Motivation für die nächste Etappe.
Erst Rückblickend verstehe ich immer, was das eigentlich gerade gewesen ist.
Eine frisch wieder aufgebaute und im Saft stehende Stadt. Meine Stadt.
Ich weiß gar nicht, womit ich anfangen soll. Stadtszenen, die ich kannte als sie schon ein bisschen abgenutzt waren, erstrahlen hier neu. Stadtmitte, Stadthaus, Alter Markt, Westenhellweg, Straßenbahnen, LKWs, PKWs. Fließender Verkehr, Bürger in Kostüm und Anzug. Schulen, Kliniken, Ämter, Hauptbahnhof mit Dampfzügen. Und ein Bürgermeister, der mit der Entwicklung "seiner Stadt" beschäftigt ist, und von Gender und Social Justice noch nix ahnt.
Bastelnde Schulkinder, mit Etuis auf Holztischen. Fluren und Gänge in dem einst auch mir vertrauten Klinker. Nüchtern, streng, zweckmäßig - aber in Schuss. Kinder mit Respekt vor den Lehrern, aber auch der Freiheit zur Kreativität. Weder tropft es durch die Decke ins Klassenzimmer, noch müssen sich Lehrer um Messerstecher und angehende Rapper kümmern und das Niveau ihres Unterrichts absenken. Aber einige dieser Kinder haben später den Untergang ihrer eigenen "Welt von gestern" vorbereitet und führen ihn jetzt gerade durch.
Und wie das bei YouTube so ist, gibt ein Video das nächste. Zum Beispiel dieses hier: Hoesch Westfalenhütte, Warmwalzwerk 1995. Eine Videodokumentation des Walzvorgangs einer Bramme.
Etwa genau zu der Zeit war ich genau an dem Ort, weil mein damaliger Schwager in spe, der als Elektroingenieur bei Siemens an der Steuerung des Warmwalzwerkes arbeitete, mal für ein paar Tage in den Semester"ferien" mitgenommen hatte. Es ist berührend, das einmal genau so wieder zu sehen. Denn das ganze Werk gibt es heute nicht mehr. Auch nicht die Fabrik MfD, die den Brückenkran für die Umsetzung der Brammen baute, gibt es nicht mehr. Auch diese Fabrik hatte ich kurz vor ihrem Exitus als Praktikant noch einmal besucht. Mein Vater hatte dort seine Lehre gemacht und später angefangen. Er sprang aber auch rechtzeitig wieder ab.
Ich erinnere mich, wie ich mit meinem Schwippschwager darüber philosophierte, ob man die Kranfahrten mit einem Schwingungsdämpfer beschleunigen könnte. Damals war Fuzzylogik gerade "in" und ich suchte nach Anwendungsmöglichkeiten ;-). Aber er sagte nur, im Walzwerk herrsche eine ganz einfache Logik: Bramme kommt, oder kommt nicht.
Vielleicht spiegelte sich darin die damalige Mentalität der "Belegschaft", die der bis dato Erfolg so sicher gemacht hatte, dass man sich weder im Betrieb noch in der Weiterentwicklung überschlagen müsse. Trotzdem bin ich voller Sympathie für die Gesichter, die ich in dem Video sehe. Ich war im Glauben, dass etwa so mal mein späterer Arbeitsplatz aussehen müsse: Spektakulär mit sprühenden Funken und Höllenlärm. Dazwischen ich, mit den Händen an einer Tastatur ;-)
Stahl oder Kraftwerk, dachte ich. Und nahm wenig später ein Angebot von RWE an..
Heute beschäftige ich mich mit agiler Softwareentwicklung in allen möglichen Organisationen. Ich habe in der Automobilentwicklung gearbeitet und kenne inzwischen sogar die Bundesverwaltung. Irgendwann hat man als Jugendlicher ja plötzlich eine Intuition und greift nach etwas, was man sein Leben lang nicht mehr loslassen wird. Weil es einen fasziniert. "Alles!" war 1982 meine Antwort, als meine Eltern mich fragten, was man denn mit einem "Homecomputer" machen könne.
Ich komme ins Sinnieren. Wie oft ich meine berufliche Wirkungsstätte schon gewechselt habe, obwohl ich abstrakt einem roten Faden folgte. Ich traue keinem Frieden, auch wenn es mal gut läuft. Der Ingenieursberuf bewirkt und unterliegt Veränderungen. Es hält mich aber nich davon ab, Gelegenheiten zu nutzen. Zum Beispiel für einen Umzug nach Berlin. Das war seit 1987 mein Traum.
Vielleicht berührt mich der Anblick meiner Vergangenheit auch gerade deshalb. In der Gegenwart ist man immer gerade dabei, sich etwas zu erkämpfen. Mit Anstrengung und Unsicherheit. Dann wieder mit Momenten der Bestätigung und der Sinngebung und Motivation für die nächste Etappe.
Erst Rückblickend verstehe ich immer, was das eigentlich gerade gewesen ist.
Montag, 12. März 2018
Auslegungsvarianten der Product Owner Rolle
Wer im Anforderungsmanagement "groß" geworden ist, wundert sich bisweilen über die sehr unterschiedlichen Auslegungsarten seiner neuen Rolle "Product Owner" in agilen Projekten.
Product Owner kompilieren aus dem Bedarf ihrer Anspruchsgruppen Anforderungen und kommunizieren sie in geeigneten Formen an das Entwicklungsteam. Insofern muss ein Product Owner mindestens zwei Sprachen sprechen:
- Die seiner Anspruchsgruppen, z. B. Geschäftsprozesse oder Produktfunktionen.
- Die der Softwareentwickler und Architekten. z. B. funktionale und nicht-funktionale Anforderungen
Ein Product Owner muss nicht alles wissen, aber er muss alles Wichtige in Erfahrung bringen und Klärungspunkte erkennen können. Wer muss was wann wissen und wann klären diesen Punkt - nicht unnötig früh, nicht zu spät?
Es entstehen zwei Kommunikationsrichtungen: eine von oben nach unten, die die Vorgaben und Richtungen festlegt. Und eine von unten nach oben, die die Machbarkeiten prüft und Einwände kommuniziert. In der Mitte entsteht das sinnvoll Machbare.
Da ich beide Welten kenne - Unternehmenssoftware und Steuergeräte- würde ich sagen, die Welt der Unternehmenssoftware ist hier weiter als die der Steuergeräte. Mit Ökonomen und Informatikern kommt man schnell in ein methodisches Fahrwasser und legt erst einmal einen sinnvollen Arbeitsfluss fest. Mit Steuergeräteingenieuren geht es oft sehr schnell in Richtung technischer Details - ohne die Perspektiven anderer Gruppen -zum Beispiel Anwender- einzunehmen. Damit meine ich nicht, dass Usecases unter den Tisch fallen. Sondern dass man glaubt, diese selbst ohne Rücksprachen festlegen zu können.
Ich bin jedes mal sehr dankbar, wenn es im Projekt einen guten, erfahrenen Systemarchitekten gibt. Mit ihm kann ein Product Owner "über alles reden". Am besten sitzt man mit ihm oder ihr Tür an Tür oder im selben Raum.
Ingenieure bestätigen einander gerne und suchen selbst für sich die Bestätigung ihres Expertenwissens. Das gilt auch für solche, die sich agil nennen. Ein Product Owner schätzt Experten, braucht aber keine Domänen, die nach außen nicht gut kommunizieren. Dieses Risiko besteht oft in Steuergeräteprojekten, aber man bedenke, dass auch sehr alte Softwaresysteme in Unternehmen und Verwaltungen von Programmierern mit Ingenieursmentalität geschrieben wurden. Hier lauert eine Fußangel und Falle nach der anderen. Auch Verunsicherungsangriffe auf den Anforderungsmanager oder Product Owner lauern hier. Es kostet viel Kraft, aber Ausdauer und Durchhaltevermögen werden am Ende (ca. 1 Jahr) belohnt. Obwohl ich das weiß, kostet es auch mich immer wieder Überwindung, mich nicht irre machen zu lassen. Weil ich mich ja nicht abschotten will, sondern mich bewusst dem Kommunikationsstrom aussetze. Und mit Annahmen arbeite. Und erst einmal Vertrauen bei den Meinen aufbauen muss. Die vielleicht selbst anfällig für diese Expertenkultur sind.
Somit komme ich zu dem Schluss, dass ein Product Owner auch das benötigt was früher im positiven Sinn unter Beratungsmentalität lief: Sensibilität, Hellhörigkeit, plus innerer Kompass plus dickes Fell.
Die meisten Anforderungsprofile an Product Owner stimmen deshalb m. E. nicht. Sie sind zu einseitig auf technische Expertisen ausgelegt.
Ich sehe hierin auch einen tief sitzenden Grund dafür, warum deutsche Startups nicht so erfolgreich sind, wie z. B. US-amerikanische. Es fehlt die Perspektive des Produktmanagers, der aus Endkundensicht Anforderungen beschreibt und priorisiert.
Product Owner kompilieren aus dem Bedarf ihrer Anspruchsgruppen Anforderungen und kommunizieren sie in geeigneten Formen an das Entwicklungsteam. Insofern muss ein Product Owner mindestens zwei Sprachen sprechen:
- Die seiner Anspruchsgruppen, z. B. Geschäftsprozesse oder Produktfunktionen.
- Die der Softwareentwickler und Architekten. z. B. funktionale und nicht-funktionale Anforderungen
Ein Product Owner muss nicht alles wissen, aber er muss alles Wichtige in Erfahrung bringen und Klärungspunkte erkennen können. Wer muss was wann wissen und wann klären diesen Punkt - nicht unnötig früh, nicht zu spät?
Es entstehen zwei Kommunikationsrichtungen: eine von oben nach unten, die die Vorgaben und Richtungen festlegt. Und eine von unten nach oben, die die Machbarkeiten prüft und Einwände kommuniziert. In der Mitte entsteht das sinnvoll Machbare.
Da ich beide Welten kenne - Unternehmenssoftware und Steuergeräte- würde ich sagen, die Welt der Unternehmenssoftware ist hier weiter als die der Steuergeräte. Mit Ökonomen und Informatikern kommt man schnell in ein methodisches Fahrwasser und legt erst einmal einen sinnvollen Arbeitsfluss fest. Mit Steuergeräteingenieuren geht es oft sehr schnell in Richtung technischer Details - ohne die Perspektiven anderer Gruppen -zum Beispiel Anwender- einzunehmen. Damit meine ich nicht, dass Usecases unter den Tisch fallen. Sondern dass man glaubt, diese selbst ohne Rücksprachen festlegen zu können.
Ich bin jedes mal sehr dankbar, wenn es im Projekt einen guten, erfahrenen Systemarchitekten gibt. Mit ihm kann ein Product Owner "über alles reden". Am besten sitzt man mit ihm oder ihr Tür an Tür oder im selben Raum.
Ingenieure bestätigen einander gerne und suchen selbst für sich die Bestätigung ihres Expertenwissens. Das gilt auch für solche, die sich agil nennen. Ein Product Owner schätzt Experten, braucht aber keine Domänen, die nach außen nicht gut kommunizieren. Dieses Risiko besteht oft in Steuergeräteprojekten, aber man bedenke, dass auch sehr alte Softwaresysteme in Unternehmen und Verwaltungen von Programmierern mit Ingenieursmentalität geschrieben wurden. Hier lauert eine Fußangel und Falle nach der anderen. Auch Verunsicherungsangriffe auf den Anforderungsmanager oder Product Owner lauern hier. Es kostet viel Kraft, aber Ausdauer und Durchhaltevermögen werden am Ende (ca. 1 Jahr) belohnt. Obwohl ich das weiß, kostet es auch mich immer wieder Überwindung, mich nicht irre machen zu lassen. Weil ich mich ja nicht abschotten will, sondern mich bewusst dem Kommunikationsstrom aussetze. Und mit Annahmen arbeite. Und erst einmal Vertrauen bei den Meinen aufbauen muss. Die vielleicht selbst anfällig für diese Expertenkultur sind.
Somit komme ich zu dem Schluss, dass ein Product Owner auch das benötigt was früher im positiven Sinn unter Beratungsmentalität lief: Sensibilität, Hellhörigkeit, plus innerer Kompass plus dickes Fell.
Die meisten Anforderungsprofile an Product Owner stimmen deshalb m. E. nicht. Sie sind zu einseitig auf technische Expertisen ausgelegt.
Ich sehe hierin auch einen tief sitzenden Grund dafür, warum deutsche Startups nicht so erfolgreich sind, wie z. B. US-amerikanische. Es fehlt die Perspektive des Produktmanagers, der aus Endkundensicht Anforderungen beschreibt und priorisiert.
Samstag, 3. März 2018
Motive gegen Veränderung
Die Innovationsberater reichen im Internet einen Cartoon herum, auf dem ein Anführer die Versammlung fragt, wer von ihnen FÜR Veränderungen sei. Alle Hände gehen hoch. Dann fragt er, wer von ihnen bereit sei, sich selbst zu verändern. Und alle Hände bleiben unten.
Es ist leicht zu sagen, "genau so ist das". Aber warum? Und warum sind so viele dagegen, sich selbst zu verändern und erwarten Veränderungsbereitschaft nur von allen anderen?
Einmal abgesehen von der Binsenweisheit, dass Veränderung kein Wert an sich ist, erlebe ich folgende Fälle:
- Die Mächtigen haben etwas zu verlieren: Budget, Einfluss, Macht, Ansehen. Die Veränderungsprotagonisten hingegen können oft mehr gewinnen als verlieren. Beide unterstellen einander unter vier Augen vor allem diese Motive, bei denen es nicht um das gemeinsame Unternehmen, Bereich etc. geht, sondern persönliche Ziele.
- Die "Operativen" haben auch etwas zu verlieren: den Wert ihrer jahrelang gewachsenen Erfahrungen, Spezialisierungen und Optimierungen. Die Alteingesessenen bezeichnen die Veränderungsprotagonisten als "ahnungslos", was in Bezug auf die alten Verhältnisse ja auch zutrifft.
Es gibt noch ein drittes Motiv, das vor allem auf mich zutrifft:
- Vorsicht hinsichtlich der unbewussten Annahmen, die wir gerade alle treffen.
Gehe ich in ein neues Projekt, erwarten die Sponsoren oder mein eigener Programmleiter häufig einen sofortigen Stimmungsumschwung von mir. "Bringen Sie frischen Wind darein." - Aber das riecht mir zu sehr nach Aktionismus. Und ehrlich gesagt etwas zu simpel, heroisch, manchmal auch naiv. Ich bin zwar der "Agent" des Neuen. Aber zuerst schaue ich mich mal um.
Ich reite also sozusagen in die Stadt und schaue mir als erstes die Leute an. Manche treffe ich in Gruppen, manche unter vier Augen. Und ich höre erstmal rein. Denn ich weiß, ich selbst komme mit tausend Annahmen, die auf bisherigen Erfahrungen basieren. Allzu leicht packt man Leute und Dinge in Schubladen und fängt an mit falschen Annahmen zu operieren.
Deshalb baue ich als erstes Beziehungen auf.
In dieser Phase höre ich dann manchmal, ich bewege mich zu langsam und fordern mich zu mehr "Beraterarroganz" auf. Wer so spricht offenbart mir vor allem die Angst, mit der er selbst in neue Situationen geht: Wie ein Hund, der erst mal alle anderen anbellt. Und auf der Straße sehe ich nur kleine Hunde, die große Hunde anbellen. Umgekehrt sehe ich das nur sehr selten.
Oder wenn man es in Westernmetaphern will: Ich bin eher Scharfschütze als Revolverheld. Mir reichen ein oder zwei Patronen, ich trage keinen Patronengürtel um meinen Oberkörper. Aber eigentlich passen Westernfiguren überhaupt nicht. Eher schon Kommissare aus Krimiserien. Poirot, der die Leute mit Rückfragen prüft, ob sie über Annahmen oder Erfahrungen sprechen: "Der Bosporus ist um diese Jahreszeit sehr ruhig, Sie werden sehen." - "Hm, haben Sie ihn um diese Jahreszeit schon einmal selbst überquert?" - "Nein."
Oder Columbo, der die Leute in Sicherheit wiegt und dann mit einer letzten Frage Schachmatt setzt: "Ach ähm, eine Frage noch...:" Insbesondere hierbei nutze ich das psychologische Phänomen, dass man Menschen entlang des Kennenlernens in bestimmten Phasen nur bestimmte Dinge Fragen kann. Es gibt Dinge, die erfährt man nur am Anfang und Dinge, die erfährt man nur später.
Also bewege ich mich langsam, aber sehr aufmerksam durchs Projektdorf. Treffe Leute im Salon und am Brunnen. Treffe große und kleine Leute. Und allmählich baut sich mir ein Bild auf aus Dingen und Leuten, Beziehungen zwischen Leuten, die die Dinge behandeln um die sich alles dreht.
Meine Bewegungen werden dann allmählich schneller und zielgerichteter, wenn ich der Meinung bin, dass ich nun den höchst möglichen Themeneinstieg gefunden und geöffnet habe. Es ist dann auch viel einfacher, Argumentationsketten aufzubauen die die höchste und die niedrigste Ebene adressieren.
Mittwoch, 21. Februar 2018
Zum sogenannten "Effektiven Altriusmus"
Ich habe endlich die Ideologie gefunden, die der Startpunkt für das ist, was ich für das Ergebnis einer Gehirnwäsche halte: Immer mehr Leute und Gruppen der westlichen Welt bewerten die dritte Welt höher als sich selbst:
Sie bewerten andere Kulturen höher als die eigene. Sie haben ihrer Religion abgeschworen, auf aufgeklärt gemacht, nur um sich dann "sensibel" und bereitwillig den Machtansprüchen extremistischer Religionsideologen zu unterwerfen. Sie fordern von mir Anerkennung der fremden Folklore, kritisieren mich aber heftig wenn ich deutschen Rap höre oder mir zu Karnevall Indianerfedern an den Kopf stecke.
Sie geben vor, auf eigenen Wohlstandszuwachs oder auch nur -sicherung verzichten zu wollen, bis global gleiche Lebensverhältnisse "hergestellt" sind (kennen wir vom Soli) - und nennen das "Gerechtigkeit".
Diese Ideologie nennt sich: "Effektiver Altruismus" und beansprucht die Entscheidungshoheit darüber, mit wem wir solidarisch zu sein haben und vor allem -und da kommt der Machtanspruch ins Spiel- wem wir spenden sollen.
Wenn du im Park siehst, wie ein Kind auf dem Eis einbricht, wirst du sofort hinlaufen und es retten. Aber hast du überlegt, ob du mit der eingesetzten Zeit nicht woanders mehr Leben retten könntest?
Klingt wie brutaler Schwachsinn, läuft aber in Pittsburgh unter "Philosophie", also "Erkenntnisliebe"..
Du sollst nicht für den Bettler an Deiner U-Bahn Station spenden sondern vorher ausrechnen, wo dein gespendeter Euro die höchste Wirkung haben wird - und dort spenden. Das läuft natürlich jedesmal -aber nur theoretisch- darauf hinaus, im Zweifel stets für Afrika oder Arabien zu spenden. Aber ich huste denen was. Ich spende natürlich vorrangig für die, die ich kenne. Meine Gründe:
- Hilfsbereitschaft basiert für mich auf Empathie und Verbundenheit. Meine Prioritäten lauten: eigene Familie, Verwandte und Freunde, mein Bezirk, meine Stadt, mein Land.
- Ich will Gewissheit, dass mein Euro bei den Hilfsbedürftigen ankommt.
- Ich bin nicht solidarischer als der Durchschnitt meiner Gesellschaft. Kriterium hierfür: Meine Steuern und Sozialabgaben.
Das führt in der Praxis dazu, dass ich nur in Einzelfällen zusätzlich spende. Denn ich zahle bereits überdurchschnittlich Steuern und Abgaben. Und ich bin damit permanent solidarisch, denn ich zahle mehr ein als ich zurückbekomme.
Nur in begründeten Einzelfällen spende ich zusätzlich für konkrete Projekte. Und dabei bleibt es.
Der große Widerspruch dieser rotgrünen Ideologie ist der folgende:
Wenn Ingenieure in der Umweltdebatte früher sagten, jede Solaranlage sei in Sonnenscheinstaaten besser angelegt, jede Windkraftanlage besser in windigen Regionen als in dem von-allem-etwas-Land Deutschland entgegneten Rotgrüne stets: Aber wir müssen mit gutem Beispiel voran gehen!
Und seht ihr: Genau so verhält es sich mit meiner Solidarität. Ich gehe mit gutem Beispiel voran. Wenn auch unter Zwang..
Und zuguterletzt: So etwas wie Altruismus gibt es nicht. Auch Helfen dient dem Ego: Gewissenserleichterung, Einflussnahme auf Hilfsallokationen.
Oder wie man beim Roten Kreuz sagt: "Helfen ist Herrschen".
Link: Wikipedia
Sie bewerten andere Kulturen höher als die eigene. Sie haben ihrer Religion abgeschworen, auf aufgeklärt gemacht, nur um sich dann "sensibel" und bereitwillig den Machtansprüchen extremistischer Religionsideologen zu unterwerfen. Sie fordern von mir Anerkennung der fremden Folklore, kritisieren mich aber heftig wenn ich deutschen Rap höre oder mir zu Karnevall Indianerfedern an den Kopf stecke.
Sie geben vor, auf eigenen Wohlstandszuwachs oder auch nur -sicherung verzichten zu wollen, bis global gleiche Lebensverhältnisse "hergestellt" sind (kennen wir vom Soli) - und nennen das "Gerechtigkeit".
Diese Ideologie nennt sich: "Effektiver Altruismus" und beansprucht die Entscheidungshoheit darüber, mit wem wir solidarisch zu sein haben und vor allem -und da kommt der Machtanspruch ins Spiel- wem wir spenden sollen.
Wenn du im Park siehst, wie ein Kind auf dem Eis einbricht, wirst du sofort hinlaufen und es retten. Aber hast du überlegt, ob du mit der eingesetzten Zeit nicht woanders mehr Leben retten könntest?
Klingt wie brutaler Schwachsinn, läuft aber in Pittsburgh unter "Philosophie", also "Erkenntnisliebe"..
Du sollst nicht für den Bettler an Deiner U-Bahn Station spenden sondern vorher ausrechnen, wo dein gespendeter Euro die höchste Wirkung haben wird - und dort spenden. Das läuft natürlich jedesmal -aber nur theoretisch- darauf hinaus, im Zweifel stets für Afrika oder Arabien zu spenden. Aber ich huste denen was. Ich spende natürlich vorrangig für die, die ich kenne. Meine Gründe:
- Hilfsbereitschaft basiert für mich auf Empathie und Verbundenheit. Meine Prioritäten lauten: eigene Familie, Verwandte und Freunde, mein Bezirk, meine Stadt, mein Land.
- Ich will Gewissheit, dass mein Euro bei den Hilfsbedürftigen ankommt.
- Ich bin nicht solidarischer als der Durchschnitt meiner Gesellschaft. Kriterium hierfür: Meine Steuern und Sozialabgaben.
Das führt in der Praxis dazu, dass ich nur in Einzelfällen zusätzlich spende. Denn ich zahle bereits überdurchschnittlich Steuern und Abgaben. Und ich bin damit permanent solidarisch, denn ich zahle mehr ein als ich zurückbekomme.
Nur in begründeten Einzelfällen spende ich zusätzlich für konkrete Projekte. Und dabei bleibt es.
Der große Widerspruch dieser rotgrünen Ideologie ist der folgende:
Wenn Ingenieure in der Umweltdebatte früher sagten, jede Solaranlage sei in Sonnenscheinstaaten besser angelegt, jede Windkraftanlage besser in windigen Regionen als in dem von-allem-etwas-Land Deutschland entgegneten Rotgrüne stets: Aber wir müssen mit gutem Beispiel voran gehen!
Und seht ihr: Genau so verhält es sich mit meiner Solidarität. Ich gehe mit gutem Beispiel voran. Wenn auch unter Zwang..
Und zuguterletzt: So etwas wie Altruismus gibt es nicht. Auch Helfen dient dem Ego: Gewissenserleichterung, Einflussnahme auf Hilfsallokationen.
Oder wie man beim Roten Kreuz sagt: "Helfen ist Herrschen".
Link: Wikipedia
Freitag, 16. Februar 2018
Wie subjektiv wir unser Gedächtnis anlegen
Der Braunschweiger Martin Korte erklärt in seinem Podcast "Die Biografie in den Neuronen" (SWR2 Wissen, Link), wie jeder Abruf einer Erinnerung diese verändert:
Wir greifen nicht jedesmal auf eine unveränderliche Datei auf unserer "Festplatte" zu, sondern lesen aus und reichern mit unseren in dem Moment empfundenen Sichten, Gefühlen etc. an und speichern dann neu. Auch nimmt die Art, wie wir uns befragen -oder befragt werden- Einfluss darauf, welche Informationen wir beim nächsten Speichern betonen, abschwächen oder weglassen.
Schaut man noch genauer hin, wird gar nicht eine einheitliche Datei abgespeichert, sondern Links auf verteilte Stellen im Gehirn. Beim Abruf wird aus den verlinkten Informationen die Erinnerung konstruiert.
Damit wird plausibel, wie subjektiv und beeinflussbar unser Gedächtnis ist. Noch wichtiger wird diese Erkenntnis, wenn wir wissen, dass unser Gedächtnis einen sehr großen Einfluss auf unser Bewusstsein hat. Würden wir nicht an einer zentralen Stelle ein Modell von der Wirklichkeit bzw. der Erinnerung konstruieren, zerfiele unser Bewusstsein in seine Einzelteile.
Damit wird mir klar, dass es nicht nur unsere gespeicherten und momentan wahrgenommenen Informationen sind, die uns zu einer "Person" integrieren, sondern die Verbindungen zwischen diesen.
Besonders wichtig in der heutigen Zeit ist, dass uns alles was wir beim Verarbeiten einer Information - z. B. beim Lernen- zusätzlich aufnehmen, ablenkt und Einfluss auf die Qualität der gespeicherten Information nimmt.
Untersuchungen an der Generation "Digital Native" haben gezeigt, dass Leute, die "im Internet" herangewachsen sind, immer weniger Informationen selbst verarbeiten und speichern, sondern immer mehr Fragen mit Suchstrategien beantworten.
Dies hat großen Einfluss auf das Bewusstsein dieser Leute. Insbesondere, wenn sie auch Fragen nach sich selbst mit Suchstrategien beantworten. Z. B. Suchen in der eigenen Fotosammlung...
Aber auch die permanente Versorgung mit Informationen hat großen Einfluss auf die Art unserer Wahrnehmung von der Welt. Wenn wir die Informationsverarbeitung so übertreiben, dass unser Gehirn seine Selektion verstärkt -die einzige Reaktionsmöglichkeit, die es hat- geraten wir nicht nur in eine Filterblase sondern einen Trichter. Die Selektion verstärkt sich immer mehr auf Bekanntes, was wiederum zur Bestätigung von bereits gespeicherten führt.
Wir verlieren dabei unsere Fähigkeit, die Welt zu verstehen. Denn wir verstehen die Welt anhand dessen, was wir schon wissen - also geordnet und in Kontexten gespeichert haben.
Mir erklärt dieser Zusammenhang ein wenig meinen Eindruck, dass immer mehr Leute auf mich wirken, als unterlägen sie einer Gehirnwäsche: Wer sich ohne ein Mindestmaß an Vorbildung und der Fähigkeit zu lernen ins Internet, insbesondere soziale Medien, begibt, wird sich dort radikalisieren. Und Regierungen nutzen das, indem sie Informationen immer ungenierter vereinfachen und zuspitzen. Bis am Ende nur noch Minderheiten kritische Fragen stellen. Und die Regierung zeigt auf diese und ruft: "Haltet den Dieb!"
Wir greifen nicht jedesmal auf eine unveränderliche Datei auf unserer "Festplatte" zu, sondern lesen aus und reichern mit unseren in dem Moment empfundenen Sichten, Gefühlen etc. an und speichern dann neu. Auch nimmt die Art, wie wir uns befragen -oder befragt werden- Einfluss darauf, welche Informationen wir beim nächsten Speichern betonen, abschwächen oder weglassen.
Schaut man noch genauer hin, wird gar nicht eine einheitliche Datei abgespeichert, sondern Links auf verteilte Stellen im Gehirn. Beim Abruf wird aus den verlinkten Informationen die Erinnerung konstruiert.
Damit wird plausibel, wie subjektiv und beeinflussbar unser Gedächtnis ist. Noch wichtiger wird diese Erkenntnis, wenn wir wissen, dass unser Gedächtnis einen sehr großen Einfluss auf unser Bewusstsein hat. Würden wir nicht an einer zentralen Stelle ein Modell von der Wirklichkeit bzw. der Erinnerung konstruieren, zerfiele unser Bewusstsein in seine Einzelteile.
Damit wird mir klar, dass es nicht nur unsere gespeicherten und momentan wahrgenommenen Informationen sind, die uns zu einer "Person" integrieren, sondern die Verbindungen zwischen diesen.
Besonders wichtig in der heutigen Zeit ist, dass uns alles was wir beim Verarbeiten einer Information - z. B. beim Lernen- zusätzlich aufnehmen, ablenkt und Einfluss auf die Qualität der gespeicherten Information nimmt.
Untersuchungen an der Generation "Digital Native" haben gezeigt, dass Leute, die "im Internet" herangewachsen sind, immer weniger Informationen selbst verarbeiten und speichern, sondern immer mehr Fragen mit Suchstrategien beantworten.
Dies hat großen Einfluss auf das Bewusstsein dieser Leute. Insbesondere, wenn sie auch Fragen nach sich selbst mit Suchstrategien beantworten. Z. B. Suchen in der eigenen Fotosammlung...
Aber auch die permanente Versorgung mit Informationen hat großen Einfluss auf die Art unserer Wahrnehmung von der Welt. Wenn wir die Informationsverarbeitung so übertreiben, dass unser Gehirn seine Selektion verstärkt -die einzige Reaktionsmöglichkeit, die es hat- geraten wir nicht nur in eine Filterblase sondern einen Trichter. Die Selektion verstärkt sich immer mehr auf Bekanntes, was wiederum zur Bestätigung von bereits gespeicherten führt.
Wir verlieren dabei unsere Fähigkeit, die Welt zu verstehen. Denn wir verstehen die Welt anhand dessen, was wir schon wissen - also geordnet und in Kontexten gespeichert haben.
Mir erklärt dieser Zusammenhang ein wenig meinen Eindruck, dass immer mehr Leute auf mich wirken, als unterlägen sie einer Gehirnwäsche: Wer sich ohne ein Mindestmaß an Vorbildung und der Fähigkeit zu lernen ins Internet, insbesondere soziale Medien, begibt, wird sich dort radikalisieren. Und Regierungen nutzen das, indem sie Informationen immer ungenierter vereinfachen und zuspitzen. Bis am Ende nur noch Minderheiten kritische Fragen stellen. Und die Regierung zeigt auf diese und ruft: "Haltet den Dieb!"
Donnerstag, 15. Februar 2018
Nächste Schritte der Aufklärung
Angeregt durch die Lektüre einiger Evolutionsbiologen, Hirnforscher und angesichts der häufigen Betonung der "Vernunft", die den Menschen doch auszeichne, kam mir folgender Gedanke:
Die "Kritik der reinen Vernunft", die Aufklärung und die damit einhergehende Emanzipation von Göttern und Hierarchen, die sich auf diese Götter beziehen, ermutigte uns, für unsere Freiheit zu kämpfen. Dies war sowohl eine Freiheit "von" als auch eine Freiheit "zu".
Seit wir uns die Entstehung von Blitz und Donner erklären können, kann uns niemand mehr mit ihnen drohen. Selbiges gilt für andere Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Erdbeben. Auch verstanden wir, dass wir unser Schicksal zu großen Teilen selbst in der Hand haben. Die Erkenntnis, die aus der Beobachtung und Überlegung -also dem Mut, uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen- folgte, hat uns befreit.
Mit Befreiung gehen aber zweierlei Wirkungen einher: Wir entledigen uns eines Zwanges. Aber wir werden auch einsamer. Da ist keine höhere Macht mehr, die uns bestrafen kann. Aber auch niemand mehr zu dem wir beten, von dem wir etwas wünschen oder erwarten oder erhoffen können, der uns für Wohlverhalten belohnt. Die Pflicht, die Erwartungen eines Gottes zu erfüllen, wird ersetzt durch die Pflicht, für uns selbst zu sorgen. Die Hoffnung, belohnt zu werden wird ersetzt durch den Willen zur Planung und zur Tat.
Wissenschaft und Philosophie haben also Erkenntnisse geschaffen, die uns vom Aberglauben und selbst auferlegten Zwängen befreien konnten. Dies hatte auch Auswirkungen auf unsere Vorstellungen von Moral. Vieles von dem, was mal verboten oder verpönt war, ist heute nicht nur erlaubt, sondern toleriert oder eine Selbstverständlichkeit. Die moralische Instanz wurde vom Himmel auf die Erde geholt. Die Humanisten leiteten aus den einst heiligen Schriften Moralvorstellungen ab, die sie selbst begründet. Dabei schufen sie aber fast unbemerkt einen neuen Gott: den selbstlosen, "humanistischen" Menschen.
Besonders ausgeprägt ist diese Ideologie in Deutschland zu beobachten, wo frühere Ökologen und Sozialisten heute von uns Bürgern Selbstlosigkeit bis zur Selbstaufgabe einfordern. Dies zum Wohle der restlichen Menschheit. Dass wir uns damit überfordern, will diesen Ideologen nicht in den Sinn - oder schlimmer: Ist sogar ihr unausgesprochenes Ziel. In dieser Ideologie muss jedes Menschenleben von uns, denjenigen "die schon länger hier leben" gerettet werden. Eine Obergrenze dafür, gibt es in dieser Ideologie nicht.
Dies löst bei Menschen, die sich für Freiheit und Selbstverantwortung entschieden haben, und dies auch leben, den Überlebensinstinkt aus. Und aktiviert Gegenwehr.
Ich begründe meinen Überlebensinstinkt aber nicht nur "instinktiv", sondern auch ideologisch: Meines Erachtens müssen wir die Aufklärung weiterentwickeln indem wir neue wissenschaftliche und philosophische Erkenntnisse einbeziehen.
Um die Humanisten von ihrem Sockel zu holen, müssen wir den Homo sapiens nun so entzaubern, wie wir das mit unseren bisherigen Göttern getan haben. Und das Ding, das wir dazu attackieren müssen, ist die letzte Zaubervorstellung, die im gesellschaftlichen Theater noch gegeben wird: die sogenannte "unsterbliche Seele" des Menschen.
Die Existenz einer Seele ist bis heute nicht erwiesen. Wohl aber empfindet jeder Mensch -oder bildet sich ein- eine zu haben. Die Frage, wo das eigene Ich sitzt, führt instinktiv zum Kopf, wo unsere zentrale Sinneswahrnehmung und -verarbeitung sowie unser Gedächtnis ihren Sitz haben. Und wo insbesondere unser Gehirn seinen Sitz hat. Aber da wir um die Sterblichkeit all dessen wissen, erfanden wir zusätzlich etwas, was sich der Beobachtung und damit dem Tod angeblich entzieht: die Seele.
Und darauf bauten die Wahrsager, Propheten, Heilsbringer etc. wieder ein Konstrukt, dass den Menschen in eine neue Abhängigkeit brachte: Von nun an sollte er nicht mehr in der Kirche beten sondern sich ständig selbst beobachten, analysieren und sich "gutes" tun. Aber mehr noch: Er sollte sich um die Seelen der anderen (in Deutschland: aller anderen) kümmern. Er soll emphatisch sein.
Die Vorstellung, sich um seine unsterbliche Seele kümmern zu sollen, löst neue Ängste, Ideologien und (eingebildete) Zwänge aus. Sie setzt nun den Menschen auf den Sockel, von dem wir gerade erst unsere Götter heruntergeholt hatten.
Und wiederum bewirkt die Entzauberung des Mysteriums eine Befreiung: Stell dir vor, keine unsterbliche Seele zu haben und erlebe, welche Ängste von dir abfallen. Am Ende erkennst du deine eigene Insignifikanz. Und wie klein die Entscheidungen sind, die du triffst. Wie klein die Wirkungen, wenn du falsche Entscheidungen triffst. Und wir kurzlebig die richtigen.
Die "Kritik der reinen Vernunft", die Aufklärung und die damit einhergehende Emanzipation von Göttern und Hierarchen, die sich auf diese Götter beziehen, ermutigte uns, für unsere Freiheit zu kämpfen. Dies war sowohl eine Freiheit "von" als auch eine Freiheit "zu".
Seit wir uns die Entstehung von Blitz und Donner erklären können, kann uns niemand mehr mit ihnen drohen. Selbiges gilt für andere Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Erdbeben. Auch verstanden wir, dass wir unser Schicksal zu großen Teilen selbst in der Hand haben. Die Erkenntnis, die aus der Beobachtung und Überlegung -also dem Mut, uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen- folgte, hat uns befreit.
Mit Befreiung gehen aber zweierlei Wirkungen einher: Wir entledigen uns eines Zwanges. Aber wir werden auch einsamer. Da ist keine höhere Macht mehr, die uns bestrafen kann. Aber auch niemand mehr zu dem wir beten, von dem wir etwas wünschen oder erwarten oder erhoffen können, der uns für Wohlverhalten belohnt. Die Pflicht, die Erwartungen eines Gottes zu erfüllen, wird ersetzt durch die Pflicht, für uns selbst zu sorgen. Die Hoffnung, belohnt zu werden wird ersetzt durch den Willen zur Planung und zur Tat.
Wissenschaft und Philosophie haben also Erkenntnisse geschaffen, die uns vom Aberglauben und selbst auferlegten Zwängen befreien konnten. Dies hatte auch Auswirkungen auf unsere Vorstellungen von Moral. Vieles von dem, was mal verboten oder verpönt war, ist heute nicht nur erlaubt, sondern toleriert oder eine Selbstverständlichkeit. Die moralische Instanz wurde vom Himmel auf die Erde geholt. Die Humanisten leiteten aus den einst heiligen Schriften Moralvorstellungen ab, die sie selbst begründet. Dabei schufen sie aber fast unbemerkt einen neuen Gott: den selbstlosen, "humanistischen" Menschen.
Besonders ausgeprägt ist diese Ideologie in Deutschland zu beobachten, wo frühere Ökologen und Sozialisten heute von uns Bürgern Selbstlosigkeit bis zur Selbstaufgabe einfordern. Dies zum Wohle der restlichen Menschheit. Dass wir uns damit überfordern, will diesen Ideologen nicht in den Sinn - oder schlimmer: Ist sogar ihr unausgesprochenes Ziel. In dieser Ideologie muss jedes Menschenleben von uns, denjenigen "die schon länger hier leben" gerettet werden. Eine Obergrenze dafür, gibt es in dieser Ideologie nicht.
Dies löst bei Menschen, die sich für Freiheit und Selbstverantwortung entschieden haben, und dies auch leben, den Überlebensinstinkt aus. Und aktiviert Gegenwehr.
Ich begründe meinen Überlebensinstinkt aber nicht nur "instinktiv", sondern auch ideologisch: Meines Erachtens müssen wir die Aufklärung weiterentwickeln indem wir neue wissenschaftliche und philosophische Erkenntnisse einbeziehen.
Um die Humanisten von ihrem Sockel zu holen, müssen wir den Homo sapiens nun so entzaubern, wie wir das mit unseren bisherigen Göttern getan haben. Und das Ding, das wir dazu attackieren müssen, ist die letzte Zaubervorstellung, die im gesellschaftlichen Theater noch gegeben wird: die sogenannte "unsterbliche Seele" des Menschen.
Die Existenz einer Seele ist bis heute nicht erwiesen. Wohl aber empfindet jeder Mensch -oder bildet sich ein- eine zu haben. Die Frage, wo das eigene Ich sitzt, führt instinktiv zum Kopf, wo unsere zentrale Sinneswahrnehmung und -verarbeitung sowie unser Gedächtnis ihren Sitz haben. Und wo insbesondere unser Gehirn seinen Sitz hat. Aber da wir um die Sterblichkeit all dessen wissen, erfanden wir zusätzlich etwas, was sich der Beobachtung und damit dem Tod angeblich entzieht: die Seele.
Und darauf bauten die Wahrsager, Propheten, Heilsbringer etc. wieder ein Konstrukt, dass den Menschen in eine neue Abhängigkeit brachte: Von nun an sollte er nicht mehr in der Kirche beten sondern sich ständig selbst beobachten, analysieren und sich "gutes" tun. Aber mehr noch: Er sollte sich um die Seelen der anderen (in Deutschland: aller anderen) kümmern. Er soll emphatisch sein.
Die Vorstellung, sich um seine unsterbliche Seele kümmern zu sollen, löst neue Ängste, Ideologien und (eingebildete) Zwänge aus. Sie setzt nun den Menschen auf den Sockel, von dem wir gerade erst unsere Götter heruntergeholt hatten.
Und wiederum bewirkt die Entzauberung des Mysteriums eine Befreiung: Stell dir vor, keine unsterbliche Seele zu haben und erlebe, welche Ängste von dir abfallen. Am Ende erkennst du deine eigene Insignifikanz. Und wie klein die Entscheidungen sind, die du triffst. Wie klein die Wirkungen, wenn du falsche Entscheidungen triffst. Und wir kurzlebig die richtigen.
Dienstag, 6. Februar 2018
Wie der Evolutionsbiologe Richard Dawkins Familie und Nation modelliert
Der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins veröffentlichte bereits 1976 einen revolutionären Vorschlag, wie wir Evolution (weiter) denken müssen. Jetzt, da ich es lese, verstehe ich nicht, warum sein Gedanken nicht längst einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind. Denn sie liefern gute Argumente gegen den linksliberalen Mainstream der da von Selbstaufgabe und Fremdüberhöhung predigt. Und also antiwissenschaftlich handelt. Und das geht so:
Wessen Interessen verfolgen Individuen in ihrem Überlebnskampf? Ihre individuell eigenen? Die ihrer Familie? Die ihrer Gruppe oder die ihrer Gattung?
Dawkins interpretiert all die bis dahin veröffentlichten Beobachtungen indem er sie auf eine Ebene tiefer verschiebt? Wer ist "Individuum"? Inspiriert von den Erkenntnissen Darwins und anderer verschiebt er den Betrachtungsgegenstand auf die Gene des Individuums und sagt:
Nicht der Mensch kämpft ums Überleben sondern jedes einzelne seiner Gene um möglichst breite Vervielfältigung in anderen "Überlebensmaschinen". Es ist nicht die Gattung, die sich an den Umweltbedingungen misst, sondern das Gen, das eigentlich -aber über den Umweg seines Wirts- dem Ausleseprozess unterliegt.
Mithin sei es nicht so, dass der Mensch (oder jedes andere Lebewesen) Gene habe, sondern die Gene haben ihn. Als "Überlebensmaschine". Und bei der Paarung kämpft jedes einzelne Gen um Dominanz. Was sich in unserem Körper abspiele, sei der Kampf ums Überleben einzelner Gene um die Wertigkeit im Genom. Der gemeinsame Abwehrkampf gegen Viren via Immunsystem entspreche dem Phänomen, nichts eine mehr als der Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner (der eigenen Überlebensmaschine).
Folgt man dieser Interpretation von Leben stellen sich viele wichtige Fragen ganz anders. Wenn jedes Gen einzeln nach Vervielfältigung strebt, dann hat das Folgen für die Überlebensstrategien von Menschen. Dann spielt nicht nur "man selbst" eine Rolle, sondern auch die Verwandtschaft, mit der man halt einen besonders hohen Anteil von Genen teilt. Dawkins durchläuft den Stammbaum und rechnet aus, wer ihm gentechnisch "am nächsten" liegt. Dabei spielt noch ein geschlechtsspezifischer
Faktor eine Rolle: Die Mutter ist immer sicher, der Vater immer mit einer Unsicherheit behaftet. Linien entlang von Frauen sind deshalb sicherer und deshalb "näher" als die über Männer.
Daraus folgt zum Beispiel: Die Enkelin der Tochter ist einer Großmutter näher als der Sohn des eigenen Sohnes. Denn der eigene Sohn wisse nicht sicher, dass sein Sohn von ihm stamme. Usw. Es ist ein interessantes Gedankenexperiment, mit dieser These einmal Verhaltensmomente in der eigenen Verwandtschaft durchzuspielen ;-)
Mit seiner Genmathematik zeigt Dawkins, dass die familiäre Bande nur zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Geschwistern besonders ausgeprägt ist. Schon bei Cousins / Cousinen fällt der Anteil gleicher "Familiengene" stark ab. Aber dies ist ein relativer Wert, der davon abhängt, wie "homogen" der Kreis ist, mit dem man die eigene Familie vergleicht.
Dieser Umstand bewirkt, dass wir a) unsere Verwandtschaft bevorzugen, b) innerhalb unserer Verwandtschaft wiederum Unterschiede anhand der genetischen Nähe zu uns selbst machen. Nach außen wirkt dieses Verhalten wie familiärer Altruismus, tatsächlich steckt aber der Egoismus unserer Gene dahinter.
Interessant insbesondere das Verhältnis zwischen Frau und Mann eines Paares. Denn diese beiden haben -Inzucht ausgenommen- keine genetische Verwandtschaft. Mithin gäbe es keinen Anlass zu Altruismus. Stattdessen kommen hier Verliebtheit und Liebe ins Spiel. An anderer Stelle (Quelle weiß ich nicht mehr) las ich, dass Verliebtheit ein biochemischer, hormoneller Vorgang sei, der die Nähe herstelle, die aufgrund fehlender genetischer Verwandtschaft fehle. Wo zwischen normalen Fremden ein gesundes Misstrauen herrsche, überwinde Verliebtheit genau das. Und genau das, und nur das, schafft die Voraussetzung für die Paarung, wo aus zwei fremden Chromosomen ein gemeinsames Neues entstehe.
Daraus folgen jede Menge wissenschaftliche Gründe für das moralische Gedankengebäude vom Wert der Familie. Wenn wir als Wesen nur Erscheinungsformen von um Verbreitung kämpfenden Genen sind, dann erklären sich plötzlich viele kulturelle -und politische- Phänomene wissenschaftlich.
Dann ist zum Beispiel das eigene Territorium -bzw. Revier- der Schutzraum, in dem Gene die Reproduktion ihrer selbst sicherstellen. Denn nicht nur die eigentliche Reproduktion bedarf des besonderen Schutzes, sondern auch die Aufzucht. Fast alle Tiere erkämpfen und verteidigen Reviere für Futter und Aufzucht. Viele Tiere -wie auch Menschen- ziehen gemeinsam die Nachkommen ihres Rudels groß. Löwenmütter zum Beispiel säugen ihre eigenen Jungen, erziehen sie dann aber gemeinsam mit den anderen Müttern.
Von den Vögeln lernen wir über die Herausforderung, sich keine Brut unterjubeln zu lassen. Im Unterschied zu jungen Säugetieren kann man Eier nicht so einfach voneinander unterscheiden. Was sich z. B. der Kuckuck zunutze macht. Die Evolution reagierte darauf, mit der Herausbildung von Mustern auf den Eierschalen einiger Vogelarten. Einige Kuckucke zogen mit diesen Mustern nach. Allerdings natürlich regional typischen Mustern, abhängig von den Vögeln, die in ihren Revieren die Bruttiere ihrer Eier stellen...
Spannend wird es, wenn man diese Erkenntnisse auf unsere aktuelle politische Lage überträgt. Der derzeit verpönte sog. "Egoismus" der "Privilegierten" z. B. ist nichts anderes als gesunder Egoismus. Es ist nicht nur natürlich, der eigenen Familie die höchste Priorität einzuräumen, es hat auch seinen Sinn. Völlig kontraproduktiv, geradezu selbstzerstörerisch, ist es, Fremden eine höhere Priorität einzuräumen, als der eigenen Familie oder gar sich selbst. Dies führt binnen weniger Generationen zum Selbstmord. Schon die Verschiebung der Geburt des ersten Kindes von den 20ern auf die 30er Jahre schwächt die Dynamik des eigenen Volkes. Eine Kinderzahl kleiner 2 schwächt sie weiter.
Wer zusätzlich in signifikanten Größen fremde, geburtenstarke Gruppen in sein Revier aufnimmt, betreibt den Selbstmord des eigenen Volkes. Das ist gegen unsere Natur und deshalb rebelliert bei gesunden Menschen innerlich alles gegen die gegenwärtige Politik.
Ich weiß, dass diese Thesen in den Ohren linksliberaler Narzissten "völkisch" klingt. Denen sage ich: Ihr werdet schon noch merken, was es mit den inneren Triebkräften ums Überleben auf sich hat, wenn die Räume für Euch mal enger werden. Wenn ihr den Unterschied zwischen "dominant" und "rezessiv" am eigenen Leibe erfahren werdet. Seid gewiss, dass nur weil ihr selbst auf die Vertretung eurer eigenen Interessen verzichtet, es andere deshalb nicht genau so tun werden. In wirtschaftlich guten Zeiten wie der jetzigen funktioniert das vielleicht. Aber auch nur unter den gebildeten Schichten. Wartet ab, wenn es mal wieder um die Wurst geht. (Auch wenn ich weiß, dass ihr auf Wurst gar nicht so steht...)
Wenn ich diesen Text noch einmal Korrektur lese, bin ich selbst etwas erstaunt, wie schnell man doch wieder in "völkische" oder "rassistische" Raster und Muster rutschen kann. Doch ich meine es in keiner Weise in einem solchen Sinne. Denn ich plädiere nicht für solche Ziele. Ich stelle keine Ethnie über eine andere in absoluten Werten gesprochen. Wohl aber sind mir die meinen näher als die anderen. Und im liberalen Sinne sage ich: wenn alle so dächten, hätten wir ein stabiles Gleichgewicht. Aber so denken nicht alle. Einige, und zwar ausgerechnet solche, die demnächst wieder in der Regierung sind, bewerten die eigenen niedriger als die anderen. Und alles was sich da in mir regt, sind Überlebensinstinkte. Und Dank der Wissenschaft kann ich sie sogar rational begründen.
Richard Dawkins ist auch Atheist (geworden). Trost findet er nicht im Glauben, sondern in der Erkenntnis. Ich selbst bin noch im Glauben verhaftet, aber mit immer mehr Distanz. Ich kann immer noch staunen, glaube aber nicht mehr an den Weihnachtsmann.
Quelle: Richard Dawkins, "Das egoistische Gen", 1976
Website seiner Stiftung: Link
Interview im Stern: Link
Wessen Interessen verfolgen Individuen in ihrem Überlebnskampf? Ihre individuell eigenen? Die ihrer Familie? Die ihrer Gruppe oder die ihrer Gattung?
Dawkins interpretiert all die bis dahin veröffentlichten Beobachtungen indem er sie auf eine Ebene tiefer verschiebt? Wer ist "Individuum"? Inspiriert von den Erkenntnissen Darwins und anderer verschiebt er den Betrachtungsgegenstand auf die Gene des Individuums und sagt:
Nicht der Mensch kämpft ums Überleben sondern jedes einzelne seiner Gene um möglichst breite Vervielfältigung in anderen "Überlebensmaschinen". Es ist nicht die Gattung, die sich an den Umweltbedingungen misst, sondern das Gen, das eigentlich -aber über den Umweg seines Wirts- dem Ausleseprozess unterliegt.
Mithin sei es nicht so, dass der Mensch (oder jedes andere Lebewesen) Gene habe, sondern die Gene haben ihn. Als "Überlebensmaschine". Und bei der Paarung kämpft jedes einzelne Gen um Dominanz. Was sich in unserem Körper abspiele, sei der Kampf ums Überleben einzelner Gene um die Wertigkeit im Genom. Der gemeinsame Abwehrkampf gegen Viren via Immunsystem entspreche dem Phänomen, nichts eine mehr als der Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner (der eigenen Überlebensmaschine).
Folgt man dieser Interpretation von Leben stellen sich viele wichtige Fragen ganz anders. Wenn jedes Gen einzeln nach Vervielfältigung strebt, dann hat das Folgen für die Überlebensstrategien von Menschen. Dann spielt nicht nur "man selbst" eine Rolle, sondern auch die Verwandtschaft, mit der man halt einen besonders hohen Anteil von Genen teilt. Dawkins durchläuft den Stammbaum und rechnet aus, wer ihm gentechnisch "am nächsten" liegt. Dabei spielt noch ein geschlechtsspezifischer
Faktor eine Rolle: Die Mutter ist immer sicher, der Vater immer mit einer Unsicherheit behaftet. Linien entlang von Frauen sind deshalb sicherer und deshalb "näher" als die über Männer.
Daraus folgt zum Beispiel: Die Enkelin der Tochter ist einer Großmutter näher als der Sohn des eigenen Sohnes. Denn der eigene Sohn wisse nicht sicher, dass sein Sohn von ihm stamme. Usw. Es ist ein interessantes Gedankenexperiment, mit dieser These einmal Verhaltensmomente in der eigenen Verwandtschaft durchzuspielen ;-)
Mit seiner Genmathematik zeigt Dawkins, dass die familiäre Bande nur zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Geschwistern besonders ausgeprägt ist. Schon bei Cousins / Cousinen fällt der Anteil gleicher "Familiengene" stark ab. Aber dies ist ein relativer Wert, der davon abhängt, wie "homogen" der Kreis ist, mit dem man die eigene Familie vergleicht.
Dieser Umstand bewirkt, dass wir a) unsere Verwandtschaft bevorzugen, b) innerhalb unserer Verwandtschaft wiederum Unterschiede anhand der genetischen Nähe zu uns selbst machen. Nach außen wirkt dieses Verhalten wie familiärer Altruismus, tatsächlich steckt aber der Egoismus unserer Gene dahinter.
Interessant insbesondere das Verhältnis zwischen Frau und Mann eines Paares. Denn diese beiden haben -Inzucht ausgenommen- keine genetische Verwandtschaft. Mithin gäbe es keinen Anlass zu Altruismus. Stattdessen kommen hier Verliebtheit und Liebe ins Spiel. An anderer Stelle (Quelle weiß ich nicht mehr) las ich, dass Verliebtheit ein biochemischer, hormoneller Vorgang sei, der die Nähe herstelle, die aufgrund fehlender genetischer Verwandtschaft fehle. Wo zwischen normalen Fremden ein gesundes Misstrauen herrsche, überwinde Verliebtheit genau das. Und genau das, und nur das, schafft die Voraussetzung für die Paarung, wo aus zwei fremden Chromosomen ein gemeinsames Neues entstehe.
Daraus folgen jede Menge wissenschaftliche Gründe für das moralische Gedankengebäude vom Wert der Familie. Wenn wir als Wesen nur Erscheinungsformen von um Verbreitung kämpfenden Genen sind, dann erklären sich plötzlich viele kulturelle -und politische- Phänomene wissenschaftlich.
Dann ist zum Beispiel das eigene Territorium -bzw. Revier- der Schutzraum, in dem Gene die Reproduktion ihrer selbst sicherstellen. Denn nicht nur die eigentliche Reproduktion bedarf des besonderen Schutzes, sondern auch die Aufzucht. Fast alle Tiere erkämpfen und verteidigen Reviere für Futter und Aufzucht. Viele Tiere -wie auch Menschen- ziehen gemeinsam die Nachkommen ihres Rudels groß. Löwenmütter zum Beispiel säugen ihre eigenen Jungen, erziehen sie dann aber gemeinsam mit den anderen Müttern.
Von den Vögeln lernen wir über die Herausforderung, sich keine Brut unterjubeln zu lassen. Im Unterschied zu jungen Säugetieren kann man Eier nicht so einfach voneinander unterscheiden. Was sich z. B. der Kuckuck zunutze macht. Die Evolution reagierte darauf, mit der Herausbildung von Mustern auf den Eierschalen einiger Vogelarten. Einige Kuckucke zogen mit diesen Mustern nach. Allerdings natürlich regional typischen Mustern, abhängig von den Vögeln, die in ihren Revieren die Bruttiere ihrer Eier stellen...
Spannend wird es, wenn man diese Erkenntnisse auf unsere aktuelle politische Lage überträgt. Der derzeit verpönte sog. "Egoismus" der "Privilegierten" z. B. ist nichts anderes als gesunder Egoismus. Es ist nicht nur natürlich, der eigenen Familie die höchste Priorität einzuräumen, es hat auch seinen Sinn. Völlig kontraproduktiv, geradezu selbstzerstörerisch, ist es, Fremden eine höhere Priorität einzuräumen, als der eigenen Familie oder gar sich selbst. Dies führt binnen weniger Generationen zum Selbstmord. Schon die Verschiebung der Geburt des ersten Kindes von den 20ern auf die 30er Jahre schwächt die Dynamik des eigenen Volkes. Eine Kinderzahl kleiner 2 schwächt sie weiter.
Wer zusätzlich in signifikanten Größen fremde, geburtenstarke Gruppen in sein Revier aufnimmt, betreibt den Selbstmord des eigenen Volkes. Das ist gegen unsere Natur und deshalb rebelliert bei gesunden Menschen innerlich alles gegen die gegenwärtige Politik.
Ich weiß, dass diese Thesen in den Ohren linksliberaler Narzissten "völkisch" klingt. Denen sage ich: Ihr werdet schon noch merken, was es mit den inneren Triebkräften ums Überleben auf sich hat, wenn die Räume für Euch mal enger werden. Wenn ihr den Unterschied zwischen "dominant" und "rezessiv" am eigenen Leibe erfahren werdet. Seid gewiss, dass nur weil ihr selbst auf die Vertretung eurer eigenen Interessen verzichtet, es andere deshalb nicht genau so tun werden. In wirtschaftlich guten Zeiten wie der jetzigen funktioniert das vielleicht. Aber auch nur unter den gebildeten Schichten. Wartet ab, wenn es mal wieder um die Wurst geht. (Auch wenn ich weiß, dass ihr auf Wurst gar nicht so steht...)
Wenn ich diesen Text noch einmal Korrektur lese, bin ich selbst etwas erstaunt, wie schnell man doch wieder in "völkische" oder "rassistische" Raster und Muster rutschen kann. Doch ich meine es in keiner Weise in einem solchen Sinne. Denn ich plädiere nicht für solche Ziele. Ich stelle keine Ethnie über eine andere in absoluten Werten gesprochen. Wohl aber sind mir die meinen näher als die anderen. Und im liberalen Sinne sage ich: wenn alle so dächten, hätten wir ein stabiles Gleichgewicht. Aber so denken nicht alle. Einige, und zwar ausgerechnet solche, die demnächst wieder in der Regierung sind, bewerten die eigenen niedriger als die anderen. Und alles was sich da in mir regt, sind Überlebensinstinkte. Und Dank der Wissenschaft kann ich sie sogar rational begründen.
Richard Dawkins ist auch Atheist (geworden). Trost findet er nicht im Glauben, sondern in der Erkenntnis. Ich selbst bin noch im Glauben verhaftet, aber mit immer mehr Distanz. Ich kann immer noch staunen, glaube aber nicht mehr an den Weihnachtsmann.
Quelle: Richard Dawkins, "Das egoistische Gen", 1976
Website seiner Stiftung: Link
Interview im Stern: Link
Samstag, 27. Januar 2018
Made in Germany
Mein Vater langte mit dem Messer in die Margarine um etwas für sein Brötchen abzuheben. Auf dem Weg vom Margarinebecher zu seinem Brötchen fiel ihm die Margarine vom Messer. Zum ersten Mal beobachtete ich, dass es nicht nur mir so geht. Und er fragte: "Seit wann können die eigentliche keine normale Margarine mehr herstellen?" Ich stimmte ihm zu, eine Antwort wusste ich nicht.
Ich weiß auch nicht, seit wann "die" keine normalen Brötchen mehr herstellen können. Seitdem sie nicht mehr selber backen, sondern vorgefertigten Teig aus China einfliegen lassen, schon klar. Aber seit WANN ist das so? Es muss mindestens seit Bundespräsident Wulff so gewesen sein, denn der ließ auch einfliegen: Brötchen aus Hannover.
Vorigen Sonntag im Bayerischen Fernsehstamttisch (mit Helmut Markwort, Link) hielt der Direktor des Deutschen Museums, Wolfgang M. Heckl, einen originalverpackten USB-Stick in die Kamera. Das Ding bestand zu 70% aus Plastikverpackung. Hartplastik, bei dem man sich "beim Öffnen die Hände blutig machen kann", wie er zurecht bemängelte (vom Müllvolumen mal ganz abgesehen).
Aber auch harmlose Plastikfolien sind ein Ärgernis, denn seit einigen Jahren haben sie keine Öffnungslaschen mehr, sondern sind perfekt glatt verschweißt. Ohne Messer kann man sie nur selten öffnen. Das führt dazu, dass ich heute weniger Verpackung im Laden lasse als früher.
Gehe ich mal meinen Alltag durch, fallen mir noch mehr Dinge ein, die früher besser und zuverlässiger funktionierten: Rolltreppen, Fahrstühle, Armlängenfreiheit im Restaurant, Passanten, die rechts gehen, damit alle schneller vorwärts kommen,
Gibt es irgendwo mal traditionell hohe Qualität, steht man dort Schlange. Bei Bäcker Wiedermann zum Beispiel oder Butter Lindner. Will man mal etwas mehr, muss man es sogar vorher bestellen.
Vielleicht sind es die Spätfolgen unserer Geiz-ist-geil-Mentalität vor zehn Jahren? Mir zeigt es jedenfalls, dass Unternehmen nicht nur in die Verbesserungen von Produkten und Dienstleistungen investieren, sondern diese gezielt verschlechtern - jedenfalls aus Kundensicht.
Aber auch Sortimente verschlechtern sich. In einem Kreuzberger Supermarkt findet man nicht mehr unbedingt Wurst und Schweinefleisch. Die Nachfrage danach sinkt offenbar rapide. Auch Kuhmilch geht zurück, dafür finde ich mehr Produkte aus Ziegenmilch.
"Kartoffel" ist ja schon lange ein linker Kampfbegriff gegen Leute, die einfach mal gut essen wollen. Wobei mal wieder deutlich wird, dass es nicht darauf ankommt, was gesagt oder getan wird. Sondern wer etwas sagt oder tut, und warum.
Verlangst Du an der Gemüsetheke "deutsche Kartoffeln", riskiert man die Brandmarkung als Nazi. Verlangst Du Kartoffeln aus biologischem Anbau in der Region, bist Du progressiv.
Dienstag, 23. Januar 2018
Beratung oder Dienstleistung?
Ihre Selbstsicherheit konnten sie nur aus ihrer Unwissenheit beziehen.Franz Kafka, "Der Process"
In der Beziehung Kunde - Berater/Fachmann gibt es ein Paradoxon, das fast immer zu Konflikten führt. Der selbstsichere, Führungsstärke ausstrahlende Anbieter bekommt den Auftrag. Später entpuppt sich diese Stärke als Schwäche und sogar als Hindernis.
Der in der Ausschreibungsphase stark Auftretende vermittelt, dass er sein Metier versteht, sein Kunde also kein Risiko eingeht. Er vermittelt Selbstsicherheit, wird sich also auch gegen andere Mitspieler, wie Lieferanten oder andere Spezialisten durchsetzen können, wenn das Projekt unübersichtlich werden sollte.
Nach der Beauftragung legt er schon bald einen Plan fürs Projekt vor. Und verkündet, wen und was er dafür braucht. Führungsstärke, Sicherheit. Dann kommt die erste Bodenwelle. Der Kunde erinnert seinen Dienstleister an die Besonderheiten, die er in der Ausschreibung genannt und im Gespräch wiederholt hatte. Und damit bringt er den selbstischeren Dienstleister von seinem geplanten Weg ab. Das will dieser nicht und versucht er zu vermeiden: "Das geht nicht." Er sieht seine Planung, sein Budget, seinen Zeitplan in Frage gestellt. Und er weiß vor allem noch nicht die Methode wie er bei diesem für ihn unbekannten Ziel landen soll.
Genau diese Kompetenz aber, Führung durch ein noch unbekanntes Gelände, suchen viele Kunden. Einen Partner, der ihnen zuhört, ihre Wünsche versteht und auf Machbarkeit prüft, unter Aufbietung all seiner -möglichst mannigfaltigen- Erfahrung.
Handwerker z.B. sind ein sehr konservatives Metier. Gegen sie haben kreative Architekten, Ausstatter, Designer auf der Baustelle selten eine Chance. Der Handwerker scheut den Umgang mit unbekannten Mitteln und lehnt sie ab. In der ersten Welle des Internet war es ähnlich. Viele gute und keinesfalls unrealistische Ideen wurden nicht umgesetzt, weil sie für SAP-Berater, Middlewarehandwerker und ihre Sponsoren in den IT-Abteilungen das Risiko des Unbekannten bargen: "Das ist unrealistisch."
Diese Dienstleister sind sicher, aber nur auf ihrem schmalen, ausgetrampelten Pfad. Sie sind auch nicht kundenorientiert. Spätestens im dritten Kundengespräch entpuppt sich ihre "Selbstsicherheit" als Sturheit. Sie "korrigieren" Aussagen des Kunden, wenn diese nicht in das Schema des standardisierten Dienstleisters passen. Sie vergessen ganz und gar den Charakter der entstandenen Beziehung: Kunde und Auftragnehmer.
Der Unterschied zwischen Beraten und Dienstleisten ist die Unklarheit des Lösungsweges, manchmal sogar der Aufgabenstellung zu Beginn des Projektes. Der Berater legt Wert auf die Analyse und sagt zu, eine Lösung zu suchen, sobald die Aufgabenstellung klar ist. Der Dienstleister erwartet eine klare Aufgabenstellung. Der Berater muss sicher in der Beziehung sein. Ihm ist klar, dass bereits die Klärung der Aufgabenstellung eine Leistung ist. (Diesen Typus gibt es auch unter Dienstleistern, Handwerkern, Werkstätten, aber eher selten. Findet man einen solchen, ist er Gold wert. Übrigens kommen immer mehr Baumärkte auf die Idee über Video handwerkliche Anleitungen zu ihren Produkten anzubieten..)
Im Unterschied zum Berater legt sich der Experte die Aufgabenstellung so zurecht, dass sie in sein Erfahrungsschema passt. Was seine Erfahrungen angeht, sucht er immer nur mehr vom Gleichen. Das ist seine Art, dem Kunden Sicherheit zu vermitteln: Durch Unflexibilität. Weicht der Kunde davon ab, verunsichert er den Experten. Den empfundenen Druck versucht dieser mit Gegendruck abzuwehren: "Dann ist Ihr Termin gefährdet. Sie sind der Erste, der das so haben will. So sind wir alle nicht eingespielt. Am besten kaufen Sie bei meinem langjährigen Partner etwas aus dem Katalog, dann sind wir morgen fertig." Im schlimmsten Fall versucht der Experte, wenn er sich in Frage gestellt fühlt, seinen Kunden mit Fachwissen auszustechen, am besten noch vor anderen Projektteilnehmern, um deren Zustimmung einzuholen und sich endlich wieder stark zu fühlen.
Worauf ich hinaus will: Bei komplexen Projekten, in denen mehrere völlig unterschiedliche Kompetenzen zusammen spielen müssen, um herauszufinden, ob und wie nah an den Kundenvorstellungen man ein Projekt umsetzen kann, ist auffällige Selbstsicherheit zu Beginn ein Indiz für mangelnde Flexibilität und unter Stress vielleicht sogar auch für mangelnden Respekt (weil die Art der Beziehung vergessen wird) - im schlimmsten Fall muss man unterwegs diesen Experten gegen einen anderen auswechseln. Wer nur mit seinen Wettbewerbern gleichziehen will, braucht nur den Standardexperten. Wer sich differenzieren will, braucht einen guten Berater, der bei Bedarf einen Satz unterschiedlicher, aber guter Experten kennt. Zu erkennen am Feedback zur Aufgabenstellung und dem Fokus auf einer Vorgehensweise, in der man zwischendurch entscheiden kann, wie es weitergeht und ob es überhaupt weitergeht.
Für den Berater hingegen ist ein neues Projekt auch immer eine psychologische Hürde. In dem Sinne, dass man in der Frühphase, in der sich seine Beziehung zum Kunden erst bilden muss, gerne nur gute Nachrichten bringt. Er verwöhnt seinen Kunden damit allerdings. Es ist eine Hürde, erkannte Probleme sofort zu artikulieren. Aber das muss er tun, sofort nach der ersten Bodenwelle, die ihm die erste positive Annahme in Frage stellt.
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